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Niki de Saint Phalle

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Niki de Saint Phalle, porträtiert von Lothar Wolleh
Lifesaver-Brunnen in Duisburg
Nana auf der Mike-Gehrke-Promenade in Hannover
Teilansicht des Strawinski-Brunnens in Paris
Der Dichter und seine Muse auf dem Skulpturenpfad der Universität Ulm

Niki de Saint Phalle (* 29. Oktober 1930 in Neuilly-sur-Seine; † 21. Mai 2002 in San Diego; eigentlich Catherine Marie-Agnès Fal de Saint Phalle) war eine französisch-schweizerische Malerin und Bildhauerin. In Deutschland wurde sie als Künstlerin vor allem durch die „Nana“-Figuren bekannt, die 1974 in Hannover am Leibnizufer, heute Teil der Skulpturenmeile, aufgestellt wurden.

Leben

Niki de Saint Phalle wurde in einem Pariser Vorort geboren, wuchs aber hauptsächlich in den USA auf und wurde infolge ihrer Heirat mit Jean Tinguely im Jahr 1971 in der Schweiz eingebürgert. Sie war ebenso wie Tinguely eng mit der Familie des ebenfalls in der Schweiz lebenden Kunstmäzens und Sammlers Theodor Ahrenberg befreundet.

Von 1936 bis 1945 besuchte Niki de Saint Phalle die Klosterschule Sacré-Cœur in New York. Mit elf Jahren wurde sie von ihrem Vater sexuell missbraucht,[1] ein Schock, der sie über eine spätere Therapie zur Kunst führte.

Ihr Künstlerfreund Pontus Hultén schrieb über sie:

„Mehr oder weniger bewusst verstand sie ganz allmählich, dass Kunst ein Lebensprinzip ist, für manche Menschen vielleicht das Lebensprinzip überhaupt, das aber mitsamt seinen Kräften leider domestiziert und kultiviert worden war. Gleichzeitig erkannte sie, dass man sich dieses Prinzips nach Gutdünken bedienen konnte, um dunkle Mächte zu rufen und sie für sich in den Dienst zu nehmen. Hierfür gab es weder Regeln noch Einschränkungen, sie konnte tun und lassen, was sie wollte. Dieser Weg, zwischen der Welt in ihrem Innern und der Außenwelt eine Beziehung herzustellen und damit eine Identität zu finden, bot sich ihr in einer Krisensituation. Ihre ersten Bilder zeigen sehr genau, wie sie Gewalt und Erregung auf diese Weise freisetzen konnte.“[2]

Sie selbst sagte dazu:

„Ich war eine zornige junge Frau, doch gibt es ja viele zornige junge Männer und Frauen, die trotzdem keine Künstler werden. Ich wurde Künstler, weil es für mich keine Alternative gab – infolgedessen brauchte ich auch keine Entscheidung zu treffen. Es war mein Schicksal. Zu anderen Zeiten wäre ich für immer in eine Irrenanstalt eingesperrt worden – so aber befand ich mich nur kurze Zeit unter strenger psychiatrischer Aufsicht, mit zehn Elektroschocks usw. Ich umarmte die Kunst als Erlösung und Notwendigkeit.“[2]

Mit 18 Jahren heiratete sie heimlich ihren Jugendfreund Harry Mathews, 1951 und 1955 bekamen sie ihre Kinder Laura und Philip.[1] 1952 kehrte sie nach Paris zurück. 1953 entstanden ihre ersten Gemälde. Zunächst arbeitete sie als Aktionskünstlerin und machte ab 1956 mit ihren Schießbildern auf sich aufmerksam, dies waren Gipsreliefs mit eingearbeiteten Farbbeuteln, auf die sie während der Vernissage schoss. 1960 erfolgte die Scheidung von Mathews. Ab 1962 wurde sie von Alexander Iolas finanziell unterstützt, er organisierte ihr Ausstellungen und führte sie in den Kreis prominenter Künstler ein.[3] 1962 nahm sie gemeinsam mit Jean Tinguely an der Ausstellung Dylaby in Amsterdam teil.

Ab 1964 entstanden die ersten „Nanas“ − Frauenfiguren mit betont üppigen und runden Formen – anfangs noch aus Draht und Textilien gefertigt. Schon bald wechselte sie jedoch ihre Technik und arbeitete vorwiegend mit Polyester, einem Material, das unter anderem bevorzugt im Bootsbau verwendet wird. 1965 entstand für die Peter Stuyvesant Zigarettenfabrik in Zevenaar die 2 Meter hohe Lili ou Tony.

