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Personalunion
Unter Personalunion versteht man die Ausübung verschiedener Ämter oder Funktionen durch dieselbe Person, nicht jedoch das von dieser Person etwaig beherrschte Gesamtgebiet. Eine Personalunion kann sowohl aus in der Person liegenden Gründen (etwa weil sie in getrennten Wahlen für beide Ämter gewählt wurde), als auch durch eine feste Verbindung der Ämter entstehen.
Von der Personalunion abzugrenzen sind die Realunion und der Doppelhut, bei denen die Ämter und Funktionen selbst verfassungsrechtlich miteinander zwingend verbunden sind, mithin der Amtsträger notwendig derselbe ist.
Vereinigung von Ländern
Die Regierung mehrerer Länder in Personalunion spielte vor allem in der Feudalzeit eine große Rolle. Bis weit ins 18. und 19. Jahrhundert hinein gab es in der Regel keinen einheitlichen Staat, sondern ein größerer Monarch regierte über Ländereien und damit auch eine Mehr- oder Vielzahl von Ländern mit jeweils eigener Verfassung, Regierungssystemen und ständischen Partizipationsrechten.
Die moderne Staatsbildung seit dem 18. Jahrhundert setzte auf Vereinheitlichung dieser Vielfalt. Doch auch dann gab es verschiedentlich weiterhin Personalunionen. Die davon betroffenen modernen Staaten hatten zwar denselben Herrscher, wurden aber ebenfalls nach verschiedenen Gesetzen geführt und blieben rechtlich getrennt. Der moderne Trend zur Staatsvereinheitlichung verband sich jedoch seit dem 19. Jahrhundert mit dem des Nationalismus, und im Zuge der damals vorherrschenden Nationalstaatsbildung zerfielen entweder die noch bestehenden Personalunionen, oder sie wurden zu einer Realunion verfestigt. Bei der Realunion entstand ein neuer, vereinigter Gesamtstaat, der nicht nur über die Person des Monarchen, sondern über weitere Institutionen (Verfassung, Parlament, Armee etc.) fest integriert wurde.
Beispiele für Personalunionen
- Israel in der Zeit von ca. 1025–926 v. Chr. unter den Königen Saul, David und Salomo.
- Personalunion zwischen dem Heiligen Römischen Reich und dem Königreich Sizilien von 1194 bis 1197 sowie 1212 bis 1254.
- Österreich-Ungarn zwischen 1867 und 1918; der Kaiser von Österreich war in Personalunion auch König von Ungarn. Die beiden Staaten waren jedoch auch durch Realunions-Elemente verklammert, etwa durch eine gemeinsame Außenpolitik, eine gemeinsame Armee und gemeinsame parlamentarische Beratungsorgane.
- Personalunion zwischen den Königreichen Ungarn und Kroatien von 1102 bis 1918 (siehe Kroatien im Staatsverband mit Ungarn).
- Polnisch-Litauische Personalunion 1386 (ab 1569 Realunion durch Bildung der polnisch-litauischen Adelsrepublik).
- Personalunion zwischen England und Schottland von 1603 bis 1707 (ab 1707 Königreich Großbritannien, also staatsrechtliche Vereinigung).
- Ähnliche Personalunion zwischen England (bzw. ab 1707 Großbritannien) und Irland bereits seit dem Mittelalter, zuletzt militärisch erzwungen um 1690 und um 1740 bis zum Act of Union 1800.
- Personalunion zwischen Großbritannien und Hannover von Georg I. bis Wilhelm IV. Durch unterschiedliche Nachfolgeregelungen in Hannover und Großbritannien (weibliche Thronfolge oder nicht) wurde die Personalunion 1837 gelöst.
- Personalunion zwischen Spanien und Portugal (1580–1640).
- Personalunion zwischen Niederlande und Luxemburg (1815–1890).
- Skandinavien
- Kalmarer Union zwischen Dänemark, Norwegen und Schweden (1389–1521) (siehe Geschichte Norwegens).
- Union zwischen Dänemark und Norwegen (1521–1814).
- Union zwischen Norwegen und Schweden (1814–1905).
- Island war – nachdem es 1918 als eigener Staat von Dänemark anerkannt wurde – bis 1944 weiterhin über die Person des gemeinsamen Königs mit Dänemark verbunden (seither Republik).
- Sachsen-Polen unter August dem Starken und August III. 1697–1763 (da Polen Wahlmonarchie war, bestand mehrfach Personalunion mit anderen Ländern).
- Personalunion des Kurfürstentums Brandenburg und des Herzogtums Preußen 1618 zu Brandenburg-Preußen, das Herzogtum blieb allerdings bis 1657/1660 Lehen der polnischen Krone.
