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Phlogiston

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Phlogiston (von griech. φλογιστός phlogistós ,verbrannt‘) ist eine hypothetische Substanz, von der man im späten 17. und im 18. Jahrhundert vermutete, dass sie allen brennbaren Körpern bei der Verbrennung entweicht sowie bei Erwärmung in sie eindringt. Die Phlogistontheorie war bei der Deutung von Reduktions- und Oxidationsvorgängen wie dem unterschiedlichen Potenzial verschiedener Verbindungen von Bedeutung. Im 18. Jahrhundert fanden erste Widerlegungen statt, und man begann, die Rolle des Sauerstoffs bei Verbrennungsvorgängen näher zu beschreiben und zu quantifizieren. Die Phlogistontheorie wird daher zu den wissenschaftlichen Irrtümern gezählt,[1] genauer wäre sie als Paradigma im Sinne Thomas S. Kuhns zu beschreiben, wie dieser selbst es in seinem Buch Die Struktur wissenschaftlicher Revolutionen tat. Die Phlogistontheorie stellte weniger die quantitativen Vorgänge als das Redoxpotential der beteiligten Stoffe in den Vordergrund.[2]

Die Phlogistontheorie

Die Phlogistontheorie ist ein Erklärungskonzept, das den (chemischen) Prozess der Verbrennung zu erklären suchte.[3] Phlogiston soll eine postulierte, hypothetische Substanz sein, die allen brennbaren Körpern bei der Verbrennung entweiche.[4]

Johann Joachim Becher (1635–1682). Kupferstich, vermutlich um 1675 entstanden
Georg Ernst Stahl (1659−1734), Kupferstich

Die Phlogistontheorie wurde auf Arbeiten des Chemikers Johann Joachim Becher basierend entworfen. In seinem Werk Physica Subterranea (1667) werden die mineralischen Stoffe und Erden eingeteilt

  • terra fluida oder merkuralische Erde, die den Stoffen Flüssigkeit, Feinheit, Flüchtigkeit und metallische Eigenschaften verleihen
  • terra pinguis oder fettige Erde, diese entspricht der öligen Flüssigkeit der Alchemisten, die den Substanzen ölige, schweflige und brennbare Eigenschaft verleihe
  • terra lapidea oder glasartige Erde, die für das Prinzip der Schmelzbarkeit steht.

Luft habe bei der Bildung der Mineralien keinen Anteil.[5][6] Diese drei Prinzipien stehen danach für verschiedene Stoffe, die terra fluida für das Quecksilber (Prinzip der Flüchtigkeit), die terra pinguis für den Schwefel (Prinzip der Brennbarkeit) und die terra lapidea für das Salz (Prinzip der Festigkeit). Georg Ernst Stahl[7] ersetzte nunmehr das Schwefelprinzip terra pinguis – Farbigkeit, Brennbarkeit, Öligkeit und Feuchtigkeit. Es erhält in Stahls Überlegungen eine zentrale Bedeutung, es wird zum Phlogiston. Alle brennbaren Körper würden Phlogiston enthalten und bei der Verbrennung erfolge eine Zerlegung in Phlogiston, welches flüchtig sei und entweiche, und den zurückbleibenden, phlogistonfreien und unbrennbaren Teil, der Asche.

Stahl verfeinerte die Theorie von Becher in seinem Werk Zymotechnica fundamentalis (1697). Es ist dabei zu beachten, dass die Unterteilungen von Stoffen und Ereignissen sich zu diesem Zeitpunkt von unseren heutigen Vorstellungen wesentlich unterschieden.

Nach dieser Theorie war Phlogiston ein feuriges Element in Stoffen, das die Verbrennung, die Oxidation von reinen Metallen, die Gärung von organischen Stoffen, die Verwesung von Pflanzen und Tieren fördert. Chemiker hatten beobachtet, dass Kohle oder Schwefel rückstandslos verbrannten. Diese Stoffe enthielten nach damaliger Vorstellung sehr viel Phlogiston. Andere Stoffe wie die Metalle Kupfer, Zinn, Zink wandelten sich in erdige, salzige Stoffe um. Dadurch lag der Schluss nahe, dass diese Stoffe weniger Phlogiston enthielten. Je nach Schnelligkeit und Stärke der Umwandlung in salzartige Stoffe waren die Metalle unterschiedlich edel. Nur Gold und teilweise Silber blieben bei Einsatz aller Chemikalien unverändert, sie enthielten mithin wenig oder kein Phlogiston, sie waren aus der Sicht damaliger Chemiker edel und unveränderbar. Durch Erhitzen mit Kohle konnte man dem Metall das Phlogiston wieder zuführen, die Metalle wurden dabei mit Phlogiston wiederbelebt.

