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Massaker in Liepāja

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Massaker in Liepāja bezeichnen eine Serie von Massentötungen durch die deutsche Besatzungsmacht im Zweiten Weltkrieg bei der lettischen Stadt Liepāja (Libau). Die meisten der etwa 7000 ansässigen lettischen Juden wurden dabei von Kommandos des Sicherheitsdienstes (SD) und lettischer Hilfspolizei erschossen. Etwa 800 Überlebende Juden wurden 1942 und 1943 in einem Ghetto gefangengehalten, um Zwangsarbeit zu verrichten.

Erschiessungen

Am 5. Juli 1941 veröffentlichte anitjüdische Anordnungen.

Liepāja galt als kommunistische Hochburg Lettlands. Die Wehrmacht eroberte diese industrielle Hafenstadt am 29. Juni 1941 nach vergleichsweise langwierigen Kämpfen. Da sich auch Zivilisten an der Verteidigung beteiligt hatten, gingen die eintreffenden Teile der Einsatzgruppe A[1] besonders brutal gegen Kommunisten, versprengte Rotarmisten und Juden vor. Bereits in der ersten Woche der Besatzung wurden 1430 Personen im Stadtpark (Rainis-Park) erschossen.[2] Die ersten antijüdischen Bestimmungen wurden am 5. Juli von der Militärverwaltung der Marine erlassen. Neben der systematischen Entrechtung und Schikanierung setzten auch bald gezielte Tötungen zur Dezimierung der jüdischen Stadtbevölkerung ein. Trupps des berüchtigten Kommando Arājs aus Riga waren Ende Juli und im September anwesend und führten Exekutionen von 1100 bzw. 600 jüdischen Männern durch. [3] Die Leitung dieser "Aktionen" lag in den Händen der örtlichen Offiziere der Einsatzgruppe A, insbesondere Wolfgang Kügler. Im Spätsommer traf der höhere SS Führer Fritz Dietrich ein. Die Erschiessungsmaßnahmen in der Stadt und deren Umland wurden fortgesetzt, auch gegen Zigeuner und Insassen psychiatrischer Kliniken.

Massaker von Šķēde

Angehörige der lettischen Hilfspolizei bewachen jüdische Frauen und Kinder vor ihrer Exekution. Šķēde am 15. Dezember 1941

Vom 15. bis 17. Dezember fanden die Tötungen am Strand von Šķēde, nördlich der Stadt ihren Höhepunkt. Insgesamt 2749[4] jüdische Männer, Frauen und Kinder wurden von der lettischen Hilfspolizei im Frauengefängniss inhaftiert und dann gruppenweise mit Lastwagen auf einen ehemaligen Übungsplatz der lettischen Armee verfrachtet. Die Opfer mussten sich entkleiden, wurden auf brutale Weise zu vorbereiteten Tötungsgruben getrieben und dort erschossen.

Der SS-Standortführer Dietrich setzte alle verfügbaren Polizeikräfte ein. Neben seiner "Schutzpolizei-Dienstabteilung" waren dies insbesondere die örtliche lettische Hilfspolizei des SD sowie das lettische Polizeibataillon 21.[5][6] Als sich die Kriegslage änderte versuchten die Nationalsozialisten 1943 ihre Verbrechen zu verdecken. Die Gräber wurden geöffnet und die Leichen mit Chlorin übergossen.[7]

Ghetto Liepāja

Lage des Ghettos

Vielleicht wegen dem Fehlen eines geschlossenen jüdischen Viertels kam es 1941 nicht wie in Riga oder Daugavpils zu einer Ghettobildung. Etwa 800 noch arbeitsfähigen jüdischen Personen, wurde am 1. Juli 1942 ein kleines von vier Straßen umgrenztes Gebiet nahe dem Stadtzentrum zugewiesen. [8] Die Zustände sollen dort etwas humaner als in anderen Ghettos gewesen sein.[9] Bis zum März 1943 wurden aus dem Ghetto Riga 160 meist westeuropäische Juden hierhergebracht, wo sie in der Zuckerfabrik arbeiten mussten. Am 7. Oktober 1943 wurden dann alle Insassen ins KZ Riga-Kaiserwald überstellt.[10] Nach Angaben einer sowjetischen Kommission zur Untersuchung der Nazi-Verbrechen sollen 156 Personen im Ghetto umgekommen sein.

