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Reihe Pandora

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Die Reihe Pandora ist eine 1920 mit 40 Titeln und 1921 mit 12 Titeln im Leipziger Insel Verlag als Seitenstück zur Insel-Bücherei (IB) erschienene Buchreihe. Sie enthielt überwiegend fremdsprachige Texte mit kleineren Werken in den Originalfassungen der Autoren, ausgenommen ein Titel mit Übertragungen deutscher Gedichte ins Russische.

Editionsgeschichte sowie vertretene Sprachen und Autoren

Pandora 49, Deutsche Dichter in russischen Übertragungen
Ausgabeanlaß

Die Reihe hatte der Verleger Anton Kippenberg nach dem Ersten Weltkrieg vor allem deshalb aufgelegt, weil es damals nach seiner Einschätzung "dem gebildeten Deutschen ... fast unmöglich geworden (war), vom Ausland Bücher zu beziehen".[1] Mit der Reihe sollte den Lesern also der Zugang zu ausländischer klassischer Literatur kleineren Umfangs im Originaltext eröffnet werden. Aufgrund der inflationsbedingten Devisenknappheit befürchtete Kippenberg nämlich eine länger andauernde Abschnürung des deutschen Buchmarkts von ausländischer Literatur, was sich aber im Nachhinein als unrichtige Annahme herausstellte. So erschienen auch nur 52 von 100 bereits geplanten Bändchen. Die Pandora-Bändchen sollten dabei eine Ergänzung zu den aus demselben Grund vom Insel Verlag edierten, überwiegend fremdsprachigen Reihen mit größerem Werkumfang darstellen. Dies war zum einen die im Format der "Großherzog Wilhelm Ernst Ausgabe" mit Dünndruckpapier gehaltene Reihe Libri librorum (Bücher der Bücher). Sie war zunächst auf 7 Bände konzipiert, wovon fünf erschienen, u.a. Homers Ἰλιάς (Ilias) im altgriechischen und Dostojewskis Преступление и наказание (Schuld und Sühne) im russischen Originaltext. Die zweite Reihe Bibliotheca mundi (Weltbibliothek) wurde von Stefan Zweig herausgegeben; sie sollte 20 Bände umfassen, endete jedoch bereits nach dem 14. Band. Es wurden u. a. verlegt: die Les Fleurs du Mal (Die Blumen des Bösen) von Baudelaire, der Русскiй Пapнac (Russischer Parnaß) – eine Sammlung von Gedichten, die von Lomonossow bis Anna Achmatowa reicht und von Alexander Eliasberg zusammengestellt wurde) oder die מבחר השירה העברית (Anthologia Hebraica), eine vom damaligen Prager Oberrabbiner Heinrich (Chaim) Brody herausgegebene Sammlung geistlicher Gedichte der 1492 aus Spanien vertriebenen Juden in hebräischer Sprache.[2]

Sehr wahrscheinlich war aber auch an den Export der Reihe gedacht worden. Einerseits wurden nämlich deutschsprachige Titel in das Programm aufgenommen, die bereits erfolgreich in der Insel-Bücherei vertreten waren und dort auch weiterhin verlegt werden sollten, mithin für das deutsche Publikum schon verfügbar waren, wie Immanuel Kants Zum ewigen Frieden (P 3 = IB 228/1), Joseph Eichendorffs Aus dem Leben eines Taugenichts (P 8 = IB 224) oder E.T.A. Hoffmanns Das Fräulein von Scuderi (P 35 = IB 190). Andererseits waren z. B. Deutsche Dichter in russischen Übertragungen (P 49) – eine zeitlich geordnete Anthologie, die von Goethe bis zu Rilke reicht – für einen im Inland zu suchenden deutschen Leserkreis angesichts der von diesem sicher bevorzugten deutschsprachigen Originalausgaben schlecht vorstellbar. Auch die nach der Oktoberrevolution 1917 in Deutschland lebenden russischen Emigranten wären eine viel zu kleine Käuferschicht für eine solche Ausgabe gewesen.

