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Medium (Kommunikation)

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Ein Medium (lat.: medium = Mitte, Mittelpunkt, von altgr. μέσov méson: das Mittlere; auch Öffentlichkeit, Gemeinwohl, öffentlicher Weg) ist nach neuerem Verständnis ein Vermittelndes im ganz allgemeinen Sinn. Das Wort „Medium“ in der Alltagssprache lässt sich oft mit Kommunikationsmittel gleichsetzen. In der Medientheorie, der Medienphilosophie und den Medienwissenschaften hat sich eine große Anzahl Konzepte mit unterschiedlichen Zielsetzungen entwickelt.[1][2]

Der Plural Medien wird etwa seit den 1980er-Jahren für die Gesamtheit aller Kommunikationsmittel und Kommunikationsorganisationen verwendet und regt mit Schlagworten wie Medienkultur zu interdisziplinären Fragestellungen zwischen technischen, wirtschaftlichen, juristischen, soziologischen und psychologischen Sachverhalten an.

Begriffsgeschichte

Der Begriff Medium hat eine wechselhafte Geschichte und wurde etwa in der Ästhetik, der Logik, der Physik (etwa bei Aristoteles oder Newton), der Physiologie oder der Rechtsprechung unterschiedlich verwendet. Oft ist von einer Konstellation mehrerer Elemente die Rede, zwischen denen ein Wechselspiel stattfindet, das als Kommunikation verstanden wird.[3] Es stellt sich die Frage, ob eine Definition die vielfältigen Bedeutungen nicht zu stark einschränkt.

Die antike Erkenntnistheorie geht von Wahrnehmungsmedien aus, in denen sich Erkenntnis vollzieht. Aristoteles, der bereits eine Art Theorie der Wahrnehmungsmedien entwirft, ist der erste, der das ‚Dazwischensein‘ des Mediums substantiviert und als eigenständige Instanz beschreibt, nämlich als to metaxy, d.h. als „das Medium“.[4] Diese Medien stehen in enger Verbindung mit der Vier-Elemente-Lehre, mit Wasser, Luft oder dem Atem eines Menschen. Dies wirkte noch bis ins 19. Jahrhundert nach, etwa über Konzepte wie Äther.

Ein älterer vorwissenschaftlicher Medienbegriff bis etwa zum Ende des 18. Jahrhunderts bezog sich auf magische Vermittlung (oder nüchterner gesagt: Vermittlung, die auf einer nicht nachvollziehbaren Macht oder Kompetenz beruht): Ein Medium als Person stellt einen Kontakt zu unerreichbaren Welten her. Der im 19. Jahrhundert entstehende naturwissenschaftlich geprägte Medienbegriff bezeichnete mit Medium die Gesamtheit aller Träger physikalischer und chemischer Vorgänge.

Es kristallisierten sich zwei Medienkategorien heraus, die mit Kommunikation zu tun haben:

Medium als stofflicher Vermittler
Weil Stoffe Impuls und Energie übertragen, können sie auch Information übermitteln. Die Übertragung von Schall benötigt z. B. einen vermittelnden Stoff wie Luft.
Medium als Kommunikationsmittel
Von der stofflich vermittelten Informationsübertragung wurde der Begriff Medium auf Kommunikationsmittel beliebiger Art zwischen Sendern und Empfängern übertragen. Auch die ältere magische Bedeutung blieb in dieser Vorstellung erhalten.

Eine Ausweitung des Medienbegriffs brachten die vom Ende des 19. bis zum Anfang des 20. Jahrhunderts entwickelten technischen Kommunikationsmittel wie Phonograph, Kinematograph, Telegraphie und Rundfunk, aber auch neue Reproduktions- und Herstellungsverfahren in den Printmedien. Seit Ende des Ersten Weltkriegs wurden Film und nach 1940 das Fernsehen zu Massenmedien.

Durch das kontrovers diskutierte Schlagwort „The Medium is the Message“ („Das Medium ist die Nachricht“, durch einen Druckfehler umgestaltet zu dem Titel The Medium is the Massage, 1967) machte der Literaturwissenschaftler Marshall McLuhan darauf aufmerksam, dass die Kanäle der Informationsübertragung möglicherweise wichtiger seien als die Information selbst, und lenkte damit die Aufmerksamkeit von den Inhalten auf ihre oft wenig beachtete Vermittlung. In seinem Werk Understanding Media (1964) definierte er Medien als Verlängerungen der Sinnesorgane und behauptete auf diese Weise eine Parallele zwischen Massenmedien und Werkzeugen.

