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Marsilius von Padua

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Marsilius von Padua (* zwischen 1275 und 1290 in Padua; † 1342/1343 in München; eigentlich: Marsiglio dei Mainardini) war Staatstheoretiker, Politiker und ein bedeutender Vertreter des scholastischen Aristotelismus.

Leben

Marsilius stammte aus der angesehenen Notarsfamilie der Mainardini. Er studierte zunächst die Artes, dann Medizin. Das Studium begann er vielleicht in seiner Heimatstadt Padua, setzte es allerdings an der Sorbonne in Paris fort. In der Folgezeit war er dort auch als Dozent und kurzzeitig (Dezember 1312 bis März 1313) als Rektor der Pariser Artistenuniversität tätig. Wahrscheinlich schon während seiner Studienzeit betätigte er sich nebenbei als Politiker. 1319 führte er im Auftrag der Ghibellinen (der pro-kaiserlichen Bewegung in Reichsitalien) Verhandlungen in Frankreich, aber sein praktisches politisches Schaffen war nicht sehr erfolgreich. Im Anschluss an die Verhandlungen kehrte er dann auch wieder als Lehrer an die Sorbonne zurück, wo er sich in dieser Zeit auch dem Studium der Theologie widmete.

1324 veröffentlichte Marsilius sein Hauptwerk, den Defensor Pacis (Verteidiger des Friedens), das er dem römisch-deutschen König Ludwig dem Bayern widmete. Es war eine Antwort auf Dantes Werk Monarchia nach dessen Tod, in dem Dante für das Weltkaisertum eingetreten war. Marsilius vertrat eine Art von Volkssouveränität, womit er den Herrschaftsanspruch des Papstes negierte. Als er 1326 als Verfasser des Defensor Pacis bekannt wurde, musste er mit seinem Freund Johann von Jandun von Paris an den Hof Ludwigs des Bayern fliehen. Johann wurde der Mitautorenschaft beschuldigt, wofür es aber keine eindeutigen Beweise gibt; Johann, ein Kenner des Aristoteles, verdankte Marsilius aber wohl so manche Überlegung. 1327 wurde Marsilius schließlich von Papst Johannes XXII. gebannt und als Ketzer verurteilt. Bei Ludwig dem Bayern, dem damaligen Hauptgegner der Kurie, fand Marsilius nicht nur Zuflucht, sondern gewann als Ratgeber Ludwigs auch rasch an Einfluss. Marsilius und Johann begleiteten den König auch bei dessen Italienzug im Jahr 1327.

Am 17. Januar 1328 fand in Rom die Kaiserkrönung Ludwigs statt. Diese verlief äußerst ungewöhnlich, da sich Ludwig von einem „Beauftragten“ des römischen Volkes krönen ließ, nicht aber, wie sonst üblich, durch den Papst, der es freilich auch abgelehnt hätte. Dieses Vorgehen, das von Ferne an die Antike erinnert, geht womöglich auf Überlegungen von Marsilius und Johann von Jandun zurück, obwohl sich dies ebenso wenig beweisen lässt wie die Annahme, dass Marsilius an der „Absetzung“ Papst Johannes XXII. und der Erhebung des kaiserlichen Gegenpapstes Nikolaus 1328 beteiligt war.

Wichtig wurde die, wenn auch spannungsgeladene, Zusammenarbeit mit den „Münchner Dissidenten“, ebenfalls von Papst Johannes exkommunizierten Franziskanern, die am Münchner Hof Zuflucht fanden. Unter ihnen sind zu nennen Michael von Cesena, Bonagratia von Bergamo und Wilhelm von Ockham, die, wie Marsilius, auf die politische Entwicklung des Streites zwischen Ludwig dem Bayern und der Kurie keinen geringen Einfluss hatten. Marsilius verlor aber wohl schließlich an Einfluss, auch weil sich der Italienzug Ludwigs letztlich als ein Fehlschlag erwies. Allerdings ließ Ludwig Marsilius, der dem Kaiser als Leibarzt diente, nie fallen.

Ende 1342 oder Anfang 1343 (ein genaues Datum ist nicht bekannt) starb Marsilius von Padua in München.

Marsilius von Padua gilt als einer der Wegbereiter und Hauptvertreter des Konziliarismus.

Werke

  • Richard Scholz (Hrsg.): Marsilius von Padua, Defensor pacis (Monumenta Germaniae Historica. Fontes Iuris Germanici Antiqui in usum Scholarum, separatim editi). Hannover 1932/33; hier online.
  • Marsilius von Padua. Der Verteidiger des Friedens (Defensor Pacis). Lat.-dt., übersetzt von Walter Kunzmann, bearbeitet und eingeleitet von Horst Kusch. 2 Bde., Darmstadt 1958.

Literatur

  • Heiner Bielefeldt: Von der päpstlichen Universalherrschaft zur autonomen Bürgerrepublik. Aegidius Romanus, Johannes Quidort von Paris, Dante Alighieri und Marsilius von Padua im Vergleich. In: Zeitschrift der Savigny-Stiftung für Rechtsgeschichte. Kanonistische Abteilung. Band 73, 1987, S. 70–130.
    [Gegenüberstellung verschiedener politischer Theorien des 14. Jahrhunderts]
  • Frank Godthardt: Marsilius von Padua und der Romzug Ludwigs des Bayern: politische Theorie und politisches Handeln. V&R unipress GmbH, Göttingen 2011.
    [aktuelle Darstellung]
  • Nicolaus HeutgerMarsilius von Padua. In: Biographisch-Bibliographisches Kirchenlexikon (BBKL). Band 5, Herzberg 1993, ISBN 3-88309-043-3.
  • Jürgen Miethke: Politiktheorie im Mittelalter. Von Thomas von Aquin bis Wilhelm von Ockham. Mohr Siebeck, Tübingen 2008.
    [Wichtige Darstellung zur Geschichte der politischen Theorien im frühen 14. Jahrhundert. Ursprünglich erschienen unter dem Titel De potestate papae. Tübingen 2000.]
  • Jürgen Miethke (Hg.): Das Publikum politischer Theorie im 14. Jahrhundert. München 1992.
  • Jürgen Miethke: Marsilius von Padua. In: Theologische Realenzyklopädie. Band 22, 1992, S. 183–190.
    [Literatur]
  • Jürgen Miethke: Marsilius von Padua, die politische Philosophie eines lateinischen Aristotelikers des 14. Jahrhunderts. In: H. Boockmann, B. Möller, K. Stackmann (Hgg.): Lebenslehren und Weltentwürfe im Übergang vom Mittelalter zur Neuzeit. Göttingen 1989, S. 52–76
  • Jürgen Miethke: Literatur über Marsilius von Padua (1958–1992). In: Bulletin de philosophie médiévale. International Society for the Study of medieval Philosophy Band 35, Louvain 1993, S. 150–165.
  • Friedrich Prinz: Marsilius von Padua. In: Zeitschrift für Bayerische Landesgeschichte 39 (1976), S. 39–78.
    [Informativer Überblick]
  • Sigmund Ritter von Riezler: Marsilius von Padua. In: Allgemeine Deutsche Biographie (ADB). Band 20, Duncker & Humblot, Leipzig 1884, S. 441–445. [überholter Forschungsstand]
  • Manfred Weitlauff: Marsilius von Padua. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 16, Duncker & Humblot, Berlin 1990, S. 261–266 (Onlinefassung).

Weblinks

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