Verzeichnis der 5 russischsprachigen Ausgaben (Rückseite des Prospekts "Russischer Parnass")
Verwendete Sprachen

Die Reihe Pandora erschien in folgenden Sprachen: Deutsch (8), Amerikanisches Englisch (5), Britisches Englisch (9), Französisch (15), Italienisch (6), Lateinisch (2), Russisch (5) und Spanisch (2). Es gab es dagegen keine Ausgaben in Altgriechisch, Hebräisch oder Ungarisch wie bei den Reihen Bibliothec mundi oder Libri librorum. Auch ist erstaunlich, dass Kippenberg diese Reihe nicht dazu benutzte, Bände der in der Insel-Bücherei bereits mehrfach vertretenen flämischen Autoren in der Originalfassung aufzulegen, obwohl er sich während des Ersten Weltkriegs intensiv mit der flämischen Sprache beschäftigt hatte. Entweder er versprach sich von Titeln in den vorgenannten Sprachen keinen ausreichenden Absatz oder diese waren noch für einen späteren Zeitpunkt geplant, zu dem die Reihe aber bereits wieder eingestellt worden war. Für die russischsprachigen Ausgaben verwendete der Verlag sogar originalsprachige Werbemittel (Abb.).

Autoren

Der Bogen der bei Pandora vertretenen Autoren spannt sich von der Antike mit Tacitus (Germania, P 7), über das Mittelalter mit Petrarca (Trionfi, P 20) und Boccaccio (Vita di Dante, P 42) hin zu Shakespeare (Sonnets, P 1) und schließlich zu Dichtern, Schriftstellern und Philosophen des 17. bis 19. Jahrhunderts, wie Angelus Silesius (Aus des Angelus Silesius Cherubinischem Wandersmann nebst geistlichen Liedern, P 34), Prosper Mérimée (Carmen, P 24), Lord Byron (Marino Faliero Doge of Venice, P 15), Leo N. Tolstoi (Volkserzählungen, P 45) und Kant (siehe oben).

Die mit einem englischsprachigen Titel begonnene Reihe schloss auch mit einem solchen ab: den von Paul Darmstädter herausgegebenen Great political documents of the United States of America (P 52), denn nach dem Ende der Inflation im Dezember 1923 bestand für eine Fortsetzung dieser Reihe keine wirtschaftliche Notwendigkeit mehr. Nun konnte wieder uneingeschränkt Literatur aus dem Ausland nach Deutschland eingeführt werden. Im Übrigen entsprachen aber auch die Verkaufszahlen in keiner Weise den Erwartungen des Verlags.

Ausstattung, Auflagen und Vorkommen

P 41 Gogol: Der Mantel. Die Nase, Titelblatt mit Reihen-Signet PANDORA
Einband und Signet

Für die Reihe wurden vom Verlag vier besondere Rizzi-Einbandpapiere ausgewählt, wovon zwei in den späten 1920er Jahren in geringem Umfang auch bei Folgeauflagen von Titeln der Insel-Bücherei verwendet wurden. Daneben kamen auch die Musterpapiere der Insel-Bücherei zum Zuge. Der Reihe wurde ein eigenes, 1920 von Walter Tiemann entworfenes Signet in zwei Größen beigegeben. Es zeigt im aufrecht stehenden Oval ein zweimastiges Segelschiff auf wellenbewegtem Wasser und darüber den Namenszug "PANDORA".

Die Rahmen der ausschließlich in schwarzer Farbe gedruckten Titelschilder wurden abweichend von der Insel-Bücherei mit besonderen geometrischen Mustern versehen, wohl um ihre durch den Verzicht auf farbige Druckelemente entstandene optische Strenge abzumildern. Dabei wurden bis zur Bandnummer 40 nur sechs verschiedene Varianten mehrfach verwendet und ab Pandora 41 titelspezifische Gestaltungen eingesetzt, so dass es insgesamt 18 Titelschildmuster gibt.

