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Max Wiener (Unternehmer)

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Max Wiener

Max Wiener (geb. 29. April 1932; gest. 4. Januar 2021), Schweizer Werbeunternehmer

Leben

Bericht in persoenlich.com vom 6. Januar 2021:

Max Wiener ist verstorben

Er war Mitgründer der legendären Werbeagentur Wiener + Deville. Die Agentur galt auch als Talentschmiede für angehende Kreative und Kommunikationsexperten.

Im Alter von 88 Jahren ist am Montag, den 4. Januar 2021, die bekannte Werbelegende Max Wiener verstorben. Wiener gründete 1961 mit seinem Partner Rudolphe Deville die Werbeagentur Wiener + Deville, die damals als eigentliche Trendagentur galt und dank ihrer Kampagnen für Bally, British American Tobacco, American Express und Rivella über die Grenzen hinaus grosse Beachtung fand. Zu den weiteren Kunden gehörten Emil Frey und der Frauenwäschehersteller Triumph. Die Agentur galt auch als Talentschmiede für angehende Kreative und Kommunikationsexperten. So absolvierte Mitte der sechziger Jahre auch der spätere Medienpionier Roger Schawinski nach bestandener Handelsschule ein Praktikumsjahr bei Wiener + Deville.

Väterlicher Freund und Mentor

Nach dem Verkauf der Agentur an das internationale Agentur-Netzwerk DDB Worldwide wechselte Max Wiener 1987 von der Berater- auf die Kundenseite. So wurde er Mitglied der Geschäftsleitung von Ringier. Ab den 1990er Jahren war Wiener vor allem wieder als Berater tätig, unter anderem für McDonald's Schweiz oder BMW. Bei der Kommunikationsagentur Contract Media im Zürcher Seefeld, die 1998 vom ehemaligen Blick-Chefredaktor und Sonntagszeitungs-Redaktor Sacha Wigdorovits gegründet wurde, war der Verstorbene viele Jahre als Verwaltungsrat tätig. Wie Sacha Wigdorovits gegenüber persoenlich.com betont, sei Max Wiener «sein väterlicher Freund und Mentor» gewesen, dem er viel zu verdanken habe.

Wiener war im Berner Seeland aufgewachsen. Daher rührte wohl sein «Faible» und Verständnis für die Aussenseiter der Gesellschaft. So gehörte er zu den Mitgründern des Sterbehospitzes «Lighthouse» in Zürich, in einer Zeit, als Aids noch ein Tabu war und Aidskranke gesellschaftlich stigmatisiert wurden.

Nachruf von Sacha Wigdorovits im tachles, 8. Januar 2021

Mit Charme und Geist

Max Wiener, einer der bedeutendsten Werber der Schweiz und Förderer von wichtigen gemeinnützigen Projekten, ist 88-jährig gestorben. Ich erinnere mich noch gut an jenen Abend Anfang 1988. Meine Frau war eben von ihrer ehrenamtlichen Tätigkeit in der Gemeindebibliothek Zumikon zurückgekehrt. «Kennst du einen gewissen Max Wiener?», fragte sie mich. «Kennen ist vielleicht etwas viel gesagt», erwiderte ich, «aber ich habe schon über ihn geschrieben.»

«Eben», antwortete meine Frau. Vorhin sei Max Wiener in die Bibliothek gekommen, um ein Buch zu retournieren, das er sich ausgeliehen hatte. Als er ihr Namensschild gesehen habe, habe er sie gefragt: «Sind Sie mit diesem Sacha Wigdorovits verwandt?» Und als sie ihm geantwortet habe, Sacha Wigdorovits sei ihr Mann, da habe ihr Max Wiener gesagt: «Richten Sie Ihrem Mann aus, der Artikel, den er über mich und Ringier in der Sonntags-Zeitung geschrieben hat, war ganz abscheulich … aber er war wirklich gut geschrieben.» Diese Episode, die nun schon über 30 Jahre zurückliegt, veranschaulicht für mich eines der herausragenden Merkmale von Max Wiener: seine menschliche Grösse.

Loyal und liebevoll

Als ich Max Wiener fünf Jahre später persönlich kennenlernte, beeindruckte er mich aber noch aus einem anderen Grund: Er war einer der kreativsten jung gebliebenen Geister, denen ich je begegnet bin. Damit wurde Wiener + Deville, die Agentur, die Max Wiener 1961 zusammen mit seinem co-genialen Partner Rodolphe Deville gegründet hatte, in den 1960er- und 1970er-Jahren in der Schweizer Werbelandschaft zum Mass aller Dinge. Davon profitierten etwa Bally, British American Tobacco, Autogrossimporteur Emil Frey, Rivella oder der Büstenhalter-Hersteller Triumph. Nicht zuletzt auch deshalb, weil Wiener + Deville als eine der ersten Werbeagenturen der Schweiz den Wert der Fernsehwerbung erkannt hatte.

