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Rahel Varnhagen von Ense

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Rahel Varnhagen von Ense

Rahel Varnhagen von Ense, geb. Levin (geb. 19. Mai 1771 in Berlin; gest. 7. März 1833 ebenda, Rahel Robert bzw. Robert-Tornow, angenommener Familienname ab Mitte der 1790er-Jahre, Friedericke Antonie, Taufname ab 1814) war eine deutsche Schriftstellerin und Salonnière jüdischer Abstammung. Rahel Varnhagen gehörte der romantischen Epoche an und vertrat zugleich Positionen der europäischen Aufklärung. Sie trat für die jüdische Emanzipation und die Emanzipation der Frauen ein. Hannah Arendt schrieb ihre politische Biografie Lebensgeschichte einer deutschen Jüdin aus der Romantik.

Leben und Wirken

Rahel Varnhagen wurde 1771 als älteste Tochter des jüdischen Bankiers und Juwelenhändlers Markus Levin und seiner Frau Chaie Levin in Berlin geboren.

Rahel Varnhagen von Ense
Rahel Varnhagen von Ense
Gedenktafel am Haus Jägerstraße 54–55, in Berlin-Mitte

Zwischen 1790 und 1806 führte Rahel einen literarischen Salon (Salon der Rahel Varnhagen, zu der Zeit noch Rahel Levin), in dem Dichter, Naturforscher, Politiker, Gesellschaftsgrößen und Aristokraten auf einer Ebene miteinander verkehrten. Berühmte Gäste waren Jean Paul, Ludwig Tieck, Friedrich von Gentz, Ernst von Pfuel, Friedrich Schlegel, Wilhelm und Alexander von Humboldt, Friedrich de la Motte Fouqué, Prinz Louis Ferdinand und dessen Geliebte Pauline Wiesel. Während der Befreiungskriege 1813 organisierte sie die Versorgung der Verwundeten aller Kriegsparteien in Prag und sammelte Spenden für die Hinterbliebenen.

Nach mehreren unglücklichen Beziehungen ehelichte Rahel Levin am 27. September 1814 den Diplomaten, Historiker und Publizisten Karl August Varnhagen, der später in den Adelsstand gehoben wurde und danach Karl August Varnhagen von Ense hieß, und konvertierte zum Christentum. Varnhagen war 14 Jahre jünger als seine Frau. Sie begleitete ihren Mann auf verschiedenen Reisen, z. B. nach Wien. Nach seiner Abberufung als Geschäftsträger am badischen Hof kehrte sie mit ihm im Oktober 1819 nach Berlin zurück. Zunächst wohnten sie möbliert, dann in der Mauerstraße Nr. 36. Aber schon bald führte sie ihren (erst in späteren Jahrhunderten so benannten) „zweiten Salon“. Ihre Gäste waren unter anderem Mitglieder der Familie Mendelssohn, Heinrich Heine, Eduard Gans, Ludwig Börne und der Fürst Hermann von Pückler-Muskau. Mehrmals besuchte das Ehepaar Varnhagen Goethe in Weimar.

Tätigkeit als Schriftstellerin

Rahel Varnhagen verstand sich nicht als Schriftstellerin im eigentlichen Sinn und nahm wenig Anteil am Literaturbetrieb, da ihr das als Frau und Jüdin zu ihrer Zeit nur schwer möglich war. Sie pflegte vor allem die Gattungen Tagebuch, Aphorismus und Brief (rund 6000 Briefe von ihr sind bekannt). Damit ist sie eine typische Vertreterin der im 19. Jahrhundert aufblühenden Frauenliteratur, die notgedrungen kleine, intimere Formen bevorzugt. Der Wert ihres Schaffens resultiert jedoch nicht nur aus der Dokumentation historischer und kultureller Vorgänge, sondern aus dem brillantem Stil und der politischen Weitsicht.

1812 publizierte Karl August Varnhagen in Cottas Morgenblatt für gebildete Stände Auszüge aus ihren Briefen, die den Roman Wilhelm Meister von Johann Wolfgang von Goethes betrafen und dessen Ruhm als Weimarer Dichterfürst bestärkten.[1] Weitere Veröffentlichungen in Journalen und Almanachen, die Varnhagen durch ihren Mann, mitunter auch durch ihren Bruder Ludwig Robert einsenden ließ, folgten. Sie blieb anonym, wurde aber in zeitgenössischen Lexikonbeiträgen genannt.[2] Der Großteil ihrer Schriften wurde allerdings postum von ihrem Ehemann und nach dessen Tod von seiner Nichte Ludmilla Assing herausgegeben.

Tod und Begräbnis

Varnhagen starb 1833 in Berlin und liegt auf dem Dreifaltigkeitsfriedhof I in Berlin-Kreuzberg begraben. Die Beisetzung erfolgte erst 1867 durch ihre Nichte Ludmilla Assing, weil die Verstorbene verfügt hatte, in einem Doppelsarg mit Sichtfenstern für 20 Jahre nach dem Tod oberirdisch aufgebahrt zu werden. Das im Jahr 2007 durch das Landesdenkmalamt Berlin und die Varnhagen Gesellschaft restaurierte Ehrengrab der Stadt Berlin befindet sich im Feld 2.

Im Freiburger Stadtteil Vauban ist eine Straße nach Rahel Varnhagen benannt.

