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Organisation Gehlen

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Reinhard Gehlen in Uniform der Wehrmacht

Die Organisation Gehlen war ein im Juni 1946 von US-Behörden in der amerikanischen Besatzungszone aus deutschem Personal gebildeter Nachrichtendienst. Er bestand aus ehemaligen Angehörigen der 12. Abteilung des Generalstabs des Heeres, der Abteilung Fremde Heere Ost. Die Organisation war Vorläuferin des späteren Bundesnachrichtendienstes (BND). Ihr Sitz nach der Gründung war zunächst Camp King in Oberursel im Taunus, seit dem 6. Dezember 1947 die ehemalige Reichssiedlung Rudolf Heß in Pullach bei München, die bis heute Hauptstandort des BND ist. Dieses Datum verschaffte dem BND-Hauptquartier den Spitznamen „Camp Nikolaus“. Ende der 1940er Jahre umfasste die Organisation Gehlen rund 4000 Mitarbeiter.

Reinhard Gehlen

Hauptartikel: Reinhard Gehlen

Der Leiter der Organisation Gehlen und spätere erste Präsident des Bundesnachrichtendienstes, Generalmajor Reinhard Gehlen, ergab sich kurz nach Ende des Zweiten Weltkrieges den Streitkräften der Vereinigten Staaten und trat in ihre Dienste. Wenige Monate später baute er im Auftrag und mit Unterstützung der amerikanischen Besatzungsbehörden die Organisation auf und verhalf hierbei vielen ehemaligen Mitarbeitern der zuvor von ihm geleiteten „Abteilung Fremde Heere Ost“ des einstigen deutschen Generalstabs, die für die Bewertung der Feindlage durch Beschaffung und Auswertung von Nachrichten zuständig war, zu einer neuen Karriere in der jungen Bundesrepublik.

Gehlens Abteilung Fremde Heere Ost (FHO) hatte den Ruf der systematischen und exakt dokumentierenden Detailarbeit und unterschied sich – laut Walter Schellenberg – so von anderen deutschen Nachrichtendiensten aus der Zeit des Nationalsozialismus.

Nähe zum Nationalsozialismus

Es gelang Gehlen, auch wenn er selbst dies nachdrücklich abstritt,[1] eine große Anzahl der noch lebenden Mitglieder seiner früheren Dienststelle für den Dienst zu interessieren, weil sie in ihrer neuen Stellung häufig mit einer neuen Identität versehen wurden. Eingestellt wurden zu einem großen Teil Ehemalige der SS, des SD, der Gestapo, der Abwehr und vor allem Offiziere der Wehrmacht. Anfang der 1950er durchgeführte Untersuchungen der Central Intelligence Agency ergaben, dass 13–28 % der Mitarbeiter der Organisation Gehlen ehemalige NSDAP-Mitglieder waren, und davon 5–8 % auch Mitglieder bei SS, SD oder SA waren. [2] Schätzungsweise hatten Ende der 1940er Jahre rund 400 meist hochrangige Mitarbeiter einen solchen Hintergrund. Noch 1970 waren zwischen 25 und 30 % der Beschäftigten des BND ehemalige Angehörige dieser Organisationen. Aus ihnen entstand der zunächst namenlose, im Sprachgebrauch als Organisation Gehlen bezeichnete Geheimdienst in der amerikanischen Besatzungszone. Die US-Regierung war an dem Fachwissen der Aufklärungsleute aus dem „Dritten Reich“ interessiert, da ihre eigenen Geheimdienste zu diesem Zeitpunkt, als sich der Kalte Krieg abzuzeichnen begann, kaum über Kenntnisse über das sowjetische Militär verfügten. Neben der militärischen Aufklärung und Spionage gegen die Sowjetische Besatzungszone und andere Ostblock-Staaten sollte die Organisation Gehlen auch eine mögliche „kommunistische Gefahr“ im Inneren Westdeutschlands abwehren.

Dienststelle der US-Armee

Die Amerikaner betrieben den neuen Geheimdienst zunächst als Dienststelle der US-Armee, später, am 1. Juli 1949, übernahm ihn die im Jahre 1947 gegründete CIA. Die CIA-Führungsperson in Pullach ab November 1948 bis 1956 war der unter dem Tarnnamen ‚Kent J. Marshall‘ agierende James H. Critchfield. Zu diesem Zeitpunkt wurde die Organisation Gehlen mit jährlich 1,5 Millionen US-Dollar durch die USA finanziert.[3] Die erste für die Amerikaner wichtige Operation der Organisation war die Funkaufklärung der sowjetischen Luftwaffe während der Berliner Luftbrücke. Die Einschleusung von Spionen und Saboteuren in Osteuropa und der Sowjetunion blieb dagegen weitgehend erfolglos.

