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Rücktritt (Zivilrecht)

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Der Rücktritt führt im deutschen Schuldrecht zu einer Rückabwicklung des Vertrages, sodass empfangene Leistungen zurückgewährt werden müssen (§ 346 Abs. 1 BGB); erst recht erlöschen bisher noch nicht erfüllte Ansprüche (rechtsvernichtende Einwendung). Ein Rücktritt ist nur ausnahmsweise möglich; grundsätzlich sind Verträge wie vereinbart zu erfüllen (pacta sunt servanda).

Durch den Rücktritt wird der Vertrag ex nunc in ein Rückabwicklungsschuldverhältnis umgestaltet, das Rechtsgrund für die Rückgewähr ist. Dementsprechend werden die Rechtsfolgen des Rücktritts auch nicht vom Bereicherungsrecht bestimmt.

Der Rücktritt steht im allgemeinen Schuldrecht, ist also grundsätzlich auf alle Vertragstypen anwendbar. Er wurde im Zuge der Schuldrechtsmodernisierung geregelt und ist auch an die Stelle des aufs Kauf- und Werkvertragsrecht beschränkten Wandelungsanspruchs getreten.

Voraussetzungen eines wirksamen Rücktritts

Anders als die Wandelung ist der Rücktritt kein Anspruch, sondern ein Gestaltungsgeschäft. Er muss also von der rücktrittsberechtigten Vertragspartei ausgeübt werden. Wirksam ist der so erklärte Rücktritt freilich nur, wenn dem Rücktrittswilligen auch ein Rücktrittsrecht zustand.

Rücktrittsrecht

Das Rücktrittsrecht ist ein relatives subjektives Recht, genauer: ein Gestaltungsrecht, weil es die Rechtslage verändert, ohne dass die Gegenseite beteiligt wäre: der einvernehmlich geschlossene Vertrag wird einseitig rückabgewickelt.

Vertraglich

Ein Rücktrittsrecht kann vertraglich vereinbart sein („Hat sich eine Vertragspartei vertraglich den Rücktritt vorbehalten“, § 346 Abs. 1 BGB, 1. Fall). In diesem Fall ist es innerhalb der vereinbarten Rücktrittsfrist auszuüben. Wenn keine Frist vereinbart ist, soll die Gegenseite irgendwann Sicherheit erlangen, ob der Vertrag durchgeführt werden wird oder nicht. Deshalb kann sie dann dem Rücktrittsberechtigten eine angemessene Frist setzen, deren Verstreichen das Rücktrittsrecht ebenfalls erlöschen lässt (§ 350 BGB).

Gesetzlich

Wichtiger ist das gesetzliche Rücktrittsrecht („steht ihr ein gesetzliches Rücktrittsrecht zu“, § 346 Abs. 1 BGB, 2. Fall). Da Verträge grundsätzlich zu erfüllen sind, gewährt das Gesetz ein solches Recht nur dann, wenn die Durchführung auf besondere Schwierigkeiten stößt (Leistungsstörung): Der Schuldner leistet nicht, nicht rechtzeitig, fehlerhaft oder verletzt bei Anlass der Leistung Schutzpflichten. Dann soll der Gläubiger beim gegenseitigen Vertrag von seiner Pflicht zur Gegenleistung loskommen.

Die gesetzliche Regelung unterscheidet, ob die Leistung noch möglich ist oder ob, etwa weil die geschuldete Sache zerstört wurde, Unmöglichkeit vorliegt.

Im ersten Fall folgt das Rücktrittsrecht aus § 323 BGB. Zuvor muss der Gläubiger grundsätzlich eine Nachfrist setzen, um dem Schuldner die Erfüllung noch zu ermöglichen (Vorrang der Nacherfüllung).

Bei Unmöglichkeit dagegen entfällt der Anspruch auf die Gegenleistung normalerweise kraft Gesetzes (§ 326 Abs. 1 Satz 1 BGB), ein Rücktritt ist also nicht erforderlich: kann der Verkäufer das Auto nicht liefern, weil es bei einem Unfall zerstört wurde, so muss es der Käufer auch nicht zahlen (vgl. aber auch Abs. 2). Hat er die Gegenleistung schon erbracht, so kann er sie zurückverlangen (Abs. 4). Ist dagegen nur die Nacherfüllung unmöglich, etwa weil das geschuldete Auto einen irreparablen Schaden hat, so wäre dieses Ergebnis ungünstig, weil der Gläubiger die Leistung ja möglicherweise dennoch akzeptieren will. Deshalb entfällt in solchen Fällen (Qualitative Unmöglichkeit) die Gegenleistung nicht kraft Gesetzes (Abs. 1 Satz 2): hier kann der Gläubiger die Minderung wählen oder zurücktreten. Dieses Rücktrittsrecht wegen Unmöglichkeit der Nacherfüllung (§ 326 Abs. 5 BGB) erfordert naturgemäß keine - hier sinnlose - Fristsetzung.

Ein Rücktrittsrecht gibt es auch bei Störung der Geschäftsgrundlage § 313 BGB, sofern eine Anpassung des Vertrages nicht möglich oder einem Teil (Vertragspartner) nicht zumutbar ist (Abs. 3).

