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Marktnische

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Als Marktnische (auch Nischenmarkt) wird ein Ausschnitt aus dem Gesamtmarkt (Teilmarkt, Marktsegment) bezeichnet, dessen Bedürfnisprofil von aktuellen Wettbewerbern noch nicht (Marktlücke bzw. manifeste Nische, Basisnische, präkompetetive Nische, preinteractive niche, virtual niche) oder unzureichend (Versorgungslücke bzw. latente Nische, eigentliche/tatsächliche Nische, postkompetetive Nische, postinteractive niche, realized niche) erfüllt wird.

Eine Marktnische kann durch eine abrupte Nachfrageänderung oder Veränderung der Angebotsstruktur entstehen. Eine Marktnische kann sich zu einem Nischenmarkt weiterentwickeln oder unentwickelt bleiben.

Ursprung

Der Nischenbegriff in der Wirtschaftswissenschaft findet seinen Ursprung in der Biologie. Darwin führte 1859 den Begriff der ökologischen Nische im Rahmen seines biologischen Evolutionskonzeptes in die Wissenschaft ein. In die Wirtschaftswissenschaft gelang der Nischenbegriff insbesondere durch die auf Joseph Schumpeter aufbauende Evolutionsökonomik (auch: Evolutorische Ökonomik)[1] sowie den marktpsychologischen Ansatz von Bernt Spiegel[2][3][4].

Bedeutung

Das Erkennen einer Marktnische und das beharrliche Verfolgen, diese zu schließen, kann für den unternehmerischen Erfolg von entscheidender Bedeutung sein, da Pioniergewinne bzw. ein Quasi-Monopol geschaffen werden können. Marktnischen und damit den aus der Perspektive der Angebotssicht bearbeitenden Unternehmen (Nischenkonkurrent, Nischenanbieter) wird eine hohe Rentabilität nachgesagt. Im Gegensatz zu Generalisten realisieren Nischenkonkurrenten ihre Wettbewerbsvorteile durch Spezialisierung, Individualisierung und Konzentration.

Nischenartikel entstehen als Produkte, die – weit entfernt vom Mainstream – Marktnischen füllen. Typische Beispiele sind: Ladenhüter, Artikel von nur individuellem oder regionalem Interesse, Sammel- und Bedarfsartikel, die nicht dem gegenwärtigen Zeitgeist entsprechen, technisch nicht mehr aktuelle Produkte, darunter auch Refurbished-Artikel.

Zahlreiche Webshops verschiedenster Größe und Popularität befassen sich mit dem Vertrieb von Nischenprodukten und bereichern das Marktangebot damit auf vielfältige Weise[5].

Nische aus marktpsychologischer Sicht

Das psychologische Marktmodell von Bernt Spiegel beschreibt und erklärt die Struktur der Meinungsverteilung bezüglich eines Meinungsgegenstandes (z.B. eines Produkts) in einem sozialen Feld.

Nischen verhindern, dass

„... sich an einer Stelle des Biotops die Individuen ballen und schließlich Mangel leiden, während andere Stellen nur ganz unzureichend ausgenutzt werden.“

Bernt Spiegel, 1990[3][4]

Soll beispielsweise ein Meinungsgegenstand positioniert werden, dann möchte man dies im Erlebnisraum, also in der persönlichen Welt eines Nachfragers (Konsumenten) tun.

Grundannahme ist, dass ein Image nicht aus subjektiver und objektiver Wirklichkeit besteht, sondern aus objektiven Gegebenheiten, die in einem subjektiven Vorstellungsbild enthalten sind. Das bedeutet ausschlaggebend für ein Image sind nicht nur die objektiven Gegebenheiten, sondern vor allem das psychologische „Drumherum“, die sozialen Merkmale. Das Image ist also die Verbrauchervorstellung von einem Produkt und ist mitverantwortlich für die Platzierung eines Meinungsgegenstandes (Produkts) im sozialen Feld.

