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Minna Lachs

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Minna Lachs (geb. 10. Juli 1907 in Trembowla in Galizien; gest. 22. Juni 1993 in Wien) war eine österreichische Pädagogin und Schriftstellerin.

Biografie

Minna Lachs wurde als Minna Schiffmann in einer bürgerlichen, säkulären jüdischen Familie im östlichsten Teil der österreichisch-ungarischen Monarchie geboren. Ihr Vater, Benno Schiffmann, war Vertreter einer großen österreichischen Kohlenfirma in Ostgalizien.[1] Sie hatte zwei Geschwister. Zu Beginn des Ersten Weltkriegs floh sie mit ihrer Familie nach Wien. Hier besuchte sie das Realgymnasium für Mädchen. Sie war mit der polnischen, ruthenischen und deutschen Sprache aufgewachsen, nun lernte sie Englisch und Französisch. Mithilfe ihres Vaters eignete sie sich das hebräische Alphabet an. Sie trat der sozialistisch-zionistischen Jugendorganisation Haschomer Hazair bei,[2] später einer sozialistischen Studentengruppe, wo sie ihrem späteren Ehemann, dem Juristen Ernst Lachs, begegnete.

An der Universität Wien studierte sie Germanistik, Romanistik, Psychologie und Pädagogik. Hatte sie als Schülerin Demütigungen von Ostjuden in Österreich erfahren, so erlebte sie als Studentin Antisemitismus. Während ihres Studiums lernte sie die Psychologin Charlotte Bühler kennen, die sie in ihren Kreis aufnahm. Ihre Dissertation von 1931 hat den Titel „Die deutsche Ghettogeschichte“. Darin stellte sie die ost- der westjüdischen Mentalität gegenüber, und wie sich dies in der deutschsprachigen Prosa niederschlug. Im Mittelpunkt ihrer Untersuchung stehen Karl Emil Franzos und Leopold Kompert.[3] 1933 legte sie die Lehramtsprüfung für Deutsch und Französisch ab. Da sie 1932 geheiratet hatte, war ihr auf Grund des unter Dollfuß erlassenen „Doppelverdienergesetz“ vom 15. Dezember 1933 das Unterrichten an öffentlichen Schulen verwehrt. Ihren Beruf übte sie daher an Privatschulen aus und gab Matura-Vorbereitungskurse in ihrer Wohnung. Das Aufkommen des Austrofaschismus brachte sie der sozialistischen Bewegung noch näher. 1934 übernahm sie für die verhaftete Aline Furtmüller die Matura-Klasse an der Schwarzwald-Schule und unterrichtete auch an der Privatschule Universum in der Wiener Garnisongasse. Das Ehepaar hatte Kontakte zum österreichischen Widerstand.[1]

Im Juli 1938 kam der gemeinsame Sohn Thomas zur Welt, zwei Monate später flüchtete die Familie in die Schweiz, wo sie sich längere Zeit in Zürich aufhielt. Hier schrieb Minna Lachs für Zeitungen und verfasste Buchrezensionen, während ihr Mann zunächst in einer Metallfabrik arbeitete, später in der Bibliothek der örtlichen jüdischen Kultusgemeinde, von der die Familie auch finanziell unterstützt wurde. 1942 reisten sie mit dem berüchtigten Emigrantenschiff Navemar von Lissabon nach New York aus. Aufgrund ihrer Sprachkenntnisse fand war Minna Lachs Beschäftigungen als Pädagogin und Psychologin an verschiedenen privaten Schulen und Organisationen.[1]

1947 kehrte Minna Lachs „aus dem Glauben an das andere Österreich“[4] nach Wien zurück. Sie arbeitete als Mittelschullehrerin und verfasste für den Englisch-Unterricht Lehrbücher. Ein großes Anliegen war ihr dabei das aus der nationalsozialistischen Zeit stammende Unterrichtsmaterial zu verdrängen. Sie entwickelte als neue Unterrichtsmethode, Fremdsprachen mithilfe von Liedern und Versen zu vermitteln. Neben den „dienstlichen“ Veröffentlichungen publizierte sie ihre privaten Erinnerungen und ein von Angelika Kaufmann illustriertes Kinderbuch. Zwischen 1954 und 1972 war sie Direktorin am Mädchengymnasiumin in der Haizingergasse. Geprägt von Weltoffenheit und den Ideen der Aufklärung setzte sie sich seit den 1960er Jahren für eine Modernisierung des Schulwesens ein, praktizierte Schülermitbestimmung, organisierte Dichterlesungen und forderte, dass der Englischunterricht schon in der Volksschule beginnen sollte.[3]