1966 installierte sie auf Veranlassung des Direktors Pontus Hultén (unter Mitarbeit ihres späteren zweiten Ehemanns Jean Tinguely, den sie 1955 kennengelernt hatte) und des Schweden Per Olof Ultvedt im Stockholmer Moderna Museet eine 29 Meter lange liegende Skulptur mit dem Namen Hon (schwedisch: „sie“), die durch die Vagina betreten werden konnte und in deren Innerem sich unter anderem eine Bar und ein Kino befand. Die Nanas sind mit reinbunten Farben gemalt worden.

1968 nahm Niki de Saint Phalle erstmals an einer Ausstellung des Museum of Modern Art in New York teil. Weitere Ausstellungen folgten 1969 in München und in Hannover sowie 1970 in Paris, 1971 in Amsterdam, Stockholm, Rom und New York. 1979 begann sie in der Toskana in Capalbio, südlich von Grosseto, mit dem Bau des Giardino dei Tarocchi. Dieser Garten des Tarot wurde 1998 für die Öffentlichkeit freigegeben. Noch bekannter ist der 1982 begonnene Bau des Strawinski-Brunnens vor dem Centre Pompidou in Paris, der von ihr zusammen mit Jean Tinguely gestaltet wurde.

Niki de Saint Phalle gehörte auch zu den Gründungsausstellern der Bundeskunsthalle in Bonn. Von Juni bis November 1992 stellte sie unter anderem auf dem dortigen Dachgarten über 20 zum Teil begehbare Großplastiken aus.[4] 1999 übernahm Niki de Saint Phalle den Auftrag zur Ausgestaltung der Grotten im Großen Garten in Hannover-Herrenhausen, die seit 2003 für Besucher offenstehen. Ihr Werk „L’ange protecteur“ („Schutzengel“, schwebende Frauenfigur) befindet sich in der Halle des Zürcher Hauptbahnhofes.[5]

Sie starb am 21. Mai 2002 im Alter von 71 Jahren im Süden des US-Bundesstaates Kalifornien in San Diego, das für sein mildes pazifisches Klima bekannt ist. Die Ärzte hatten ihr den Aufenthalt dort aus gesundheitlichen Gründen empfohlen. Sie selbst war der Meinung, dass sie nach jahrzehntelanger Arbeit mit den giftigen Dämpfen, die bei der Verarbeitung des Kunststoffes entstehen, schwere Gesundheitsschäden der Atemwege davongetragen hatte. Ihre Grunderkrankung war aber selektiver Immunglobulin-A-Mangel. Ihre chronische Bronchitis, die extrem schmerzhafte rheumatische Arthritis, ihre Schilddrüsenerkrankung, das Asthma und die Lungenentzündungen sind durch den starken Immunglobulinmangel zu erklären. Atemnot und wiederholte Lungenentzündungen traten schon lange vor ihrer Arbeit mit Kunststoffen auf. Später verstärkten die giftigen Kunststoffdämpfe, das Einatmen von Pigmenten und das Passivrauchen wahrscheinlich das Lungenleiden. In ihrem letzten Lebensjahrzehnt war der Immunglobulinmangel bei ihr plötzlich nicht mehr nachweisbar.[6]

Ehrungen

  • Am 17. November 2000 wurde sie zur Ehrenbürgerin der Stadt Hannover ernannt. Sie vermachte am 19. November 2000 aus diesem Anlass über 400 ihrer Werke dem Sprengel-Museum[7] in Hannover. Der vorgesehene Ergänzungsbau des Museums soll eine Dauerausstellung ihrer Werke ermöglichen.
  • Im Jahr 2002 wurde die Einkaufspassage Passerelle in der Innenstadt von Hannover in Niki-de-Saint-Phalle-Promenade umbenannt.

Filmografie

Hörspiele

Die Hörspielautorin und -regisseurin Barbara Meerkötter entwickelte das Hörspiel Big Girl Now! Klappe 1-16 für Niki de Saint Phalle, welches assoziativ und impulsiv Nikis Leben mit dem Film Un rêve plus long que la nuit (dt. Ein Traum – länger als die Nacht oder Camélia und der Drachen) verbindet. Die Ursendung fand am 15. März 2013 beim RBB Kulturradio statt.

