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Neue Länder

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Als neue Länder (auch östliche oder ostdeutsche Bundesländer) werden die fünf Länder der Bundesrepublik Deutschland bezeichnet, die aufgrund des Ländereinführungsgesetzes vom 22. Juli 1990 auf Beschluss der Volkskammer der Deutschen Demokratischen Republik aus den 14 DDR-Bezirken (ohne Ost-Berlin) gebildet wurden.[1] Der im Gesetz vorgesehene Termin des 14. Oktober 1990 wurde mit dem Einigungsvertrag auf den 3. Oktober 1990 vorgezogen, so dass die neuen Länder gleichzeitig mit der deutschen Einigung entstanden.[2]

Zu unterscheiden sind die Begriffe ostdeutsche Länder (bzw. weiterhin neue Länder, obwohl dieser Begriff inzwischen durch Zeitverlauf überholt ist) und Beitrittsgebiet, letzteres schließt zwingend den Ostteil der Stadt Berlin ein. Umgangssprachlich werden die neuen Bundesländer auch als „Ostdeutschland“ bezeichnet, worunter das gesamte Land Berlin oder teilweise nur das ehemalige Ost-Berlin fällt.

Die fünf neuen Länder

Die neuen Länder sind

Sonderfall Berlin

Hauptartikel: Berlin-Frage

Berlin war bereits vor 1990 ein Land (in Art. 23 GG a.F. und Art. 127 GG konkret als Groß-Berlin bezeichnet), das jedoch bis dahin nur aus West-Berlin bestand. Im Zuge der deutschen Wiedervereinigung wurde dieses Land um Ost-Berlin und West-Staaken erweitert. Gemäß Vier-Mächte-Abkommen war Berlin (West) zwar kein integraler Bestandteil der Bundesrepublik Deutschland und durfte von ihr nicht regiert werden, es wurde jedoch von dieser als Bundesland betrachtet und mit einigen Einschränkungen (alliiertes Vorbehaltsrecht) auch so behandelt. Daher zählt Berlin nicht zu den neuen Bundesländern.

Bei Untersuchungen zur Entwicklung des Beitrittsgebietes nach der Wiedervereinigung wird das Gebiet des ehemaligen Ost-Berlins meist gesondert zu den fünf neuen Bundesländern betrachtet, insbesondere auch da sich aufgrund der spezifischen urbanen Struktur und der Wiedervereinigung innerhalb der Stadt andere Herausforderungen ergaben.

Grenzänderungen nach der Wende

Das östlich der Elbe gelegene damalige Amt Neuhaus sowie die Ortsteile Neu Bleckede, Neu Wendischthun und Stiepelse der Gemeinde Teldau im seit 1992 bestehenden Amt Boizenburg-Land (Landkreis Ludwigslust) wechselten am 30. Juni 1993 vom mecklenburg-vorpommerschen (bzw. bis 1990 Schweriner) Landkreis Hagenow zum niedersächsischen Landkreis Lüneburg und liegen somit heute in einem der alten Bundesländer. Neu Bleckede und Neu Wendischthun bilden heute den Ortsteil Bleckede-Wendischthun der Stadt Bleckede, die anderen Gemeinden schlossen sich am 1. Oktober 1993 zur Gemeinde Amt Neuhaus zusammen. Diese Grenzänderungen haben keine Auswirkungen auf den weiterhin verwendeten Begriff des Beitrittsgebiets, das demnach auch Gebiete in Niedersachsen umfasst.

Geschichte und Gegenwart

→ Hauptartikel zur Geschichte der neuen Länder vor 1945: Geschichte Deutschlands, Mecklenburg, Brandenburg, Berlin, Geschichte Berlins, Preußen, Geschichte Thüringens und Geschichte Sachsens
→ Hauptartikel zur Geschichte nach 1945: Land (DDR), Sowjetische Besatzungszone, DDR, Geschichte der Deutschen Demokratischen Republik und Ost-Berlin

Die alten Länder in der SBZ und der frühen DDR (grau) im Vergleich zu den Bundesländern in ihren Grenzen (rot) bei deren Neugründung am 3. Oktober 1990.