- Die Könige Karl XI. und der XII. waren zugleich Könige von Schweden und Herzöge von Pfalz-Zweibrücken.
- Die Könige von Dänemark waren bis 1864 auch Herzöge von Schleswig und Holstein und von 1667 bis 1773 regierende Grafen von Oldenburg.
- Die russischen Zaren regierten von 1793 bis 1807 die Herrschaft Jever.
- Herzogtum Warschau und Sachsen zur Zeit Napoleons I.
- Der Zar von Russland war auch König von Kongresspolen.
Vereinigung von Funktionen
Monarchie
- Der König des Vereinigten Königreichs Großbritannien und Nordirland (UK) ist zugleich:
- weltliches Oberhaupt der Kirche von England
- Oberhaupt des Commonwealth und damit König der Commonwealth Realms: Antigua und Barbuda, Australien, Bahamas, Barbados, Belize, Grenada, Jamaika, Kanada, Neuseeland, Papua-Neuguinea, Salomonen, St. Kitts und Nevis, St. Lucia, St. Vincent und die Grenadinen, Tuvalu.
Kirche
- Der Papst ist:
- Bischof von Rom
- als Heiliger Stuhl Oberhaupt der katholischen Kirche (dem Selbstverständnis nach nicht nur der Konfession, sondern der gesamten christlichen Kirche)
- Patriarch des Abendlandes (seit 2006 wird der Titel nicht mehr geführt)
- Primas von Italien
- Erzbischof bzw. Metropolit der römischen Kirchenprovinz
- Souverän des Staates der Vatikanstadt
- Jeder Kardinal ist zugleich über eine römische Titelkirche Mitglied des Klerus von Rom.
- Der Patriarch von Konstantinopel ist:
- Patriarch des Ökumenischen Patriarchats von Konstantinopel
- Oberhaupt der Weltorthodoxie
- Der Erzbischof von Canterbury ist:
- Bischof von Canterbury
- Metropolit der Kirchenprovinz Canterbury
- Primas von England
- Lord des britischen Oberhauses
- „Kaplan der Nation“
- geistliches Oberhaupt der anglikanischen Kirche.
Deutsches Kaiserreich (1871–1918)
- Der König von Preußen war gleichzeitig auch Deutscher Kaiser. Das Kaiseramt war allerdings nicht mit der Person des jeweiligen preußischen Königs verbunden, sondern mit dessen Amt, ähnlich wie die Staats- bzw. Regierungschefs der Mitgliedstaaten der EU rotierend den Vorsitz im Europäischen Rat ausüben. Es handelte sich also streng genommen nicht um eine Personalunion, sondern hier spricht man von einer Realunion.
- Der deutsche Reichskanzler bekleidete meist auch das Amt des preußischen Ministerpräsidenten.
Politik
- Ein Minister bekleidet mehrere Ministerien. Der Regierende Bürgermeister von Berlin ist derzeit gleichzeitig Kultursenator.
- Der Präsident der Französischen Republik ist gleichzeitig auch Kofürst von Andorra.
- Ministerpräsidenten der Bundesrepublik Deutschland sind gleichzeitig (stellvertretende) Mitglieder des Bundesrates.
Öffentlicher Dienst
- Bestimmte Vollzugsbeamte sind Ermittlungspersonen der Staatsanwaltschaft.
Wirtschaft
- Bei Klein- und Mittelbetrieben, welche die Aktiengesellschaft als Rechtsform gewählt haben, besteht häufig eine Personalunion zwischen Aktionärkreis, Verwaltungsrat und Management. Interessenkonflikte bleiben demzufolge aus.
Literatur
- Rex Rexheuser (Hrsg.): Die Personalunionen von Sachsen-Polen 1697–1763 und Hannover-England 1714–1837. Ein Vergleich (= Deutsches Historisches Institut Warschau. Quellen und Studien; 18). Harrassowitz, Wiesbaden 2005, ISBN 3-447-05168-X. (Rezension)
- Torsten Riotte: Transfer durch Personalunion: Großbritannien-Hannover 1714–1837. In: Europäische Geschichte Online, hrsg. vom Institut für Europäische Geschichte (Mainz), 2012.
Dieser Artikel basiert ursprünglich auf dem Artikel Personalunion aus der freien Enzyklopädie Wikipedia und steht unter der Doppellizenz GNU-Lizenz für freie Dokumentation und Creative Commons CC-BY-SA 3.0 Unported. In der Wikipedia ist eine Liste der ursprünglichen Wikipedia-Autoren verfügbar. |