Jewiki unterstützen. Jewiki, die größte Online-Enzy­klo­pädie zum Judentum.

Helfen Sie Jewiki mit einer kleinen oder auch größeren Spende. Einmalig oder regelmäßig, damit die Zukunft von Jewiki gesichert bleibt ...

Vielen Dank für Ihr Engagement! (→ Spendenkonten)

How to read Jewiki in your desired language · Comment lire Jewiki dans votre langue préférée · Cómo leer Jewiki en su idioma preferido · בשפה הרצויה Jewiki כיצד לקרוא · Как читать Jewiki на предпочитаемом вами языке · كيف تقرأ Jewiki باللغة التي تريدها · Como ler o Jewiki na sua língua preferida

Mithu Sanyal

Aus Jewiki
Zur Navigation springen Zur Suche springen
Mithu Sanyal

Mithu Melanie Sanyal (* 1971 in Düsseldorf-Oberbilk[1]) ist eine deutsche Kulturwissenschaftlerin, Journalistin und Autorin. Ihre Themenschwerpunkte sind Popkultur, Postkolonialismus und Feminismus.

Leben

Mithu Sanyal wurde 1971 als Tochter einer polnischen Mutter und eines indischen Vaters in Düsseldorf geboren. Sie studierte deutsche und englische Literatur an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf und promovierte über die Kulturgeschichte des weiblichen Genitals. Aus ihrer Doktorarbeit entstand 2009 das Buch Vulva. Die Enthüllung des unsichtbaren Geschlechts, das als Pionierarbeit zu diesem Thema gilt und in vielen Medien besprochen wurde.

Seit 1996 ist Mithu Sanyal feste Autorin für den WDR, für den sie Features und Hörspiele macht. Darüber hinaus schreibt sie für NDR, BR, Frankfurter Rundschau, Literaturen, taz, junge Welt, SPEX[2], Bundeszentrale für politische Bildung[3] etc. und war ehrenamtliche Redakteurin der feministischen Zeitschrift Wir Frauen. Seit Erscheinen ihres zweiten Buches Vergewaltigung wird Sanyal häufig als Expertin, Vortragende, Moderatorin, Gesprächspartnerin und Studiogast zu Beiträgen, Lesungen, Vorträgen, öffentlichen Diskussionsrunden und ins Fernsehen eingeladen.[4][5][6][7][8][9][10]

Auszeichnungen

Für ihre Radiobeiträge über die Kulturgeschichte des Lesens wurde sie dreimal mit dem Dietrich-Oppenberg-Medienpreis der Stiftung Lesen ausgezeichnet.[1] Für ihre Analyse Vergewaltigung. Aspekte eines Verbrechens wird Sanyal 2017 mit dem Sonderpreis im Rahmen des Programms Geisteswissenschaften International ausgezeichnet.[11]

Publikationen

Bücher

Hörspiele

Artikel in Zeitungen und Zeitschriften

  • Seit 2017 schreibt Mithu Sanyal die regelmäßige Kolumne „Mithulogie“ für Die Tageszeitung (taz)
  • Sanyal schreibt auch für die britische Zeitung The Guardian.[15]

Kontroverse

Am 17. Februar 2017 sorgte der Artikel „Du Opfer“ von Mithu Sanyal und der Journalistin Marie Albrecht in der Tageszeitung (taz) für Aufsehen. Hintergrund war, dass Sanyal am 1. Februar 2017 auf einer Lesung im taz-Café in Berlin von Betroffenen gebeten wurde, den Begriff „Opfer“ nicht zu benutzen, weil diese sich davon in eine Schublade gesteckt fühlten. Eine ähnliche Diskussion gab es ausgehend von Amerika bereits in den 1990er Jahren in der feministische Szene mit dem Ergebnis, dass der Begriff „survivor“ geprägt wurde, oder auf Deutsch „Überlebende“. Nur sind eben nicht alle Vergewaltigungen lebensbedrohlich. Wie wäre es also – schlugen die Frauen im taz-Café vor –, die Vorsilbe „über“ wegzulassen und sie durch „er“ zu ersetzen: „Erlebende sexualisierter Gewalt“? Sanyal und Albrecht stellten diesen Begriff am 17. Februar 2017 in der taz mit dem dezidierten Hinweis vor, dass dieser Begriff das Wort „Opfer“, an das juristische Rechte gebunden sind, nicht ersetzen solle; es ginge nur um eine weitere Möglichkeit der Selbstbezeichnung.[16]