Robert Boyles (1626–1691) Chemie stand im Gegensatz zur Phlogistontheorie

Die Phlogistontheorie unterschied, im Gegensatz zur cartesisch geprägten Chemie Robert Boyles, zwischen mechanisch herstellbaren Gemischen und sogenannten Mixts (chemischen Verbindungen). Dabei waren die Eigenschaften der Mixts nicht einfach die Summe ihrer Komponenten: Metalle enthielten Phlogiston, waren aber selbst nicht brennbar, da sie noch das Prinzip der metallischen Erde enthielten.

Stärken und Grenzen der Theorie

Der Einfluss dieser Theorie war im 18. Jahrhundert sehr groß, weil mit ihrer Hilfe Oxidations-Reduktionsreaktionen, Säuren, Basen und Salze systematisch untersucht werden konnten. Bestimmte Stoffe wie Schwefel und Phosphor verbrannten zu Gasen, die sich in Wasser sauer lösten. Andere Salze der Natur (gebrannter Kalk, Metallkalke, also Metalloxide) reagierten mit Wasser basisch. Mit Lackmus konnten Säuren und Basen nachgewiesen werden. Vereinigte man solche entgegensetzte Stoffe wie Säuren und Basen, so entstanden neutrale Salze. Mit Hilfe der Phlogistontheorie ließen sich die Säuren (Phosphor, Schwefel) und Basen (Metallkalke) aus bestimmten Stoffgruppen besser systematisieren. Zugleich bewahrte die Phlogistontheorie alte alchemistische Vorstellungen über die vier Urelemente (Erde, Wasser, Luft, Feuer) nach Empedokles. Nach der Phlogistontheorie gab es nur Stoffe, die viel oder wenig Phlogiston enthielten. Es gab keine Elemente im heutigen Sinn, sondern alles waren zusammengesetzte Stoffe mit viel oder wenig Phlogiston – nur Phlogiston war nach Stahl ein grundlegendes Element. Hinzu kamen die alchemistischen Prinzipien Quecksilber (flüssig, metallglänzend) und Schwefel (brennbar).

Robert Boyle hatte bereits in seinem Buch The Sceptical Chemist aus dem Jahr 1661 im 6. Abschnitt seines Buches die Elementvorstellung anders formuliert und im Gegensatz zur Phlogistontheorie eine klarere Vorstellung vom chemischen Element entwickelt.[8]

Zudem war es im 18. Jahrhundert möglich, mit der Phlogiston-Theorie viele damals bekannte Phänomene der Chemie zu beschreiben. So erklärte diese Theorie den Befund, dass in abgeschlossenen Gefäßen Kerzen nach einiger Zeit erlöschen. Luft sollte danach nur eine bestimmte Menge aus der Kerze entweichendes Phlogiston aufnehmen können. Auch die Erkenntnis, dass ein Teil der Luft (nach späterer Erkenntnis der Sauerstoff) die Verbrennung länger unterhalten kann, wurde von Joseph Priestley anfangs damit erklärt, dass dieser dephlogestierte Luft sei, die somit mehr Phlogiston aufnehmen könne.

Carl Wilhelm Scheele beschreibt in seinem im Jahre 1777 erschienenen Buch Chemische Abhandlung von der Luft und dem Feuer einen die Verbrennung fördernden Anteil der Luft und nennt diesen Feuerluft (Sauerstoff). Auch gibt er mehrere Möglichkeiten an, wie diese Feuerluft hergestellt werden konnte, beispielsweise durch das Erhitzen von Braunstein (Mangandioxid) mit konzentrierter Schwefelsäure (H2SO4). Der Zeit gemäß interpretierte er diese Vorgänge im Rahmen der Phlogistontheorie.

