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Pietro Badoglio

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Pietro Badoglio 1937

Pietro Badoglio, Herzog von Addis Abeba (* 28. September 1871 in Grazzano Monferrato, Piemont; † 1. November 1956 ebenda) war ein italienischer General, seit 1926 Träger des Titels „Marschall von Italien“. Bekannt wurde Badoglio insbesondere für seine Schlüsselrolle bei den faschistischen Eroberungskriegen in Libyen (1923–32) und Abessinien (1935–36/41) sowie bei der Überführung Italiens auf die Seite der Alliierten während des Zweiten Weltkriegs als erster postfaschistischer Ministerpräsident.

Leben

Badoglio wurde nach seiner Ausbildung an der Militärakademie in Turin Artillerieoffizier und nahm u. a. an Feldzügen Italiens in Ostafrika und Libyen teil. Im Ersten Weltkrieg beförderte man ihn nach der Eroberung des Monte Sabotino 1916 zum Generalmajor; zudem wurde er vom König geadelt und erhielt den Titel des Marchese del Sabotino. An der italienischen Niederlage in der Zwölften Isonzoschlacht 1917 trug er als kommandierender General des für den Abschnitt bei Tolmin zuständigen Korps eine Mitverantwortung. Nach dem Rückzug vom Isonzo zum Piave war er jedoch als neuer stellvertretender Generalstabschef federführend an der Reorganisation der Armee beteiligt. Er beriet den neuen Generalstabschef Armando Diaz in den Piaveschlachten und in der Schlacht von Vittorio Veneto. Badoglio führte Anfang November 1918 die Waffenstillstandverhandlungen mit Österreich-Ungarn und schloss am 3. November mit dem Vertreter Österreich-Ungarns, General Viktor Weber Edler von Webenau, den Waffenstillstand von Villa Giusti.

Gegen und für Mussolini

Im Jahr 1919 zum Senator ernannt, wandte er sich zunächst gegen Benito Mussolini und dessen faschistische Bewegung, weswegen er nach Mussolinis Machtübernahme 1922 auf den Botschafterposten in Brasilien abgeschoben wurde. Nachdem er seine Meinung geändert hatte, durfte er schon 1924 wieder nach Italien zurückkehren, wo er das neue Amt des Generalstabschefs der Streitkräfte übernahm und 1926 zum Marschall von Italien befördert wurde. Von 1929 bis 1933 leitete er als Generalgouverneur die italienische Kolonialmacht in Libyen.[1]

1935 löste er im Abessinienkrieg den zögerlichen Emilio De Bono als Oberbefehlshaber der italienischen Invasionstruppen ab und unterwarf zusammen mit Rodolfo Graziani 1936 das bis dahin nicht kolonisierte Kaiserreich Abessinien. Dabei setzte er entgegen den Genfer Konventionen auch massiv und systematisch Giftgas ein. Für dieses Kriegsverbrechen wurde er weder von den Alliierten noch von Seiten Italiens zur Rechenschaft gezogen. Italien gab den Einsatz von Giftgas offiziell erst 1995 zu. Wiedergutmachung wurde bis heute nicht geleistet.

Für den Sieg über Äthiopien wurde Badoglio auf Vorschlag Mussolinis durch König Viktor Emanuel III. zum erblichen Herzog von Addis Abeba erhoben. Das Amt des Vizekönigs überließ er kurz danach Rodolfo Graziani.

Wechsel der Seite im Zweiten Weltkrieg

1940 war Badoglio wie Graziani, Italo Balbo und Carlo Favagrossa ein entschiedener Gegner eines italienischen Kriegseintritts an der Seite Hitlerdeutschlands (Mussolini trat ein, als die Niederlage Frankreichs im Westfeldzug besiegelt war); er trat jedoch erst im Verlauf des desaströsen italienischen Feldzugs gegen Griechenland vom Posten des Generalstabschefs der Streitkräfte zurück. Sein Nachfolger wurde Ugo Cavallero. Nach der Sitzung des Großen Faschistischen Rates am 25. Juli 1943 musste der König Viktor Emanuel III. Benito Mussolini entlassen und inhaftieren. Der König setzte nach diesem Staatsstreich durch Aktivisten des Faschismus den politisch sehr unerfahrenen Marschall Badoglio als ersten italienischen Ministerpräsidenten der postfaschistischen Zeit ein. Das erste Kabinett bestand nur aus Personen aus dem Umfeld Mussolinis. Die neue Regierung versuchte eine Balance zwischen den Ansprüchen der Alliierten, die seit dem 10. Juli 1943 die Insel Sizilien besetzten, und dem Bündnispartner Deutschland, der den Norden Italiens besetzt hatte. Badoglio bekämpfte zunächst Unruhen, die ein Kriegsende forderten, mit Belagerungszustand und Internierungslager. Er begann gegen den Willen des Königs mit zaghaften Säuberungen unter den Faschisten. Als die Alliierten ihre Bombenangriffe auf italienische Städte forcierten, nahm Badoglio geheime Waffenstillstandsverhandlungen mit ihnen auf. Das Ergebnis wurde am 8. September 1943 verkündet. Die Kapitulation Italiens bedeutete einen Frontwechsel, allerdings ohne die italienischen Soldaten zu informieren.