Die Positionierung des Meinungsgegenstandes im sozialen Feld

Personenkategorien:

  • Uninformierte: Personen, die den Meinungsgegenstand (z.B. das Produkt) nicht kennen
  • Informierte: Personen, die den Meinungsgegenstand kennen → diese unterteilen sich weiter in
    • Anhänger
    • Unentschiedene
    • Ablehner

Mit diesem Modell lässt sich der Ort eines Meinungsgegenstandes durch den Ort seiner spontanen Anhänger und Ablehner bestimmen. Die Positionierung aller Marktteilnehmer ist wiederum abhängig von den Dimensionen des Feldes, die von polaren Merkmalspaaren bestimmt werden. Solche Polpaare (Gegensätze) sind beispielsweise hoher und niedriger sozialer Status, Formbeachter und Farbbeachter, jung und alt, kontraktfreudig und kontaktscheu, sentimental oder unsentimental. Diese Darstellung soll also verdeutlichen, dass man zuerst gezwungen ist über Merkmalspaare nachzudenken, die für die Stellung des Meinungsgegenstands auf dem Markt verantwortlich sind. Die Marktstrategen haben also die Aufgabe dem Produkt ein gutes Image zu schaffen oder dieses zu verbessern.

Die Zahl der Anhänger eines bestimmten Meinungsgegenstandes kann nach Spiegel außerdem durch verschiedene Maßnahmen erhöht werden:

  • Information der Uninformierten: ist der Meinungsgegenstand nah genug bei diesen positioniert, dann werden sie im Normalfall zu Anhängern. Es kann aber auch passieren, dass sie zu den Ablehnern wechseln
  • Verschiebung des Meinungsgegenstandes: Verschiebung in Richtung der Unentschiedenen bzw. Ablehnern; hier besteht allerdings die Gefahr, dass man Anhänger verliert
  • Verschiebung der Personen: beeinflussen der Erwartungen und Wünsche in Richtung dessen, was vom Meinungsgegenstand (subjektiv) geboten wird
  • Erhöhung des Grundaufforderungswerts: z.B. durch Gemeinschaftswerbung; dies kann auch allen anderen im sozialen Feld befindlichen Meinungsgegenständen zugutekommen, die Konkurrenz darstellen
  • Erhöhung des Zusatzaufforderungswerts: (Zusatzaufforderungswert einer Marke: der üben der Bedarf hinausgehende zusätzliche Aufforderungswert) → Um den Zusatzaufforderungswert zu erhöhen, muss die Position gestärkt werden, beispielsweise durch gezielte Werbung bzw. eine bewusste Nennung der Marke
  • Verschiebung der Konkurrenz: z.B. durch erschüttern der Glaubwürdigkeit von Konkurrenten; verschieben in Gebiete mit weniger dichter Besiedlung und Verringerung des Zusatz-Aufforderungswertes von konkurrierenden Meinungsgegenständen

Unterscheidung von Marktnischen

Differenzieren kann man die Marktnische aufgrund des Verhaltens der potenziellen Käufer.

  • manifeste Marktnische: ein Konsument, der ausreichend informiert ist, sieht keines der vorhandenen Produkte geeignet, um die eigenen Bedürfnisse zu befriedigen. Der Aufforderungsgradient der Produkte ist für den Konsumenten zu flach, sodass er ganz auf das Produkt verzichtet.
    • Marktlücke
    • Basisnische
    • Präkompetetive Nische
    • preinteractive niche
    • virtual niche
  • latente Marktnische: es besteht eine Diskrepanz zwischen den Idealvorstellungen des Konsumenten über ein Produkt und dem realen Produkt. Die Diskrepanz führt dazu, dass der Käufer auf das Alternativprodukt ausweicht, das seinen Idealvorstellungen am nächsten kommt.
    • Versorgungslücke
    • eigentliche/tatsächliche Nische
    • postkompetetive Nische
    • postinteractive niche
    • realized niche

Mehrdimensionale Darstellung

Der Aufforderungscharakter, also die Eigenschaften eines Zieles, eine Handlung auszulösen, ist in Markt-, Werbe- und Mediaforschung die Fähigkeit eines Produkts, Werbemittels, Werbeträgers, Designs etc., einen Käufer für ein Produkt zu begeistern, zum Kauf zu animieren oder eine Produktbindung aufzubauen. Der Aufforderungscharakter ist abhängig vom Aufforderungsgradienten.