Bibliothek und Nachlass

Datei:DBP 1994 1755 Rahel Varnhagen von Ense.jpg
Rahel Varnhagen von Ense auf einer deutschen Briefmarke der Dauerserie Frauen der deutschen Geschichte
Berliner Ehrengrab des Ehepaars Varnhagen nach der Restaurierung im Jahr 2007

Bibliothek bzw. Nachlass des Ehepaars Varnhagen kamen als Sammlung Varnhagen 1881 in die Königliche Bibliothek in Berlin. Heute gehört die Bibliothek Varnhagen zum Bestand der Staatsbibliothek zu Berlin. Der handschriftliche Nachlass befindet sich dagegen auf Grund der Kriegsverlagerungen gegenwärtig in der Biblioteka Jagiellońska[3] in Krakau.

Werke

Von Karl August Varnhagen herausgegebene Editionen:

  • Rahel. Ein Buch des Andenkens für ihre Freunde (1 Bd., Berlin 1833; Buchhandelsausgabe: 3 Bde., Berlin 1834)
  • Galerie von Bildnissen aus Rahels Umgang und Briefwechsel (1836)

Von Ludmilla Assing herausgegebene Editionen:

Neuere Editionen:

  • Rahel Bibliothek. Rahel Varnhagen: Gesammelte Werke. 10 Bde. Hrsg. v. Konrad Feilchenfeldt, Uwe Schweikert und Rahel E. Steiner. Matthes & Seitz, München 1983, ISBN 3-88221-342-6.
  • „Rahels erste Liebe“. Rahel Levin und Karl Graf von Finckenstein in ihren Briefen. Hrsg. v. Günter de Bruyn. Buchverlag der Morgen, Berlin (DDR) 1985 (Märkischer Dichtergarten); dass., Fischer Taschenbuch Verlag, Frankfurt a. M. 1986, ISBN 3-596-25114-1.
  • Briefwechsel mit Pauline Wiesel. Hrsg. v. Barbara Hahn. C. H. Beck, München 1996 (Edition Rahel Levin Varnhagen), ISBN 3-406-41346-3.
  • Briefwechsel mit Ludwig Robert. Hrsg. v. Consolina Vigliero. C. H. Beck, München 2001 (Edition Rahel Levin Varnhagen), ISBN 3-406-48256-2.
  • Familienbriefe. Hrsg. v. Renata Buzzo Márgari Barovero. C. H. Beck, München 2009 (Edition Rahel Levin Varnhagen), ISBN 978-3-406-58683-5.
  • „Ich will noch leben, wenn man's liest“. Journalistische Beiträge aus den Jahren 1812–1829. Hrsg. v. Lieselotte Kinskofer. Peter Lang, Frankfurt a. M. u. a. 2001 (Forschungen zum Junghegelianismus. Quellenkunde. Umkreisforschung. Theorie. Wirkungsgeschichte Bd. 5), ISBN 3-631-37860-2.
  • Rahel. Ein Buch des Andenkens für ihre Freunde. Nachwort v. Ulrike Landfester. Matthes & Seitz, Berlin 2010, ISBN 978-3-88221-848-0.
  • Rahel. Ein Buch des Andenkens für ihre Freunde. Herausgegeben von Barbara Hahn. Mit einem Essay von Brigitte Kronauer. 6 Bände. Wallstein Verlag, Göttingen 2011 ISBN 978-3-8353-0528-1

Literatur

Filme / Hörspiel

  • Kolossale Liebe. Film von Jutta Brückner. In der Rolle der Rahel: Kirsten Dene. 1984. Erstausstrahlung: Zweites Deutsches Fernsehen, 30. Mai 1984.
  • Rahel. Die Reise nach Frankfurt. Hörspiel von Dietmar Schings. Regie: Irene Schuck. In der Rolle der Rahel: Margrit Carls. 2005. Ursendung: Hessischer Rundfunk, 13. März 2005.
  • Rahel – Eine preußische Affäre. Ein Film von Catharina Deus, Gabriele Conrad und Ilja Haller. In der Rolle der Rahel: Annett Renneberg. 2009. Erstausstrahlung: ARTE, 31. Oktober 2009.

Bühnenwerke

Der Schweizer Komponist Roland Moser hat 2007 das Werk Rahel und Pauline. Musiktheater (Briefszenen) vorgelegt, in dessen Zentrum es um den intimen Briefwechsel zwischen Rahel Varnhagen und Pauline Wiesel in Berlin zu Beginn des 19. Jahrhunderts geht. Die Hauptrolle spielt eine Mezzosopranistin (Varnhagen), daneben agieren eine Schauspielerin (Wiesel), ein Schauspieler (Erzähler) und fünf Instrumente. Ein Nachwort stammt von Imre Kertész. Uraufführung war am 12. September 2007 im Luzerner Theater, im Rahmen des Lucerne Festivals. Es handelt sich um ein Auftragswerk der Schweizer Kulturstiftung Pro Helvetia.

Weblinks

 Wikisource: Rahel Varnhagen von Ense – Quellen und Volltexte
 Commons: Rahel Varnhagen – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Ueber Goethe. Bruchstücke aus Briefen. Hrsg. v. Karl August Varnhagen von Ense. In: Rahel Varnhagen von Ense: „Ich will noch leben, wenn man's liest.“ Journalistische Beiträge aus den Jahren 1812–1829. Hrsg. v. Lieselotte Kinskofer. Peter Lang, Frankfurt a. M. u. a. 2001, S. 9–22. (Forschungen zum Junghegelianismus Bd. 5).
  2. Carl Wilhelm Otto August von Schindel: Die deutschen Schriftstellerinnen des neunzehnten Jahrhunderts. Zweiter Theil. F. A. Brockhaus, Leipzig 1825, S. 383 f.
  3. Vgl. die Webseite der Biblioteka Jagiellońska.
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