Die Länder waren auf Anordnung der Sowjetischen Militäradministration in Deutschland in der DDR eingerichtet worden. Im Zuge der „weiteren Vervollkommnung des sozialistischen Verwaltungsaufbaus“, faktisch eine Abschaffung des Föderalismus und eine straffe Zentralisierung, wurde den Ländern am 23. Juli 1952 aufgetragen, ihre Aufgaben an 15 Bezirke und 217 Kreise abzugeben. Dabei wurden historisch gewachsene Strukturen zugunsten eines Zuschnitts der Bezirke nach ökonomischen und sicherheitspolitischen Gesichtspunkten beseitigt.

Mit dem Ländereinführungsgesetz wurden die Länder unmittelbar zur Wiedervereinigung am 3. Oktober 1990 rekonstituiert, allerdings weder in den Grenzen von 1952 noch in denen der Bezirke der DDR. Zum Zeitpunkt des Beitritts zur Bundesrepublik Deutschland betrug die Bevölkerungszahl der neuen Länder zuzüglich Ost-Berlins etwa 17 Millionen Menschen. Durch die allgemeine demografische Entwicklung in Deutschland und durch Abwanderung von mehr als zwei Millionen Menschen in die alten Bundesländer ging diese Anzahl auf weniger als 15 Millionen zurück.

Entsprechend ihrer Anzahl wurde neben dem juristischen Terminus „Beitrittsgebiet“ auch die Bezeichnung fünf neue Länder 1990 eingeführt, um diesen medial zu vermeiden. In den Jahren nach der Wiedervereinigung oder Wende wurden diese Gebiete – zum Teil scherzhaft – mit folgenden Bezeichnungen versehen (bzw. bezeichneten sich auch selbst so): Neufünfland (eine Anspielung auf Neufundland), Fünfneuland, FNL, Beitrittsländer, Ossiland oder Anschlussgebiet. Die beiden letztgenannten Begriffe umfassen auch Ost-Berlin.

Wesentlich häufiger werden die fünf Länder zusammenfassend als Ostdeutschland bezeichnet, was durch gewandelten Sprachgebrauch einen annähernd neutralen Klang bekommen hat. Gelegentlich bezeichnet man mit Ostdeutschland – angelehnt an den inzwischen im RBB aufgegangenen Ostdeutschen Rundfunk Brandenburg (ORB) – nur den Nordosten, also das Gebiet der Länder Brandenburg, Berlin und zum Teil Mecklenburg-Vorpommern und Sachsen-Anhalt.

Auch der Begriff Mitteldeutschland erfährt derzeit einen auflebenden Gebrauch – vor allem durch den Wunsch der Politiker in Sachsen und Thüringen, sich vom wirtschaftlich schwächeren Nordosten abzugrenzen. Insbesondere der Mitteldeutsche Rundfunk benutzt diese Bezeichnung, um das Sendegebiet (Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen) zusammenfassend zu bezeichnen.

In der alten Bundesrepublik gebräuchliche Bezeichnungen für die DDR waren unter anderem: SBZ (Sowjetische Besatzungszone), Mitteldeutschland, Zone, Dunkeldeutschland, Drüben, Ostzone und sogenannte DDR bzw. „DDR“ (Letzteres – d. h. einschließlich der Anführungsstriche – konsequent bei BILD).

Neuaufbau der Länder- und Kommunalverwaltungen nach 1990

Die deutschen Länder seit 1993
Hauptartikel: Land (Deutschland)

Da die Länder mit der Wiedervereinigung neu zu errichten waren, mussten ihre Verwaltungsapparate von Grund auf neu aufgebaut und mit dem System der Bundesrepublik in Einklang gebracht werden. Nach Art. 15 Abs. 3 des Einigungsvertrages konnten bis zum 30. Juni 1991 die westdeutschen Länder und der Bund Aufgaben der neuen Länder bearbeiten, solange sie selbst dazu noch nicht in der Lage waren. Im Rahmen der „Länderprogramme zum Verwaltungsaufbau in den neuen Ländern“ schlossen die neuen Bundesländer sogenannte „Verwaltungshilfeverträge“ mit Bundesländern aus dem Westen. Diese sollten sie beim Aufbau der Verwaltung nach westdeutschem Muster begleiten und unterstützen, beispielsweise mit der Ausbildung oder auch Überlassung von Personal. Auch wurden Partnerschaften zwischen Städten der Vertragspartner abgeschlossen, um die Verwaltungsumstrukturierung auch auf der kommunalen Ebene besser umzusetzen.

