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Noel Field

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Noel Haviland Field, Noël Field (geb. 23. Januar 1904 in London; gest. 12. September 1970 in Budapest) war US-amerikanischer Diplomat, NGO-Gründer und Kommunist. Im Zuge einer Säuberungswelle im stalinistischen Ostblock wurde er als Sündenbock vorgeführt.

Leben

Herkunft und Zeit bis 1949

Noel Field entstammte einer angesehenen amerikanischen Quäkerfamilie, wurde jedoch in Europa geboren und wuchs in Zürich auf. Dieser Umstand begünstigte seine vielseitige Sprachbegabung. Er machte diplomatisch in der Zwischenkriegszeit Karriere beim US-Außenministerium. Als überzeugter Kommunist ließ er sich in dieser Zeit als Informant für die GPU werben. Dass der Militärnachrichtendienst GRU durch Fields eigene Indiskretion von dieser Tätigkeit erfuhr, sollte später gegen ihn verwendet werden. Möglicherweise um dem resultierenden Loyalitätskonflikt zwischen Vaterland und Politik zu entgehen, nahm er 1935 in Genf eine Stelle beim Völkerbund an. U.a. gehörte er zu dem Völkerbund-Ausschuss, der den Abzug der Internationalen Brigaden aus dem republikanischen Spanien überwachte.

1940 wurde Field vom Völkerbund entlassen und dann im Frühjahr 1941 zusammen mit seiner Frau Herta Leiter einer Hilfsorganisation in Marseille, dem Unitarian Service Committee (USC). Das USC war in dieser Zeit - ähnlich wie das Emergency Rescue Committee (ERC) unter Varian Fry - mit der Unterstützung von Flüchtlingen beschäftigt, die entweder in Internierungslagern oder in der Illegalität lebend, die Auslieferung an Gestapo und SS zu fürchten hatten. Field nutzte seine Position, um diesem Personenkreis Lebensmittel, Geld, Papiere und persönliche Informationen zukommen zu lassen. Er engagierte sich auch für die medizinische Versorgung der Flüchtlinge, u.a. durch den Aufbau einer Klinik in Marseille. Insbesondere für die Kommunisten unter den Flüchtlingen waren diese Aktivitäten existenziell, da für sie aufgrund der Einwanderungsbestimmungen die Einreise in die USA versperrt war. Gleichwohl kam der größte Teil des Geldes, das Field benötigte, aus den USA. Denn er war Vertrauensmann des Joint Antifascist Refugee Committee, das unter Beteiligung vieler namhafter Schriftsteller wie John Dos Passos, John Steinbeck, Ernest Hemingway und Howard Fast Mittel zur Unterstützung der Flüchtlinge sammelte. Diese Mittel wurden von Field aus der Schweiz nach Südfrankreich gebracht. In dieser Funktion hatte er mit einer Vielzahl Kommunisten, zumeist im Untergrund oder in Gefangenschaft, Kontakt, denen er in vielen Fällen helfen konnte und denen er bei Reisen insbesondere nach Vichyfrankreich als Kurier des kommunistischen Widerstandes diente.

Field war aber auch zusammen mit dem protestantischen Pfarrer Manen im Sommer 1942 Augenzeuge der ersten Deportationen aus dem Lager Les Milles in die Vernichtungslager mitsamt den verzweifelten, aber in der Regel vergeblichen Versuchen, die Deportation noch abzuwenden.

Ab Ende 1942 setzte Field - nach dramatischer Flucht - seine Tätigkeit für das USC von der Schweiz aus fort.

1949–1955: Paria

1949 geriet er ins Visier kommunistischer Geheimdienste. Zwar gilt der Vorwurf der Spionage für die USA als plump konstruiert. Der Erwartungsdruck an Mátyás Rákosi, Säuberungserfolge vorzuweisen und das durch Titos Abfall von der Sowjetunion verstärkte Bedürfnis Stalins, ausländische, antistalinistische Kommunisten auszuschalten, schienen jedoch so weit zusammenzuspielen, dass eine todesträchtige Säuberungswelle an ihm aufgehängt wurde. Für diese Rolle schien er besonders geeignet, da er einerseits eine Karriere in den USA hinter sich hatte, andererseits durch sein Hilfswerk mit zahlreichen führenden Personen des kommunistischen Untergrundes zu tun gehabt hatte, von denen nun manche in hohe Stellen gerückt waren, die jedoch durch ihre Einreise aus dem Westen unter Generalverdacht standen.

Noel Field wurde vom ungarischen Geheimdienst ÁVH aus seinem Prager Hotelzimmer entführt und in Ungarn inhaftiert. Als sein Bruder Hermann, seine Gattin Herta und seine Stieftochter Erika Wallach geb. Glaser nach ihm suchten, wurden auch sie in unterschiedlichen osteuropäischen Ländern verhaftet und schweren Torturen unterzogen.

