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Ohrloch

Aus Jewiki
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Dieser Artikel beschreibt ein aus kosmetischen Gründen angelegtes Loch in der Ohrmuschel; der Begriff wird auch für die Öffnung des äußeren Gehörgangs verwendet.
Diverse Ohrpiercings

Ein Ohrloch ist ein durch die Ohrmuschel gestochener Kanal, der meist dem Tragen von Schmuck wie beispielsweise Ohrringen dienen soll. Ohrlöcher werden zumeist als sogenanntes Lobe-Piercing durch das weiche Ohrläppchen gestochen.

Arten

Verschiedene Piercings im Ohr
  1. Helix: Piercing durch das Knorpelgewebe der Ohrkante.
  2. Industrial-Piercing: Hierbei wird ein Barbell in zwei gegenüberliegende Helix-Piercings eingeführt.
  3. Rook: Piercing durch die Anti-Helix.
  4. Daith: Piercing durch die waagerechte Auswölbung in der Ohrmuschel.
  5. Tragus: Piercing durch den Knorpelfortsatz am Eingang des Gehörkanals.
  6. Snug: Piercing durch die innere Knorpelauswölbung parallel zur Ohrkante.
  7. Conch: Piercing durch die Ohrmuschel.
  8. Anti-Tragus: Piercing durch den dem Tragus gegenüberliegenden Knorpelfortsatz.
  9. Lobe: Klassisches Piercing durch das Ohrläppchen.

Methodiken des Stechens

„Ein eitles Mädchen lässt sich Ohrenlöchelchen stechen“ (aus einem Schulbuch von 1810)

Ohrlöcher können heute professionell grundsätzlich auf zwei Arten gestochen werden: mit einem Ohrlochstechsystem oder mit einer Nadel.

Moderne Ohrlochstechsysteme sind Instrumente, in die eine sterile Kartusche eingesetzt wird, die je einen medizinischen Ohrstecker und einen Ohrsteckerverschluss enthält. Das Ohrloch wird erzeugt, indem der spezielle Ohrstecker durch die Muskelkraft der Hand, welche das Gerät bedient, sanft und schonend durch das Ohrläppchen gedrückt wird. Die für das Ohrlochstechen verwendeten Ohrstecker haben einen Stift, der ca. 0,8 mm dünn und am Ende spitz ist. Sie bestehen aus Chirurgenstahl, Titan oder Echtgold und müssen nickelabgabefrei laut EU-Richtlinie 2004/96/EG sein. Das Ohr kommt beim Ohrlochstechen nicht mit dem Instrument selbst in Berührung, sondern nur mit dem sterilen Ohrstecker und dem Verschluss. Der Verschluss rastet beim Ohrlochstechvorgang hinter dem Ohr am Steckerstift ein. Solche Ohrlochstechsysteme werden heute von den meisten Juwelieren, Schmuckketten, Ärzten, Apotheken und Kosmetikstudios eingesetzt, die Ohrlochstechen anbieten. Teilweise verwenden auch Piercing- und Tätowier-Studios diese Systeme. Beispiele solcher Geräte sind das "Inverness 2000" oder das "Studex System 75". Moderne Ohrlochstechsysteme eignen sich für das Stechen von Ohrlöchern im Ohrläppchen sowie im Knorpelbereich des oberen Ohrs (Helix).

Stechen mit Hohlnadel beim Piercer, mit Verwendung eines sterilisierten Korkens als Verletzungsschutz

Eine weitere professionelle Methode des Ohrlochstechens ist das Piercen. Hierbei wird das Loch mit einem peripheren Venenkatheter bzw. einer sterilen Hohlnadel gestochen, mit deren Hilfe man dann den Schmuck in das Loch einfädelt. Diese Methode ist für alle Arten von Ohrlöchern die beste Wahl, die in der Abbildung oben mit 2. - 8. markiert sind, wie beispielsweise Industrial Piercings oder Tragus-Piercings. Diese Art des Ohrlochstechens wird heute von den meisten Piercing- und Tätowier-Studios angeboten.

Auch wenn moderne Ohrlochstechsysteme im Aussehen einer "Pistole" ähneln, sind mit dem Begriff "Pistole" üblicherweise traditionelle Instrumente gemeint, mit denen Ohrlöcher noch mit Federdruck "geschossen" wurden. Diese Systeme werden heute in Ländern wie Deutschland, Österreich und der Schweiz kaum noch verwendet, da die modernen Systeme gewebeschonender und fast geräuschlos sind. Daher werden letztere gerade im Umgang mit Kindern bevorzugt.