Daraufhin schrieb der feministische Blog „Die Störenfriedas“ einen offenen Brief, in dem sie Sanyal vorwarfen, sexualisierte Gewalt zu verharmlosen.[17] Sie schickten diesen Brief nicht an Sanyal, sondern an alle Redaktionen, für die sie arbeitet. Daraufhin titelte die feministische Monatszeitschrift Emma am 21. Februar 2017: „Opfer sollen nicht mehr Opfer heißen“.[18] Zahlreiche Fake News-Websites wie halle-leaks kopierten das Foto von Sanyal aus der Emma und schrieben darunter: „Gutmenschin rät Opfern: Vergewaltigung kann auch Erleben sein. Viel Spaß!“ oder ähnliche Verzerrungen ihrer Aussage.[19] Die Argumentation lautete, da Sanyal aus einem Land komme, in dem Vergewaltigung legal sei (ihr Vater stammt aus Indien, wo Vergewaltigung sehr wohl strafbar ist), würde sie deutschen Frauen empfehlen, sich von Geflüchteten vergewaltigen zu lassen. Die rechte Webseite Philosophia Perennis endete ihren Artikel vom 23. Februar mit „Willkommen in Rapefugeestan“[20], andere mit Sanyals Adresse oder ihrer Telefonnummer oder einem Link zur Emma[19]. Die AfD Sachsen kritisierte Sanyal mit denselben Worten wie die Störenfriedas.[21] Das Ergebnis davon war ein Shitstorm, bei dem Sanyal Hunderte E-Mails mit Vergewaltigungs- und Morddrohungen erhielt.[22]

Sanyals Sprachvorschlag wurde in den deutschen Medien breit diskutiert, von negativen Artikeln wie „Erlebnis Vergewaltigung“ von Ursula Scheer am 24. Februar 2017 in der Frankfurter Allgemeine Zeitung[23] bis hin zu sehr persönlichen und positiven Artikeln wie „Gewalt ohne Namen“ von Marion Detjen in Die Zeit vom 27. Februar 2017.[24] Von anderen feministischen Blogs wurde Sanyal breit verteidigt. Hannah C. schrieb am 21. Februar 2017 in der Mädchenmannschaft: „Mithu M. Sanyal, Kulturwissenschaftlerin und Autorin, hat sich etwas getraut, und kaum jemand hat's gemerkt. Sie hat mit Menschen gesprochen, die als Opfer bezeichnet werden, und deren Wunsch nach Selbstbestimmung um die Bezeichnung in die Presse und damit den Diskurs selbst hineingetragen“.[25] Hunderte Menschen schrieben Sanyal solidarische E-Mails und setzten sich online und offline für sie ein. Am 3. März 2017 sagte Mithu Sanyal in der Sendung Kultur heute im Deutschlandfunk: „Neben dem Hatestorm gab es auch wirklich mal einen Lovestorm“.[26] Im Juli 2019 veröffentlichte das Recherche- und Faktencheck-Portal Correctiv seine Analyse unter dem Titel Nein, Mithu Sanyal hat Opfern nicht geraten, eine Vergewaltigung könne „auch Erleben sein“.[27]

