Jewiki unterstützen. Jewiki, die größte Online-Enzy­klo­pädie zum Judentum.

Helfen Sie Jewiki mit einer kleinen oder auch größeren Spende. Einmalig oder regelmäßig, damit die Zukunft von Jewiki gesichert bleibt ...

Vielen Dank für Ihr Engagement! (→ Spendenkonten)

How to read Jewiki in your desired language · Comment lire Jewiki dans votre langue préférée · Cómo leer Jewiki en su idioma preferido · בשפה הרצויה Jewiki כיצד לקרוא · Как читать Jewiki на предпочитаемом вами языке · كيف تقرأ Jewiki باللغة التي تريدها · Como ler o Jewiki na sua língua preferida

Martin Stock (Fussballfunktionär)

Aus Jewiki
Zur Navigation springen Zur Suche springen
Martin Stock 1950 mit DFB-Geschäftsführer Georg Xandry (links) und Bundestrainer Sepp Herberger
(Bild: Jüdische Allgemeine)

Martin Stock (Martin Abraham Stock; geb. 1892 in Hamburg; gest. 1970 ebenda) war ein deutsch-jüdischer Fussballfunktionär.

Leben

Sehr früh interessierte er sich für den Sport, wurde zunächst Schlagballspieler und dann ein leidenschaftlicher Fussballspieler.

Im August 1914 zog Martin Stock, der seinen zweiten Vornamen Abraham meist unterschlug, für Deutschland in den Krieg. Die Judenzählung 1916 vermittelte ihm unmittelbar, auf wie wenig Gegenliebe sein Patriotismus stiess.

Nach dem Krieg engagierte er sich in "seinem Verein", der Altonaer Spielervereinigung von 1895 – als Spieler und als Vorstandsmitglied. Auf Verbandsebene galt es, einen möglichst reibungslosen Spielbetrieb zu organisieren, angesichts der sprunghaft gestiegenen Popularität des Fussballs keine einfache Aufgabe. Darüber hinaus wurde er ein bekannter und angesehener Schiedsrichter.

Im beruflichen Leben mussten Rückschläge verkraftet werden: Die Firma seines Vaters, die Martin Stock nach dessen Tod weiterführte, ging in der Weltwirtschaftskrise bankrott. Ein mit Hilfe seiner Geschwister eingerichtetes Nachfolgegeschäft musste Martin Stock im Frühjahr 1933 aufgeben. Ein Jahr arbeitete er als Handelsvertreter für einen Stoffgrossisten. Als die jüdischen Inhaber emigrierten, stand Martin Stock endgültig auf der Strasse und musste fortan von der karg bemessenen Fürsorge leben.

Die nach dem Machtantritt der Nationalsozialisten beginnende Ausgrenzung der Juden umfasste bald auch den Sport. Der Norddeutsche Fussballverband stellte Martin Stock umgehend kalt. Als Schiedsrichter kam er nicht mehr zum Einsatz, und die erwartete Nominierung für internationale Begegnungen unterblieb.

In der Folge wurde er in der neu gegründeten "Sportgruppe Schild" des Reichsbundes jüdischer Frontsoldaten tätig. Hier konnte er bis zur Pogromnacht 1938 alle seine Fähigkeiten einbringen: als aktiver Fussballer, als Schiedsrichter und als Verwaltungsfachmann.

Anders als seine Geschwister konnte Martin Stock, der die von den Nazis ausgehende tödliche Bedrohung verkannte oder nicht wahrhaben wollte, sich nicht rechtzeitig ins Ausland absetzen. Am 8. November 1941 wurden 969 Juden aus Hamburg in das Ghetto von Minsk deportiert. Nur acht von ihnen überlebten, darunter Martin Stock. Seine jahrelange Odyssee durch zahlreiche Zwangsarbeits- und Konzentrationslager endete im April 1945, als britische Soldaten Bergen-Belsen befreiten.

Im Gegensatz zu vielen jüdischen Überlebenden entschied sich Martin Stock, in Deutschland zu bleiben – ohne das Trauma seines Martyriums und das Leid, das er hatte mitansehen müssen, offensiv anzugehen.

Auf dem Höhepunkt seiner Nachkriegskarriere im Sport leitete Martin Stock den Spielausschuss des Deutschen Fussball-Bundes. In dieser Funktion gehörte er – als erster Jude – dem DFB-Vorstand an. Dass dort ehemalige Nazi-Mitläufer das Sagen hatten, darüber sah er hinweg.

Seit Ende 1950 lebte Martin Stock, nachdem er sein Amt als Spielausschuss-Vorsitzender niedergelegt hatte, von seinem jüngsten Bruder finanziell unterstützt in Brasilien.

Hinweis

Der Text entstammt im Wesentlichen einem entsprechenden Artikel der Jüdischen Allgemeinen, Berlin, Ausgabe vom 19. Juni 2014, Seite 19 (Autor: Arthur Heinrich; gekürzt).

Andere Wikis

Dieser Artikel / Artikelstub / diese Liste wurde in Jewiki verfasst und steht unter der Lizenz Creative Commons CC-BY-SA 3.0 Unported. Hauptautor des Artikels (siehe Autorenliste) war Michael Kühntopf. Weitere Artikel, an denen dieser Autor / diese Autorin maßgeblich beteiligt war: 2.655 Artikel (davon 1.531 in Jewiki angelegt und 1.124 aus Wikipedia übernommen). Bitte beachten Sie die Hinweise auf der Seite Jewiki:Statistik.