Im Zuge der Säuberung wurden alle, die mit ihm Kontakt hatten, mit dem Vorwurf amerikanischer Spionage konfrontiert und in vielen Fällen nach Schauprozessen hingerichtet. Hierbei fanden erpresste Aussagen Fields Verwendung. Unter den Opfern der Kampagne waren Ludwig Freund, László Rajk, Otto Katz und Rudolf Slánský (Slánský-Prozesse). Auffallend ist, dass unter den zum Tode Verurteilten viele Juden waren.

Glimpflich überlebt haben die Kampagne Leo Bauer, Paula Acker, Paul Merker, Robert Rompe, Franz Dahlem, Philipp Daub, Kurt Müller und Hans Schrecker.

Ein Sonderfall ist Erich Mielke, der, als Lügner über seine Biographie enttarnt, beinahe von der Seite der Ankläger auf die der Angeklagten gewechselt wäre. Reichsbahngeneraldirektor Willi Kreikemeyer, im Hilfswerk ein enger Mitarbeiter Fields, hatte eher zufällig Mielkes Aufenthalt im westlichen Exil und dessen Kontakte zum Hilfswerk enthüllt.

Grabstätte auf dem Farkasréti temető in Budapest

1955–1970

Auch Noel Field gehörte zu den Überlebenden der Affäre. Er wurde 1955 von Einzelhaft und Folter schwer gezeichnet aus der Haft entlassen, teilweise rehabilitiert und finanziell entschädigt. Auch seine verhafteten Familienmitglieder wurden entlassen und durften ausreisen. Nach wie vor überzeugter Kommunist, schien er seine Verhaftung als notwendiges Übel zu betrachten und lebte bis zu seinem Tod in Ungarn.

Film

Noel Field – Der erfundene Spion Dokumentarfilm, 1996, 104 Min., 35 mm, Drehbuch Werner Schweizer, Thomas Grimm, René Zumbühl, Regie Werner Schweizer, Produktion Dschoint Ventschr, Zürich

Literatur

  • Bernd-Rainer Barth, Werner Schweizer, Thomas Grimm: Der Fall Noel Field. Basisdruck, Berlin 2006 ISBN 3861631377
    • Bd. 1: Schlüsselfigur der Schauprozesse in Osteuropa. Neuaufl. ebd. 2007 ISBN 3861631024
    • Bd. 2: Asyl in Ungarn 1954–1957. Neuauflage ebd. 2007 ISBN 3861631326
      • darin Bernd-Rainer Barth, Der Fall Field nach 50 Jahren. in Bd. 2, in Ausg. 2007 die S. 353 - 397
  • dsb.: Die Affäre Noel Field – Wie ein amerikanischer Kommunist zur Schlüsselfigur der stalinistischen Schauprozesse gemacht wurde In: Berliner Zeitung, 24./25. Januar 2004, Magazin, S. 1f.
  • dsb.: Die Lebensbeichte eines Quäkerkommunisten. Der Brief des geheimen Gefangenen Noel H. Field aus dem Staatssicherheitsgefängnis in Budapest an das Zentralkomitee der KPdSU vom März 1954. In: Jahrbuch für historische Kommunismusforschung 2002. Berlin, S. 210 - 285
  • dsb.: Wer war Noel Field? Die unbekannte Schlüsselfigur der osteuropäischen Schauprozesse. In Annette Leo, Peter Reif-Spirek (Hrsg.): Vielstimmiges Schweigen. Metropol, Berlin 2001, S. 197 - 221
  • Flora Lewis: Bauer im roten Spiel. Das Leben des Noel H. Field. Ullstein, Berlin 1965
  • Mária Schmidt: Noel Field. The American Communist at the Center of Stalin's East European Purge. From the Hungarian Archives. In American Communist History, Vol. 3, 2004, #2, S. 215 - 245
  • Wolfgang Kießling: Partner im "Narrenparadies". Der Freundeskreis um N. F. und Paul Merker. Dietz, Berlin 1994 ISBN 3320018574[1]

Weblinks

Notizen

  1. Kießling ging, bedingt durch die ihm zur Verfügung stehenden Archivalien, noch nicht davon aus, dass Field Kommunist gewesen ist, wie Barth es später darlegte
Dieser Artikel basiert ursprünglich auf dem Artikel Noel Field aus der freien Enzyklopädie Wikipedia und steht unter der Doppellizenz GNU-Lizenz für freie Dokumentation und Creative Commons CC-BY-SA 3.0 Unported. In der Wikipedia ist eine Liste der ursprünglichen Wikipedia-Autoren verfügbar.