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Politikberatung

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Politikberatung bezeichnet den gesamten Komplex politischer Beratungstätigkeit, speziell aber den Wissenstransfer aus der Wissenschaft in die politische Praxis.

Grundlagen

Die klassische Definition stellte Jürgen Habermas Ende der 1960er Jahre auf:

„Politikberatung hat die Aufgabe, einerseits Forschungsergebnisse aus dem Horizont leitender Interessen, die das Situationsverständnis der Handelnden bestimmen, zu interpretieren, und andererseits Projekte zu bewerten, und solche Programme anzuregen und zu wählen, die den Forschungsprozess in die Richtung praktischer Fragen lenken.“

Habermas 1968a, S. 134.

Zunehmend etabliert sich Politikberatung neben der ursprünglichen Definition als Sammelbegriff für ein breiteres Spektrum an Beratungsleistungen.

Man unterscheidet zwei Formen der Politikberatung:

Einige Politikberater betreiben auch Lobbyismus:

Ein großer Teil der Politikberatung wird von politischen Mitarbeitern, sowie Wissenschaftlern in unterschiedlichsten Gremien, z. B. Expertenkommissionen, in Think Tanks sowie Stiftungen geleistet. Diese wissenschaftliche Politikberatung ist seit dem Aufsatz von Habermas immer wieder Gegenstand teils hitziger Debatten gewesen. 2008 hat die Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften Leitlinien guter Politikberatung erarbeitet und veröffentlicht.[1]

Nationales

Deutschland

Geschichte

Der Regierungsumzug von Bonn nach Berlin gab der Politikberatung einen starken Entwicklungsschub. Viele Verbände blieben in Bonn – zum Beispiel wegen der relativen Nähe zu Brüssel – und beauftragten Agenturen oder externe Berater, um Kontakte in Berlin zu pflegen. Viele davon haben sich im Berliner Regierungsviertel angesiedelt.

Bericht des Bundesrechnungshofs

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Am 1. April 2008 sendete der Bundesrechnungshof (BRH) einen Bericht mit dem Titel „Über die Mitarbeit von Beschäftigten aus Verbänden und Unternehmen in obersten Bundesbehörden“ an den Haushaltsausschuss des Bundestages.

Der Leitsatz lautet:

„„Der Bundesrechnungshof ist bei seiner Untersuchung nicht auf Sachverhalte gestoßen, die einen konkreten Verdacht auf vorsätzlichen Missbrauch des Einsatzes externer Beschäftigter in den Bundesministerien oder einen spürbaren Schaden für den Bund und das von ihm zu vertretende Gemeinwohl begründen würden.“ „Gleichwohl belegen seine Prüfungserkenntnisse, dass in einigen Bereichen erhöhte Risiken von Interessenkonflikten bestehen.““

Zwar „sieht der Bundesrechnungshof aufgrund seiner Prüfungsergebnisse keine Notwendigkeit, den personellen Austausch zwischen Verwaltung und Unternehmen grundsätzlich in Frage zu stellen“, aber um die dennoch „bestehenden Risiken“ auf ein Mindestmaß zurückzuführen, gab er den Parlamentariern zehn Handlungsempfehlungen, u.a.: „Leihbeamte“ sollten

  • keine „federführende Formulierung von Gesetzesentwürfen und anderen Rechtsakten“ vornehmen dürfen (bisher hatten 20 Prozent der externen Mitarbeiter Gelegenheit dazu).
  • nicht mehr an Vergabeverfahren öffentlicher Aufträge beteiligt sein (bisher waren dies mehr als 25 Prozent der jährlich rund 100 „Lobbyisten“, die 2004 bis 2006 in obersten Bundesbehörden tätig waren).
  • nicht mehr Leitungsvorlagen erstellen (was bisher über 60 Prozent der „Leihbeamten“ taten) und nicht mehr die Bundesregierung nach außen vertreten

Am 13. Juni 2009 legte das Bundesministerium des Innern (BMI) den „Entwurf einer Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zum Einsatz von außerhalb des öffentlichen Dienstes Beschäftigten (externen Personen) in der Bundesregierung“ vor. Er bündelte die Beschlüsse des Haushaltsausschusses vom 9. April und 4. Juni 2008 „im Interesse der Integrität und der Funktionsfähigkeit der Bundesverwaltung.“ Die „Allgemeine Verwaltungsvorschrift der Bundesregierung“ einschließlich „Verhaltenskodex für in der Bundesverwaltung tätige externe Personen“ wurde entlang der Empfehlungen des Bundesrechnungshofes formuliert. Das BMI muss nun halbjährlich schriftlich dem Haushalts- und Innenausschuss über den jeweiligen Personalstand der „externen Positionen“ berichten.

