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Penisneid

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Der Begriff Penisneid wurde von Sigmund Freud geprägt. Die Annahme, dass Frauen das männliche Geschlecht unbewusst um dessen Penis beneiden, gilt als sowohl berühmte wie auch allgemein umstrittene These der klassischen Psychoanalyse.

Bedeutung

Freud deutete seine These vom Penisneid erstmals 1908 in dem Aufsatz Über infantile Sexualtheorien an; später nahm er sie ausführlich in die zweite Auflage der Drei Abhandlungen über die Sexualtheorie sowie in einige weitere Aufsätze auf. Die These geht nach Freuds eigener Aussage auf Schilderungen und Träume seiner Patientinnen zurück.[1]

Laut Freud entsteht der Penisneid als Phantasie des kleinen Mädchens, dem im Laufe seiner Kindheitsentwicklung der anatomische Geschlechtsunterschied zwischen Mann und Frau bewusst wird. Nach Freuds Triebtheorie geschieht dies mit der phallischen Phase etwa um das dritte bis fünfte Lebensjahr herum. Das Mädchen erkenne, dass es keinen Penis besitzt, und entwickle die unbewusste Phantasie, es sei kastriert worden. Als Abwehr dieser Phantasie, die mit dem Gefühl der Minderwertigkeit einhergehe, entwickle das Mädchen den Neid auf den Penis des Mannes. Dieser Neid könne sich in verschiedenen Formen äußern:

  • als Wunsch nach einem Kind als Penisersatz und damit zusammenhängend als Wunsch, den Vater inzestuös zu besitzen,
  • allgemeiner als Wunsch, den Penis des Mannes beim Geschlechtsverkehr zu besitzen, womit nach Freud auch die stärkere Eifersucht der Frau zusammenhängt,
  • als Verleugnung der eigenen Penislosigkeit in Form einer Übernahme männlich konnotierter Verhaltensweisen und Rollenmuster.

Mit dem Penisneid einher gehe die ödipale Konstellation einer Ablehnung der (ebenfalls als kastriert-minderwertig phantasierten) Mutter bei gleichzeitigem Begehren des Vaters. Der Penisneid sei das Äquivalent zur männlichen Kastrationsangst und beruhe letztlich auf derselben Phantasie – mit dem entscheidenden Unterschied, dass sich das Mädchen als bereits kastriert erlebe, während sich der Junge von der Kastration lediglich bedroht fühle.

Rezeption

Für die Annahme des weiblichen Penisneids wurde Freud stark angegriffen. Vor allem von feministischer Seite wurde kritisiert, dass Freud mit seiner Penisneidthese die angebliche Minderwertigkeit der Frau quasi wissenschaftlich zu untermauern und damit zu reproduzieren versucht habe. Die Annahme des Penisneids sei Teil eines „phallozentrischen“ bzw. „phallogozentrischen“ Denkens (Luce Irigaray nach einer Formulierung von Jacques Derrida), nach dem Männlichkeit als Normalfall und Weiblichkeit lediglich als dessen Mangel und Defizit erscheine. Der Begriff des Penisneids könne deshalb – so die Kritik – als Ausdruck von Freuds eigenem patriarchalen Denken angesehen werden.

Das Konzept des Penisneids wurde auch dahingehend kritisiert, dass die Gründe für den Penisneid nicht auf den Unterschieden der Anatomie beruhen, sondern im Neid auf soziale Ungleichheit begründet liegen können. Stavros Mentzos führt aus, dass analog zum Penisneid ein klinisch nachweisbarer Gebärneid bei vielen Männern vorhanden sei, der in der Literatur aber bemerkenswerterweise wenig Erwähnung finde.[2] Die Ärztin und Psychoanalytikerin Karen Horney erkannte einen weiblichen Penisneid prinzipiell an, stellte ihm (in den 1920er Jahren) jedoch eine Theorie des männlichen Gebär(mutter)neids gegenüber. Dieser äußere sich nach ihrer Analyse in einem Neid auf Schwangerschaft, Geburt und Mutterschaft. Sie führte aus, dass es in einer männlich geprägten Gesellschaft leichter sei, einen männlichen Gebärneid zu verdrängen als einen weiblichen Penisneid.[3]

Siehe auch

Einzelnachweise

  1. Sigmund Freud, Beiträge zur Psychologie des Liebeslebens III: Das Tabu der Virginität (1917/18), In: Studienausgabe Bd. V, S. 224 f.
  2. Stavros Mentzos: Neurotische Konfliktverarbeitung, Fischer Taschenbuchverlag, Frankfurt a. M. 1994, ISBN 3-596-42239-6, Seite 100 f.
  3. Christof Goddemeier: Karen Horney: Kraft der Selbstverwirklichung In: Deutsches Ärzteblatt, Nov 2010.

Literatur

  • Sigmund Freud: Über infantile Sexualtheorien (1908), In: Studienausgabe Bd. V, Frankfurt a. M.: Fischer 1972, S. 169–184
  • Sigmund Freud: Die infantile Genitalorganisation (1923), In: Studienausgabe Bd. V, Frankfurt a. M.: Fischer 1972, S. 235–241
  • Sigmund Freud: Über einige Folgen des anatomischen Geschlechtsunterschieds (1925), In: Studienausgabe Bd. V, S. 253–266
  • Jacques Lacan: Über die Bedeutung des Phallus (1958), In: Schriften II, Berlin/Weinheim: Quadriga 1991 (3. Aufl.), S. 121–132
  • Luce Irigaray: Speculum, Spiegel des anderen Geschlechts (1974), Frankfurt a. M.: Suhrkamp 1980
  • Luce Irigaray: Das Geschlecht, das nicht eins ist, Berlin: Merve 1979
  • Christiane Olivier: Jokastes Kinder. Die Psyche der Frau im Schatten der Mutter, München: dtv 1989, ISBN 3-423-15053-X
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