Gegenwärtige Verwendung

Umgangssprachlich wird „Massenmedium“ oft für gleichbedeutend mit dem Begriff Medium gehalten: Gemeint sind Kommunikationsmedien mit größerer Verbreitung. Dabei besteht eine begriffliche Unschärfe, was eigentlich als Medium zu bezeichnen ist: die Informationen selbst (z. B. Film), die technischen Einrichtungen (z. B. Filmprojektor, Internet) oder die Institutionen, die beides zur Verfügung stellen (z. B. Facebook, Youtube).

Mit der neusten Entwicklung, die mit der Digitalisierung vieler Kommunikationsmedien, dem Internet und dem Aufkommen der Social Media zusammenhängt, entsteht über die bisherigen Bedeutungen hinaus ein dominantes Konzept der Kulturwissenschaften.[5]

Hans Magnus Enzensberger

Der Schriftsteller Hans Magnus Enzensberger entwickelte in seiner Abhandlung Baukasten zu einer Theorie der Medien (1970) eine sozialistische Medientheorie, die sich kritisch mit Massenmedien auseinandersetzt. Ausgehend von Bertolt Brechts Radiotheorie sowie von Max Horkheimers und Theodor W. Adornos Polemik gegen die Kulturindustrie beschäftigte er sich mit der Frage, inwieweit Medien zur Emanzipation beitragen können oder Manipulation ausüben. Von ihm stammt auch die Verurteilung des Fernsehens als „Nullmedium“.

Niklas Luhmann

Eine Definition der Kommunikationsmedien, die Technik voraussetzt, aber nicht unmittelbar mit Technik zu tun hat, stammt von dem Soziologen Niklas Luhmann als Weiterentwicklung der Theorie seines Lehrers Talcott Parsons, der Geld und Macht als Medien verstanden hat. Luhmann stützt sich auf die Feststellung: „Kommunikation ist unwahrscheinlich.“[6] Medien sind für ihn „Einrichtungen“, die der „Umformung unwahrscheinlicher in wahrscheinliche Kommunikation“ dienen.[7] Dabei unterscheidet er Interaktionsmedien wie Sprache, Verbreitungsmedien wie Schrift (inklusive der sogenannten Massenmedien) sowie symbolisch generalisierte Kommunikationsmedien, zu denen er in Ergänzung zu Parsons die Wahrheit, die Kunst und die Liebe rechnet.

Zu dieser sehr allgemeinen Medienkonzeption tritt bei Luhmann die Unterscheidung von Medium und Form hinzu (in Anlehnung an Fritz Heiders Ding und Medium sowie George Spencer-Browns Gesetze der Form), sodass man zum Beispiel von einem Befehl als Form im Medium der Macht, von einer Untersuchung als Form im Medium der Wahrheit oder von einer freundlichen Geste als Form im Medium der Liebe sprechen kann.

Harry Pross

Harry Pross teilt Medien abhängig von deren Produktions- und Rezeptionsbedingungen in Gruppen ein:[8]

  • primäre Medien sind Mittel des menschlichen Elementarkontaktes ohne Gerät,
  • sekundäre Medien bedürfen zu ihrer Hervorbringung, nicht jedoch zu ihrer Wahrnehmung, Geräte,
  • tertiäre Medien setzen auf Seiten des Produzenten wie auf der des Konsumenten Geräte voraus.

Manfred Faßler

Nach dem Vorschlag von Manfred Faßler (1997) kommen heute zu den von Harry Pross beschriebenen Medien quartäre Medien hinzu, die auf beiden Seiten Geräte voraussetzen, nicht aber ausschließlich der massenmedialen Kommunikation oder der Mitteilungsverbreitung dienen.[9] Das Internet ist z. B. ein Medium, das vom Nutzer aktive Entscheidungen über den Konsum verlangt und zum Teil direkte Rückkopplung des Nutzers zum Anbieter erlaubt. Daraus ergeben sich schnelle und spontane Wechsel der Zuordnung aufgrund der Benutzungsmodi: Wechsel zwischen tertiären Eigenschaften und quartären sind etwas Neues, das in diese Struktur einzufügen ist. Digitalisierung ermöglicht die Integration und Mischung der ersten drei Medienstufen in der vierten. Quartäre Medien bieten eine enge Verbindung massenmedialer Eigenschaften (tertiäre Medien), erlauben aber den jederzeitigen schnellen Wechsel zwischen individualer und Gruppenansprache bzw. Kommunikation, aber immer unter Bedingungen, die auf beiden Seiten der Kommunikation auf Geräte angewiesen ist.[10]