Einwegstechsysteme sind Varianten der modernen, vollverkapselten Systeme. Hierbei befindet sich der Stecker in einer sterilen Einweg-Kunststoff-Kassette, auf die Druck ausgeübt wird; worauf die Hülse, die am Ohrläppchen angesetzt wird, zerbricht, und der Stecker durch das Ohrläppchen gepresst wird. Diese Systeme werden teilweise zum Selbststechen von Ohrlöchern verwendet.

In der Vergangenheit wurden Ohrlöcher häufig, meist nach Betäubung mit Eiswürfeln, mit haushaltsüblichen Nadeln (für gewöhnlich dicke Nähnadeln oder Stopfnadeln) gestochen. Oftmals geschah dies unter Verwendung eines jeweils hinter das Ohrläppchen gehaltenen halbierten Apfels, einer ebensolchen Kartoffel, eines Korkens oder eines Stücks Seife, um für den nötigen Gegendruck zu sorgen, der bei Verwendung solcher vergleichsweise stumpfer Nadeln (verglichen etwa mit der Hohlnadel beim Piercer, oder Kanülen im Allgemeinen) entsprechend groß sein muss. Sofern eine Desinfektion durchgeführt wurde, diente hierzu meist hochprozentiger Trinkalkohol wie Korn oder Wodka. Die Nadel wurde teilweise durch Erhitzen in einer Kerzenflamme sterilisiert. Dies war jedoch nur erfolgreich, wenn die Nadel bis zur Rotglut erhitzt wurde, ansonsten kann nicht von einer vollständigen Abtötung aller Erreger - einschließlich Sporen - ausgegangen werden. Bei diesen Temperaturen (über 500 °C), die nur im blauen Bereich der Kerzenflamme erreicht werden können, oxidiert jedoch die Nadel. Dadurch wird sie stumpf und ihre Oberfläche wird rau, matt und verfärbt sich dunkel. Aus diesem Grunde hielt man die Nadel meistens nur in den gelben Teil der Flamme, und wischte anschließend den sich daran absetzenden Ruß, gegebenenfalls mit etwas Alkohol, ab. Eine weitere, seltenere Variante war es, die Nadel bis zur höchstmöglichen Temperatur zu erhitzen und, möglichst noch immer glühend, durch das Ohr zu stechen. Dadurch konnte die abgestumpfte Spitze teilweise kompensiert werden, die entstehenden Verbrennungen sind jedoch - entgegen dem damaligen Glauben - in Bezug auf Infektionsgefahr und Heilungsdauer nicht von Vorteil, sondern erhöhen sogar das Komplikationsrisiko und sind darüber hinaus schmerzhaft. Eine weitere Variante wird von Sinti und Roma berichtet, die zur Betäubung vor dem Stechen Brennnesselblätter verwendeten. Zudem benutzten sie oft eine Nähnadel zum Stechen, mit der ein dicker, oder mehrfach verzwirbelter, Faden ins Ohr gefädelt und während der Abheilung darin belassen wurde. Die Verwendung eines Fadens oder eines Drahtes zum Offenhalten des Ohrlochs bis zur Abheilung war allgemein bis Ende des 19. Jahrhunderts in Europa weithin gängige Praxis, und wird in der Dritten Welt oft noch heute so praktiziert, wenn die Menschen - in der Regel aus Armut - noch keine Ohrringe besitzen. Die Verwendung eines Fadens ist sehr kritisch zu sehen, da sich zwischen den Fasern des Garns leicht Talg und Wundsekret ansammeln und somit Bakterien einnisten können.

Durchmesservergrößerung

Auf 11 Millimeter gedehntes Ohrloch

Viele Naturvölker verwenden Knochennadeln oder spitze Hartholzaalen, teilweise auch Dornen, um Ohrlöcher und andere Piercings zu stechen. Häufig werden diese Löcher (besonders Lippenpiercings und Ohrlöcher) ein Leben lang gedehnt, wodurch aus den Ohrläppchen sehr große Schlaufen werden.