Dabei ergaben sich die folgenden Verwaltungshilfe-Paarungen:

Neues Land Westdeutsche Verwaltungshilfepartner
Brandenburg Nordrhein-Westfalen
Mecklenburg-Vorpommern Bremen, Hamburg, Schleswig-Holstein
Sachsen Baden-Württemberg, Bayern
Sachsen-Anhalt Niedersachsen
Thüringen Bayern, Hessen, Rheinland-Pfalz

Grundlage dieser Verwaltungshilfe sollten vor allem Partnerschaften auf kommunaler Ebene über die inzwischen in den 1980er Jahren entstandenen Städtepartnerschaften spielen. In der Praxis übernahmen diese Rolle vor allem die westdeutschen Landesverwaltungen, da es hier vorrangig um die Kostenübernahme dieser Verwaltungshilfe ging. Verwaltungshilfevereinbarungen wurden von diesen vornherein mit den neu gebildeten ostdeutschen Ländern getroffen, die wenigen kommunalen Vereinbarungen betrafen daher nur einzelne Personen.

Vor allem in der Anfangszeit war das Engagement der westdeutschen Partner recht unterschiedlich. Während Hessen, Bayern, Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg sich zügig um einen effizienten Verwaltungsaufbau in den südlichen Ländern Thüringen und Sachsen bemühten, zeigten Niedersachsen in Sachsen-Anhalt und Schleswig-Holstein in Mecklenburg-Vorpommern – in der Hoffnung auf die Initiative der eigenen Kommunen – zunächst nur geringe Anstrengungen. In Thüringen kam es hingegen zu Koordinationsschwierigkeiten zwischen Bayern, Hessen und Rheinland-Pfalz. Dies war vor allem hinsichtlich des Kommunalaufbaus bedingt, da Bayern und Hessen z. B. ausgeprägt andere Kommunalverwaltungsmodelle verfolgten.[3]

Zwischen 1990 und 1995 wurden ca. 35.000 westdeutsche Beamte und Verwaltungsangestellte in den neuen Ländern zur Errichtung der dortigen Verwaltungen eingesetzt.[4] Über die Qualität deren Hilfe gibt es zum Teil divergierende Auffassungen, die jedoch häufig auch durch die abgesandten Beamten selbst veranlasst wurden.

Westdeutsche Politiker wie Kurt Biedenkopf, Bernhard Vogel und Lothar Späth waren in den 1990er/2000er Jahren längerfristig in den ostdeutschen Bundesländern in herausragende Stellen gewählt worden oder in diesen präsent.

Parteien, Organisationen

Die ostdeutschen Bundesländer haben – ausgenommen die Regionalkonferenz der Regierungschefs der ostdeutschen Länder (MPK-Ost)[5] – keine gemeinsame staatliche oder öffentliche Vertretung.

Obwohl sich die Linkspartei nicht nur als „Ostpartei“ versteht, sondern als gesamtdeutsche Partei, versucht sie sich trotzdem vorwiegend als politische Interessenvertretung der ostdeutschen Länder und Ostberlins zu profilieren. Sie verfügt in diesen über ein Wählerpotential von 16 bis 30 Prozent.

Viele Organisationen der DDR sind seit 1990 ganz aufgelöst worden wie die Pionierorganisation, AdW der DDR und die Gesellschaft für Sport und Technik oder wurden Teil einer nunmehr bundesweiten Organisation, die ihre Grundlage in den westdeutschen Bundesländern hatte, wie zum Beispiel die DDR-Blockparteien CDU und DBD, beide in der CDU aufgegangen, sowie die NDPD und die LDPD, die wiederum beide in der (gesamtdeutschen) FDP aufgegangen sind.

Bevölkerung

Die zusammengefasste Geburtenziffer (oft auch als Geburtenrate bezeichnet) sank in den ostdeutschen Ländern zu Beginn der 1990er Jahre zunächst auf die Hälfte – dies vor allem durch die Verschiebung des Lebensalters einer Erstgebärenden –, so dass zahlreiche Schulen und Kindergärten geschlossen werden mussten. In den Jahren nach 2000 war die Ost-West-Angleichung erreicht, sowohl, was das Erstgebärenden-Lebensalter anbelangt, als auch, was die allgemeine Geburtenrate betrifft.

