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Pogromdenkmal

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Das Pogromdenkmal am Eduard-Wallnöfer-Platz mit dem Befreiungs­denkmal, dahinter das Neue Landhaus

Das Pogromdenkmal steht im Zentrum von Innsbruck, am Eduard-Wallnöfer-Platz, und erinnert an die Novemberpogrome 1938, in deren Verlauf die Innsbrucker Bürger Josef Adler, Wilhelm Bauer, Richard Berger und Richard Graubart ermordet wurden. Das Denkmal wurde 1997 errichtet.

Novemberpogrom in Innsbruck

Pogromdenkmal Innsbruck.jpg

Nach dem Attentat auf den deutschen Gesandtschaftsrat Ernst vom Rath in Paris, verübt von Herschel Grynszpan, besprachen sich Hitler und Goebbels am 9. November 1938 bei einem Kameradschaftsabend im Alten Rathaussaal von München. Danach verließ Hitler den Saal und Goebbels hielt eine Rede, die „in dem Appell zur Rache und Vergeltung“ gipfelte. Gauleiter und SA-Führer erteilten im gesamten Dritten Reich Geheimbefehle, jüdische Geschäfte zu zerstören, Synagogen anzuzünden und Wertgegenstände zu beschlagnahmen. Das Eingreifen der Polizei wurde untersagt. Die sogenannte Reichskristallnacht diente der weiteren Einschüchterung und Demoralisierung der jüdischen Bevölkerungsgruppe und der Bereicherung der NS-Schergen. Der Tiroler Gauleiter Franz Hofer erteilte noch in derselben Nacht um ein Uhr früh den Auftrag, dass sich „die kochende Volksseele gegen die Juden” erheben müsse. Zwei Stunden später begannen die Mordaktionen. Als Innsbrucker Opfer waren ausgesucht worden:

  • Josef Adler war Bundesbahn-Oberbaurat, führender Exponent der zionistischen Bewegung und Mitglied des Kultusrates,
  • Wilhelm Bauer war Mitinhaber einer Manufakturwarenhandlung,
  • Richard Berger war Mitgründer der Zionistischen Ortsgruppe Innsbruck und Vorsitzender der Kultusgemeinde,
  • Richard Graubart war Miteigentümer des Schuhhauses Graubart in der Museumstraße.

Da der Einsatz von Schusswaffen untersagt war, wurde von Hand gemordet. Adler, der an einer Gehirnerkrankung litt, wurde durch Schläge auf den Kopf so schwer verletzt, dass er zwei Monate später an den Folgen starb. Auch seine Frau erlitt eine Gehirnerschütterung. Berger wurde am Innufer mit einem Stein erschlagen und in den Fluss geworfen. Bauer wurde mit Pistolenhieben und Messerstichen umgebracht, Graubart wurde durch einen Dolchstoß von hinten ermordet.[1]

Entstehung des Denkmals

Während des Landtags der Jugend schlugen am 17. November 1995 Jugendliche vor, ein Denkmal für die Opfer der Pogromnacht im November 1938 im Zentrum von Innsbruck zu errichten. Bürgermeister Herwig van Staa nahm den Antrag der Projektgruppe (Herwig Ostermann, Walter Fuchs, Daniel Knabl, Mirjam Dauber und Sibylle Hammer) im folgenden Monat an und Landesrätin Elisabeth Zanon schrieb daraufhin das Projekt … um nicht zu vergessen aus. Schüler und Schülerinnen der höheren Schulen Tirols wurden zur Beteiligung eingeladen und im Sommer 1996 bewertete eine Fachjury die 48 Wettbewerbsbeiträge. Die Jury entschied sich für einen Entwurf des damals 19-jährigen Schülers Mario Jörg von der Höheren Technischen Lehranstalt für Maschinenbau in Fulpmes, an der das Denkmal auch gefertigt wurde.[2]

Als Standort wurde der Eduard-Wallnöfer-Platz (vormals Landhausplatz) bestimmt, an dem auch das Neue Landhaus, das 1948 errichtete Befreiungsdenkmal und der neue Vereinigungsbrunnen stehen.