In der Zivilisation gibt es noch alternative Methoden, um zu großen bis sehr großen Ohrlöchern zu kommen. Neben dem langwierigen Dehnen von verheilten Stichkanälen kann auf die Methode des Dermal Punch zurückgegriffen werden. Beim Punchen wird mit einer Hautstanze ein zumeist kreisrundes Stück aus dem Gewebe ausgestanzt. Anstelle von kreisrunden Stanzen können auch anders geformte Stempel zum Einsatz kommen. So wurden beispielsweise vom englischen Körpermodifikations-Künstler Steve Haworth schon sternförmige Punches im Ohrknorpel durchgeführt. Von der Form des Loches unabhängig ist dies zwar kaum schmerzhafter als ein Piercing mit einer Nadel, es kommt jedoch häufig zu höherem Blutverlust. Durch Dermal Punching entstandene Löcher heilen in der Regel sehr gut und schnell ab. Diese Methode eignet sich insbesondere für Knorpelgewebe, da für ein sauberes Ergebnis ein gewisser Gewebewiderstand vorhanden sein muss. Obwohl es auch im Ohrläppchen angewandt wird ist dies nicht unbedingt zu empfehlen.

Im Ohrläppchen (und teilweise auch an der Lippe, dem Bauchnabel oder anderen Stellen an denen weiches Gewebe durchstochen wird) kann auch Scalpelling angewandt werden. Hierbei wird mit einem Skalpell ein Schlitz ins Ohrläppchen geschnitten, durch den ein konischer Taper aus Chirurgenstahl geschoben wird. Am hinteren Ende des Tapers befindet sich der Schmuck, meist Flesh Tunnels oder Plugs. Auch das Verbinden von zwei gedehnten Ohrlöchern in einem Ohrläppchen zu einem großen Loch wird praktiziert, indem der Steg zwischen den Löchern weggeschnitten wird. Bei einer starken Vergrößerung bereits vorhandener Ohrlöcher wird meist ein halbkreisförmiges Gewebestück aus dem Ohrläppchen herausgeschnitten.

Nach dem Stechen

Nach dem Stechen verbleibt der Schmuck bis zur vollständigen Heilung in der Wunde, was einige Wochen bis Monate dauern kann. Es bildet sich ein Hautschlauch, das eigentliche Ohrloch, der auf beiden Seiten mit der Außenhaut verbunden ist.

Nach der Abheilung kann das Lobepiercing vorsichtig geweitet werden, um Schmuck mit größerem Durchmesser einsetzen zu können.

Bei längerem Tragen schwerer Ohrringe können die Ohrlöcher ausreißen, wodurch „geschlitzte Ohrläppchen“ entstehen. Diese können operativ korrigiert werden.[1]

Rechtliches

Am 31. August 2012 kam vor dem Amtsgericht Berlin-Lichtenberg ein Fall zur Verhandlung, bei dem Eltern für ihr dreijähriges Kind von einem Tattoo-Studio ein Schmerzensgeld von 70 € aufgrund eines an der falschen Stelle gestochenen Ohrlochs und damit verbundener Schmerzen forderten. Ein Urteil erging in diesem Fall nicht, da ein Vergleich geschlossen wurde, in dem die beklagte Betreiberin des Tattoo-Studios ohne Anerkennung einer Rechtspflicht einer Zahlung von 70 € zustimmte.[2] Strafrechtlich wurde der Fall nicht verfolgt.

Eindeutig als Körperverletzung anzusehen ist das Ohrlochstechen unabhängig vom Alter nur dann, wenn es unsachgemäß durchgeführt wird, da es dann nicht mehr von der Einwilligung erfasst ist. Fraglich ist jedoch, wer hier überhaupt einwilligen muss bzw. ab welchem Alter dies Kinder können.[3]

Weblinks

 Commons: Ohrloch – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
Gesundheitshinweis Bitte den Hinweis zu Gesundheitsthemen beachten!

Einzelnachweise

  1. Berger A., e.a.: Plastische Chirurgie, Springer, 2005, S.158, ISBN 3-540-00129-8, hier online
  2. Amtsgericht Lichtenberg: Prozess über Ohrlochstechen bei einem Kind endet mit Vergleich (PM 62/2012) – Pressemitteilung vom 31. August 2012. Berlin.de - Das offizielle Hauptstadtportal. Abgerufen am 29. Oktober 2013.
  3. http://www.ferner-alsdorf.de/?p=8115
Dieser Artikel basiert ursprünglich auf dem Artikel Ohrloch aus der freien Enzyklopädie Wikipedia und steht unter der Doppellizenz GNU-Lizenz für freie Dokumentation und Creative Commons CC-BY-SA 3.0 Unported. In der Wikipedia ist eine Liste der ursprünglichen Wikipedia-Autoren verfügbar.