Ulrich Saxer

Ulrich Saxer präsentierte 1998 eine Definition, die Medien nicht nur als technische Artefakte, sondern in ihrer gesellschaftlichen Dimension zu erfassen versucht.[11] „Medien sind komplexe institutionalisierte Systeme um organisierte Kommunikationskanäle von spezifischem Leistungsvermögen“ und sind durch fünf mehr oder weniger stark ausgeprägte Merkmale gekennzeichnet:[12]

  1. Medien stellen technische Kommunikationskanäle dar, die verschiedene Zeichensysteme – visuelle (z.B. Zeitungen), auditive (z.B. Radio) und audiovisuelle (z.B. Fernsehen) – mit unterschiedlich ausgeprägter Kapazität transportieren können.
  2. Medien müssen sich organisieren, um ihre jeweilige Medientechnik wirkungsvoll zum Tragen bringen zu können.
  3. Medienkommunikation resultiert aus Herstellungs-, Bereitstellungs- und Empfangsprozessen und bildet damit ein komplexes System der Medien.
  4. Medien können sowohl funktional als auch dysfunktional sein. Sie sind in kultureller, wirtschaftlicher, politischer und sozialer Hinsicht problemlösend und problemschaffend zugleich.
  5. Medien sind institutionalisiert.

Jürgen Wilke

Der Medienwissenschaftler Jürgen Wilke prägte 1999 den Begriff Leitmedium für Massenmedien, die einen besonderen Einfluss auf die Meinungsbildung haben. Sein Interesse am spezifischen Zusammenhang zwischen Medium und Beeinflussung wurde im Englischen mit dem Begriff „German leitmedium“ ironisiert.

Medienphilosophie

Das Philosophieren über Kommunikationsmedien wird seit den 1990er Jahren Medienphilosophie genannt. Vorreiter etwa seit der Mitte des 20. Jahrhunderts waren Walter Benjamin, Roland Barthes, Jacques Derrida, Vilém Flusser oder Jürgen Habermas. Sekundärliteratur von Frank Hartmann oder Mike Sandbothe hat den Begriff an den Universitäten etabliert. Zu den Medienphilosophen der Gegenwart zählen etwa Norbert Bolz, Sybille Krämer und Dieter Mersch.

Vilem Flusser

Vilém Flusser prophezeite die Ablösung des Alphabets durch „Technobilder“ und entwarf die Utopie einer „telematischen Gesellschaft“, in der die Autoritäten mittels der Neuen Medien überwunden seien. Seine Visionen, die er „Kommunikologie“ nannte, richteten sich gegen eine pessimistische Medienkritik.[13]

Georg Rückriem

Georg Rückriem differenziert zwischen den Begriffen Vermittlung, Mittel und Medium, wobei das Medium lediglich ein Raum ist, innerhalb dessen die durch Mittel vermittelte Beziehung möglich wird.[14] "Mittel" bedeutet dann in diesem Zusammenhang, ein Instrument um einen Zweck zwischen zwei Größen zu ergeben. Dies ist oftmals optional zum Zwecke der Nutzenmaximierung. Damit wäre dem Beispiel oben folgend die Zeitung als stoffliches Medium nicht als solches, sondern als Mittel zu bezeichnen.

Lambert Wiesing

Der Philosoph Lambert Wiesing versteht in Artifizielle Präsenz. Studien zur Philosophie des Bildes ein Medium als ein Werkzeug, weist aber darauf hin, dass deshalb nicht – wie etwa bei McLuhan – alle Werkzeuge gleich Medien sind: Nach Wiesing sind Medien vielmehr ausschließlich die Werkzeuge, mit denen sich Genesis und Geltung trennen lassen. Medien bilden die Mittel, welcher man bedarf, um zwischen Genesis und Geltung zu unterschieden.[15].

