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Otto Lenel

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Otto Lenel (geb. 13. Dezember 1849 in Mannheim; gest. 7. Februar 1935 in Freiburg im Breisgau) war ein deutscher Rechtshistoriker, spezialisiert auf das Römische Recht. In Bezug auf die Romanistik begründete er eine neue Ära der Forschung. Er fand viele Interpolationen ursprünglicher Texte, was allein hohe Bedeutung hat. Berühmt ist er für seine rekonstruktiven Arbeiten zum Edictum perpetuum (1883) und zur Palingenesia Iuris Civilis (1889).

Leben

Familiengrab auf dem Freiburger Hauptfriedhof

Otto Lenel wurde als Sohn von Moritz Lenel und Caroline, geborene Scheuer, geboren. Er studierte Rechtswissenschaft an den Universitäten Heidelberg, Leipzig und Berlin. Er beteiligte sich am preußisch-französischen Krieg als Kriegsfreiwilliger. 1871 absolvierte er die erste juristische Staatsprüfung, um im folgenden Jahr zu promovieren. 1874 legte er die zweite juristische Staatsprüfung ab. Zwei Jahre später habilitierte er sich an der Universität Leipzig. 1882 erhielt er einen Ruf auf einen Lehrstuhl der Universität Kiel. 1884 wurde er Professor an der Philipps-Universität Marburg. Ab 1885 lehrte er an der Kaiser-Wilhelms-Universität Straßburg, im Studienjahr 1896/97 war er ihr Rektor.[1] 1907 erhielt er einen Ruf der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg.

Als einer der großen deutschen Rechtshistoriker, bekannt geworden vor allem durch seine Forschungen zur römischen Rechtsgeschichte, wurde er zu seinem 80. Geburtstag 1929 mit einer Glückwunschadresse geehrt, in der 20 Länder verschiedener Erdteile und 100 Universitäten vertreten waren. Geschuldet war dies vornehmlich seinem Werk Edictum Perpetuum. Darin erforschte er das entscheidende Dokument für die Angelegenheiten der Rechtsdurchsetzung und insbesondere Rechtsfortbildung im alten Rom, das prätorische Edikt. Hierzu hatte Lenel vielzählige Fragmente aus den Ediktskommentaren zusammengetragen, die er in den iustinianischen Digesten vorfand.[2] Aufgrund äußerst gründlicher Recherche und textkritischer Auseinandersetzungen gelang es ihm, zahlreiche unbeachtete Interpolationen unwiderleglich nachzuweisen, woraus sich mancher klassischer Rechtstext hervorhob. Mit seinem Werk Palingenesia Iuris Civilis verfolgte er ein Ziel, das bereits bei Friedrich Carl von Savigny angelegt war, aber von seinem Schülern der Historischen Rechtsschule nicht fortgesponnen worden war: die Rekonstruktion einer klassischen Rechtsbibliothek aus den vorhandenen Zeugnissen.[3] Fritz Pringsheim gestand Lenel aufgrund dieser beiden bahnbrechenden Arbeiten zu, der bedeutsamste Gelehrte dieses Faches zu sein. Eine Rechtsschule begründete Lenel nicht, obwohl viele junge Gelehrte aus Europa ihn aufsuchten, um von ihm zu lernen.[4]

Gedenktafel vor Lenels Wohnhaus in Freiburg im Breisgau

1933 trafen den Ehrenbürger der Stadt Freiburg die Auswirkungen nationalsozialistischer Rassenpolitik; seine Tochter wurde aus ihrem Beruf als Krankenschwester verdrängt. Diese schweren Schicksalsschläge brachen Lenel. In den letzten anderthalb Jahren seines Lebens konnte er sich nicht mehr der Wissenschaft widmen. Am 7. Februar 1935 starb er und wurde im Familiengrab auf dem Hauptfriedhof Freiburg im Breisgau beigesetzt.

Seinem Wunsch entsprechend wurde er in aller Stille bestattet, und es wurde in Deutschland kein Nachruf veröffentlicht. Die über 80-jährige Witwe, Luise geb. Eberstadt (* 25. Februar 1857 in Frankfurt) und die Tochter Bertha Lenel (* 7. März 1882 in Freiburg) wurden am 22. Oktober 1940 im Rahmen der Wagner-Bürckel-Aktion aus Freiburg in das Lager Camp de Gurs in Frankreich verschleppt. Die Witwe starb im Lager († 7. November 1940). Bertha Lenel überlebte († 13. August 1973).

Zu Otto Lenels 50. Todestag wurde am 7. Februar 1985 an seinem letzten Wohnsitz in der Holbeinstraße 547.982137.84535 in Freiburg eine Gedenktafel angebracht. Des Schicksals der Familie Lenel wird auch im Rahmen des Projekts Stolpersteine gedacht.