„Faktisch ist das Programm „Seitenwechsel“ mit diesen administrativen Korsettstangen und den erzwungenen Transparenzmaßnahmen „erledigt“, wie ein Spitzenbeamter im BMI bitter bilanzierte. Die „Methode Bundesrechnungshof“ und die zwar langatmigen, am Ende aber wirksamen Kontrollmechanismen des Haushaltsausschusses könnten Vorbild für die Lösung aller weiteren „parlamentarischen Brandherde im Zusammenhang mit Lobbyismus“ sein. Diese wirksame Blaupause einer Selbstbehauptung des Parlaments wurde aber in den anderen Fällen (bislang) selten genutzt.“[2]

Literatur

  • Susanne Cassel: Politikberatung und Politikerberatung. 2001, ISBN 3-258-06277-3.
  • Florian Busch-Janser et al. (Hg.): Politikberatung als Beruf. 2007, ISBN 978-3-938456-30-9.
  • Althaus, Marco (Hg.): Kampagne! 2002, ISBN 978-3-8258-5292-4; sowie Kampagne 2! 2004, ISBN 978-3-8258-5995-4.
  • Thomas Hofer: Die Tricks der Politiker. Ueberreuter Verlag, Wien 2010, ISBN 978-3-8000-7448-8.
  • Hartmut Ihne: Global Governance und wissenschaftliche Politikberatung - Tendenzen und Prinzipien (Global governance and evidence-based policy advice - tendencies and principles). Nomos Verlag, Baden-Baden 2007, ISBN 978-3-8329-2452-2.
  • Clemens Kuhne: Politikberatung für Parteien. Akteure, Formen, Bedarfsfaktoren. VS-Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden 2008, ISBN 978-3-531-15746-7.
  • Birger P. Priddat: Politik unter Einfluß. Netzwerke, Öffentlichkeiten, Beratungen, Lobby. Wiesbaden, VS 20092007.
  • Birger P. Priddat: Politikberatung: Prozesse, Logik und Ökonomie. Metropolis, Marburg 2009.

Wissenschaftliche Beratung:

  • Jürgen Habermas: Verwissenschaftlichte Politik und öffentliche Meinung. In: Technik und Wissenschaft als Ideologie. Frankfurt/Main 1968/2003, S. 120–145
  • Svenja Falk, Andrea Römmele, Dieter Rehfeld, Martin Thunert (Hrsg.): Handbuch Politikberatung. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden 2006, ISBN 978-3-531-14250-0.
  • Harald Heinrichs: Politikberatung in der Wissensgesellschaft: eine Analyse umweltpolitischer Beratungssysteme. Deutscher Universitäts-Verlag, Wiesbaden 2002.
  • Gunther Hellmann (Hg.): Forschung und Beratung in der Wissensgesellschaft. Das Feld der internationalen Beziehungen und der Außenpolitik. Baden-Baden 2007.
  • Margret Kraul, Peter-Tobias Stoll (Hrsg. im Auftrag der Akademie der Wissenschaften zu Göttingen): Wissenschaftliche Politikberatung, Wallstein Verlag, Göttingen 2011 ISBN 978-3-8353-0643-1

Nationales:

  • Steffen Dagger, Michael Kambeck (Hrsg.): Politikberatung und Lobbying in Brüssel. VS-Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden 2007. ISBN 978-3-531-15388-9 (Online in der Google Buchsuche)
  • Lobbying und Politikberatung. Beilage zur Zeitschrift Das Parlament, 2010 (online, bundestag.de)
  • Steffen Dagger: Mitarbeiter im Deutschen Bundestag: Politikmanager, Öffentlichkeitsarbeiter und Berater. Ibidem, Stuttgart 2009. ISBN 978-3-8382-0007-1.
  • Steffen Dagger, et al. (Hg.): Politikberatung in Deutschland, Praxis und Perspektiven, VS-Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden 2004. ISBN 978-3-531-14464-1. (Online in der Google Buchsuche)
  • Christian H. Schuster: Politikberatungsagenturen in Deutschland. Diplomarbeit, erschienen in der Reihe J+K Wissen, poli-c-books, Berlin/München 2005.
  • Peter Weingart, Justus Lentsch, Wissen Beraten Entscheiden. Form und Funktion wissenschaftlicher Politikberatung in Deutschland. Weiterswist 2008. ISBN 3-938808-51-9
  • Feri Thierry (Hg.): "Politikberatung in Österreich. Herausforderungen, Strategien, Perspektiven." 2., erweiterte Auflage, new academic press, Wien 2013. ISBN 978-3-7003-1844-6

Weblinks

Nationales:

Einzelnachweise

  1. Leitlinien für wissenschaftliche Politikberatung der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften. (PDF-Datei; 629 kB);
    vergl. auch Qualitätskriterien von Politikberatung (pdf, cmgt.uni-leipzig.de; 108 kB)
  2. Thomas Leif: Von der Symbiose zur Systemkrise. Essay in: Das Parlament, 10. Mai 2010 (online, bundestag.de)
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Dieser Artikel basiert ursprünglich auf dem Artikel Politikberatung aus der freien Enzyklopädie Wikipedia und steht unter der Doppellizenz GNU-Lizenz für freie Dokumentation und Creative Commons CC-BY-SA 3.0 Unported. In der Wikipedia ist eine Liste der ursprünglichen Wikipedia-Autoren verfügbar.