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Musik im Nationalsozialismus

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Musik im Nationalsozialismus war die Musik im Deutschen Reich von 1933 bis 1945, also während der nationalsozialistischen Herrschaft. Die Definition einer eigenständigen nationalsozialistischen Musikästhetik gestaltet sich schwer. Zum politischen Hintergrund siehe Kunst im Nationalsozialismus und Reichskulturkammer.

Organisationen des Regimes

Bereits in der Weimarer Republik setzte sich der „Kampfbund für deutsche Kultur“ (KfdK) für die neue Ideologie und eine Unterdrückung nonkonformer Künstler ein. Neben der Organisation von Tagungen, Vorträgen und Bilderstürmen hetzte der KfdK in seinen Presseorganen gegen Künstler und Schriftsteller wie Kästner, Tucholsky, Mann, Brecht, Klee, Kandinsky, Schwitters, das Bauhaus, Nolde, Toller, Zweig und viele weitere. Zudem tat sich der KfdK nach dem Machtwechsel bei der Gleichschaltung des Kulturlebens besonders hervor; zu nennen sind Namen wie Gustav Havemann oder Hans Hinkel.

Ab dem 22. September 1933 kontrollierte die Reichskulturkammer (RKK) unter der Präsidentschaft von Joseph Goebbels das deutsche Kulturleben im Rahmen der allgemeinen Gleichschaltung von politischen und gesellschaftlichen Strukturen. Die RKK war in 7 Einzelkammern unterteilt und wachte über die Arbeitsbedingungen in den ihr unterstellten Zweigen, die Eröffnung und Schließung von Betrieben und inhaltliche Bestimmungen über die Gestaltung von Kunstwerken; es bestand eine Mitgliedspflicht aller Kulturschaffenden in einer der Einzelkammern. Diese Pflicht kam einem Berufsverbot aller „Nichtarier“ und als „Kulturbolschewisten“ ausgegrenzten nicht-regimekonformen Künstler gleich; ihnen blieb fast ausnahmslos die „äußere“ oder „innere Emigration“: das Exil oder der Rückzug ins Privatleben.

Eine zweite Aufgabe der RKK sah Goebbels darin, die deutsche Musik von allen jüdischen und ausländischen Einflüssen zu säubern und die sogenannte „Entartete Musik“ aus der Öffentlichkeit zu verbannen. So wurden jüdische Künstler in den "Kulturbund Deutscher Juden" gezwungen, welcher 1942 schließlich aufgelöst wurde.

Die Reichsmusikkammer, größte aller Einzelkammern, kontrollierte die gesamte Musikerschaft. Geleitet wurde sie zunächst vom „Reichsmusikdirektor“ Richard Strauss, welcher 1935 nach Anfeindungen der NSDAP „aus gesundheitlichen Gründen“ sein Amt niederlegen musste. Strauss’ Stellvertreter Furtwängler trat aufgrund seines gescheiterten Einsatzes für den Komponisten Paul Hindemith und des Aufführungsverbotes der Oper Mathis der Maler bereits 1934 zurück und wurde durch Paul Graener ersetzt.

Mitglied des Präsidialrats war bis 1935 das führende KfdK-Mitglied Gustav Havemann, welcher wegen seiner Unterstützung für Hindemith bei Goebbels in Ungnade fiel und abgesetzt wurde.

Unterhaltungsmusik

Die U-Musik wurde nie rigoros der NS-Doktrin unterworfen – vergleichbar nur der Architektur dieser Zeit – sie hatte einen von Goebbels gewünschten Spielraum. Da sich eine gleichgeschaltete Musik nicht durchsetzen ließ, waren für die Unterhaltungsmusik Anleihen an den Swing gestattet, dieser wurde aber mit anderen Begriffen bezeichnet und durfte nie mit englischen Texten versehen sein.

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So war auch Swingtanzen nie verboten, obwohl das oft kolportiert wird. Die U-Musik hatte den Auftrag zu unterhalten und abzulenken. Hitler, der sich eher als Baumeister sah, hat sich zur Musik nur unverbindlich geäußert. Sein Musikgeschmack war zwischen Richard Wagner und dem Schwarzwaldmädel angesiedelt und ließ viele Auslegungen zu. Formal verboten war der Jazz lediglich in Thüringen (schon vor der Machtergreifung), in Bamberg und Passau. Die weltweit erste Jazzklasse des Hoch’schen Konservatoriums in Frankfurt am Main wurde 1933 aufgelöst. Im Besonderen zur Zeit der Olympischen Spiele 1936 gastierten viele Jazzmusiker in der Hauptstadt. Deutschlands Schallplatten-Industrie, damals die größte in Europa, produzierte durch Verträge gebunden und auch aus Devisengründen Musik der vom Regime unerwünschten Art und trug so zu deren Verbreitung bei.

Die Anti-Jazz Rundfunksendung „Vom Cakewalk zum Hot“ sollte mit „besonders eindringlichen Musikbeispielen“ abschreckend wirken, erreichte aber das Gegenteil und half wider Willen bei der Verbreitung der verpönten Musik.

Die durch das Verbot der jüdischen Musik und der „entarteten Nigger-Musik“ entstandene Lücke in der populären Musik, im Besonderen in den Großstädten Berlin und Hamburg, wussten etliche Musiker geschickt zu nutzen indem sie, wie etwa Teddy Stauffer, die Stücke mit deutschen Titeln versahen und so die Streifen – später besonders die HJ-Streifen – in einem Versteckspiel zu überlisten versuchten. Da die Nazis den Swing bzw. Jazz nicht wirklich zu identifizieren wussten, fiel den Swing-Anhängern das Tarnen solcher Musik nicht allzu schwer. Erst die aufgedeckte Verbindung einiger Mitglieder der Swing-Jugend zu politisch aktiven Kreisen (etwa die Weiße Rose) in der Endphase des Regimes brachte etliche Personen - von den Nazis diffamierend so genannte Swingheinis - in die Gestapo-Haft (z. B. Emil Mangelsdorff) bzw. in Jugendlager, etwa in das KZ Uckermark für weibliche Jugendliche und das KZ Moringen für männliche Jugendliche. Legende geworden sind die Konzerte in den Pavillons an der Binnenalster in Hamburg. Ihnen ging aber jedes politisch bewusste Engagement ab.