Liste von Definitionen

  • „Vermittlungsträger von Informationen“ (Horn/Kerner[16])
  • „Informationsvermittler zwischen Quelle und Senke“ (Fluckiger[17])
  • „Medien sind Mittler und bilden eine Sphäre der Vermittlung“ (Winkler[18])
  • „komplexe, institutionalisierte Systeme um organisierte Kommunikationskanäle von spezifischem Leistungsvermögen“ (Saxer[19])
  • „Praktischer Therapeut (Medium) zwischen "Guru"-Therapeut (Supervisor) und Zielperson (target)“[20]
  • „unsichtbare, nicht materialisierbare Informations- und Kommunikationssysteme“ (Rückriem[14])
  • „vermittelndes Element“ (Duden) [21]
  • „Medien sind Technik zum Speichern, Übertragen und Verarbeiten von Informationen.“ (Kittler)[22]

Literatur

  • Stefan Münker, Alexander Roesler: Was ist ein Medium?, Frankfurt/M.: Suhrkamp 2008, ISBN 978-3518294871
  • Michael Staiger: Medienbegriffe – Mediendiskurse – Medienkonzepte, Baltmannsweiler: Schneider Hohengehren 2007, ISBN 978-3-8340-0191-7

Weblinks

Wiktionary: Medium – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen
Wikiquote: Medium – Zitate

Einzelnachweise

  1. Bild, Sprache, Schrift - Zum Sprachverständnis in der zeitgenössischen deutschsprachigen Bildtheorie, Daniel Brockmeier, ISBN 3640575113, S. 15 ff, Google Books
  2. Artificial Presence: Philosophical Studies in Image Theory, Lambert Wiesing, ISBN 0804759413, S. 122 ff, Google Books
  3. Stefan Hoffmann: Geschichte des Medienbegriffs. Meiner, Hamburg 2002.
  4. Emmanuel Alloa, Das durchscheinende Bild. Konturen einer medialen Phänomenologie, diaphanes, 2011, Kap. II.6.1.: ›Dies’ namenlose Etwas‹. Die Erfindung des Diaphanen, S. 91ff.
  5. Helmut Schanze (Hrsg.): Metzler-Lexikon Medientheorie Medienwissenschaft. Metzler, Stuttgart/ Weimar 2002, ISBN 3-476-01761-3, S. 199–201.
  6. Niklas Luhmann: Die Unwahrscheinlichkeit der Kommunikation [1981], in: Claus Pias et al.: Kursbuch Medienkultur, dva, München 1999, S. 56.
  7. Niklas Luhmann: Die Unwahrscheinlichkeit der Kommunikation [1981], in: Claus Pias et al.: Kursbuch Medienkultur, dva, München 1999, S. 58.
  8. Pross, Harry (1970): Publizistik: Thesen zu einem Grundcolloquium. Neuwied: Luchterhand, S. 129.
  9. Manfred Faßler: Was ist Kommunikation? Eine Einführung, UTB, München 1997, S. 147.
  10. Vgl. Dittmar, Jakob F. (2009): Grundlagen der Medienwissenschaft. Berlin: Verlag der TU Berlin, S. ?.
  11. Vgl. Barbara Thomaß: Mediensysteme im internationalen Vergleich. Konstanz: UVK, 2007. ISBN 978-3-8252-2831-6, S. 16.
  12. Vgl. Ulrich Saxer (1998): Mediengesellschaft: Verständnisse und Mißverständnisse. In: Sarcinelli, Ulrich (Hrsg): Politikvermittlung und Demokratie in der Mediengesellschaft. Opladen: Westdeutscher Verlag, S. 54.
  13. Oliver Fahle, Michael Hanke, Andreas Ziemann: Technobilder und Kommunikologie. Die Medientheorie Vilém Flussers. Parerga, Berlin 2009. ISBN 978-3-937262-89-5.
  14. 14,0 14,1 G. Rückriem: Mittel, Vermittlung, Medium. Bemerkungen zu einer wesentlichen Differenz. Vortrag am Seminar für Grundschulpädagogik der Universität Potsdam Golm, 30. Oktober 2010 (online) (PDF; 98 kB) Zugriff am 31. Oktober 2011
  15. Lambert Wiesing (2005): ’’Was sind Medien?’’. In: Wiesing, Lambert: Artifizielle Präsenz. Studien zur Philosophie des Bildes. Frankfurt am Main: Suhrkamp, S. 157.
  16. Christian Horn, Immo Kerner u. a. (Hrsg.): Lehr- und Übungsbuch Informatik. Hanser, München 1995.
  17. Francois Fluckiger: Multimedia im Netz. Prentice Hall, München 1996.
  18. Hartmut Winkler: Basiswissen Medien. Fischer, Frankfurt/M. 2008.
  19. Ulrich Saxer: Einführung in die Publizistikwissenschaft. Univ. Zürich, Zürich 1994.
  20. vgl. Tharp&Wetzel: Behavior Therapy in its natural environnement.
  21. Duden Online
  22. Friedrich Kittler: Aufschreibesysteme 1800-1900, 3. überarb. Aufl. 1995, S. 519
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