Die Einwohnerzahl der neuen Länder ist seit 1990 um etwa zwei Millionen Menschen zurückgegangen, da einerseits seit diesem Zeitraum etwa drei Millionen das Gebiet der ehemaligen DDR verlassen haben und etwa eine Million vorwiegend aus der Alt-Bundesrepublik zugewandert sind. Die Zahl der Zugewanderten aus Westdeutschland beinhaltet auch ostdeutsche Rückkehrer, die auf diese Weise nur vorübergehend in den alten Bundesländern gelebt haben. Diese Rückkehrer machen in einzelnen Regionen über 50 Prozent der Menschen aus, die statistisch als Zuwanderer erfasst werden. Außerdem würden deutlich über 50 Prozent der ostdeutschen Abwanderer in den Westen gern nach Ostdeutschland zurückkehren, wenn sie dort eine bessere Perspektive hätten.[6] Auffällig sei, dass Ostdeutsche überdurchschnittlich oft wieder Ostdeutsche heiraten oder mit ihnen zusammen leben würden.

Insgesamt lässt sich die demografische Situation in den neuen Ländern als schlecht bis katastrophal einstufen. Mehrere Faktoren treffen hier verstärkt aufeinander:

  • Abwanderung junger Menschen (oftmals potentieller Leistungsträger[7]) mit Folge der Überalterung
  • Höhere Lebenserwartung (die Menschen werden älter)
  • Geringste Geburtenrate in der EU, ebenfalls in der Folge der Überalterung

Besonders schlecht sei die demografische Situation in der Lausitz (die Bertelsmann-Studie prognostiziert zum Beispiel für Hoyerswerda bis 2020 einen Bevölkerungsrückgang von 48 Prozent)[8], in Ostbrandenburg, im Osten Mecklenburg-Vorpommerns und in der Mitte Sachsen-Anhalts (zwischen Magdeburg, Halle, Dessau-Roßlau und Halberstadt).

Andererseits gibt es einige Gebiete, die nur geringe Bevölkerungsverluste zu verzeichnen haben, dazu zählen Teile Thüringens und Sachsens sowie die westlichen Teile Mecklenburg-Vorpommerns (um Wismar und Schwerin). Einige Ballungsräume können in den letzten Jahren sogar wieder Bevölkerungszuwächse verzeichnen, dazu zählen zum Beispiel alle Gebiete rings um Berlin, insbesondere die Stadt Potsdam, die zu den am schnellsten wachsenden Großstädten Deutschlands gehört, außerdem wachsen noch die Ballungsräume um Leipzig, Dresden und Erfurt-Weimar-Jena. Stabilisiert haben sich auch die Regionen um Magdeburg und Rostock.

Größte Städte

Stadt Einwohner
31. Dezember 1988 31. Dezember 2000 31. Dezember 2010
Dresden 518.057 477.807 523.058
Leipzig 545.307 493.208 522.883
Chemnitz 311.765 259.246 243.248
Halle (Saale)a ~330.000 247.736 232.963
Magdeburg 290.579 231.450 231.525
Erfurt 220.016 200.564 204.994
Rostock 253.990 200.506 202.735
Potsdam 142.862 129.324 156.906
Jena 108.010 99.893 105.129
Cottbus 128.639 108.491 102.091
Gera 134.834 112.835 99.262
Schwerin 130.685 101.267 95.220
Zwickau 121.749 103.008 93.750
a Inklusive Halle-Neustadt

Die Tabelle zeigt die Einwohnerzahlen in Städten zu verschiedenen Zeitpunkten. Die Aussagekraft dieser Zählungen ist jedoch begrenzt, da mit der Zeit zahlreiche eigenständige Nachbarkommunen durch Gemeindereformen in die Großstädte eingegliedert wurden. Auch die Einführung der Zweitwohnungsteuer, die insbesondere in traditionellen Hochschulstandorten zu einem deutlichen Anstieg der Erstwohnsitz-Anmeldungen bei Studierenden geführt hat, lassen den seit Beginn der 1990er Jahre andauernden Bevölkerungsrückgang in den neuen Bundesländern zum Teil abgemildert erscheinen.

