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Neue Sachlichkeit (Literatur)

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Neue Sachlichkeit bezeichnet eine Richtung der Literatur der Weimarer Republik, die sich nüchtern und realistisch vom Pathos des Expressionismus abgrenzt. An die Stelle emphatischer Wendungen und radikal-romantischer Bilder trat eine ernüchterte, oft kühl-distanzierte, beobachtende Haltung, die dokumentarisch-exakt und scheinbar gefühllos die moderne Gesellschaft darstellte, wobei häufig Alltagsdokumente in die Werke einmontiert wurden. Die Bezeichnung „Neue Sachlichkeit“ ist auf die Abgrenzung zum Realismus als „alte Sachlichkeit“ zurückzuführen. Entstanden nach dem Ersten Weltkrieg, zeichnet sich die Neue Sachlichkeit durch schlichte Klarheit, sachliche Ausdrucksweise sowie teils hoch politische Inhalte aus.

Die Beobachtung und Abbildung der äußeren Wirklichkeit wie die Konstruktion des Lebens auf der Basis von Fakten bestimmt die „neusachliche“ Literatur der 1920er und 1930er Jahre und schlägt über die Verwendung der „Montage“ die Brücke zum Film. Tendenz ist die Rückkehr zum verlässlichen Äußeren – die expressionistische Vorstellung vom visionären Dichter als „geistigem Führer“ scheint in einer durch den Krieg desillusionierten und dabei immer deutlicher vom Geist des technischen Fortschritts dominierten Welt nicht mehr adäquat. „Es handelt sich nicht mehr darum zu ‚dichten’. Das Wichtigste ist das Beobachtete.“ schrieb Joseph Roth 1927 im Vorwort seines Romans Die Flucht ohne Ende. Bereits hier entbrennt eine Diskussion über die Angemessenheit und Beschaffenheit dieser Sachlichkeit, die zwischen Vorwürfen der affirmativen Haltung und Bekräftigung ihres kritischen Potenzials schwankt. Während die einen die Wirkung der unmittelbar beobachteten „Krassheit“ der Realität betonen, kritisieren andere, dass ohne die verbindende und einordnende Instanz des Denkens überhaupt keine Erkenntnis über die Wirklichkeit zu erlangen sei.

Geistige Voraussetzungen

Nach dem Ersten Weltkrieg waren den Menschen alle Illusionen genommen. Die Wirklichkeit in der Weimarer Republik wurde als feindselig empfunden, in der Bevölkerung herrschte eine sehr depressive Stimmung. Hinzu kam die neue Massen- und Mediengesellschaft, in der der Einzelne nur noch Teil einer großen Gruppe war. Auch verloren große Teile der Bevölkerung durch den und nach dem Krieg ihre Ersparnisse und verfielen so in Armut. Die Gesellschaft, vor 1918 eine Monarchie, nun zu einer Demokratie geworden, musste sich völlig neu orientieren, da die alten Werte und Normen hinfällig wurden. Die auf geistiger Ebene vielleicht größte Neuerung war jedoch die neue (Meinungs-)Freiheit. Zudem wurden im Vorfeld der Neuen Sachlichkeit von den großen Denkern neue Theorien und Ideologien aufgestellt. Zu nennen wären Freud und Lenin. Freud reflektierte über die Stellung und das Handeln des Individuums und Lenin nach marxistischem Vorbild über neue kommunistische Theorien für das Zusammenleben der Menschen in der Gesellschaft. Nicht zuletzt hatte Lenin mit der Verwirklichung dieser Theorien Einfluss auf das Leben in der Weimarer Republik. Auch die Emanzipation der Frau schritt voran. Nun nahmen auch Frauen am literarischen Leben teil. Speziell in den Städten konnten Frauen in Kleidung und Lebensstil neue Wege erproben, die konträr zu der traditionellen Frauenrolle standen. Sie wurden oft von Konservativen als "unweiblich" bezeichnet.

Auch das kulturelle Leben der 1920er Jahre, vor allem in Berlin und den großen deutschen Städten, war passend zu einer neuen literarischen Kultur. Das Leben derer, die es sich leisten konnten, war schrill und wild. Vieles, was bis dahin bestand, wurde verworfen, man lebte einen völlig neuen Lebensstil. Um in der neuen Zeit bestehen zu können, versuchte man möglichst sachlich zu leben, trieb viel Sport und bevorzugte auch bei der Wahl der Möbel klare und leichte Formen.