§ 324 BGB schließlich gewährt ein Rücktrittsrecht, wenn der Schuldner zwar die Leistung fehlerfrei erbringt, dabei aber andere Pflichten verletzt und dem Gläubiger daher „ein Festhalten am Vertrag nicht mehr zuzumuten ist.“

Das Rücktrittsrecht ist kein Anspruch, kann also nicht verjähren. § 218 Abs. 1 BGB macht den Rücktritt aber unwirksam, „wenn der Anspruch auf die Leistung oder der Nacherfüllungsanspruch verjährt ist und der Schuldner sich hierauf beruft“ (Einrede), was zu einem verjährungsähnlichen Ergebnis führt.

Für den Reisevertrag enthält § 651i BGB ein besonderes Rücktrittsrecht mit einigen Sonderregeln.

Rücktrittserklärung

Als Gestaltungsgeschäft muss der Rücktritt vom Berechtigten ausgeübt werden: „Der Rücktritt erfolgt durch Erklärung gegenüber dem anderen Teil“, § 349 BGB. Denn die Gegenseite muss von der Änderung der Rechtslage Kenntnis erlangen können. Es handelt sich also wie bei anderen Gestaltungserklärungen um eine empfangsbedürftige Willenserklärung, die der anderen Vertragspartei zugehen muss. Sie ist deshalb bedingungsfeindlich.

Rechtsfolgen

Ist der Rücktritt wirksam, so wird der Vertrag in ein Rückabwicklungsschuldverhältnis umgestaltet. Die vertraglichen Leistungspflichten werden durch den Rücktritt in vertragliche Rückgewähransprüche umgesteuert (§ 346 Abs. 1 BGB). Jede Partei hat die erbrachten Leistungen zurückzugewähren sowie die gezogenen Nutzungen herauszugeben. So müsste etwa der Verkäufer den Kaufpreis zurückzahlen, der Käufer das Auto zurückübereignen. Der Rechtsgrund entfällt also nicht, wie etwa nach Anfechtung, sondern existiert „spiegelbildlich“ mit entgegengesetzten Pflichten fort. Folglich kommt es auch – anders als nach Anfechtung (§ 142 BGB) − zu keiner Rückabwicklung nach Bereicherungsrecht.

Ist die Rückgewähr des empfangenen Gegenstandes oder die Herausgabe der gezogenen Nutzungen unmöglich oder untunlich, ist statt der Rückgewähr bzw. der Herausgabe Wertersatz geschuldet. § 346 Abs. 2 Satz 1 BGB zählt diese Fälle der Unmöglichkeit oder Untunlichkeit (nichtabschließend) auf. Die ursprüngliche Beziehung zwischen Leistung und Gegenleistung Synallagma wird dadurch erhalten, dass die sich aus dem Rücktritt ergebenden Verpflichtungen der Parteien nur Zug um Zug zu erfüllen sind (§ 348 BGB). Das Recht, bei einem gegenseitigen Vertrag Schadensersatz zu verlangen, wird durch den Rücktritt nicht ausgeschlossen (§ 325 BGB).

Auf diese Regelungen verweist auch § 357 Abs. 1 BGB für den Widerruf: „Auf das Widerrufs- und das Rückgaberecht finden, soweit nicht ein anderes bestimmt ist, die Vorschriften über den gesetzlichen Rücktritt entsprechende Anwendung.“ Auch die Minderung im Kauf- und Werkvertragsrecht verweist für den Fall, dass die (dann: zu hohe) Gegenleistung schon erbracht wurde, auf das Rücktrittsrecht (§ 441 Abs. 4, § 638 Abs. 4 BGB).

Spezielle Formen des Rücktritts

Das Bürgerliche Gesetzbuch spricht auch an anderen Stellen von Rücktritt, meint dabei aber nicht diese allgemeinen Regelungen, sondern führt für bestimmte Gebiete eigene Rücktrittsnormen ein. Gemeinsam ist diesen Fällen, dass es um Loslösung von einem Rechtsgeschäft geht.

So gibt es etwa einen Rücktritt vom Verlöbnis. Da das Verlöbnis kein Austauschvertrag ist, stellt sich weniger die Frage nach der Rückabwicklung im eigentlichen Sinne als nach dem Schutz des Vertrauens derjenigen, die mit einer Eheschließung gerechnet haben. Auch für die Rückgabe der Geschenke entsteht kein Rückabwicklungsschuldverhältnis: § 1301 BGB verweist stattdessen ins Bereicherungsrecht.

Beim Testament stellt sich das Rücktrittsproblem nicht: der Erblasser kann es jederzeit ändern oder aufheben, eine Gegenleistung gibt es nicht. Für den Erbvertrag dagegen enthalten die §§ 2293 ff. BGB eigene Rücktrittsregelungen. Der Rücktritt ist möglich, wenn er im Erbvertrag vorbehalten war, bei Verfehlungen des Bedachten und ähnlichen Fällen. Auch hier entsteht kein Rückabwicklungsschuldverhältnis: eine Leistung des Erblassers ist, solange dieser lebt, nicht erbracht; eine etwa erbrachte Gegenleistung ist nach Bereicherungsrecht zurückzugewähren (condictio ob rem).

Sonstiges

Oft wird die Rückabwicklung eines Vertrags umgangssprachlich auch Stornierung genannt, rechtlich handelt es sich jedoch stets um einen Rücktritt. Bei allen Verträgen sind zwar durch das Rückabwicklungsschuldverhältnis interne Buchungen zu stornieren, doch ist grundsätzlich Rücktrittsrecht anzuwenden.

Weblinks

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