  • Filmmusik. Der um 1930 aufgekommene Tonfilm wurde vom NS-Regime bzw. der NS-Propaganda konsequent zur Verbreitung seiner Ideen genutzt; er hatte als „Gutelaune-Macher“ Freiräume. Viele der populären Schlager wurden für dieses Medium geschaffen.
  • Wunschkonzert für die Wehrmacht. Etliche Künstler (wie Claire Waldoff) konnten in dieser beliebten Sendung auftreten, obwohl sie verpönt oder bei Goebbels unbeliebt waren. Es ging darum, gute Stimmung zu erzeugen; dafür wurden strenge Maßstäbe aufgeweicht.

Komponisten (Auswahl)

Interpreten (Auswahl)

Propaganda

  • Charlie and His Orchestra Mr Goebbels Jazzband
  • Hans Brückner, Autor und Herausgeber der Zeitschrift Das Deutsche Podium
  • ungarische Volksmusik hinter dieser Umschreibung verbarg sich die Zigeunermusik; sie war sehr beliebt. siehe auch Romamusik

E-Musik

Musikwissenschaft in der NS-Zeit

Noch immer nicht vollständig erforscht ist die Rolle der Musikwissenschaft im Dritten Reich. Nach der Zwangsentlassung jüdischer Wissenschaftler übernahmen vielerorts überzeugte NSDAP-Mitglieder oder Gesinnungsgenossen die Institute und führten sie als willige Kunstvollstrecker im Sinne des Regimes. So fälschte etwa der Musikwissenschaftler Wolfgang Boetticher als Mitarbeiter im Sonderstab Musik im Einsatzstab Reichsleiter Rosenberg Schumann-Briefe an Mendelssohn im Sinne der faschistischen Ideologie. Die Musikwissenschaftler Theophil Stengel und Herbert Gerigk veröffentlichten das Lexikon der Juden in der Musik. Joseph Müller-Blattau übernahm eine Professur für Musikwissenschaft in Frankfurt am Main. Weitere Beispiele für nationalsozialistische Musikwissenschaftler sind Robert Haas und Ernst Buecken. Seit 1933 SA-Mitglied, arbeitete er für die Forschungsgemeinschaft Deutsches Ahnenerbe der SS über das Germanische Erbe in deutscher Tonkunst. 1936 spielte er eine unrühmliche Rolle bei der Entfernung von Wilibald Gurlitt durch den nationalsozialistischen Rektor der Universität Freiburg/Breisgau. 1937 wurde er zum Nachfolger Gurlitts berufen.

Musiker

Dirigenten

Während des Dritten Reichs uraufgeführte Werke

ferner:

Komponisten in „innerer Emigration

Entartete Musik

  • Die Ausstellung “Entartete Musik” fand am 24. Mai 1938 in Düsseldorf im Rahmen der Reichsmusiktage statt, hatte allerdings weniger Resonanz als die gleichgeartete Bilderausstellung in München.

Sondermeldungsfanfare

Musik im KZ

Hauptartikel: Häftlingsorchester

In nahezu allen nationalsozialistischen Lagern gab es Musik als Teil des Häftlingsalltags. Eines der ersten Lagerorchester entstand in Dachau. Offiziell organisiert in Lagerkapellen und Chören, beim Singen auf Befehl (als Schikane, Verspottung und zur psychischen Zerstörung der Gefangenen), aber auch inoffiziell in kleineren Musikensembles, illegalen Konzerten und dem Singen verbotener Lieder. Darüber hinaus wurden zahlreiche KZ-Lieder komponiert, welche zum Teil in den offiziellen Lieder-Kanon der KZ aufgenommen wurden, etwa die Lagerhymne vom KZ Buchenwald, das Moorsoldatenlied aus dem KZ Börgermoor, das Dachaulied oder das „Lied vom heiligen Caracho“ aus dem Lager KZ Sachsenhausen.

Besonders ausgeprägt war das Musik- und Kulturleben in Theresienstadt, wo Viktor Ullmann und andere Komponisten tätig waren. In Auschwitz gab es seit Januar 1941 ein Männerorchester, sowie eine Lagerkapelle in Auschwitz-Birkenau unter der Leitung von Szymon Laks und das von Alma Rosé gegründete Mädchenorchester.

Eine Besonderheit stellt die Kinderoper Brundibár dar. 1938 von Hans Krása komponiert, wurde sie im jüdischen Kinderheim in Prag uraufgeführt. Nach seiner Deportation 1942 in das KZ Theresienstadt schrieb er die Partitur aus dem Gedächtnis nieder. Dort wurde die Oper 55 mal gespielt, wobei die Rollen immer wieder neu besetzt werden mussten, da viele Darsteller in Vernichtungslagern endeten. Der Propagandafilm „Theresienstadt“ verwendete einen Ausschnitt aus der Oper, um Zweiflern Normalität vorzutäuschen. Krása, wie fast alle anderen Darsteller auch, wurde kurz darauf in Auschwitz ermordet.

Weitere Musiker im KZ

Siehe auch

Literatur

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Im Online-Handel einseh- und durchsuchbar
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