Das alles wirkte als neuer Impuls unter den Künstlern. Diese wollten etwas Neues schaffen, frei von den althergebrachten Formen und Stilen. Damals suchten die Menschen Orientierung, um leben zu können. Der Stil der Neuen Sachlichkeit bot sich an, den Bürgern neue Leitbilder für das Leben in der Moderne zu geben.

Zeitliche Einordnung

Die Periode der Neuen Sachlichkeit fand in den 20er und 30er Jahren des 20. Jahrhunderts statt. Bei einer Literaturströmung kann man schwer festlegen, wann sie begann und wann sie endete. Man könnte Hartlaubs Meinung folgen und 1920 als Anfang der Bewegung definieren. Auch die Kunstausstellung Neue Sachlichkeit in Mannheim könnte als Beginn gesehen werden. 1926 wurde der Name auch auf die Literatur von der niederländischen Kunstzeitschrift De Stijl übertragen. Im größeren Kontext, historisch gesehen, ist der Beginn des Stils eng mit der Gründung der Weimarer Republik, sowie die Nachkriegszeit des Ersten Weltkrieges verbunden. Durch die völlig neue Zeit, die wirtschaftlichen und sozialen Veränderungen, wurden die kulturellen Potentiale gefördert und es kam zu einer Blüte der Kultur. Schon 1929 zur Zeit der Weltwirtschaftskrise ging die Kunst der Neuen Sachlichkeit zu Ende. Damals wie heute sterben die Künste in schweren Zeiten zuerst aus. Das Ende für die Literatur kam 1933 mit der Machtergreifung der Nationalsozialisten. Da die Schriften der Autoren oft politische Inhalte hatten, die nicht in das Bild der Nationalsozialisten passten, wurden Bücher verbrannt und Autoren gefangen genommen. Viele der Autoren mussten im Frühjahr 1933 ins Exil flüchten.

Merkmale der Neuen Sachlichkeit

Die Autoren sind meist demokratisch orientiert oder wollen eine sozialistische Räterepublik. Oft haben sie auch eine links-liberale Haltung.

Inhalte und Themen: Die Dichter orientierten sich an der Realität und stellten sie objektiv dar. Sie gehen in ihren Texten auf die damalige Gesellschaft und auf deren Probleme ein, z. B. die Armut vieler Menschen. Die Voraussetzung dafür war ein kritischer Blick auf die damalige Gegenwart. Die Umgebung wird nüchtern und realistisch dargestellt. Die Autoren waren mit der damaligen Zeit eng verbunden und beschreiben sie in ihren Texten. Die soziale, politische und wirtschaftliche Wirklichkeit der Weimarer Republik (z. B. Hans Fallada: Kleiner Mann – was nun?), die Nachwirkungen des Ersten Weltkrieges und die Inflation waren beliebte Motive. Die Themen, die die Gesellschaft bewegten, fanden sich in der Literatur wieder. Die Figuren müssen mit den enormen gesellschaftlichen und technischen Veränderungen und Fortschritten leben. Dies schafft oft soziale, wirtschaftliche und persönliche Probleme, mit denen die Akteure zurechtkommen müssen oder untergehen. Die Schriftsteller üben sich auch immer wieder in Gesellschaftskritik. Ebenfalls werden historische Ereignisse aufgegriffen und auf andere moderne Personen übertragen (z. B. Joseph Roth: Hiob. Roman eines einfachen Mannes, Bezug zu Hiob aus dem Alten Testament). Oft wurden auch aktuelle Ereignisse verarbeitet.

Sprache: Die Handlung wird meist nur kühl und distanziert beobachtet. Man schrieb ein Minimum an Sprache, dafür hatte diese ein Maximum an Bedeutung. Die Schriftsteller wollten so viele Menschen wie möglich mit ihren Texten erreichen, deshalb wurde eine einfache sowie nüchterne Alltagssprache verwendet. Diese war für jeden Leser verständlich, dadurch wurden breite und unterschiedlich gebildete Schichten der Bevölkerung erreicht. Die Autoren der Neuen Sachlichkeit verfassten die Texte im Stil einer dokumentarisch-exakten Reportage und strebten nach Objektivität. Beliebt war auch die Montagetechnik. Dabei werden unterschiedliche Texte zusammen gefügt, z. B. werden Zeitungsartikel oder Lieder mit in den Text eingebaut. In der Neuen Sachlichkeit ist die Bedeutung wichtiger als die Form.