Die Verbrennung organischer Stoffe verläuft (ohne die damals noch unbekannten gasförmigen Reaktionsprodukte) meist unter Gewichtsverlust. Nach der Phlogistontheorie soll dabei das vorher von den Pflanzen aufgenommene Phlogiston wieder abgegeben werden. Gleiche Erklärungen sind auch für einige Nichtmetalle, wie Phosphor oder Schwefel, möglich. Bei Metallen gab es Probleme, da diese im Allgemeinen feste Oxide bilden und somit beim Verbrennen schwerer werden. Die von Boyle unternommenen Versuche wurden jedoch dadurch entkräftet, dass es auf das spezifische Gewicht und nicht auf das absolute Gewicht ankäme.[9] Im Übrigen waren im 18. Jahrhundert die experimentellen Möglichkeiten beschränkt, so dass viele Chemiker auf Grund des unbeobachteten Verdampfens eines Teils des Oxides von Gewichtsabnahmen berichteten. Die Reduktion von Metalloxiden mit Kohle zu Metallen ist durch die Aufnahme von Phlogiston aus der Kohle widerspruchslos erklärt worden.

Im Zuge der Entdeckung gasförmiger Verbindungen und mit dem Einsatz genauerer Messmethoden wurden zunehmend Probleme und Irrtümer dieser Theorie deutlich. Insbesondere fehlte eine schlüssige Erklärung für die Gewichtszunahme bei Verbrennungen von Metallen. Um die Theorie zu retten, versuchten Befürworter, dem Phlogiston Eigenschaften, wie eine negative Masse, zuzuschreiben. Auch der damals entdeckte Wasserstoff wurde teilweise für Phlogiston gehalten.

Endgültig widerlegt wurde die Theorie erst 1785 von Antoine Lavoisier, der zeigen konnte, dass alle Verbrennungsphänomene ohne Einsatz von außergewöhnlichen Annahmen mit seiner Oxidationstheorie und durch das Gas Sauerstoff erklärt werden konnten. Die letzte starke Hypothese der Phlogiston-Theorie, die Erklärung der Wasserstoffentstehung bei Reaktion von Metallen mit Säuren, konnte von ihm durch die Erkenntnis, dass Wasser eine Verbindung von Sauerstoff und Wasserstoff ist, entkräftet werden.

Letzte noch mögliche Erklärungsversuche des Phlogistons als „Wärmestoff“ konnten 1798 von Benjamin Thompsons zugunsten der Theorie von der Bewegung der Teilchen widerlegt werden. Er ließ in Kanonenrohren stumpfe Stahlbohrer laufen. Die Rohre wurden immer wieder aufs Neue heiß und das angeblich vorhandene Phlogiston durch Wasser abgeführt. Die Wärme konnte also nicht durch einen in den Rohren vorhandenen erschöpflichen Stoff hervorgerufen worden sein.

Die Realität von Phlogiston schien in dieser Zeit bewiesen, so gab es wenige Versuche die Abläufe anders zu erklären, denn mit der Annahme des Phlogistons schien alles erklärbar zu sein. Man hatte in dieser Periode der naturwissenschaftlichen Forschung nicht den Anspruch der restlosen Aufklärungsarbeit aller Detailkenntnisse und war durch die teilweise subjektiven Beobachtungsmöglichkeiten eingeschränkt. In der Absicht ganzheitlicher Erklärungsversuche blieben die Naturwissenschaften dabei, „sittlich schöne“ mit den älteren religiösen Ansichten zur Natur zu verbinden. Selbst Forscher wie Joseph Priestley, die den inneren Widerspruch zur Phlogistontheorie erkannten, verblieben bei ihren Erklärungsversuchen auf dieser Theorie.

Die wichtigen Auswirkungen dieser Theorie

Obgleich die Theorie die Verhältnisse nach heutiger Kenntnis umkehrte, konnte mit dieser Deutung in jener Periode der Wissenschaftsgeschichte vieles besser verstanden und systematisiert werden, oder überhaupt erklärt werden.

