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Nimrod

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Der Titel dieses Artikels ist mehrdeutig. Weitere Bedeutungen sind unter Nimrod (Begriffsklärung) aufgeführt.
König Nimrod nimmt die Huldigungen der Steinmetze entgegen, Detail des "Turmbau zu Babel" von Pieter Brueghel d.Ä., 1563

Nimrod ist ein altorientalischer, im Tanach, in der Bibel und im Koran erwähnter Held und König. Von manchen Forschern wird angenommen, Nimrod sei eine historische Person gewesen. In der Regel geht man jedoch davon aus, dass es sich um eine Sagengestalt handelt, in der unterschiedliche Mythen und historische Reminiszenzen zu einer archaischen Dichtungsfigur verschmolzen sind.

Bibel

In der Bibel ist Nimrod (נמרוד) ein Urenkel Noachs (in der Abstammungslinie über Noachs Sohn Ham und dessen Sohn Kusch). Nach der biblischen Erzählung im 1. Buch Mose (Genesis) 10,8-10 LUT und im ersten Buch der Chronik (1. Chronik 1, 10) war Nimrod „der Erste, der Macht gewann auf Erden“, also der erste Mensch, der zur Königswürde gelangte. Er wird außerdem als „gewaltiger Jäger vor dem Herrn“ charakterisiert.

Der Bibel zufolge führte Nimrod vom Kerngebiet seines Reiches, „Babel, Erech, Akkad und Kalne im Land Schinar“ (Gen 10,10 EU), Eroberungszüge „nach Assur aus und erbaute Ninive, Rehobot-Ir, Kelach sowie Resen zwischen Ninive und Kelach“ (Gen 10,11–12 EU).

Der hebräische Name Nimrod im Deutschen wiedergegeben bedeutet der Widerstreitende oder der sich Empörende und passt zur überlieferten Charakterisierung eines Herrschers der Autorität, unabhängig vom Walten Gottes, an sich gerissen hat.[1]

Jüdische Tradition

Nimrod (1939) von Itzhak Danziger

Nach jüdischer Überlieferung war Nimrod der Gründer des assyrischen und babylonischen Reiches. Nach ihm soll die Stadt Nimrud am Tigris benannt worden sein. Nimrod gilt gewöhnlich als derjenige, der den Bau des Turmes von Babel anregte. Die Frau des Nimrod ist in der rabbinischen Tradition Semiramis.

Nimrod im Islam

Der islamischen Überlieferung zufolge war Namrūd ibn Kan'ān ein tyrannischer Herrscher, der sich als Gott verehren ließ. Um Allah zu stürzen, baute er einen Turm. Allah ließ eine Fliege durch die Nase in seinen Kopf (Stirnhöhle) fliegen. So wurde Namrūd 400 Jahre gequält, bis er starb. Im Koran (Sure al-Anbiya' 21:68-69) wird König Namrūd im Zusammenhang mit Ibrahim (dem biblischen Abraham) erwähnt, den er ins Feuer werfen ließ, der aber durch ein Wunder gerettet wurde.

Nimrod in der ungarischen Überlieferung

In der ungarischen Mythologie wird Nimrod als Vater von Hunor und Magor, den mythischen Urvätern der Stämme der Hunnen und Magyaren (Ungarn) angesehen. Inwieweit es sich hierbei um eine Adaption des biblisch-orientalischen Nimrod-Mythos handelt oder ob eigenständige Traditionen östlicher Steppenvölker hier nur mit einer Figur desselben Namens identifiziert werden, ist letztlich ungeklärt.

Diesen eurasischen Nimrodlegenden folgend leiten Ungarn und Bulgaren die Abstammung ihrer Völker bis heute von einer „Nimrod“ (auch Nimrud, Ménrót) genannten Sagengestalt ab. Die Söhne Nimrods, Hunor und Magor, gelten danach als die ersten Hunnen und Magyaren, somit sind Hunnen und Ungarn vom selben Geschlecht (siehe Hunor und Magor und Gesta Hungarorum). Der Hunnenkönig Attila, den die ungarische Überlieferung als ersten ungarischen König im Karpatenbecken ansieht, trägt alten Chroniken zufolge den Titel: „Attila, Sohn von Bendegus, Enkel des Großen Nimrods, der in Engadi erzogen wurde, von Gottes Gnaden König der Hunnen, Mäden, Goten und Dänen, Schrecken der Menschheit und Gottesgeißel“. Die ungarische Volkstradition kennt Nimrod auch als „Riesen“, der in zahlreichen ungarischen Volksmärchen auftaucht.

Nimrod als Städtegründer

Nimrod gilt als der Gründer von Urfa, die Zitadelle trägt den Beinamen „Nimrods Thron“. Auch Birs Nimrud (Borsippa) und die Ruinenstadt Nimrud (bibl. Kalach, Kelach, assyr. Kalchu, Kalne oder Chalne, heute Kalah) wurden in der Neuzeit nach dem mythischen Helden benannt.