Figuren: Die Autoren schufen sachliche Figuren. Die Gefühle der Personen sind zwar vorhanden, aber werden kaum gezeigt. Oft sind Ingenieure, Arbeiter, Sekretärinnen, Angestellte oder Arbeitslose die Hauptfiguren, also einfache Leute aus der modernen Massengesellschaft.

Zitat: Egon Erwin Kisch erklärte, warum er im Stil der Neuen Sachlichkeit schrieb:

„Nichts ist verblüffender als die einfache Wahrheit, nichts ist exotischer als unsere Umwelt, nichts ist fantasievoller als die Sachlichkeit. Und nichts Sensationelleres in der Welt gibt es, als die Zeit in der man lebt.“ (Vorwort aus: Der rasende Reporter von Egon Erwin Kisch)

Literarische Gattungen

In der Weimarer Republik gab es verschiedene literarische Strömungen, auch neben der Neuen Sachlichkeit. Die Neue Sachlichkeit umfasste alle Gattungen der Literatur. Die am häufigsten verbreiteten sind hier mit je einem Beispiel aufgeführt:

  • Gebrauchslyrik

Der Begriff wurde 1927 von Bertolt Brecht geprägt. Meist wurden Gedichte so bezeichnet, die aufgrund eines bestimmten Zweckes geschrieben wurden, um auf die Menschen zu wirken. Oft handeln sie von Problemen der damaligen Zeit, damit der Leser auf Missstände aufmerksam wird. Wie in der Neuen Sachlichkeit üblich, wurde alles in einer einfachen und leichtverständlichen Sprache formuliert, damit viele Menschen den Inhalt verstanden. Die Wirkung sollte sofort erfolgen. Die Gebrauchslyrik sollte einen Nutzen/Gebrauchswert für den Leser haben. Vor allem in den 20er Jahren war die Gebrauchslyrik eine beliebte Ausdrucksform. Wichtige Vertreter sind Erich Kästner, Kurt Tucholsky und Bertolt Brecht.

Kurt Tucholskys „Angestellte“ zählt zur Gebrauchslyrik. Tucholsky spricht das Problem der Angestellten in der Weimarer Republik, sowie deren soziale Realität an. Die Angestellten müssen lange arbeiten und fürchten sich, noch entlassen zu werden. Der Leser soll auf diese Zustände aufmerksam gemacht werden. Gegenüber dem höhnenden Chef sind die Angestellten hilflos. Auch dass es keine Gewerkschaft gibt, dass sie sich nie „geeint“ haben, ist ein Problem. Eine Wirkung des Gedichtes ist, dass man nun versuchen will, die Angestellten zu unterstützen und ihnen zu helfen, falls sie sich erheben sollten. Die Sprache ist leicht verständlich und dadurch gleichzeitig sehr einprägsam. Das „Wenns Ihnen nicht paßt –: bitte!“ ist zum Schluss wie eine Handlungsaufforderung, diese Zustände zu ändern.

  • Zeitroman

Ein Zeitroman versucht dem Leser umfassende Informationen über die Zeit, in der er handelt, zu vermitteln. Er geht besonders auf die oft schwierigen Lebensbedingungen ein, unter denen die Gesellschaft und der Einzelne leben müssen. Oft wird deshalb die Zeit kritisiert.

Ein bekanntes Beispiel für einen Zeitroman ist „Im Westen nichts Neues“. „Im Westen nichts Neues” ist ein Antikriegsroman von Erich Maria Remarque, der 1929 veröffentlicht wurde. Der Roman handelt von Paul Bäumer, der im patriotischen Taumel sich freiwillig zum Kriegsdienst im Ersten Weltkrieg meldet. In den Schützengräben und zwischen den Toten verstummen alle seine Illusionen und patriotischen Gefühle. Nach und nach erkennen Paul und mit ihm die Leser die Sinnlosigkeit des Krieges. Am Ende stirbt Paul Bäumer. Der Roman geht kritisch mit der Zeit des Ersten Weltkrieges um. Der Krieg wird sehr genau beschrieben, wie üblich, ist der Roman leicht verständlich. Er hatte zum Ziel, die Menschen zu überzeugen, dass der Krieg keine gute Sache ist und dass er das Leben vieler Menschen sinnlos zerstört.

