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Quartäre Ammoniumverbindungen

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Quat ist eine Weiterleitung auf diesen Artikel. Zum kasachischen Fußballspieler siehe Islambek Quat.
Grundstruktur von Alkylammonium-Verbindungen
Alkylammonium-Verbindung (Kation).
Das zugehörige Anion ist nicht abgebildet.
Grundstruktur von Pyridinium-Verbindungen
Pyridinium-Verbindung (Kation).
Das zugehörige Anion ist nicht abgebildet.

Quartäre Ammoniumverbindungen, gelegentlich auch QAV, Quats oder fälschlicherweise quaternäre Ammoniumverbindungen genannt, sind organische Ammoniumverbindungen, bei denen alle vier Valenzen eines Stickstoff­atoms organisch gebunden sind. Es handelt sich somit um Salze (ionische Verbindungen), bestehend aus einem Kation und einem Anion. Es gibt den Amin-Typ NR4+X, bei dem alle vier R organische Reste sind, und den Imin-Typ R=NR2+X; wobei X das zugehörige Anion ist. Auch N-alkylierte Heteroaromaten gehören zu den quartären Ammoniumverbindungen.

Herstellung

Quartäre Ammoniumverbindungen werden durch Umsetzung von Aminen mit Alkylierungsmitteln, wie z. B. Methylchlorid, Benzylchlorid, Dimethylsulfat, Dodecylbromid oder Ethylenoxid im Überschuss hergestellt.[1]

Diese Art der Alkylierung wird erschöpfende Alkylierung genannt.

Tertiäre Amine werden bei Erhitzung mit Alkylhalogeniden leicht in ein quartäres Amin umgesetzt. Die Reaktion verläuft nach folgender Gleichung:[2]

Es existieren drei verschiedene Typen von QAV und deren Untergruppen, nämlich:

Eigenschaften

Quartäre Ammoniumverbindungen sind feste ionische Produkte. Sie sind gut in Wasser löslich; in vielen organischen Lösungsmitteln wie beispielsweise Diethylether dagegen unlöslich. Mit Alkali bilden sie im Gegensatz zu den Hydrohalogeniden der Amine kein freies Amin, sondern ein stabiles quartäres Ammoniumhydroxid. Diese Reaktion ist eine Gleichgewichtsreaktion, die sehr stark zur Hydroxidseite verschoben ist. Die quartären Ammoniumhydroxide sind starke Basen, vergleichbar mit Natriumhydroxid und Kaliumhydroxid.[3]

Quartäre Ammoniumverbindungen sind thermisch instabil und schwer schmelzbar; beim Erhitzen zerfallen sie in das tertiäre Amin und das Alkylhalogenid. Beispielsweise zerfällt das in Wasser gelöste Tetramethylammoniumhydroxid beim Eindampfen zu Trimethylamin und Methanol entsprechend der Reaktionsgleichung:

Diese leichte thermische Spaltung wurde bereits 1851 von August Wilhelm von Hofmann bemerkt und für zwei allgemein anwendbare Arbeitsmethoden benutzt:[4]

Mit der ersten Methode wurden Strukturaufklärungen von Aminen durchgeführt. Hierfür wurden zuerst von den fraglichen Aminen alle Wasserstoffatome der Aminogruppe durch Methylgruppen mit der erschöpfenden Methylierung ersetzt. Nach der Umwandlung der resultierenden quartären Halogenammoniumverbindungen in das Hydroxid, wurde letzteres thermisch durch Pyrolyse zersetzt. Je nachdem ob eine, zwei oder drei Methylgruppen eingebaut worden waren, entsprach dies primären, sekundären oder tertiären Aminen.

Bei der zweiten Methode wird die Eigenschaft der QAV benutzt, dass die Methylgruppe wesentlich stärker an den Amin-Stickstoff gebunden wird als Alkylgruppen mit mehr C-Atomen. Bei der Pyrolyse wird kein Alkohol vergleichbar zu Methanol gebildet, sondern neben Trimethylamin und Wasser auch ein Alken. Diese Reaktion ist grundsätzlich für die Darstellung von Alkenen geeignet. Die Reaktionsgleichung für die Umsetzung lautet:

Verwendung

QAV mit mindestens einer langen Alkylgruppe haben oberflächenaktive Eigenschaften und werden als kationische Tenside in Produkten wie Weichspülern, als Invertseifen oder als Antistatika (z. B. in Shampoos) eingesetzt. Aufgrund ihrer Desinfektionswirkung werden sie auch zu den Bioziden gezählt. Im öffentlichen und industriellen Bereich finden sie in Krankenhäusern, bei der Lebensmittelverarbeitung, in der Landwirtschaft, im Holzschutz und in der Industrie Verwendung (Reinraumapplikationen). Quats sind in der Regel der Hauptwirkstoff in Antialgenmitteln (Algiziden) für Schwimmbäder und Pools. Zudem werden QAV in der organischen Synthese als Phasentransferkatalysatoren eingesetzt.

Zu den QAV gehören beispielsweise:

QAV haben neuerdings auch Bedeutung als ionische Flüssigkeiten erlangt.

