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Prädestination

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Prädestination (lateinisch praedestinatio) bedeutet „Vorherbestimmung“ und ist ein theologisches Konzept, dem zufolge Gott von Anfang an das Schicksal des Universums und aller Menschen vorherbestimmt hat. Insbesondere geht es dabei um eine Erwählung einzelner Seelen zu ewiger Gnade oder ewiger Verdammnis im Leben nach dem Tod.

Theologische Diskussionen über die Prädestinationslehre im Christentum befassen sich mit dem Verhältnis von Gottes Allmacht zum freien Willen des Menschen, mit dem Verhältnis von Gottes Allmacht zum Ursprung des Bösen (vgl. Theodizeeproblem) und der Beziehung zwischen Gottes Gerechtigkeit und Gottes Gnade. Darüber hinaus wurde die Frage der Prädestination aber auch im frühen Islam heftig diskutiert.

Positionen in der christlichen Prädestinationslehre

Augustinus

Wesentliche Bibelstellen bezüglich Prädestination, auf die sich Augustinus bezieht, sind

„Gelobt sei Gott, der Vater unseres Herrn Jesus Christus, der uns gesegnet hat mit allem geistlichen Segen im Himmel durch Christus. Denn in ihm hat er uns erwählt, ehe der Welt Grund gelegt war, daß wir heilig und untadelig vor ihm sein sollten; in seiner Liebe hat er uns dazu vorherbestimmt, seine Kinder zu sein durch Jesus Christus nach dem Wohlgefallen seines Willens, zum Lob seiner herrlichen Gnade, mit der er uns begnadet hat in dem Geliebten.“

Epheser 1,3–6 LUT

„Wir wissen, dass Gott bei denen, die ihn lieben, alles zum Guten führt, bei denen, die nach seinem ewigen Plan berufen sind; denn alle, die er im voraus erkannt hat, hat er auch im voraus dazu bestimmt, an Wesen und Gestalt seines Sohnes teilzuhaben, damit dieser der Erstgeborene von vielen Brüdern sei. Die aber, die er vorausbestimmt hat, hat er auch berufen, und die er berufen hat, hat er auch gerecht gemacht; die er aber gerecht gemacht hat, die hat er auch verherrlicht.“

Römer 8,28–30 LUT

Die Prädestinationslehre von Augustinus ist im Wesentlichen in den Schriften De gratia et libero arbitrio und De correptione et gratia um das Jahr 427 beschrieben und entstand in der Auseinandersetzung mit dem Pelagianismus. Augustinus betont darin mit aller Strenge seine Position der Vorherbestimmung zum Heil durch Gott allein. Er geht von der sündhaften Natur des Menschen aus, der von sich aus das Heil in Gott nicht aus freiem Willen finden könne. Seine Schüler Fulgentius von Ruspe und Prosper von Aquitanien führten seine Lehre fort, wenn auch nicht mit der ursprünglichen Strenge.

Prädestination nach den reformatorischen Kirchen

In der katholischen Kirche hat sich allgemein die Auffassung von einer bleibenden Entscheidungsfreiheit des Menschen gegenüber den Gnadengaben durchgesetzt. Martin Luther setzte dem in seiner Rechtfertigungslehre die allumfassende göttliche Gnade entgegen: Durch den Kreuzestod Jesu sei jeder Gläubige errettet, unabhängig von seinen Taten (Sola gratia). Die reformierte Theologie (Johannes Calvin, Ulrich Zwingli) vertrat ursprünglich – in manchen Kreisen bis heute – die schärfste Prädestination, d. h. die grundsätzliche Vorherbestimmung jedes einzelnen Menschen entweder zur Seligkeit (ohne Verdienst) oder zur Verdammnis (ohne Schuld) als doppelte Prädestination. Die Einwände der Remonstranten wurden auf der Dordrechter Synode (1618–1619) verurteilt. Moyse Amyraut (1596–1664) versuchte diese Verurteilung abzumildern durch den Universalismus hypotheticus, also durch die Annahme eines gnädigen Willens Gottes, alle Menschen unter der Bedingung des Glaubens selig zu machen. Dagegen wandten sich 1674 der Zürcher Professor Johann Heinrich Heidegger (1633–1698) und sein Genfer Kollege François Turrettini (1623–1687) mit dem Consensus Helveticus.

1973 versuchten die reformierten und lutherischen Kirchen eine gemeinsame Ausformulierung ihres Prädestinationsverständnisses in der Leuenberger Konkordie:

„Im Evangelium wird die bedingungslose Annahme des sündigen Menschen durch Gott verheißen. Wer darauf vertraut, darf des Heils gewiß sein und Gottes Erwählung preisen. Über die Erwählung kann deshalb nur im Blick auf die Berufung zum Heil in Christus gesprochen werden. Der Glaube macht zwar die Erfahrung, daß die Heilsbotschaft nicht von allen angenommen wird, er achtet jedoch das Geheimnis von Gottes Wirken. Er bezeugt zugleich den Ernst menschlicher Entscheidung wie die Realität des universalen Heilswillens Gottes. Das Christuszeugnis der Schrift verwehrt uns, einen ewigen Ratschluß Gottes zur definitiven Verwerfung gewisser Personen oder eines Volkes anzunehmen.“

Unter Hinweis auf den „universalen Heilswillen Gottes“ (2 Petr 3,9 EU; 1 Tim 2,4 EU; Tit 2,11 EU; Mt 28,19 EU) wird die Prädestinationslehre von vielen grundsätzlich abgelehnt.[1]

Die Prädestinationslehren der reformierten Kirchen richten sich als theologische Behauptungen gegen den Fatalismus als Vorherbestimmung durch eine unpersönliche Macht (als Schicksal), den Indeterminismus und vor allem gegen die (natur-)wissenschaftlich-philosophischen Lehren des Determinismus.