  • Die Phlogistontheorie konnte ausreichend die Oxidations- und Reduktionsprozesse verständlich machen.
  • Sie regte dazu an, das „feinst verteilte“ Phlogiston aufzufangen und zu untersuchen und die Gaseigenschaften zu verstehen.[10]
  • Die Theorie ermöglichte eine Systematisierung von Stoffgruppen, die Säuren und Basen bilden.
Erster Versuch einer Tabelle der neueren Meinungen verschiedener Naturforscher über die Zusammensetzung einfacher Stoffe
Taschenbuch für Scheidekünstler und Apotheker auf das Jahr 1791. Zwölftes Jahr, Weimar[11]
Feuer Phlogiston Wasser Heiße Luft Phlogistisierte Luft Inflammable Luft Luftsäure Metall Metallkalk
heute [Wärme] Wasserstoff + Sauerstoff Sauerstoff Stickstoff Wasserstoff Kohlendioxid Elemente Metalloxid
Achard Freye Feuermaterie Ein besonderer Stoff Mit Feuermaterie verbundenes Wasser Elementarluft, Brennbares und Säure Elementarluft und eine besondere Säure Metallische Erde und Phlogiston Metallische Erde
Cavendish Freye Feuermaterie Ein besonderer Stoff Reine und inflammable Luft entbranntes Wasser Salpetersäure mit Phlogiston Metallische Erde und Phlogiston Metallische Erde mit Wasser
Gren Freye Wärme und Lichtmaterie Gebundene Wärme und Lichtmaterie Wärmematerie und Wasser Reine Luft mit Phlogiston Wärmestoff, Wasser, Brennstoff, Säure (Vitriol-, Salz- oder Pflanzensäure) Eine eigene phlogistisierte Säure Metallische Erde und Phlogiston Metallische Erde
Lavoisier Freye Feuermaterie Dephlogistierte und inflammable Luft Feuermaterie und Sauerstoff Durch Feuermaterie veränderte Salpetersäure Sauerstoff und Kohlenstoff einfacher Stoff Metall und Sauerstoff
Priestley Freye Feuermaterie Elementarstoff Elementarstoff Reine Luft und Brennbares Phlogiston an eine feine Erde gebunden Modificierte Vitriol- und Salpetersäure Metall-Erde und inflammable Luft Metallische Erde
Scheele Phlogiston und Feuerluft Elementarstoff Elementarstoff Reine Luft und Brennbares Abänderung der Salpetersäure Metall-Erde und Phlogiston Metallische Erde und Wasser
Volta Freye Wärmematerie Gebundene Wärme mit Luftsäure Elementarstoff Mit Brennbarem übersättigte Luftsäure Brennbare und Lebensluft Metallische Erde

Ablösung durch die Oxidationstheorie

Die Phlogistontheorie wurde Ende des 18. Jahrhunderts durch die Oxidationstheorie des Chemikers Antoine Lavoisier abgelöst. Georg Ernst Stahl und seine nachfolgenden Vertreter der Phlogistontheorie, d. h. alle Phlogistoniker, sahen im Phlogiston eine Substanz, die beim Verbrennen freigesetzt würde. Man bezeichnete etwa die Umwandlung von Metallen durch Erhitzen an Luft auch als Verkalken, es hieß das Metall verlöre Phlogiston. Umgekehrt würde das Phlogiston beim Erhitzen eines Erzes mit Kohle eben von letzterer, unter Bildung eines glänzenden Metalles, aufgenommen werden.

Lavoisier überzeugte sich als Skeptiker im Laufe seiner Experimente, dass die Stoffe beim Verbrennen (Oxidation) Sauerstoff binden. Durch die Korrektur der Theorie auf Basis der Ergebnisse seiner genauer gewordenen Experimente konnte er im Widerspruch zur herrschenden Meinung die heute anerkannte Deutung der Wirklichkeit ausbauen. Schließlich ließen sich aus diesem geänderten Verständnis weitere Gesetzmäßigkeiten ableiten, so zum Beispiel das von Joseph Louis Proust formulierte Gesetz der konstanten Proportionen (1797) oder das von John Dalton im Jahre 1805 erkannte Daltonsche Gesetz.