Der Aufforderungsgradient, mathematisch gesehen der Tangens des Winkels α (), stellt das Verhältnis zwischen Aufforderungshöhe H und Entfernung D des Konsumenten (K) vom Meinungsgradienten (Produkt P) dar. Die Aufforderungshöhe H setzt sich wiederum aus dem Bedürfnis der Person (B) und dem Zusatz-Aufforderungswert des Gegenstandes (W) zusammen. Der Aufforderungsgradient wird also groß, wenn die Distanz zwischen Konsument E und Produkt P klein ist und/oder die Aufforderungshöhe (H) des Produkts hoch ist.

Nach Spiegel muss also α möglichst groß sein, damit das Produkt nah an den Konsumenten kommt und attraktiv für ihn ist.

Siehe auch

Literaturhinweise

  1. Joseph A. Schumpeter: Theorie der wirtschaftlichen Entwicklung. Duncker und Humblot, Leipzig 1912 (recte 1911)
  2. Bernt Spiegel: Die Struktur der Meinungsverteilung im sozialen Feld. Das psychologische Marktmodell. (= Enzyklopädie der Psychologie in Einzeldarstellungen. Bd. 6, ZDB-ID 506568-9). Hans Huber, Bern [u.a.] 1961
  3. 3,0 3,1 Bernt Spiegel: Nische – Ein Begriff aus der theoretischen Biologie im Marketing. In: Thexis. Bd. 7, Nr. 4, 1990, ISSN 0254-9697, S. 34–37
  4. 4,0 4,1 http://www.spiegel-institut.de/institut/geschichte/nischentheorie
  5. Holger W. Winkler: Onlinehandel mit Erfolg. Band 1: Schritt für Schritt zur eigenen Marktnische. Crashkurs zur Spezialisierung von kleinen und mittleren Webshops. Hww.MEDIA, Radolfzell 2009, ISBN 978-3-942121-00-2
  • Marc Danner: Strategisches Nischenmanagement. Entstehung und Bearbeitung von Marktnischen. Deutscher Universitäts-Verlag, Wiesbaden 2002, ISBN 3-8244-7753-X (Zugleich: Gießen, Universität, Dissertation, 2002).
  • Kerstin Friedrich: Erfolgreich durch Spezialisierung. (Kompetenzen entwickeln, Kerngeschäfte ausbauen, Konkurrenz überholen). Redline Wirtschaft bei Verlag Moderne Industrie, München 2003, ISBN 3-478-85520-9.
  • Jan Grasshoff: Nischenstrategien im Kreditwesen. Deutscher Universitäts-Verlag, Wiesbaden 2003, ISBN 3-8244-7817-X (Zugleich: Darmstadt, Technische Universität, Dissertation, 2002: Nischenbanken als eigenständige Strategieausprägung im Kreditwesen.).
  • Robert E. Linneman, John L. Stanton: Nischenmarketing. Campus-Verlag, Frankfurt am Main u. a. 1992, ISBN 3-593-34734-2.
  • Richard R. Nelson, Sidney G. Winter: An Evolutionary Theory of Economic Change. Belknap Press of Harvard University Press, Cambridge MA u. a. 1982, ISBN 0-674-27227-7.
  • Sylvia Nickel: Erfolgreich in der Nische. Wie Sie als schlanker Anbieter die Konkurrenz schlagen. Cornelsen, Berlin 2005, ISBN 3-589-23693-0.
  • Michael C. Rosenbaum: Chancen und Risiken von Nischenstrategien. Ein evolutionstheoretisches Konzept. Deutscher Universitäts-Verlag u. a., Wiesbaden 1999, ISBN 3-8244-6836-0 (Zugleich: Wuppertal, Universität, Dissertation, 1998).
  • Michael Rosenbaum, Melanie Monßen: Nischenfaktor. Erfolgreich durch Spezialisierung. Verlags-Gruppe Handelsblatt, Düsseldorf 2004, ISBN 3-7754-0206-3.
  • Tobias Schäfers: Konsumentenverhalten in Marktnischen. Theoretische Diskussion und empirische Befunde zu den Determinanten der Nischenorientierung von Konsumenten (= Strategisches Marketingmanagement. Bd. 20). Peter Lang, Frankfurt am Main u. a. 2011, ISBN 978-3-631-60326-0 (Zugleich: Oestrich-Winkel, Europäische Business School, Dissertation, 2010).
  • Max W. Twerenbold: Erfolgreich in Nischen. In: Organisator. Nr. 10, 2004, ISSN 0473-2839, S. 6–8, online (PDF; 1,73 MB).
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