  • Reportageliteratur

Das sind Texte, die in einem journalistischen Stil geschrieben sind. Es wird unmittelbar aus der Situation heraus, aber auch distanziert berichtet. Sachlich werden alle Fakten geschildert. Das bringt den Leser sehr nah an das Geschehen heran. Natürlich wird diese Literatur in einer einfachen Sprache verfasst, so dass jeder den Inhalt versteht. Sie zeichnet sich ebenfalls durch ein hohes Maß an Objektivität aus. Die Reportageliteratur hat einen hohen Wahrheitsanspruch und ist so geschrieben, dass sie eine spannende Erzählung wird.

„Der Rasende Reporter“ von Erwin Kisch ist solch eine Sammlung von Reportagen. Oft handeln die Texte an ungewöhnlichen Orten in ganz Europa. Mit knapper Sprache werden einige Informationen genannt. Es ist ein einfacher Bericht der Tatsachen, unterlegt mit einem teilweise trockenen Humor. E. Kisch geht dabei genau und sorgfältig auf die Handlungsumgebung ein.

  • Episches Theater

Das epische Theater steht im Gegensatz zum aristotelischen Theater aus der Antike in Griechenland. Dabei wurde versucht, den Zuschauer mitfühlen zu lassen und ihn so zu bessern. Bertolt Brecht prägte das epische Theater. Er wollte den Zuschauer für politische Ideen begeistern. Es sollte so erzählt werden, dass die Menschen „aktiviert“ werden. Sie sollten sich mit dem Gesehenen auseinandersetzen und sich für eine Meinung entscheiden. Brecht wollte, dass die Handlung von den Schauspielern gezeigt wird und gleichzeitig auch eine Bewertung geschehen solle. Um nicht zu tief in die Handlung einzutauchen, wird das Stück immer wieder durch Lieder, Kommentierungen und z. B. Textprojektionen unterbrochen. Um Nachdenken bei Theaterbesuchern zu erzeugen, wollte er, dass man nicht zu sehr von dem Stück gefangengenommen wird. Deshalb hat Brecht immer wieder Unterbrechungen eingebaut. So erhält der Zuschauer Abstand zu dem Stück und zu den Darstellern, um alles besser zu begreifen. Er wollte, dass die Menschen über politische Ideen durch das epische Theater aufgeklärt werden. Der Zuschauer soll die im Stück aufgeworfenen Fragen selbst beantworten.

„Die Dreigroschenoper“ von Bertolt Brecht wird zum Epischen Theater gezählt. Die Dreigroschenoper spielt im Londoner Stadtteil Soho im 19. Jahrhundert. Dieser Ort war zu der damaligen Zeit von zwielichtigen Gestalten, sowie Prostituierten und Bettlern bevölkert. Insgesamt eine verruchte, unmoralische Welt. Die Handlung erzählt von dem Konkurrenzkampf zwischen einem Mafiachef und einem Verbrecher. Der Mann der Mafia erpresst Bettler und der Verbrecher hat gute Kontakte zum Londoner Polizeichef.

Es geht um „Geschäfte“, einer bürgerlichen Tätigkeit, die jedoch im kriminellen Milieu ablaufen. Es kommt zu einer Verwischung zwischen Recht und Verbrechen. Es entsteht eine Synthese von Gut und Böse, die man nicht klar trennen kann.

Brecht wollte so die gesellschaftlichen Strukturen (Kapitalismus) mit dem Verbrechen gleichsetzen. Er wollte, dass sich die Zuschauer damit auseinandersetzen und eine eigene Meinung über die nun fragwürdig erscheinenden bürgerlichen Machenschaften bilden.