Prädestinationslehre der Katholischen Kirche

Die katholische Kirche lehnt eine Lehre ab, wonach Gott durch einen Willensakt Menschen zur Verdammung vorherbestimmt habe: „‚Der allmächtige Gott will, daß alle Menschen ohne Ausnahme zum Heil kommen, auch wenn tatsächlich nicht alle gerettet werden. Daß die einen gerettet werden, ist Geschenk des Retters; daß andere verlorengehen, ist die Schuld derer, die verlorengehen‘ (DS 623; vgl. 1567; NR 835).“[2]. In theologischer Perspektive wird teilweise die Lehre von der doppelten Prädestination auf einen Kategorienfehler zurückgeführt, der darin bestehe, dass man die transzendente Ursächlickeit Gottes im Schema kreatürlicher Kausalität erfassen will[3].

Diskussionen über Prädestination im Islam

Diskussionen über die Frage der Prädestination kamen im Bereich des Islams etwa um die Wende zum 8. Jahrhundert auf. Der arabische Begriff, unter dem die Frage der Prädestination diskutiert wurde, war qadar. Er bezeichnet allgemein einen Akt der Festlegung. Als Verb wird diese Wurzel im Koran vor allem auf Gott angewandt: Er ist es, der Maßnahmen bestimmt, die in das Schicksal des Menschen eingreifen: Schon bei der Schaffung der Welt hat er für jeden den Vorrat an Lebensmitteln ein für allemal festgelegt (Sure 41:10); er hat die Mondstationen festgelegt (Sure 36:39) usw.[4] In diesem Sinne bezeichnet qadar die göttliche Prädestination. Der Begriff qadar war allerdings zweideutig, denn einige Gruppen wie die Qadariten erkannten dem Menschen einen eigenen qadar zu. Sie erscheinen damit als Vertreter einer Lehre menschlicher Willensfreiheit. Allerdings ging es den Qadariten nicht so sehr um die Willensfreiheit, sondern um die Eigenverantwortlichkeit der Menschen für ihr Tun. Niemand sollte seine Sünden mit der Behauptung rechtfertigen können, dass er dazu gezwungen sei, weil Gott die Sünden vorherbestimmt habe.

Muslime, die in späterer die Zeit die Frage der Prädestination behandelten, taten dies häufig unter Berufung auf den Prediger al-Hasan al-Basri († 728). Er wurde sowohl von den Vertretern prädestinatianischer Lehren als auch von ihren Gegnern als Autorität jeweils für die eigene Position in Anspruch genommen.[5] Zu den arabischen Werken aus klassischer Zeit, die sich speziell mit der Frage der Prädestination befassen, gehören das „Buch der Prädestination“ (Kitāb al-Qadar) von al-Firyābī († 913) und das Buch „Vorsehung und Prädestination“ (al-Qaḍāʾ wa-l-qadar) von Fachr ad-Din ar-Razi († 1209).

Literatur

Quellen zur christlichen Prädestinationslehre
  • Martin Luther: Vom unfreien Willen (1525). In: Chr. Borcherdt (Hrsg.): Martin Luther, Ausgewählte Werke. Ergänzungsreihe, erster Band. Kaiser Verlag, München 1934
Sekundärliteratur zur christlichen Prädestinationslehre
Prädestination im Islam
  • Michael Cook: Early Muslim Dogma. A source-critical study. Cambridge, Cambridge University Press 1981. S. 107–152.
  • Josef van Ess: Zwischen Ḥadīṯ und Theologie: Studien zum Entstehen prädestinatianischer Überlieferung. Berlin [u.a.]: de Gruyter, 1975.
  • Tilman Nagel: Geschichte der islamischen Theologie von Mohammed bis zur Gegenwart. München 1994. S. 43–49.

Weblinks

katholische Sicht
  • Deutsche Bischofskonferenz (Hrsg.): Katholischer Erwachsenenkatechismus. Band 1: Das Glaubensbekenntnis der Kirche. (1985) [2], S. 227–231

Einzelbelege

  1. Streitenberger: Die fünf Punkte des Calvinismus.
  2. Deutsche Bischofskonferenz (Hrsg.): Katholischer Erwachsenenkatechismus, Band 1: Das Glaubensbekenntnis der Kirche. (1985) [1], S. 228
  3. Vgl. Gerhard Ludwig Müller: Katholische Dogmatik: für Studium und Praxis der Theologie. Herder: Freiburg, Basel, Wien; 6. Auflage, 2005; ISBN 978-3-451-28652-0; S. 219–221
  4. Vgl. Nagel 45.
  5. Suleiman Ali Mourad: Early Islam between Myth and History. Al-Ḥasan al-Baṣrī (d 110H/728CE) and the Formation of his Legacy in Classical Islamic Scholarship. Leiden: Brill 2006. S. 3.
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