Wirtschaft

Die neuen Länder sollten mit umfassenden Fördermitteln aus dem Aufbau Ost, vor allem dem Fonds Deutsche Einheit und den Solidarpakten, in ihrer Wirtschaft unterstützt werden. Seit 1990 hat sich dennoch die Arbeitslosigkeit in den neuen Ländern stark erhöht und ist im Durchschnitt etwa doppelt so hoch wie in Westdeutschland. Große Teile der Industrie wurden abgewickelt, das heißt geschlossen oder privatisiert, teilweise saniert und verkauft, wozu die Treuhandanstalt beauftragt worden war. Auch in den Betrieben, die noch bestehen blieben, wurde die Zahl der Mitarbeiter zumeist erheblich gesenkt. Das Wirtschaftswachstum lag im Zeitraum zwischen 2001 und 2006 etwa 0,2 Prozent über dem der alten Bundesländer.[9] Die Preise für Wirtschafts- und Konsumgüter haben sich seit der Bildung der neuen Länder zumeist erhöht, teilweise sogar drastisch um das etwa fünf- bis zehnfache wie die Mieten, die Versicherungen, die öffentlichen Verkehrsmittel, für Restaurantbesuche und für Handwerker und Dienstleistungen. In den 1990er Jahren wurden fast alle Haushalte mit Telefonanschlüssen ausgestattet.

Nach dem Beitritt der DDR zum Bundesgebiet sank die Industrieproduktion der Neuen Länder innerhalb weniger Jahre drastisch, wächst aber seit dem Tiefpunkt Anfang der 1990er Jahre wieder stetig und mit zum Teil deutlich höheren Wachstumsraten als in den alten Bundesländern; gleichwohl liegt der Anteil der Wertschöpfung in der Industrie an der gesamten Wertschöpfung noch immer unter dem Niveau der alten Bundesländer. Fast 100 Prozent des ehemaligen Volkseigentums wurden privatisiert und 95 Prozent davon gelangten in den Besitz von Eigentümern außerhalb der Neuen Länder. Das Bruttoinlandsprodukt der Neuen Länder ist unter das der DDR von 1989/90 gesunken, das Bruttosozialprodukt der DDR betrug zuletzt 1990 354 Milliarden Mark (Stand: 2003). Das Leistungsbilanzdefizit der neuen Länder – das heißt der Importüberschuss gegenüber dem Export – beträgt 2003 rund 100 Milliarden Euro. Der durchschnittliche Gewinn, den die alten Bundesländer seit dem Beitritt in den Neuen Ländern erzielten („Vereinigungsgewinn“), beträgt nach Angaben des statistischen Bundesamts rund 100 Milliarden Euro pro Jahr, also bis 2003 etwa 1300 Milliarden Euro.

In vielen Städten der neuen Länder stehen nach Abwanderung viele Wohnungen leer – trotz Abriss und Rückbau, beispielsweise in Dresden etwa 20 Prozent aller Wohnungen, in Berlin etwa 100.000 Wohnungen.

Die neuen Bundesländer sind zu führenden Erzeugern von erneuerbaren Energien aufgestiegen, mit dem Ergebnis, dass sich heute drei von ihnen unter den fünf größten Erzeugerländern für regenerativen Strom befinden.[10]

Verkehr

In den 1990er Jahren wurde sehr viel Geld in den Ausbau der Verkehrswege investiert.

Die Anzahl der in den neuen Ländern verkehrenden Bahn- und Busverbindungen wurde zum Teil erheblich verringert, etliche Bahnlinien (insbesondere Nebenstrecken) und kleinere Bahnhöfe wurden geschlossen. Die Bus- und Bahnbenutzung ist stark zurückgegangen, im Gegenzug dazu stieg der Individualverkehr an.

Der Ausstattungsgrad der Bevölkerung in den Neuen Ländern mit Autos ist seit 1990 gestiegen: Besaßen 1988 in der DDR 55 Prozent der Haushalte mindestens ein Auto, waren es 1993 bereits 67 Prozent und 1998 71 Prozent. (Zum Vergleich: In der Bundesrepublik waren es 1988 61 Prozent, 1993 74 Prozent, 1998 76 Prozent.) Die Haushalte der DDR hatten Ende der 1960er Jahre erst zu 14 Prozent ein eigenes Auto, 1980 bereits 38 Prozent.[11][12]


Politik

In den neuen Bundesländern gibt es ein anderes Wählerverhalten als in den alten, insbesondere erhält hier Die Linke bei den Kommunal- und Landtagswahlen im Durchschnitt zwischen 15 und 30 Prozent der Stimmen. CDU, SPD, Grüne und FDP erhalten hingegen zumeist etwas geringere Wahlergebnisse als in Westdeutschland. Die Grünen waren 2009 nur in Sachsen, Thüringen und Brandenburg im Landesparlament vertreten. Seit 2011 sind sie auch in Mecklenburg-Vorpommern und Sachsen-Anhalt und damit zum ersten Mal in allen neuen Bundesländern vertreten. Insgesamt ist eine geringere traditionelle Parteibindung und damit verbundene höhere Bereitschaft zum Wechselwählen zu beobachten.