  • Kritisches Volkstheater

Das Volkstheater gab es schon im 19. Jahrhundert. Zu jener Zeit wurde gespielt, was das Volk sehen wollte. Häufig wurde im einheimischen Dialekt gesprochen. Jedoch ist das Volkstheater des 20. Jahrhunderts anders. Es handelt von Arbeitern, Angestellten, Handwerkern und Kleinbürgern. Oft wird Gesellschaftskritik geübt oder werden politische Ideen mit eingearbeitet. Die Stücke handeln von den politischen und wirtschaftlichen Problemen der damaligen Zeit.

„Geschichten aus dem Wienerwald“ von Ödön von Horváth, im Jahr 1931 in Berlin uraufgeführt, werden dem Kritischen Volkstheater zugerechnet. Die Geschichte spielt in Österreich in der Wachau, in der Josefstadt und im Wiener Wald. Es handelt von Marianne, der Tochter eines Spielwarenhändlers, der beinahe bankrott ist. Sie ist mit dem Fleischermeister Oskar verlobt. Allerdings lernt sie Alfred kennen, der von Wetten und fragwürdigen Geschäften lebt. Marianne ist noch unerfahren und so kann Alfred sie verführen. Kurz darauf zieht sie zu Alfred und bekommt ein Kind. Alfred findet Marianne aber bald lästig. Oskar mag Marianne immer noch, aber der Heirat steht das Kind im Weg, da er das Kind nicht aufnehmen will. Ihr Vater verstößt sie. In ihrer Not muss Marianne ihr Kind zu Alfreds Großmutter geben und fast nackt für „Lebende Bilder“ posieren. Sie hat kein Geld und stiehlt. Deswegen landet sie im Gefängnis. Dann kehrt sie zu ihrem Vater zurück, der ihr inzwischen verziehen hat. Auch Oskar ist nun bereit, mit dem Kind zu leben. Aber die Großmutter hat inzwischen das Kind sterben lassen, um ihren Enkel Alfred von dieser Last zu befreien. Nach diesem tragischen Vorfall geht Marianne mit Oskar davon.

Das Theaterstück wird nicht, wie bei anderen Stücken, im Dialekt gesprochen. Oskar liebt zwar Marianne, aber als es darauf ankam, blieb er nicht standhaft. Im Stück werden eben solche sozialen Probleme behandelt. Frauen müssen arbeiten und ihre Kinder weggeben, um zu überleben.

Das Anliegen der Neuen Sachlichkeit

Ein Ziel der damaligen Schriftsteller war die objektive und genaue Wiedergabe der Realität. Man wollte den Menschen Leitbilder geben, um in der neuen Massen- und Mediengesellschaft bestehen zu können. Man reagierte auf den Pathos des Expressionismus und schrieb desillusionierte Texte. Die Neue Sachlichkeit wollte in ihren Schriften die Alltagssorgen der Menschen widerspiegeln. Breite Teile der Bevölkerung sollten durch diese neue Literatur am kulturellen Leben teilhaben. Man beschrieb die Realität so exakt und ohne Übertreibungen, um die Menschen durch diese Missstände wachzurütteln und so die Gesellschaft zu verändern. Die Bevölkerung sollte durch die „Massenkultur“ für die Demokratie begeistert werden.

Bedeutung für Literaturgeschichte

Viele Schriftsteller erlebten, dass traditionelle Themen in der Literatur ausstarben. Durch die rasanten technischen, politischen und sozialen Veränderungen in der damaligen Zeit, setzten sich die Literaten mit neuen Trends und Moden auseinander. In diesem neuen Zeitalter musste die Literatur massenwirksam vermarktet werden, da sie oft nur als Ware angesehen wurde. Die Autoren wurden zu Lieferanten der bürgerlichen Kultur. Diese Veränderungen wirkten sich auch auf die zukünftige Geschichte der Literatur aus.

Auch in der Filmproduktion gab es Neuerungen z. B. stand bis dahin das Individuum im Zentrum eines Films, nun rückte die Gesellschaft mit ihren Hintergründen in den Vordergrund. Zudem gab es gestalterische Veränderungen, die Filme sind betont dynamisch, benutzen Archivmaterial oder verzichten auf fiktive Handlungen.