Weblinks

 Commons: Mithu Sanyal – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. 1,0 1,1 Dr. Mithu Sanyal – Vita (Memento vom 28. September 2007 im Internet Archive)
  2. Mithu Sanyal bei SPEX, abgerufen am 28. Juli 2020
  3. Die erste Kanzlerin. Ist nun Gleichberechtigung?, Bundeszentrale für politische Bildung, 12.11.2018 abgerufen am 28. Juli 2020
  4. Kommunales Kino Freiburg: Mithu Sanyal spricht heute über die Tiefengrammatik von sexueller Gewalt, 12. März 2019
  5. Vorwürfe gegen Asia Argento: „Eine Person kann nicht eine Bewegung diskreditieren“. Mithu Sanyal im Gespräch mit Marietta Schwarz, Deutschlandfunk Kultur, 23. August 2018
  6. Deutscher Frauenrat: Mithu M. Sanyal, Video vom 16. Januar 2019
  7. WDR Hörfunk: "Eure Heimat ist unser Albtraum", Gespräch mit Mithu Sanyal, WDR 3 Kultur am Mittag, 21. Februar 2019
  8. Der Lila Podcast. Mehrere Gesprächsrunden mit Mithu Sanyal, 2017-2019
  9. Heinrich-Böll-Stiftung, Gunda Werner Institut: Alle Beiträge von Mithu Sanyal, 2017-2018
  10. Literarisches Zentrum Göttingen in Kooperation mit der 10th European Feminist Research Conference 2018 und dem Fachbereich Kultur der Stadt Göttingen: Mithu Sanyal im Gespräch mit Svenja Flaßpöhler, 2018
  11. Sonderpreis für Mithu Sanyal, boersenblatt.net, 4. Oktober 2017, abgerufen am 4. Oktober 2017.
  12. Christiane Florin: Narrative der Gewalt: Über die Kulturgeschichte der Vergewaltigung. In: deutschlandfunk.de, Andruck – Das Magazin für Politische Literatur. 21. November 2016. (24. November 2016)
  13. Rape. From Lucretia to #MeToo, by Mithu Sanyal, Verso Books, 2019
  14. WDR 3, Hörspiel Post Porn Panik abgerufen am 28. Juli 2020
  15. The Guardian, Profil von Mithu Sanyal
  16. Mithu Sanyal, Marie Albrecht: Beschreibung sexualisierter Gewalt: Du Opfer!. In: Die Tageszeitung: taz. 2017-02-13 (https://taz.de/Beschreibung-sexualisierter-Gewalt/!5379541/).
  17. Offener Brief gegen die sprachliche Verharmlosung sexueller Gewalt. In: Die Störenfriedas. 18. Februar 2017, abgerufen am 29. März 2019.
  18. Opfer sollen nicht mehr Opfer heißen. In: EMMA. 21. Februar 2017, abgerufen am 29. März 2019.
  19. 19,0 19,1 Gutmenschin meint Vergewaltigungs-Opfer sollten mehr Erlebende sein. In: halle-leaks.de (Blog). 22. Februar 2017, abgerufen am 29. März 2019.
  20. David Berger: Unglaublich: Opfer von Vergewaltigung sollen ab jetzt „Erlebende“ heißen. In: Philosophia Perennis. 23. Februar 2017, abgerufen am 29. März 2019.
  21. AfD Sachsen: keine Beschönigung von Sexualverbrechen! AfD Sachsen, 24. Februar 2017, abgerufen am 29. März 2019.
  22. Katrin Gottschalk: Beschreibung sexualisierter Gewalt: Debatte statt Hetze. In: Die Tageszeitung: taz. 2017-02-25 (https://taz.de/Beschreibung-sexualisierter-Gewalt/!5387275/).
  23. Ursula Scheer: Verbrechen und Sprache: Erlebnis Vergewaltigung?. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung. 2017-02-24 (https://www.faz.net/aktuell/feuilleton/opfer-von-vergewaltigung-als-erlebende-bezeichnen-14892468.html).
  24. Marion Detjen: Vergewaltigung: Gewalt ohne Namen. In: Die Zeit. Hamburg 2017-02-27 (https://www.zeit.de/kultur/2017-02/vergewaltigung-opfer-sexuelle-gewalt-opferbegriff-erlebnis-10nach8).
  25. Hannah C.: Opfer_Diskurs – Zeit für Mut zum Perspektivwechsel! In: Mädchenmannschaft. 21. Februar 2017, abgerufen am 29. März 2019.
  26. Mascha Drost: Kulturwissenschaftlerin Mithu Sanyal – „Die Supermarkt-Verkäuferin fühlt sich vom Mainstream-Feminismus nicht repräsentiert“. In: Deutschlandfunk.de. 3. März 2017, abgerufen am 29. März 2019.
  27. Alice Echtermann: Nein, Mithu Sanyal hat Opfern nicht geraten, eine Vergewaltigung könne „auch Erleben sein“. Correctiv, 18. Juli 2019, abgerufen am 22. Februar 2021.
Dieser Artikel basiert ursprünglich auf dem Artikel Mithu Sanyal aus der freien Enzyklopädie Wikipedia und steht unter der Doppellizenz GNU-Lizenz für freie Dokumentation und Creative Commons CC-BY-SA 3.0 Unported. In der Wikipedia ist eine Liste der ursprünglichen Wikipedia-Autoren verfügbar.