Nach einer Studie der Friedrich-Schiller-Universität Jena von 2003 stimmten 23 Prozent der Bevölkerung in Thüringen für eine Rückkehr zum Sozialismus, 58 Prozent beurteilten die DDR mehr positiv als negativ. In einer Umfrage von 2007 stimmten nur noch 18 Prozent der Bevölkerung in den neuen Bundesländern für die Rückkehr.[13] Nach einer Umfrage aus dem Jahr 2009 sind acht Prozent der dortigen Bevölkerung der Meinung, man sei in der DDR „glücklicher“ gewesen als heute.[14]

Wissenschaft

Viele Wissenschaftler der DDR und Mitglieder der aufgelösten Akademie der Wissenschaften der DDR organisierten sich nach Entstehung der neuen Bundesländer in der Leibniz-Sozietät. Einige nach der Wende weitergeführte Institute der DDR sind Mitglied der Leibniz-Gemeinschaft; die meisten wurden jedoch von den Landesregierungen, von der Treuhand-Gesellschaft oder vom Bund geschlossen. Allerdings entstanden nach 1990 auch zahlreiche neue Forschungsinstitute, zum Beispiel der Fraunhofer- und der Max-Planck-Gesellschaft. Auch wurden neue Universitäten gegründet, beispielsweise die Brandenburgische Technische Universität Cottbus und die Universität Erfurt (siehe Liste der Hochschulen in Deutschland).

Kultur

Aus Geldmangel und zur schnellen Schaffung von Wohnraum wurden in der DDR hauptsächlich Plattenbauten errichtet. Die alten Städte und Gebäude verwahrlosten. Anders als in Westdeutschland wurden sie aber nicht abgerissen, was Binz, Blankenburg (Harz), Erfurt, Görlitz, Greifswald, Güstrow, Halberstadt, Halle (Saale), Kühlungsborn, Ludwigslust, Meiningen, Meißen, Naumburg (Saale), Pirna, Potsdam, Quedlinburg, Schwerin, Stendal, Stralsund, Weimar, Wernigerode, Wismar, Zeitz und andere Städte heute zu Juwelen deutscher Städtearchitektur macht. Zahlreiche bedeutende Kulturstätten – Wörlitzer Park, Dornburger Schlösser, Fürst-Pückler-Park Bad Muskau – wurden seit 1990 restauriert, einige auch in das UNESCO-Weltkulturerbe aufgenommen. Weimar war 1999 Kulturhauptstadt Europas. Die angespannte Haushaltslage der Länder sorgt allerdings auch dafür, dass immer wieder Museen, Theater und Orchester in kleineren Städten geschlossen werden müssen.


Umweltschutz

Seit 1990 wurde der Umweltschutz in den neuen Bundesländern deutlich verbessert. Dies betrifft insbesondere die Renaturierung von Tagebauflächen (Braunkohle, Wismut) sowie die Verbesserung der Luft- und Wasserqualität durch Einsatz moderner Filtertechnologien.

Medien

Viele Verlage, Zeitungen und Zeitschriften der DDR sind in den neuen Ländern geschlossen bzw. eingestellt worden. Einige jedoch gibt es noch oder erneut wie den Aufbau-Verlag, die Zeitschriften Melodie und Rhythmus, FRÖSI oder Das Magazin (siehe dazu die Liste von Zeitungen und Zeitschriften in der DDR). Die meisten Bezirkszeitungen der DDR wurden teilweise unter anderem Namen von westdeutschen Verlagsketten wie der Funke Mediengruppe übernommen und weitergeführt. Sie decken heute meist das Feld der Regional- und Lokalpresse ab.