Die Wurzeln der heutigen Kulturszene liegen in der Epoche der Neuen Sachlichkeit. In dieser Zeit machte die Literatur den Sprung in die Moderne. Ebenfalls haben neu entstandene Formen der Literatur wie die Reportage ihren Ursprung in dieser Zeit.

Vertreter

Auch in den Werken Franz Kafkas, Franz Jungs oder Arnold Zweigs treten Tendenzen der neusachlichen Richtung deutlich hervor.

Siehe auch

Weblinks

Literatur

  • Sabina Becker, Christoph Weiß (Hrsg.): Neue Sachlichkeit im Roman. Neue Interpretationen zum Roman der Weimarer Republik. Metzler, Stuttgart u. a. 1995, ISBN 3-476-01276-X.
  • Sabina Becker: Neue Sachlichkeit. 2 Bände (Bd. 1: Die Ästhetik der neusachlichen Literatur (1920–1933). Bd. 2: Quellen und Dokumente.). Böhlau, Köln u. a. 2000, ISBN 3-412-15699-X (Zugleich: Saarbrücken, Univ., Habil.-Schr., 1997).
  • Sabina Becker: Die literarische Moderne der zwanziger Jahre. Theorie und Ästhetik der Neuen Sachlichkeit. In: Internationales Archiv für Sozialgeschichte der deutschen Literatur. Bd. 27, Heft 1, 2002, ISSN 0340-4528, S. 73–95.
  • Britta Jürgs (Hg.): Leider hab ich's Fliegen ganz verlernt. Portraits von Künstlerinnen und Schriftstellerinnen der Neuen Sachlichkeit. Aviva, Grambin 2000, ISBN 3-932338-09-X.
  • Anton Kaes (Hrsg.): Weimarer Republik, 1918–1933 (= Manifeste und Dokumente zur deutschen Literatur). Metzler, Stuttgart 1983, ISBN 3-476-00414-7.
  • Volker Ladenthin: Erich Kästners Bemerkungen über den Realismus in der Prosa. Ein Beitrag zum poetologischen Denken Erich Kästners und zur Theorie der Neuen Sachlichkeit. In: Wirkendes Wort. Bd. 38, 1988, ISSN 0723-6778, S. 62–77.
  • Helmut Lethen: Neue Sachlichkeit. 1924–1932. Studien zur Literatur des „Weißen Sozialismus“. 2., durchgesehene Auflage. Metzler, Stuttgart 1975, ISBN 3-476-00320-5.
  • Martin Lindner: Leben in der Krise. Zeitromane der Neuen Sachlichkeit und die intellektuelle Mentalität der klassischen Moderne. Mit einer exemplarischen Analyse des Romanwerks von Arnolt Bronnen, Ernst Glaeser, Ernst von Salomon und Ernst Erich Noth. Metzler, Stuttgart u. a. 1994, ISBN 3-476-00996-3 (Zugleich: München, Univ., Diss., 1995).
  • Stefan Neuhaus: Ernst Toller und die Neue Sachlichkeit. Versuch über die Anwendbarkeit eines problematischen Epochenbegriffs. In: Stefan Neuhaus (Hrsg.): Ernst Toller und die Weimarer Republik. Ein Autor im Spannungsfeld von Literatur und Politik (= Schriften der Ernst-Toller-Gesellschaft 1). Königshausen & Neumann, Würzburg 1999, ISBN 3-8260-1598-3, S. 135–154.
  • Klaus Petersen: „Neue Sachlichkeit“: Stilbegriff, Epochenbezeichnung oder Gruppenphänomen? In: Deutsche Vierteljahrsschrift für Literaturwissenschaft und Geistesgeschichte. Bd. 56, Nr. 3, 1982, ISSN 0012-0936, S. 463–477.
  • Liane Schüller: Vom Ernst der Zerstreuung. Schreibende Frauen am Ende der Weimarer Republik: Marieluise Fleißer, Irmgard Keun und Gabriele Tergit. Aisthesis-Verlag, Bielefeld 2005, ISBN 3-89528-506-4 (Zugleich: Duisburg-Essen, Univ., Diss., 2004).
  • Matthias Uecker: Wirklichkeit und Literatur. Strategien dokumentarischen Schreibens in der Weimarer Republik. Peter Lang Oxford u. a. 2007, ISBN 978-3-03-911057-5.
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