Einige Jahre nach dem Verkauf der Agentur an ein internationales Netzwerk wechselte Max Wiener 1987 von der Berater- auf die Kundenseite und trat in die Geschäftsleitung von Ringier ein. Dort lief nicht alles nach Wunsch und Anfang der 1990er-Jahre verliess Max Wiener das Medienhaus wieder. Doch er blieb dem Verlegerehepaar Ellen und Michael Ringier zeitlebens freundschaftlich verbunden.

Nach diesem kurzen Abstecher ins «corporate life» widmete sich Max Wiener wieder dem, was er am besten konnte: anderen mit Rat und Tat beiseitezustehen und sie loyal und liebevoll in schwierigen Zeiten zu unterstützen. Dies tat er etwa bei McDonald’s Schweiz, wo er für dessen Gründer Urs Hammer ein wichtiger Sparringpartner und dann auch lieber Freund wurde. Oder auch im Verwaltungsrat von BMW Schweiz. Auch in meiner Agentur Contract Media engagierte sich Max Wiener viele Jahre als Verwaltungsrat und für mich persönlich als väterlicher Ratgeber und Mentor. Wie alle, denen er half, profitierten wir enorm von Max Wieners Erfahrung. Und wir haben dank ihm auch viel gelacht.

Zum Beispiel, als er den Inhabern eines bekannten Konsumgüterunternehmens, die uns für PR verpflichten wollten, nach ihren einführenden Worten erklärte: «Meine Herren, in vierzig Jahren Werbung habe ich noch nie eine so uninspirierte und weinerliche Darstellung der eigenen Firma gehört. Ich glaube, es lohnt sich wirklich nicht, für Sie PR zu machen. Machen Sie besser Ihr Unternehmen zu.»

Diese Worte schreckten unsere Gesprächspartner derart auf, dass sie anschliessend ihr Unternehmen in den höchsten Tönen anpriesen, um uns von ihm zu überzeugen. «Max», sagte ich ihm danach, als wir wieder im Auto sassen, «heute habe ich von dir eine völlig neue Akquisitionsmethode gelernt.» Wir amüsierten uns, bis wir wieder in Zürich ankamen.

Doch Max Wiener war nicht bloss ein ungemein kreativer und disruptiver Geist mit einem aussergewöhnlichen Flair für Marketing und PR. Er beeindruckte noch viel mehr als Person. Er wäre quasi der perfekte Poster Boy für eine Werbekampagne über herzensgute und weise Menschen gewesen.

Das erlebte jeder, der in Max Wieners «Büro Süd», seinem idyllischen kleinen Anwesen in Roquebrune sur Argent in der Provence, von seiner Gastfreundschaft profitieren durfte. Und es erfuhren es auch jene, die in Not waren.

In Aarberg und Biel aufgewachsen, nahm sich Max Wiener zeitlebens auch anderer an, die es schwer hatten. So half er, in Zürich das Sterbehospiz «Lighthouse» für Aidskranke zu gründen – in einer Zeit, als diese Krankheit gesellschaftlich stigmatisiert und unheilbar war.

Aktivist und Netzwerker

Als einer, der zu Hause und in seiner Jugend selbst erfahren hatte, wie schwer es ist, seine Homosexualität offen zu leben, hob er zusammen mit anderen das «Netzwerk» aus der Taufe, einen Zusammenschluss schwuler Führungskräfte.

Daneben sammelte der äusserst kultivierte und interessierte Kunstliebhaber aussergewöhnliche Bilder und Skulpturen und leitete als Präsident während Jahren den Verein der Freunde des Schauspielhauses. Seine Liebe zum Theater, die auch die Oper mit einschloss, war ihm schon früh durch Otto Eduard Hasse «eingeimpft» worden: Max Wiener war lange Zeit der Lebensgefährte des grossen deutschen Schauspielers und verehrte diesen.

Am letzten Montag ist Max Wiener im Alter von 88 Jahren für immer eingeschlafen. Aufgrund seiner schwer angeschlagenen Gesundheit in den letzten Jahren war dies für ihn wohl eine Erlösung. Doch für alle, die ihn kannten und liebten, ist es ein schmerzlicher Verlust.

Denn Max Wiener war der Inbegriff dessen, was wir Jiddisch «a mensch» nennen: ein gütiger, würdiger, aufrechter und nobler Mensch.