Ausstattung

Bei den Bänden der Reihe handelte es sich fast ausschließlich um reine Textbände. Lediglich drei Titeln wurden Holzschnitte oder Initialen beigegeben. Bei der Mehrheit der Bände sind die Lebensdaten der Autoren vermerkt.

Schriftarten

Die verwendeten Schriftarten gehören alle zur Familie der Antiqua-Schriften, ausgenommen die russischsprachigen Titel. Diese wurden mit russischen Lettern und in der bis zur Russischen Rechtschreibreform von 1918 üblichen Schreibweise, zumeist von der Druckerei des Leipziger Verlags Breitkopf & Härtel, gesetzt.

Pandora 18, Henry W. Longfellow, Evangeline. A Tale from Acady (Leipziger Restaufbindung nach 1945)
Auflagen und Vorkommen

Für die Edition, deren gedruckte Auflage nach Verlagsangaben etwa 10 000 pro Titel betragen haben soll, mussten aufgrund der nachkriegsbedingten Materialknappheit stark holzhaltiges Papier und minderwertige Einbandpappen eingesetzt werden, was häufig beim Gebrauch zu Schäden am Buchrücken führte, so dass viele Bändchen nur noch in schlechter Qualität erhalten geblieben sind.

Aufgrund der schlechten Papierqualität und der schwachen Nachfrage kommt nach 1931 eine Makulierung eines nicht geringen Teils der Lagerbestände in Betracht, da Pandora-Titel nach 1931 in den Verlagsverzeichnissen nicht mehr auftauchen. Dies indiziert auch die relative Seltenheit aller Pandora-Titel, die der Druckauflage bei weitem nicht adäquat ist. Beleg für die generellen Absatzschwierigkeiten dieser Reihe ist der Umstand, dass sogar noch nach dem Zweiten Weltkrieg, also 25 Jahre nach dem Druck, im Leipziger Verlagshaus noch vorhandene geringe Restbestände von 10, zumeist englischsprachigen Titeln dieser Reihe einheitlich in einem recht schmucklosen grün-grauen Einband unter Überklebung des eingedruckten Titelschilds aufgebunden und verkauft wurden. Diese Einbandpappen waren ursprünglich für Folgeauflagen des vom Verleger selbst verfassten Titels der Insel-Bücherei, Schüttelreime (IB 219/3), vorgesehen.


Verwendung der Restbestände an Druckbogen deutschsprachiger Titel

Noch vorhandene Restbestände von Buchblöcken fünf deutschsprachiger Titel wurden beginnend ab 1922, wie private Datumseintragungen von alter Hand in den Büchern belegen, in die Insel-Bücherei übernommen und mit deren Ausstattung und Bandnummer verkauft. Es kamen für eine Übernahme aber nur solche Ausgaben in Betracht, die bereits in der Insel-Bücherei erschienen waren (P 8 Eichendorff: Aus dem Leben eines Taugenichts) oder dort künftig im Reihenprogramm vertreten sein sollten (z.B. P 16 Goethe: Hermann und Dorothea, P 31 Stifter: Der Waldsteig). Das Vorsatzblatt mit dem Pandora-Signet wurde bei den Restaufbindungen meist belassen. Außerdem tragen sie deren Bogenzählnummer und weisen im Gegensatz zu den bei gleichnamigen Titeln der Insel-Bücherei häufiger verwandten Fraktur-Lettern stets einen Satz in Antiqua auf.