Ein weiterer Anwendungsbereich für QAV ist die Wasseraufbereitung, wo sie als stark basische Ionenaustauscher für die Erzeugung von demineralisiertem Wasser eingesetzt werden. Der Typ I dieser Anionenaustauscher ist eine Trimethyl-benzylammonium-Verbindung. Dieser Typ I ist thermisch stabiler als die Austauscher des Typs II, bei denen mindestens eine der drei Methylgruppen ( -N+(CH3)3 ) des quartären Amins durch eine Ethylgruppe ( -CH2·CH2·OH ) ersetzt ist.[5]

Biologische Bedeutung

QAV reichern sich in Zellmembranen lebender Organismen an und können so die Funktion der Zellmembran beeinträchtigen. Dank dieser Wirkung können insbesondere die kationischen Tenside auch als Desinfektionsmittel eingesetzt werden. Die mikrobizide Wirkung ist nur dann gegeben, wenn die am N-Atom gebundene Alkylgruppe eine Kettenlänge von 8 bis 18 C-Atomen aufweist. Viele quartäre Ammoniumverbindungen werden in Kläranlagen schlecht eliminiert und gelangen so in erheblichen Mengen in die Oberflächengewässer. Als Hauptquellen wurden Krankenhäuser und Wäschereien ausgemacht.[6] Aus diesem Grund werden in letzter Zeit vermehrt Esterquats eingesetzt, welche leichter abgebaut werden können.

Natürliches Vorkommen

Fliegenpilz (Amanita muscaria)
Strukturformel von L-(+)-Muscarin – Gegenion (meist Chlorid) nicht abgebildet.

Cholin kommt als Substanz oder chemisch gebunden in zahlreichen Organismen vor. Acetylcholin, der Essigsäureester des Cholins, ist ein wichtiger Neurotransmitter. Betain ist ein Oxidationsprodukt des Cholins und spielt eine Rolle in Transmethylierungsprozessen.

Der Fliegenpilz enthält L-(+)-Muscarin, einen giftigen Naturstoff, der zu den quartären Ammoniumverbindungen zählt. Die in Pflanzen der Gattung Chondrodendron vorkommende quartäre Ammoniumverbindung D-Tubocurarin ist Bestandteil des Curare-Pfeilgiftes.

Die Alkaloide Sanguinarin, Chelerythrin (z. B. im Schöllkraut vorkommend) und Berberin (z. B. in der Berberitze) weisen aufgrund ihrer quartären Struktur eine kräftige rote bzw. gelbe Farbe auf.

In jüngerer Zeit kam es zu Rückstandsbefunden von QAV, insbesondere BAC (Benzalkoniumchlorid) und DDAC (Didecyldimethylammoniumchlorid) auf frischem Obst und Gemüse sowie in Pflanzenstärkungsmitteln.[7]

Nomenklatur

Neben der offiziellen IUPAC-Nomenklatur werden für die Bezeichnung quartärer Ammoniumverbindungen, besonders mit langen Alkylketten, häufig die Trivialbezeichnungen der Alkylgruppen verwendet.

Nach der IUPAC-Systematik werden die Namen dieser Verbindungen vom Azanium-Ion abgeleitet.[8]

Literatur

Einzelnachweise

  1. Quartäre Ammoniumverbindungen. In: Römpp Online. Georg Thieme Verlag, abgerufen am 26. Mai 2014.
  2. L. F. Fieser / M. Fieser; In: Lehrbuch der Organischen Chemie; Verlag Chemie, Weinheim/Bergstr.; 3. Auflage, 1957, S. 248.
  3. L. F. Fieser / M. Fieser; In: Lehrbuch der Organischen Chemie; Verlag Chemie, Weinheim/Bergstr.; 3. Auflage, 1957, S. 249.
  4. L. F. Fieser / M. Fieser; In: Lehrbuch der Organischen Chemie; Verlag Chemie, Weinheim/Bergstr.; 3. Auflage, 1957, S. 260.
  5. G. Kühne und F. Martinola; In: Ionenaustauscher – ihre Beständigkeit gegen chemische und physikalische Einwirkungen; VGB Kraftwerkstechnik, 57, Heft 3, März 1977, S. 176.
  6. Gans O. et al. (2005): Grundlagen zur Risikoabschätzung für quaternäre Ammoniumverbindungen (PDF; 1,3 MB). Umweltbundesamt, Wien.
  7. Kontamination von Lebensmitteln durch Desinfektionsmittel.
  8. G. J. Leigh (Hrsg.): Principles of chemical nomenclature. A guide to IUPAC recommendations. The Royal Society of Chemistry, Cambridge 2011, S. 46.

Siehe auch

Weblinks

Dieser Artikel basiert ursprünglich auf dem Artikel Quartäre Ammoniumverbindungen aus der freien Enzyklopädie Wikipedia und steht unter der Doppellizenz GNU-Lizenz für freie Dokumentation und Creative Commons CC-BY-SA 3.0 Unported. In der Wikipedia ist eine Liste der ursprünglichen Wikipedia-Autoren verfügbar.