Juristische Aufarbeitung und Gedenken

Eine sowjetische Sonderkommission untersuchte bis 1946 die Verbrechen. In Westdeutschland fanden zwei Einsatzgruppen-Prozesse statt. Viele der Täter konnten allerdings unbehelligt in Freiheit leben. 1971 beschäftigte sich das Landgericht Hannover speziell mit den Vorgängen in Liepāja und verurteilte einige ehemalige Angehörige des SD und der Ordnungspolizei als Beteiligte an den Massakern. Die Untersuchungen dieses Gerichts stellen die Hauptquelle für die Vorgänge in der Stadt dar.[11] 1972 und 1973 fanden in der lettischen SSR eine Serie von Strafprozessen gegen Angehörige des lettischen Polizeibataillons 21 im Zusammenhang mit dem Massaker bei Šķēde statt.[12]

Auf dem jüdischen Friedhof Liepājas befindet sich eine Gedenkwand mit den Namen von 6428 Opfern des Holocaust und des Gulags.[13] Im Sommer 2005 wurde in Šķēde eine Gedenkstätte mit den Namen aller bekannten Opfer eingeweiht. Zuvor hatte bereits ein zu Sowjetzeiten errichteter Obelisk bestanden.

Literatur

  • Kathrin Reichelt: Lettland unter deutscher Besatzung 1941-1944: Der lettische Anteil am Holocaust ISBN 978-3940938848.
  • Andrew Ezergailis, Historical Institute of Latvia (Hrsg.): The Holocaust in Latvia 1941-1944. Riga 1996,ISBN 9984-9054-3-8.
  • *Marģers Vestermanis: Die nationalsozialistischen Haftstätten und Todeslager im okkupierten Lettland 1941-1945. In: Ulrich Herbert, Karin Orth, Christoph Dieckmann (Hrsg.): Die nationalsozialistischen Konzentrationslager: Entwicklung und Struktur. Band 1, Göttingen 1998, S. 472-492.

weblink

Einzelnachweise

  1. "Einsatzgruppe 1a" ca. 20 Mann unter Reichert, sowie Teile "Einsatzgruppe 2" etwa 30 Mann unter Erhard Grauel. Igors Vārpa: Latviešu Karavīrs zem Kāškrusta Karoga , ISBN 9984-751-41-4. Seite 39
  2. Kathrin Reichelt: Lettland unter deutscher Besatzung 1941-1944: Der lettische Anteil am Holocaust ISBN 978-3940938848. Seite 190
  3. Kathrin Reichelt: Lettland unter deutscher Besatzung 1941-1944: Der lettische Anteil am Holocaust ISBN 978-3940938848. Seite 190/191
  4. Andrew Ezergailis: The Holocaust in Latvia 1941-1944 Riga 1996,ISBN 9984-9054-3-8. Seite 286/287
  5. Kathrin Reichelt: Lettland unter deutscher Besatzung 1941-1944: Der lettische Anteil am Holocaust ISBN 978-3940938848. Seite 191
  6. Das 21. Polizeibataillon wurde offiziell im Februar 1942 aufgestellt. Igors Vārpa: Latviešu Karavīrs zem Kāškrusta Karoga ISBN 9984-751-41-4. Seite 116
  7. Andrew Ezergailis: The Holocaust in Latvia 1941-1944. Riga 1996,ISBN 9984-9054-3-8. Seite 294
  8. Marģers Vestermanis: Die nationalsozialistischen Haftstätten und Todeslager im okkupierten Lettland 1941-1945. Seite 485
  9. Kathrin Reichelt: Lettland unter deutscher Besatzung 1941-1944: Der lettische Anteil am Holocaust ISBN 978-3940938848. Seite 192
  10. Kathrin Reichelt: Lettland unter deutscher Besatzung 1941-1944: Der lettische Anteil am Holocaust ISBN 978-3940938848. Seite 193
  11. Andrew Ezergailis: The Holocaust in Latvia 1941-1944. Riga 1996,ISBN 9984-9054-3-8. Seite 305
  12. Igors Vārpa: Latviešu Karavīrs zem Kāškrusta Karoga, ISBN 9984-751-41-4. Seite 115/116
  13. [1]
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