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Manfred Baldus (Rechtswissenschaftler, 1963)

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Manfred Baldus als Verfassungsrichter im Jahr 2017

Manfred Baldus (* 25. Mai 1963 in Marienhausen; † vor dem oder am 30. Dezember 2021[1][2]) war ein deutscher Rechtswissenschaftler, Hochschullehrer und Verfassungsrichter.

Leben

Baldus studierte von 1983 bis 1988 Rechtswissenschaft, Politikwissenschaft und Philosophie an den Universitäten von Trier, Bonn, Paris und an der Freien Universität Berlin. Nach seiner ersten juristischen Staatsprüfung 1988 leistete er 1990 Zivildienst am Universitätskrankenhaus Eppendorf in Hamburg. Von 1991 bis 1993 nahm er als Promotionsstipendiat der Stiftung Volkswagenwerk am Graduiertenkolleg für Rechtsgeschichte der Universität Frankfurt teil. 1993 bis 1995 leistete er seinen juristischen Vorbereitungsdienst, den er mit dem Assessorexamen abschloss. Während des Referendariats wurde Baldus 1994 an der Universität Frankfurt zum Thema Die Einheit der Rechtsordnung – Bedeutungen einer juristischen Formel in Rechtstheorie, Zivil- und Staatsrechtswissenschaft des 19. und 20. Jahrhunderts promoviert.

Baldus war von 1996 bis 1998 Habilitationsstipendiat der Deutschen Forschungsgemeinschaft. 1998 habilitierte er sich an der Universität Frankfurt mit dem Thema Transnationales Polizeirecht – Verfassungsrechtliche Grundlagen und einfach-gesetzliche Ausgestaltung polizeilicher Eingriffsbefugnisse in grenzüberschreitenden Sachverhalten für Öffentliches Recht einschließlich des Europarechts, Rechtstheorie und Neuere Rechtsgeschichte. In den Jahren 1998 und 1999 war er Wissenschaftlicher Assistent an der Juristischen Fakultät der Universität Rostock sowie von 2000 bis 2003 Wissenschaftlicher Oberassistent an der Universität der Bundeswehr Hamburg. In dieser Zeit hatte er Lehrstuhlvertretungen an den Universitäten Frankfurt und Kiel inne. Außerdem war er 1999 Gastprofessor in Universität Paris X.

Baldus wurde 2003 zum Universitätsprofessor an der neuerrichteten Staatswissenschaftlichen Fakultät der Universität Erfurt ernannt. Er hatte dort den Lehrstuhl für Öffentliches Recht und Neuere Rechtsgeschichte inne. 2008 lehnte er einen Ruf an die Deutsche Hochschule der Polizei ab. Er war von 2015 bis 2016 außerdem Leiter der Expertenkommission zur Evaluierung der Thüringer Polizeistrukturreform unter Einbeziehung der Struktur und Arbeitsweise des Landeskriminalamtes. Bis 2021 war er Vorsitzender der Untersuchungskommission gemäß Ethikkodex der Universität Erfurt.[3][4]

Baldus war ab 2008 Mitglied des Thüringer Verfassungsgerichtshofs. Seine Amtszeit wurde 2012 um weitere fünf Jahre und im März 2018 um weitere sieben Jahre verlängert. Zuletzt erfolgte die Wahl auf Vorschlag der Fraktionen der Parteien CDU, SPD, Bündnis 90/Die Grünen und Die Linke.[5] Dabei erhielt er im Thüringer Landtag in einer politisch schwierigen Situation 77 von 85 Stimmen.[6]

Baldus starb während seiner Amtszeit Ende Dezember 2021 im Alter von 58 Jahren. Er wurde von Ministerpräsident Bodo Ramelow als „starker Streiter für den Rechtsstaat“ gewürdigt, Innenminister Georg Maier erkannte in ihm eine „Stimme der Rechtsstaatlichkeit und Demokratie“.[2]

Forschung

Baldus beschäftigte sich mit deutschem Verfassungsrecht, Rechtstheorie,[7] Thüringer Landesrecht[8] und Polizeirecht.[9] Ein besonderer Schwerpunkt lag im Bereich der Menschenwürde und Artikel 1 des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland.[10]

Mitgliedschaften und Auszeichnungen

Baldus war Mitglied in der Vereinigung der Deutschen Staatsrechtslehrer und im Arbeitskreis Innere Sicherheit. Ab 2021 war er Mitglied im Netzwerk Wissenschaftsfreiheit.[11]

2001 wurde er mit dem 1. Preis der Polizei-Führungsakademie 1999 für hervorragende Abhandlungen aus dem Bereich der Inneren Sicherheit für seine Habilitationsschrift ausgezeichnet.