In den neuen Ländern haben die Fernsehsender des Mitteldeutschen Rundfunks und des aus dem Berliner SFB und Brandenburger ORB entstandenen Rundfunks Berlin-Brandenburg sowie diverse regionale und überregionale Radiosender wie Radio Brocken ihren Sitz. Als überregionale in den neuen Ländern gedruckte und auch überwiegend dort gekaufte Tageszeitungen sind die ehemaligen SED- bzw. FDJ-Organe Neues Deutschland und Junge Welt zu nennen, als Zeitschriften Superillu, Funkamateur, Eulenspiegel, Bummi, Mosaik, Guter Rat, Fliegerrevue, Auto Straßenverkehr (früher „Der Deutsche Straßenverkehr“), Die Weltbühne (heute Das Blättchen und Ossietzky), Die Sterne (heute mit Sterne und Weltraum vereinigt), der Troll, Wochenpost (2002 eingestellt), Visier, Astronomische Nachrichten. Zeitschriftenneugründungen gab es nach der Wende kaum: Unsere Illustrierte (Bauer Verlag), Gute Idee, Spiesser.

Gesundheit

Einige Polikliniken sowie verschiedene Krankenhäuser, vor allem in kleineren Städten, wurden bis Ende 1991 geschlossen. Die Zahl niedergelassener Ärzte nahm zu. In jüngerer Zeit ist aber, wie in ganz Deutschland, wieder eine gegenläufige Tendenz mit Bildung von großen Gesundheits- und Medizinischen Versorgungszentren zu beobachten, was oft zu Lasten der wohnortnahen ärztlichen Versorgung im ländlichen Raum geht (Landarztmangel).

Siehe auch

Literatur

Weblinks

Wiktionary: neues Bundesland – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Einzelnachweise

  1. Verfassungsgesetz zur Bildung von Ländern in der Deutschen Demokratischen Republik – Ländereinführungsgesetz vom 22. Juli 1990 (GBl. DDR 1990 I S. 955)
  2. Art. 1 Abs. 1 i.V.m. Anlage II Kapitel II Abschnitt II EV; vgl. dazu Michael Richter, Die Bildung des Freistaates Sachsen. Friedliche Revolution, Föderalisierung, deutsche Einheit 1989/90. Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 2004, S. 737.
  3. Oliver Scheytt: Rechts- und Verwaltungshilfe in den neuen Bundesländern am Beispiel der Kommunalverwaltung, in: Rainer Pitschas (Hrsg.): Verwaltungsintegration in den neuen Bundesländern. Vorträge und Diskussionsbeiträge der verwaltungswissenschaftlichen Arbeitstagung 1992 des Forschungsinstituts für öffentliche Verwaltung bei der Hochschule für Verwaltungswissenschaften Speyer (= Schriftenreihe der Hochschule Speyer; Bd. 110). Berlin 1993, S. 80 ff.
  4. Deutsches historisches Institut – German History Docs: Verwaltungshilfe zwischen Rheinland-Pfalz und Thüringen.
  5. Regionalkonferenz der Regierungschefin und der Regierungschefs der ostdeutschen Länder (MPK-Ost), Webseite der Sächsischen Staatskanzlei (Ministerpräsident). Abgerufen am 18. April 2013.
  6. Grit Beck, Menschen für Ostdeutschland, Leipzig 2006 (PDF; 141 kB)
  7. Technische Universität Ilmenau – Fakultät für Wirtschaftswissenschaften: Berufsabsichten und Gründungspotenzial: Thüringer Studierendenbefragung 2007 an der Technischen Universität Ilmenau 2007 (Memento vom 30. September 2007 im Internet Archive)
  8. Bertelsmann: Wegweiser Demografischer Wandel
  9. Jahresbericht der Bundesregierung 2006 zur deutschen Einheit (Memento vom 4. Oktober 2006 im Internet Archive)
  10. Statistiken auf foederal-erneuerbar.de
  11. Wilhelm Hinrichs: Die Ostdeutschen in Bewegung: Formen und Ausmaß regionaler Mobilität in den neuen Bundesländern. In: Hinrichs/Priller (Hrsg.): Handeln im Wandel: Akteurskonstellationen in der Transformation. edition sigma, Berlin 2001, ISBN 3-89404-213-3, S. 251–281 (urn:nbn:de:0168-ssoar-197795).
  12. bpb: Bundeszentrale für politische Bildung: Die DDR in den siebziger Jahren
  13. Umfrage: Ostdeutsche lehnen Rückkehr zum Sozialismus ab (durch das Institut für Marktforschung Leipzig im Auftrag von „Super Illu“), sz-online, 9. September 2007. Abgerufen am 30. Mai 2016.
  14. DDR: 57 Prozent der Ostdeutschen werten DDR positiv (Emnid-Umfrage), Focus vom 26. Juni 2009. Abgerufen am 30. Mai 2016.
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