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Max Wyler

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Kathrin Winzenried im Gespräch mit dem 99-jährigen Max Wyler

Max Wyler (Hechower Meir ben Manoach, geb. 1915 in Endingen; gest. 2015) war ein bekannter Viehhändler (jiddisch: Beheimes-Händler) und der Doyen der Schweizer Landjuden.

Leben

Max Wyler, geboren am Schemini Azeret des Jahres 1915, wuchs ab seinem zweiten Lebensjahr in Uster auf, wohin sein Vater William Wyler gezogen war, um anstatt mit anderen jüdischen Viehhändlern im Surbtal zu konkurrieren, neue Märkte in der Ostschweiz zu erschliessen. Max Wyler wuchs in einem traditionellen jüdischen Haushalt des damaligen Landjudentums auf. Mit 17 Jahren musste er wegen der Wirtschaftskrise die Mittelschule verlassen, um nach dem üblichen Welschjahr in den elterlichen Betrieb einzutreten. Dabei erlernte er beim Rabbiner von La Chaux de Fonds auch die Hühnerschechita und übte diese Jahrzehnte für die Familie aus. Gelernt wurde, was für das jüdische Leben nötig war, die Traditionen wurden hochgehalten und so weitergegeben, ohne sie in Frage zu stellen. Dieses aufrechte, praktische, treue und ungekünstelte Judentum prägte sein ganzes weiteres Leben. Andererseits hat sein "urchiges" (rustikales) Aussehen einmal einen Zeitungsredakteur dazu gebracht, unter ein Bild des Viehhändlers die Legende "Ein echter Berner Oberländer Bergbauer" zu setzen. Als Viehhändler war er über Jahrzehnte in der ganzen Schweiz bekannt und geachtet. Das Schweizer Fernsehen porträtierte ihn noch im Winter 2014/2015. Bis kurz vor seinem Tod handelte er noch aktiv und gab sein Wissen weiter.

Für seine aufrechte Art zeugte auch schon in den dreissiger Jahren, dass er wegen Sachbeschädigung verurteilt wurde, weil er bei einem Fahrzeug die Hakenkreuzfahne heruntergerissen hatte. Ein Beweis, dass man ihm als Schweizer vertraute, war, dass er im Aktivdienst, auf den er stolz war, eine sensible Aufgabe erhielt, von der zuvor ein Deutschfreundlicher entfernt worden war. Dabei war ihm zeitlebens klar, dass er ein Schweizer Jude und nicht ein Schweizer mit jüdischer Religion war.

Nach dem Tod seines Vaters im Jahr 1947 heiratete er zwei Jahre später Ilse, geborene Weil. Seine Frau, die als Mädchen aus dem Süddeutschen vor Hitler in die Schweiz geflüchtet war, hatte er kurz bei einem Wohltätigkeits-Anlass kennen gelernt. Miteinander führten sie das Landjudentum und den elterlichen Viehhandelsbetrieb in Uster weiter. Gemeinsam bauten sie ein jüdisches Haus auf. Dieses ist bis heute offen für Gäste, wurde auch für manchen, der für Wochen, Monate oder Jahre blieb, zu einem Zuhause. Der in der Pessach-Haggada erwähnte Satz "Jeder, der hungrig ist, komme und esse" blieb keine leere Phrase, sondern wurde als Aufgabe für ein tatkräftiges Judentum praktisch umgesetzt. Auch sonst lebte er ein jüdisches Leben, engagierte sich für die Gemeinschaft und konnte andere ebenfalls dazu motivieren. Er war im Verein zur Erhaltung der Synagogen und des Friedhofs Endingen-Lengnau tätig, und unter seiner Ägide wurde die Endinger Synagoge renoviert und der Friedhof unter Denkmalschutz gestellt. Über zwanzig Jahre lang war er Mitglied des Centralcomité des SIG. Darüber hinaus präsidierte er die Ferienkolonie der Loge. Nach der Aufgabe des Kinderheims "Wartheim" in Heiden leitete er mit Herzblut die Kinder-Betreuungskommission. Dadurch kamen jedes Jahr Dutzende von weniger bemittelten Kindern auf stille Art und Weise in den Genuss von Ferien. Seine Liebe zu Israel brachte er durch seine Tätigkeit für den Keren ha-Jessod, der Vereinigten Israel Aktion der Jewish Agency, zum Ausdruck. Er sammelte viele Spenden für Projekte in Israel und trug auch sonst aktiv zum jüdischen Leben in Israel bei. Dabei gelang es ihm nicht nur, mit seiner Tatkraft seine Ziele zu erreichen, sondern er gewann auch mit seiner Art Menschen und Mittel, um dies gemeinsam besser zu bewältigen. Er akzeptierte jeden, baute Brücken und wurde auch so respektiert. Ein Zeugnis dafür ist, dass Menschen aus zehn jüdischen Gemeinden aller Schattierungen, von St. Gallen bis Basel, ihm das letzte Geleit gaben, eine Nachbarin verfasste spontan einen Nachruf in der lokalen Presse.

Bei all diesem beruflichen und gesellschaftlichen Engagement blieb die Familie das Zentrum seines Lebens. Zuerst die Achtung vor den Eltern, dann seine eigene Familie, die Liebe zu seiner Frau, aber auch die Fürsorge für Familienmitglieder im weiteren Kreise. Seine Ehe wurde mit vier Kindern gesegnet. Dabei traf ihn der plötzliche Tod seiner ältesten Tochter Regina 2003 sehr hart. Bescheiden in den eigenen Ansprüchen, freute er sich, andere verwöhnen zu können. Bei entsprechender Begabung eines Kindes galt für ihn unerbittlich die Losung "Fördern durch Fordern", Müssiggang wurde nicht geduldet. Auf der anderen Seite hatte er für Schwächere ein grosses Herz und konnte sich in seine Enkel auf unnachahmliche Art einfühlen. Es erfüllte ihn mit grosser Freude und Dankbarkeit, dass alle seine Kinder, Enkel und Urenkel dem thoratreuen Judentum treu blieben. Für dieses Lebenswerk des Lebens des aufrechten Landjudentums, der Weitergabe seiner Werte und des Einsatzes für die Gemeinschaft, wurde ihm 2015, passend zu seinem Namen Meir, am ersten Licht von Chanukka, der Titel "Chower" verliehen.

Hinweis

Der Artikeltext beruht in weiten Teilen auf einem Nachruf in der Jüdischen Zeitung, Zürich, Ausgabe vom 10. Juli 2015, Seite 14-15.

Dieser Artikel / Artikelstub / diese Liste wurde in Jewiki verfasst und steht unter der Lizenz Creative Commons CC-BY-SA 3.0 Unported. Hauptautor des Artikels (siehe Autorenliste) war Michael Kühntopf. Weitere Artikel, an denen dieser Autor / diese Autorin maßgeblich beteiligt war: 2.655 Artikel (davon 1.531 in Jewiki angelegt und 1.124 aus Wikipedia übernommen). Bitte beachten Sie die Hinweise auf der Seite Jewiki:Statistik.