Struktur

Die OG-Zentrale in Pullach wurde Generaldirektion genannt. Ihr unterstanden mehrere Generalvertretungen,[4] so die bereits 1946 als Dienststelle 114 gegründete GV L in Karlsruhe (Aufklärungsgebiete: Kommunistische Aktivitäten, DDR, aktive Gegenspionage im Ostblock), die GV B Hamburg/Bremen (Aufklärungsgebiet: DDR, Marine), die GV H in Darmstadt (Aufklärungsgebiete: DDR, Polen, Sowjetunion), die GV G in München (Aufklärungsgebiete: DDR, Balkan) sowie die GV C in Stocking bei München (Aufklärungsgebiete: DDR, Österreich, Tschechoslowakei). Die Generalvertretungen verfügte über getarnte Bezirksvertretungen (BV), über Untervertretungen (UV) für die Anwerbung, Schulung und Führung von Agenten, grenznahe Filialen als Anlaufstellen für Informanten sowie über selbständig agierende Gruppen oft ausländischer Mitarbeiter, Sonderverbindungen (SV) genannt.[5] Oft wurden die Niederlassung von Firmen als Tarnung verwendet, um dort Kontaktstellen der OG einzurichten. Die Bremer, Münchner und Bonner Niederlassung der Spedition Kühne + Nagel dienten als solche Dienststellen für Agententätigkeiten.

Umbenennung in BND

Bereits 1951 begann die Diskussion über die Einrichtung eines oder mehrerer Nachrichtendienste auf Bundesebene.[6] Laut einem Bericht des CIA wurde der Name „Bundesnachrichtendienst“ erstmals im August und September 1952 bei Gesprächen im Bundeskanzleramt verwendet. An den geheimen Gründungsgesprächen, die im Büro des damaligen Ministerialrates Karl Gumbel stattfanden, nahmen neben Hans Globke und Reinhard Gehlen auch die Gehlenmitarbeiter Hans von Lossow, Horst Wendland und Werner Repenning teil.[7] Ein Ergebnis der Verhandlungen war, dass die Organisation ab dem 1. April 1953 ganz aus Bundesmitteln finanziert werden sollte.[8]

Am 1. April 1956 wurde die Organisation Gehlen, gleichzeitig mit der Gründung der Bundeswehr, mit ihrem Leiter in den Dienst der Bundesrepublik Deutschland übernommen und erhielt den Namen „Bundesnachrichtendienst“. Eine gesetzliche Grundlage für den BND existierte lange Zeit nicht. Erst 1990 wurde – ausgelöst durch das Volkszählungsurteil des Bundesverfassungsgerichts von 1983 mit dem darin postulierten Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung – ein Gesetz für den Bundesnachrichtendienst verabschiedet.

Bereits in den ersten Jahren des Bestehens der „Organisation Gehlen“ hatte der sowjetische KGB mit Heinz Felfe einen Maulwurf im späteren BND platzieren können, der erst 1961 aufflog. Im Fall Felfe hatte der KGB die Verstrickung Felfes in NS-Verbrechen benutzt, um ihn noch vor seinem Eintritt in die Organisation Gehlen 1951 anzuwerben.

Literatur

Weblinks

 Commons: Organisation Gehlen – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Siehe z.B.: Reinhard Gehlen: Der Dienst. Erinnerungen 1942–1971. Hase & Köhler, Mainz u. a. 1971, ISBN 3-920324-01-3, S. 186: „Der Führung des Dienstes wurde von Sefton Delmer […] unterstellt, sie entziehe ehemalige Nazis und SS-Leute bewußt und planmäßig der Strafverfolgung.“
  2. Biographic scetch on General Reinhard Gehlen. (PDF-Datei; 1,7 MB) 20. Januar 1954, S. 12, abgerufen am 24. November 2015 (englisch, CIA-Akte Gehlen, freigegeben ab 2001): „POB Figures of SS, SD & SA: 50 out of 600 ZIPPERites checked = 8%“
  3. James H. Critchfield: Partners at Creation. The Men Behind Postwar Germany's Defense and Intelligence Establishments. Naval Institute Press, Annapolis MD 2003, ISBN 1-59114-136-2.
  4. vgl. Stichwort Generalvertretung (GV). In: Jefferson Adams: Historical Dictionary of German Intelligence. Lanham 2009, S. 132.
  5. Armin Wagner, Matthias Uhl: BND contra Sowjetarmee. Westdeutsche Militärspionage in der DDR. Berlin 2008, S. 63f.
  6. Future Federal Military Security and Intelligence Agencies. Central Intelligence Agency, 12. November 1951, archiviert vom Original am 13. Juli 2012; abgerufen am 16. Mai 2014.
  7. „Bundesnachrichtendienst“. Central Intelligence Agency, 14. November 1952, archiviert vom Original am 13. Juli 2012; abgerufen am 16. Mai 2014.
  8. „The Federal Chancellery“. Central Intelligence Agency, 12. September 1952, archiviert vom Original am 13. Juli 2012; abgerufen am 16. Mai 2014.
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