Otto Lenel war vom 19. Januar 1867 bis zum 8. Januar 1868 und dann nochmals vom 18. Januar 1887 bis zum 19. Mai 1920 Mitglied der Burschenschaft Allemannia Heidelberg. 1903 wurde er als korrespondierendes Mitglied in die Bayerische Akademie der Wissenschaften aufgenommen.[5] Seit 1909 war er außerordentliches Mitglied der Heidelberger Akademie der Wissenschaften.[6] 1928 wurde er zum korrespondierenden Mitglied der Göttinger Akademie der Wissenschaften gewählt.[7] 1932 wurde er korrespondierendes Mitglied der Sächsischen Akademie der Wissenschaften.[8]

Veröffentlichungen (Auswahl)

  • Über Ursprung und Umfang der Exceptionen, 1876.
  • Parteiabsicht und Rechtserfolg, 1881.
  • Das Edictum perpetuum. Ein Versuch zu seiner Wiederherstellung, mit dem für die Savigny-Stiftung ausgeschriebenen Preise gekrönt, Leipzig 1927; zuerst 1883 (Digitalisat; PDF; 54,6 MB).
  • Palingenesia juris civilis, 2 vols., 1887–1889.
  • Die Lehre von der Voraussetzung (im Hinblick auf den Entwurf des bürgerlichen Gesetzbuches), in: AcP 74 (1889), S. 213–239.
  • Stellvertretung und Vollmacht, 1896.
  • Ueber die Reichsverfassung, 1920.

Literatur

  • Elmar Bund: Otto Lenel. In: Freiburger Professoren des 19. und 20. Jahrhunderts, hrsg. von Johannes Vincke (= Beiträge zur Freiburger Wissenschafts- und Universitätsgeschichte, 13), Albert, Freiburg im Breisgau 1957, S. 77 ff., insbes. S. 99.
  • Elmar BundLenel, Otto. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 14, Duncker & Humblot, Berlin 1985, S. 204 f. (Onlinefassung).
  • Horst Göppinger: Juristen jüdischer Abstammung im „Dritten Reich“, Beck, München 1990, 2. Auflage, S. 225.
  • Kürschners Deutscher Gelehrten-Kalender, 1931, 1935.
  • Fritz Pringsheim: Römisches Recht in Freiburg nach 1900. In: Aus der Geschichte der Rechts- und Staatswissenschaften zu Freiburg i. Br., hrsg. v. H.J. Wolff (= Beiträge zur Freiburger Wissenschafts- und Universitätsgeschichte, 15), Albert, Freiburg im Breisgau 1957, S. 115 ff., insbes. S. 126.
  • Paul Sauer, S. 258 f.
  • Sinzheimer, S. 97 ff., insbes. S. 110.

Einzelnachweise

  1. Rektoratsrede (HKM).
  2. Reinhard Zimmermann: Heutiges Recht, Römisches Recht und heutiges Römisches Recht. In: Reinhard Zimmermann u. a. (Hrsg.): Rechtsgeschichte und Privatrechtsdogmatik. C. F. Müller, Heidelberg 1999, S. 1–39, hier S. 17 f.
  3. Otto Lenel, in: Hans Planitz (Hrsg.): Die Rechtswissenschaft der Gegenwart in Selbstdarstellungen, Band 1, Meiner, Leipzig 1924, S. 140 (zur Rekonstruktion des Edikts, „der bedeutendsten kodifikatorischen Leistung der Römer seit den 12 Tafeln“) und S. 14.
  4. Fritz Pringsheim: Römisches Recht in Freiburg nach 1900, in: Hans Julius Wolff (Hrsg.): Aus der Geschichte der Rechts- und Staatswissenschaften zu Freiburg i. Br., Albert, Freiburg im Breisgau 1957, S. 119, Fn. 74.
  5. Otto Lenel Nachruf bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften (PDF-Datei).
  6. Mitglieder der HAdW seit ihrer Gründung im Jahr 1909. Otto Lenel. Heidelberger Akademie der Wissenschaften, abgerufen am 24. Juni 2016.
  7. Holger Krahnke: Die Mitglieder der Akademie der Wissenschaften zu Göttingen 1751–2001 (= Abhandlungen der Akademie der Wissenschaften zu Göttingen, Philologisch-Historische Klasse. Folge 3, Bd. 246 = Abhandlungen der Akademie der Wissenschaften in Göttingen, Mathematisch-Physikalische Klasse. Folge 3, Bd. 50). Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 2001, ISBN 3-525-82516-1, S. 148.
  8. Mitglieder der SAW: Otto Lenel. Sächsische Akademie der Wissenschaften, abgerufen am 9. November 2016.

Weblinks

 Wikisource: Otto Lenel – Quellen und Volltexte
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