Der Entwurf von Mario Jörg besteht aus einem massiven Kupfersockel, auf dem die Namen der Opfer zu lesen sind, und einer sieben Meter hohen Menora. Der Einsatz von Glasscherben für die Namenszüge soll „die zerbrochenen Herzen der ermordeten Juden und ihrer Angehörigen symbolisieren“.[3]

Begleittexte

Auf der metallenen Umrundung des Denkmals sind folgende Worte eingraviert:

„… um nicht zu verschweigen, dass in der Nacht vom 9. zum 10. November 1938, Reichskristallnacht-Novemberpogrom, jüdische Mitbürger in Innsbruck ermordet wurden und ihnen viele Kinder, Frauen und Männer in den Tod folgen mussten
… um nicht zu vergessen, dass Vorurteile, Hass und Unbesonnenheit zu einer grausamen Spirale der Gewalt führen können
… wurde dieses Mahnmal 1997 errichtet.“

Enthüllung

Am 8. Juni 1997 wurde das Pogromdenkmal der Öffentlichkeit übergeben. Oberrabbiner Paul Chaim Eisenberg sprach Gebete auf hebräisch und deutsch. Diözesanbischof Reinhold Stecher verglich das Mahnmal „mit einer Sonnenuhr, die ihre Schattenstriche auf das Gewissen der Menschen wirft“. Der israelische Botschafter, Yoel Sher, sprach über „die heilige Pflicht der Erinnerung gegenüber den Opfern des Holocausts“. Musikalisch umrahmt wurde die Feierstunde von Oscar Klein, einem Jazz-Musiker aus einer jüdischen Innsbrucker Familie. Das Land Tirol hatte jüdische Vertriebene, Holocaust-Überlebende und deren Angehörige eingeladen. Anwesend waren auch Paul Grosz und Esther Fritsch, die Präsidenten der Israelitischen Kultusgemeinde Österreichs bzw. von Tirol-Vorarlberg.

Im Rahmen der Neugestaltung des Landhausplatzes wurde das Mahnmal im Jänner 2011 etwas versetzt und neu aufgestellt. Seit März 2012 gibt es eine Website zum Eduard-Wallnöfer-Platz, auf der beide Denkmäler auf diesem Platz ausführlich beschrieben sind. [4][5]

Resonanz

In Innsbruck gab es, im Gegensatz zu anderen Städten keine wesentlichen Kontroversen. Die Tageszeitung Der Standard führte dies darauf zurück, dass die Initiative von Jugendlichen ausgegangen war. Auch wurde die schlichte Symbolik des Denkmals von der Öffentlichkeit gut aufgenommen. Die Kronen Zeitung jedoch polemisierte gegen die Errichtungskosten für das „6-Tonnen-Monstrum”.[6]

Die Israelitische Kultusgemeinde war erst im Nachhinein in die Planung einbezogen worden. Von Zeitgeschichtlern der Universität Innsbruck wurde die Beschränkung auf die vier Opfer des Novemberpogroms kritisiert, da damals bereits über 160 jüdische NS-Opfer aus Tirol während der gesamten Dauer der NS-Herrschaft ermittelt waren. Ebenfalls kritisiert wurde, dass Tiroler Politiker die Finanzierung einer wissenschaftlichen Begleitbroschüre für Schüler und Schülerinnen abgelehnt hatten.

Quellen

Weblinks

 Commons: Pogromdenkmal – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

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Dieser Artikel basiert ursprünglich auf dem Artikel Pogromdenkmal aus der freien Enzyklopädie Wikipedia und steht unter der Doppellizenz GNU-Lizenz für freie Dokumentation und Creative Commons CC-BY-SA 3.0 Unported. In der Wikipedia ist eine Liste der ursprünglichen Wikipedia-Autoren verfügbar.