Den Namen Nimrods tragen auch zwei Berge in der heutigen Türkei, nämlich der Nemrut Dağı im Taurusgebirge in der Südosttürkei nordöstlich von Adıyaman, auf dessen 2100 m hohen Plateau sich ein zum Weltkulturerbe gehörendes antikes Heiligtum befindet, und der heute ruhende Vulkan Nemrut bei Tatvan im äußersten Osten des Landes am Vansee. Überhaupt führte man im Orient viele riesenhafte Bauwerke, deren Errichtung die Kräfte normaler Menschen nach allgemeiner Ansicht überstiegen hätte, auf Nimrod zurück, ähnlich wie im Okzident Riesen oder Hünen als sagenhafte Urheber derartiger Bauten bekannt sind.

Auch die mittelalterliche Nimrodsburg auf einem Felsen im Golan trägt seinen Namen. Einer lokalen Tradition zufolge soll König Nimrod auf dem Felsen residiert haben, auf dem die Ayyubiden dann die Burg errichteten.

Historische Rezeption und moderne Deutungen

Der Kirchenhistoriker Epiphanios Scholastikos (6. Jh.) bezeichnete Nimrod als den Erfinder der Magie, der Astrologie und der Pharmazie.

In Dantes Göttlicher Komödie (1307–1321) tritt Nimrod im XXXI. Gesang als einer der turmhohen Riesen auf, die den Höllengrund bewachen; er wird für die Babylonische Sprachverwirrung verantwortlich gemacht und redet in wirren, unverständlichen Sätzen eine teuflische Sprache der Konfusion: „Raphel maì amecche zabì almi“ (Vers 67).

Der humanistische Staatstheoretiker Jean Bodin (1530–1596) sah Nimrod unter Bezugnahme auf Gratian als den ersten despotischen König der Weltgeschichte an (Sechs Bücher über die Republik, Buch 2,2). Die Gründung der menschlichen Gesellschaft und die Schaffung der Gesetzgebung sei zuerst durch Kain, nach der Flut durch Nimrod, „den viele Ninus nennen“ (4,1), erfolgt. Er habe sich durch Gewaltanwendung zum Herrscher von Assyrien gemacht. Sein Name bedeute „schrecklicher und mächtiger Herr“.

In der modernen Altorientalistik gibt es unterschiedliche Deutungsversuche. Der britische Assyriologe George Smith (1840–1876) identifizierte Nimrod mit dem sumerischen Sagenkönig Gilgamesch; Archibald Henry Sayce (1845–1933) betrachtete ihn als Verkörperung des Gottes Marduk. Nach Ephraim Avigdor Speiser (1902–1965) lebt in der Figur die Erinnerung an Tukulti-Ninurta I. (1244–1208 v. Chr.) fort, der auch mit Ninus, dem sagenhaften Gründer von Ninive, identifiziert wird. Wolfram von Soden (1908–1996) sieht in dem biblischen Nimrod den sumerischen Gottkönig Ninurta. Der israelische Archäologe Yigal Levin vermutet in dem Namen Nimrods eine Erinnerung an Naram-Sîn (2260–2223 v. Chr.), den Großkönig des Reiches von Akkad. Die biblische Beschreibung Nimrods als ersten Herrscher der Weltgeschichte enthält in diesem Fall vielleicht eine Reminiszenz an dessen Großvater Sargon (ca. 2324/34–2279 v. Chr.), den Gründer der Dynastie von Akkade und einen der bedeutenden Könige des ersten zentral verwalteten Territorialstaates der mesopotamischen Geschichte.

Literatur und Quellen

  • Des Griffin: Wer regiert die Welt?, 2., unveränderte Ausgabe, Lebenskunde Verlag, Düsseldorf, 1996 (Erstausgabe 1967), ISBN 3-921179-41-6 (S. 9-16).
  • Alfred Jeremias: Izdubar-Nimrod. Eine Altbabylonische Heldensage nach den Keilschriftfragmenten dargestellt. Nabu Press 2010, ISBN 978-1-141-30821-7.
  • E. A. Speiser: In search of Nimrod, In: Richard S. Hess and David Toshio Tsumura: I Studied Inscriptions from Before the Flood. Ancient Near Eastern, Literary, and Linguistic Approaches to Genesis 1-11, Sources for Biblical and Theological Study - SBTS 4, Eisenbrauns, 1994 ISBN 0-931464-88-9 (englisch).
  • Konrat Ziegler, Walther Sontheimer: Der Kleine Pauly, Lexikon der Antike [in 5 Bänden] auf der Grundlage von Pauly’s Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft unter Mitwirkung zahlreicher Fachgelehrter bearbeitet und herausgegeben von Konrat Ziegler und Walther Sontheimer. Deutscher Taschenbuch Verlag, München 1979, ISBN 3-423-05963-X (Stichwort Nimrod).

Weblinks

 Commons: Nimrod – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

Dieser Artikel basiert ursprünglich auf dem Artikel Nimrod aus der freien Enzyklopädie Wikipedia und steht unter der Doppellizenz GNU-Lizenz für freie Dokumentation und Creative Commons CC-BY-SA 3.0 Unported. In der Wikipedia ist eine Liste der ursprünglichen Wikipedia-Autoren verfügbar.