Der wohl seltenste Titel dieser Reihe, Friedrich Schillers Wilhelm Tell (P 12), wurde dagegen nicht übernommen. Dies ist mit Sicherheit auf den Textumfang zurückzuführen, der bei acht Druckbogen lag. Üblicherweise kamen nur Texte bis zu sechs, im Ausnahmefall auch sieben, Druckbogen für die Insel-Bücherei in Betracht. Es ist nicht mehr feststellbar, ob er aufgrund des günstigen Preises zwar vollständig verkauft, jedoch in Schulen (Klassensatz) oder möglicherweise auch im Theaterbetrieb verschlissen worden war, bzw. die nicht aufgebundenen Restbestände nach 1924 makuliert wurden, weil eine dauerhafte Übernahme in die Insel-Bücherei nicht in Betracht kam.

Die als Nummer 28 für diese Reihe vorbereitete Teilauflage der Holzschnittfolge Bilder des Todes von Hans Holbein dem Jüngeren, die 1917 bereits als Titel der Insel-Bücherei erschienen war, verblieb wohl angesichts des schlechten Verkaufserfolgs der Pandora-Reihe vollständig in der Insel-Bücherei. Die Pandora-Teilauflage ist anhand der Bogenzählnummer "P 28" und bei einigen wenigen Exemplaren auch an dem versehentlich mit eingebundenen Pandora-Vorsatzblatt mit dem Pandora-Signet erkennbar.

Bereits in Pandora-Ausstattung aufgebundene Lagerbestände wurden aber wohl noch bis 1924 verkauft, da sie mit Ausnahme von P 8 (Eichendorff) sowohl im erst am 1. Oktober 1924 abgeschlossenen Gesamtverzeichnis des Verlages[3] als auch in einem für den Buchhandel bestimmten Titelverzeichnis aufgeführt sind, in dem das erst 1924 herausgegebene Insel-Buch 371/A (Beethoven: An die ferne Geliebte) mit enthalten waren.[4]


Quellen

  1. Insel-Verlag zu Leipzig: Orbis Literarum (Verlagswerbung I.V. 439, ca. 1920)
  2. Vgl. den Link zur Ausstellung im Deutschen Literaturarchiv Marbach (DLA) vom 29. Juni bis 16. Oktober 2011 "Stefan Zweigs Weltbibliothek" (PDF; 116 kB).
  3. Verzeichnis aller Veröffentlichungen des Insel-Verlags 1899-1924. Leipzig o. J.
  4. Insel-Verlag zu Leipzig: Verzeichnis der Inselbücherei und Pandora (Verlagswerbung I.V. 460, 1924)

Literatur

  • Hans-Eugen Bühler u.a. (bis Nr. 9), Jochen Lengemann (bis Nr. 20), Insel Verlag (ab Nr. 21) als Herausgeber: Insel-Bücherei. Mitteilungen für Freunde. Insel Verlag Frankfurt am Main und Leipzig 1990 ff. (2008: Nr. 27), ISSN 0946-3089 (Abk.: IB.M).
  • Helmut Jenne: Katalog der Sammlung Jenne. Insel-Bücherei – Die Schönste aller Buchreihen. 2. erw. Aufl., Selbstverlag des Autors, Schriesheim 2008, Bd. 2, S. 466-473.
  • Herbert Kästner (Hrsg.): Insel-Bücherei. Bibliographie 1912 – 1999, Frankfurt/Main, Insel Verlag 1999, 264 S., ISBN 3-458-16986-5.
  • Friedrich Michael (Hrsg.): Die Insel-Bücherei 1912 – 1937, Leipzig, Insel Verlag 1937, 78 S.
  • Helmut K. Musiol: Variationen der Insel-Bücherei (Verkaufskatalog), Selbstverlag des Autors, Murnau 1989.
  • Gerd Plantener (Hrsg.): Die Insel-Bücherei 1912-1984. Eine Bibliographie Frankfurt/Main, Selbstverlag des Autors, 1985, 230 S.
  • Heinz Sarkowski, Heinz u. Wolfgang Jeske: Der Insel-Verlag 1899 – 1999. Die Geschichte des Verlags, Insel Verlag, Frankfurt am Main/Leipzig 1999, 680 S. ISBN 3-458-169857.

Links

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