Literatur

  • Monika Becker: Niki de Saint Phalle – Starke Weiblichkeit entfesseln. Die Biografie, List, München 2005, ISBN 3-548-60574-5
  • Renate Berger: Zwischen Leben und Tod, Zur Mutterimago bei Niki de St. Phalle, Ulrike Rosenbach, Mary Kelly und Annegret Soltau. In: Renate Möhrmann (Hrsg.): Verklärt, verkitscht, vergessen, Die Mutter als ästhetische Figur, Metzler, Stuttgart, Weimar 1996, ISBN 3-476-01302-2, S. 354–371
  • Ursula Bode, Niki de Saint Phalle. La Grotte, Hrsg. Landeshauptstadt, Fachbereich Umwelt und Stadtgrün, Sprengel-Museum Hannover, Hatje Cantz, Ostfildern 2003, ISBN 3-7757-1308-5
  • Georg Franzen: Mythische Urbilder in der Kunst von Niki de Saint Phalle. In: D. Klein und H. Weyerstrass (Hrsg.). Jung heute. S. 44–47. Verlag Dieter Klein, Brühl 2009
  • Pontus Hultén, Niki de Saint Phalle, Michel de Grèce, Ulrich Krempel, Yoko Masuda, Janice Parente und Pierre Restany: Niki de Saint Phalle. Monographie. Bilder, Schiessbilder, Assemblagen, Reliefs. 1949-2000. Benteli Verlag, Bern 2001, ISBN 3-716-51258-3
  • Ulrich Krempel u. Andres Pardey (Hrsg.): Niki & Jean. L'art et l'amour. Prestel, München 2005, ISBN 3-7913-3534-0
  • Ulrich Krempel: Nouveau Réalisme. Revolution des Alltäglichen, Hatje Cantz, Ostfildern 2007, ISBN 978-3-7757-2058-8
  • Ulrich Krempel: Nikis Welt. Prestel, München 2003, ISBN 3-7913-2946-4
  • Der Kunst-Brockhaus, Bd. 2: L–Z, Wiesbaden: Brockhaus, S. 390
  • Isabel Siben (Hrsg.): Niki und Jean: Posters. Prestel, München 2005, ISBN 3-7913-3404-2
  • Niki de Saint Phalle: Bilder – Figuren – Phantastische Gärten. Prestel, München 1997, ISBN 3-7913-1820-9
  • Hugo Thielen: Saint Phalle, Niki de, in: Stadtlexikon Hannover, S. 534
  • Charlotte Ueckert: Niki de Saint Phalle: Magierin der runden Frauen. Ein Porträt, PHILO & PhiloFineArts, Hamburg 2007, ISBN 978-3-86572-540-0
  • Ludwig Zerull: Kunst ohne Dach. Skulpturen und Objekte im Stadtbild Hannovers, Hannover: Ed. Libri Artis, Schäfer, 1992, ISBN 3-88746-278-5, S. 34f., 96f.
  • Niki de Saint Phalle - 1950-1960 - HARRY AN ME - Die Familienjahre, 2006 Benteli Verlags AG Bern und Zürich, ISBN 3-7165-1457-8 und ISBN 978-3-7165-1457-3

Einzelnachweise

  1. 1,0 1,1 Berühmte Gäste in Bern. Niki de Saint Phalle 1930 - 2001 Catherine Marie-Agnès Fal de Saint Phalle
  2. 2,0 2,1 Katalog zur Ausstellung Nicki de Saint Palle, Bilder – Figuren – Phantastische Gärten in der Kunsthalle der Hypo-Kulturstiftung in München von 26. März bis 21. Juni 1987, Hrsg. Carl Schulz–Hoffmann mit Beiträgen von Pierrre Descargues, Pontus Hulten, Pierre Restany, Danie Spoerri, Jean Tinguely sowie Nicki de Saint Palle.
  3. Biography. nikidesaintphalle.com, abgerufen am 28. Januar 2014 (englisch).
  4. Gründungsausstellung Niki de Saint Phalle, Archiv der Bundeskunsthalle, 1992
  5. Kunst im Zürich Hauptbahnhof. (Abgerufen 15. April 2014)
  6. Quelle: Johanna di Blasi: "Sie hatte keinen Schutzengel". Niki de Saint Phalle nährte den Mythos, sie habe der Kunst ihre Gesundheit geopfert – ihre Ärzte sahen das anders. In Hannoversche Allgemeine Zeitung Nr. 23 vom 27. Januar 2012. Diagnose von dem Rheumatologen Henning Zeidler, emeritierter Professor der Medizinischen Hochschule Hannover.
  7. http://www.sprengel-museum.de/malerei__skulptur/niki_de_saint_phalle/index.htm Angaben zur Schenkung auf Museumswebseite
  8. Niki de Saint Phalle auf der Homepage von Peter Schamoni

Weblinks

 Commons: Niki de Saint Phalle – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
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