Joseph Louis Proust (1754–1826) gezeichnet von Ambroise Tardieu (1788–1841) um 1795
John Dalton (1766–1844)

Für die Erkenntnisentwicklung war die Stahlsche Phlogistontheorie eine Innovation. Er begriff, dass das Verbrennen eines Stoffes aus einer Reaktion zwischen zwei materiell verschiedenen Substanzen (modern gesprochen: in einem chemischen Prozess) bestand und erkannte durch die von ihm eingeführten Experimente zum anderen gleichzeitig deren Reversibilität oder Wechselseitigkeit. Ein Stoff A gibt das Phlogiston ab, ein anderer Stoff B nimmt es auf (Verbrennung, modern gesprochen: Oxidation). Andererseits kann Stoff B das aufgenommene Phlogiston wieder an Stoff A abgeben (Reduktion). Stahl entdeckte die wechselseitige Bedingtheit dieser Verbrennungs- (Oxidations-) und Reduktionsvorgänge.

Zum Widerspruch mit dieser Theorie führten bei den nachfolgenden Vertretern der Phlogistontheorie insbesondere die Vernachlässigung der gasförmigen Reaktionspartner dieser reversiblen Prozesse.[12]

Das beobachtete Phänomen, welches sich auf die Gewichtszunahme der Metalle während der Verbrennung bezog, wurde letztlich von Lavoisier in einer Reihe verschiedener Versuche bestätigt und erklärt. Als Joseph Priestley im Jahre 1774 ein Gas entdeckte, welches vor allen andern fähig war, die Verbrennung zu unterhalten, erhielt die Kritik an der Phlogistontheorie indirekt eine weitere Unterstützung. Lavoisier zeigte, dass Priestleys Gas eines der Elemente der Luft war, und nannte es Oxygène (Sauerstoff). Von jetzt an war die Bedeutung der Luft während der Verbrennung eindeutig. Bei der Verbrennung werde nicht Phlogiston abgegeben, sondern Luft oder vielmehr deren Bestandteile absorbiert. Die Verbrennung war keine Zersetzung, sondern eine Verbindung, welche vor sich geht, indem ein gewisses Element der Luft mit dem brennbaren Körper fixiert wird. Dieser nimmt an Gewicht zu, indem er verbrennt (oxidiert), und die Gewichtszunahme ist genau dem Gewicht des hinzugetretenen gasförmigen Körpers gleich.[13]

Lavoisier untersuchte die Gewichtsveränderungen verschiedener Stoffe bei Oxidation und bei Reduktion und entdeckte, dass das gerade aufgefundene Element Sauerstoff dabei die entscheidende Rolle spielt. Vergeblich versuchten die Verteidiger der Phlogistontheorie, so Henry Cavendish, Joseph Priestley und Carl Wilhelm Scheele selbst, die Theorie Stahls zu bewahren, indem sie dieselbe modifizierten und behaupteten, die Rolle der Luft bestünde darin, brennbaren Körpern das Phlogiston zu entziehen.[14]

Lavoisier wies dadurch nach, dass

  • sich beim Verbrennen von Metallen oder Schwefel diese mit Sauerstoff vereinigen,
  • dabei so viel Sauerstoff verbraucht wird, wie in den entstandenen Oxiden enthalten ist,
  • man, um Metalle aus den Oxiden wiederzugewinnen, nicht Phlogiston hinzufügen, sondern den Sauerstoff entfernen muss.

Betrachtet man die Kritik an der Phlogistontheorie etwa mit den Begriffen von Joseph Priestleys dephlogisticated air oder Antoine Laurent de Lavoisiers oxygène, so lassen sich beide Konzepte unschwer mit dem modernen Konzept der Redoxreaktion oder dem Lewis-Säure-Base-Konzept verbinden. Säuren sind Stoffe, die Kationen[15] abspalten oder Anionen oder Elektronen aufnehmen können. Also Oxidationsmittel, die bei einer chemischen Reaktion dadurch reduziert werden. Rückübersetzt in die Theorie des Phlogistons entspräche dies einer Phlogistonaufnahme. Es sind somit Elektrophile und entsprechen elektrochemisch dem Pluspol (Anode) oder dem oxygène oder der dephlogisticated air.[16] Für Basen gelten dann die reziproken Annahmen. Hier bedeutete dies in der Rückübersetzung eine Phlogistonabgabe.