2003 wurde er mit dem Preis für Gute Lehre im Studium Fundamentale des Jahres 2003 der Universitätsgesellschaft Erfurt e. V. und des Studierendenrates der Universität Erfurt ausgezeichnet. Weitere Auszeichnungen für gute Lehre erhielt er beispielsweise durch die Studierendenschaft der Staatswissenschaftlichen Fakultät im Wintersemester 2016/2017 sowie im Sommersemester 2017 mit jeweils zweiten Plätzen.[12]

Prozessvertretung

Im Jahr 2002 übernahm Baldus die Prozessvertretung in der mündlichen Verhandlung eines Normenkontrollverfahrens, das dem Bundesverfassungsgericht durch das Amtsgericht Hamburg vorgelegt wurde.[13][14] Im zugrundeliegenden Fall wandte Baldus sich gegen das Verbot des Doppelnamens für Kinder durch § 1616 Abs. 2 und 3 BGB a. F. und wollte erreichen, dass sein Kind einen aus seinem Namen und dem seiner Ehefrau, die ihren Nachnamen nach der Eheschließung behielt, gebildeten Doppelnamen tragen darf. Der Erste Senat des Bundesverfassungsgerichts entschied das Anliegen jedoch abschlägig.[15]

Sportliche Karriere

Vor seiner juristischen Laufbahn war Baldus als Fußballer aktiv und absolvierte in der Saison 1983/84 der Verbandsliga Rheinland (damals die vierthöchste Spielklasse im deutschen Fußball) insgesamt 21 Pflichtspiele für den VfB Wissen.[16] Außerdem spielte er auch mehrfach für die deutsche A-Jugend-Nationalmannschaft des Deutschen Fußball-Bundes.[17]

Publikationen (Auswahl)

Weblinks

 Commons: Manfred Baldus – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Erstmeldung zum Tod durch Bodo Ramelow auf Twitter (zuletzt abgerufen am 30. Dezember 2021); Meldung vom Innenminister Georg Maier vom 30. Dezember 2021.
  2. 2,0 2,1 "Eine starke Stimme verstummt". Zum Tod von Manfred Baldus, Thüringer Allgemeine vom 31. Dezember 2021, S. 2 (= Thüringer Landeszeitung vom 31. Dezember 2021, S. 2).
  3. Untersuchungskommission gemäß Ethikkodex auf uni-erfurt.de (zuletzt abgerufen am 15. Juni 2019).
  4. Überblick über Kommissionen auf der Seite des Rats der Sozial- und WirtschaftsDaten (abgerufen am 15. Juni 2019).
  5. Drucksache 6/5434 des Thüringer Landtages (abgerufen am 20. März 2018).
  6. Verfassungsrichter vom Landtag gewählt auf sueddeutsche.de (abgerufen am 20. März 2018).
  7. Bspw. Die Einheit der Rechtsordnung: Bedeutungen einer juristischen Formel in Rechtstheorie, Zivil- und Staatsrechtswissenschaft des 19. und 20. Jahrhunderts, Duncker & Humblot, Berlin 1995. ISBN 3-428-08370-9.
  8. Matthias Knauff (Hrsg.): Landesrecht Thüringen. Studienbuch, Nomos, Baden-Baden 2018, ISBN 978-3-8487-2649-3; mit Joachim Linck, Joachim Lindner, Holger Poppenhäger, Matthias Ruffert (Hrsg.): Die Verfassung des Freistaats Thüringen. Handkommentar, Nomos, Baden-Baden 2013, ISBN 978-3-8329-7245-5.
  9. Bspw. Entgrenzungen des Sicherheitsrecht – Neue Polizeirechtsdogmatik? In: Die Verwaltung. Zeitschrift für Verwaltungsrecht und Verwaltungswissenschaften, 2014, S. 1–23; Transnationales Polizeirecht – Verfassungsrechtliche Grundlagen und einfach-gesetzliche Ausgestaltung polizeilicher Eingriffsbefugnisse in grenzüberschreitenden Sachverhalten, Nomos, Baden-Baden 2001. ISBN 978-3-789-07003-7.
  10. Erst antitotalitäre Grundnorm, nun rätselhafte Supernorm: Art. 1 Abs. 1 GG. In: Hans Michael Heinig/Frank Schorkopf: 70 Jahre GG. In welcher Verfassung ist die Bundesrepublik?, Göttingen 2019, ISBN 978-3-525-31078-6, S. 47–66; Kämpfe um die Menschenwürde – Die Debatten seit 1949, Suhrkamp, Frankfurt am Main 2016. ISBN 978-3-518-29799-5; Menschenwürdegarantie und Absolutheitsthese. Zwischenbericht zu einer zukunftsweisenden Debatte. In: Archiv des öffentlichen Rechts, 2011, S. 529–552.
  11. Vgl. Mitgliederliste des Netzwerks Wissenschaftsfreiheit, zuletzt abgerufen am 17. April 2021.
  12. Preis für gute Lehre auf uni-erfurt.de (abgerufen am 7. Dezember 2018).
  13. Vorträge/ Mitwirkung an öffentlichen Veranstaltungen. Abgerufen am 9. November 2018.
  14. Rechtsanwalt Thomas Fuchs, Heidelberg: BVerfG, Mitteilung vom 30.01.2002 – 10/02. Abgerufen am 9. November 2018.
  15. RZ-Online GmbH: RZ-Online. Abgerufen am 9. November 2018.
  16. Spielerprofil beim VfB Wissen. Abgerufen am 24. Juni 2012.
  17. Lebenslauf. Abgerufen am 14. Juli 2016.
Dieser Artikel basiert ursprünglich auf dem Artikel Manfred Baldus (Rechtswissenschaftler, 1963) aus der freien Enzyklopädie Wikipedia und steht unter der Doppellizenz GNU-Lizenz für freie Dokumentation und Creative Commons CC-BY-SA 3.0 Unported. In der Wikipedia ist eine Liste der ursprünglichen Wikipedia-Autoren verfügbar.