Ehrenamtlich arbeitete sie ab 1964 im Fachausschuss für Erziehung der Österreichischen UNESCO-Kommission mit, deren Vizepräsidentin sie von 1970 bis 1983 war. Sie förderte besonders die Friedenserziehung und den internationalen Jugendaustausch.[1]

Ein Abschnitt ihrer Erinnerungen an die antisemitischen Übergriffe rechtsgerichteter Studenten im Wien der 1930er Jahre wurde Teil der kritischen Überarbeitung des so genannten Siegfriedskopfs, eines umstrittenen Kriegerdenkmals im Hauptgebäude der Universität Wien.

Ihr Grab befindet sich im Urnenhain der Feuerhalle Simmering.

Werke

  • Open Doors to English. Book of songs, poems and stories. Ausgewählt und zusammengestellt von Minna Lachs. 4 Teile, Verlag Jugend & Volk, Wien 1948–1956.
  • Warum schaust du zurück. Erinnerungen 1907–1941. Europaverlag, Wien 1986.
  • Was Andy seiner Mutter zum Geburtstag schenkte. Verlag Jugend & Volk, Wien 1970.
  • Was raschelt da im Bauernhof? Kinderbuch mit Illustrationen von Angelika Kaufmann. Verlag Jugend & Volk, Wien 1987.
  • Zwischen zwei Welten. Erinnerungen 1941. Löcker, Wien 1992, ISBN 3-85409-209-1.
Der Minna-Lachs-Park in Mariahilf, Wien

Ehrungen und Gedenken

Literatur

  • Friedrich Stadler: Vertriebene Vernunft. 2 Bände. Verlag Jugend & Volk, Wien 1987/1988, DNB 551766611.
  • Ursula Seeber (Hrsg.): Kleine Verbündete: vertriebene österreichische Kinder- und Jugendliteratur. Österreichische Exilbibliothek. Picus-Verlag, Wien 1998, ISBN 3-85452-276-2, S. 138f.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. 1,0 1,1 1,2 1,3 Lachs, Minna, geb. Schiffmann; Pädagogin, Germanistin und Schriftstellerin. In: Ilse Korotin (Hrsg.): biografiA. Lexikon österreichischer Frauen. Band 2: I-O. Böhlau Verlag, Wien u. a. 2016, ISBN 978-3-205-79590-2, S. 1882.
  2. Eleonore Lappin: Jüdische Lebenserinnerungen. In: Frank Stern, Barbara Eichinger (Hrsg.): Wien und die jüdische Erfahrung 1900–1938. Böhlau Verlag, Wien u. a. 2009, ISBN 978-3-205-78317-6, S. 33.
  3. 3,0 3,1 Edith Leisch-Prost: Lachs, Minna. In: Brigitta Keintzel, Ilse Korotin (Hrsg.): Wissenschafterinnen in und aus Österreich. Böhlau, Wien 2002, ISBN 3-205-99467-1, S. 47f.
  4. Zitiert von Edith Leisch-Prost
  5. Minna-Lachs-Park
  6. Liste der Träger des Ehrenzeichens für Verdienste um die Republik Österreich. Abgerufen am 9. Dezember 2015.
Dieser Artikel basiert ursprünglich auf dem Artikel Minna Lachs aus der freien Enzyklopädie Wikipedia und steht unter der Doppellizenz GNU-Lizenz für freie Dokumentation und Creative Commons CC-BY-SA 3.0 Unported. In der Wikipedia ist eine Liste der ursprünglichen Wikipedia-Autoren verfügbar.