Literatur

  • Gilman McCann: Chemistry Transformed: The Paradigmatic Shift from Phlogiston to Oxygen. Ablex Pub, 1998; ISBN 0-89391-004-X.
  • Peter Laupheimer: Phlogiston oder Sauerstoff. Wissenschaftliche VG, 1992; ISBN 3-8047-1212-6.
  • William H. Brock: Viewegs Geschichte der Chemie. Vieweg, Braunschweig 1997; ISBN 3-540-67033-5.
  • Irene Strube, Rüdiger Stolz, Horst Remane: Geschichte der Chemie. Deutscher Verlag der Wissenschaften, Berlin 1986; ISBN 3-326-00037-5; S. 54 ff.
  • Günther Bugge (Hrsg.): Das Buch Der Grossen Chemiker. Verlag Chemie, Weinheim u. a.61984 (= 11929); ISBN 3-527-25021-2; Band 1, S. 198.
  • Ursula Klein, Wolfgang Lefevre: Materials in eighteenth-century science. MIT-Press, Cambridge, 2007; ISBN 9780262113069
  • James Riddick Partington: Historical studies on the phlogiston theory (The Development of Science); New York: Arno Press, 1981; ISBN 978-0405138959

Weblinks

Wiktionary: Phlogiston – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Einzelnachweise

  1. Károly Simonyi: Kulturgeschichte der Physik. Harri Deutsch, Thun, Frankfurt a. M. 1995, ISBN 3-8171-1379-X, S. 239.; Reiner Ruffing: Kleines Lexikon wissenschaftlicher Irrtümer, Gütersloher Verlagshaus 2011, ISBN 978-3-579-06566-3, S. 123–125
  2. “The Aim and Structure of Methodological Theory,” in: Léna Soler, Howard Sankey & Paul Hoyningen-Huene (eds.), Rethinking Scientific Change and Theory Comparison: Stabilities, Ruptures, Incommensurabilities?, Dordrecht: Springer, 2008, 273–290.
  3. Siegfried Engels: Faszination Feuer. Von Prometheus bis Lavoisier. Sitzungsberichte der Leibniz-Sozietät 7, 1995, Heft 7, S. 35–67
  4. Peter Laupheimer: Phlogiston oder Sauerstoff. Die Pharmazeutische Chemie in Deutschland zur Zeit des Übergangs von der Phlogistion- zur Oxidationstheorie. Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft, Stuttgart 1992, ISBN 3-804-71212-6
  5. vergleiche hierzu auch die Vier-Elemente-Lehre
  6. William Hodson Brock: Viewegs Geschichte der Chemie. Berlin 2000, S. 50 ff.
  7. Brockhaus ABC Chemie, VEB F. A. Brockhaus Verlag, Leipzig 1965, S. 1054.
  8. Günther Bugge: Das Buch Der Grossen Chemiker. Verlag Chemie, Weinheim 1955, Band I, Robert Boyle S. 184; Martin Carrier: Zum korpuskularem Aufbau der Materie bei Stahl und Newton. Franz Steiner, Sudhoffs Archiv Band 70 (Heft 1), Wiesbaden 1986
  9. Günther Bugge: Das Buch Der Grossen Chemiker. Verlag Chemie, Weinheim 1955, Band I, S. 198.
  10. Strube, Stolz, Remane: Geschichte der Chemie. Deutscher Verlag der Wissenschaften, Berlin 1986, S. 54 ff.
  11. Aus P. Köthner: Aus der Chemie des Ungreifbaren. Verlag von A.W. Zickfeldt, Osterwieck Harz 1906.
  12. Christian Blöss: Entropie: Universelle Aspekte einer physikalischen Mengengröße. Books on Demand (2010), S. 34.
  13. Charles Adolphe Wurtz: Geschichte der chemischen Theorien seit Lavoisier bis auf unsere Zeit, deutsch hrsg. von Alphons Oppenheim (1817–1884), Robert Oppenheim, Berlin 1870 (pdf; 8,6 MB).
  14. Dorothea Golze: Phlogiston vs. Sauerstoff, 2008 (pdf; 72 kB).
  15. die speziellen Kationen, der Protonen oder auch Hydrone. Siehe auch Säurebegriff nach Brønsted und Lowry.
  16. Karl-Heinz Näser: Physikalische Chemie für Techniker und Ingenieure. 16. Aufl., Leipzig 1986, S. 158.
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