Entwaffnete Badoglio-Soldaten in Bozen (September 1943), Aufnahme einer Propagandakompanie
Gedenktafel am Geburtshaus Badoglios

Die deutsche Wehrmacht besetzte Nord- und Mittelitalien, schloss die Stadt Rom ein und nahm etwa 800.000 italienische Soldaten gefangen; besonders in der Ägäis und in Griechenland wurden bei dieser Aktion tausende italienischer Soldaten von den Deutschen getötet. Die Deutschen befreiten Mussolini am Gran Sasso und setzten ihn am 23. September 1943 als Chef der Repubblica Sociale Italiana (oder Repubblica di Salò) ein. Sie nahm ihre Arbeit in Salò am Gardasee auf. Der König floh mit Badoglio und nur zwei Ministern über Pescara in das unbesetzte Brindisi, ohne sich weiter um die Geschehnisse an der Front zu kümmern. Auf Druck der Alliierten erklärte er Deutschland zum 13. Oktober den Krieg.[2]

Unentschiedene Kabinettsbildung gegen die Faschisten

Die Deutschen nannten Badoglio einen „Verräter“. Seine Kriegserklärung gegen Deutschland im Oktober 1943 kommentierte die NS-Presse als „lächerlich“.[3] Die Alliierten forderten von Badoglio, die von ihnen besetzten Provinzen zu verwalten und zügig mit den Säuberungen von Faschisten zu beginnen. Doch schon bald mussten die Alliierten den Druck erhöhen, weil Badoglio nur zögerlich handelte.[4] Gleichzeitig kam auch Druck von Antifaschisten, auch von aus dem Exil zurückkehrenden wie dem Kommunisten Palmiro Togliatti. Am 22. April 1944 musste er sie in sein Kabinett aufnehmen.

Nach der Befreiung Roms durch die Alliierten am 4. Juni 1944 erzwangen die Antifaschisten am 8. Juni den Rücktritt von Badoglio. Sein Nachfolger Ivanoe Bonomi setzte mit einem Kabinett aus zurückgekehrten Emigranten und Antifaschisten die Säuberungen drastischer fort.

1945 schloss der italienische Senat Badoglio wegen seiner Zusammenarbeit mit den Faschisten aus; zwei Jahre danach rehabilitierte man ihn wieder. Pietro Badoglio zog sich danach schrittweise an seinen Geburtsort im Piemont und ins Privatleben zurück.

Siehe auch

Einzelnachweise

  1. Nach einem Bericht des Rom-Korrespondenten der Times drohte Badoglio am 20. Juni 1929 den gegen Italien Krieg führenden Sanussiya mit größtmöglicher Gewalt, wenn sie ihre Waffen nicht abgäben: „Nicht ein einziger Aufständischer wird jemals wieder Frieden finden, weder er, noch seine Familie, noch seine Sippe, noch seine Erben. Ich werde alles zerstören, die Menschen und ihren Besitz gleichermaßen. Möge Gott Euch erleuchten, damit ihr die richtige Wahl trefft. [...] Dies ist mein erstes und letztes Wort.“ Aus: The Times, 21. Juni 1929, S. 14: The Senussi Surrender
  2. Peter Tompkins: Verrat auf italienisch. Molden Verlag 1967. Auszüge daraus hier: Peter Tompkins: Mussolinis Sturz und Italiens Frontwechsel 1943 (3. Teil). In: Der Spiegel 14/1967
  3. Das NSDAP-Blatt Westdeutscher Beobachter widmete in seiner Ausgabe Nr. 524 vom 14. Oktober 1943 Bodoglio auf der Titelseite breiten Raum und schrieb unter anderem: „Badoglio hat mit dieser ‚Kriegserklärung‘ aufs neue bewiesen, daß er lediglich das Werkzeug der britisch-amerikanischen Kriegsverbrecher geworden ist. Er setzt damit dem Verrat die Krone auf. Kein Mensch, auch nicht im Feindlager, nimmt diese Kreatur ernst.“
  4. Der Spiegel 14/1967: Scheidung auf italienisch. Mussolinis Sturz und Italiens Frontwechsel 1943. Siehe auch Erster Teil und Zweiter Teil

Literatur

  • Piero Pieri: Badoglio, Pietro. In: Alberto M. Ghisalberti (Hrsg.): Dizionario Biografico degli Italiani (DBI). Band 5 (Bacca–Baratta), Istituto della Enciclopedia Italiana, Rom 1963 (italienisch).
  • Ivan Palermo, Storia di un armistizio (= Le Scie 52). Mondadori, Mailand 1967 (ital.).
  • Hans Woller: Die Abrechnung mit dem Faschismus in Italien 1943 bis 1948 (= Quellen und Darstellungen zur Zeitgeschichte. Bd. 38). Oldenbourg, München u. a. 1996, ISBN 3-486-56199-5.

Weblinks

 Commons: Pietro Badoglio – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
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