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Magensonde

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Als Magensonde bezeichnet man in der Medizin einen Schlauch, der durch Mund oder Nase entlang des natürlichen oberen Verdauungsweges, also durch Rachen und Speiseröhre zum Magen vorgeschoben wird. Dadurch unterscheidet sie sich von der PEG-Sonde, die durch die Bauchdecke gelegt wird. In der Tiermedizin wird auch die Nasenschlundsonde eingesetzt, die durch die Nase bis in die Speiseröhre geschoben wird, bei Pferden auch bis in den Magen.

Indikationen

Eine Magensonde ist indiziert zur Nahrungs-, Flüssigkeits- und Medikamentenzufuhr (Künstliche Ernährung) in der Intensivmedizin oder in der Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie bei der Unmöglichkeit einer normalen Passage der oberen Verdauungswege (Mund, Rachen, Kehlkopf, Speiseröhre) z. B. bei Schluckstörungen oder Unmöglichkeit der Nahrungsaufnahme durch den Mund (z. B. wegen Verdrahtung zwischen Ober- und Unterkiefer). Gelegentlich erfolgt ein Einsatz, um Hungerstreikende oder Magersüchtige gegen deren Willen zu ernähren. Eine weitere Indikation ist die Ableitung von Mageninhalt, beispielsweise vor, während oder nach Operationen des Bauchraums, bei Darmverschluss (Ileus) oder nach oraler Aufnahme von Giften (Alkohol, Tabletten, Verdünner, Säure …). Darüber hinaus kann über eine Magensonde Magensaft zu diagnostischen Zwecken gewonnen werden.[1]

Eine Magensonde kann auch zur Stabilisierung, Darstellung oder Schienung der Speiseröhre bei Operationen eingesetzt werden.[2]

Eine Magensonde ist meist relativ einfach zu legen und eher für kurzzeitige Anwendungen (bis zu zwei Wochen) geeignet. Das Legen und die Pflege (Verbandswechsel) einer Magensonde durch die Bauchwand (PEG-Sonde) ist hingegen aufwändiger.[1]

Lange liegende Magensonden können mit einer speziellen „Nasenolive“ aus Silikon versehen werden, die per Abdruckverfahren an die Nase des Patienten angepasst wird und im inneren des Nasenlochs zum liegen kommt. Auf diese Weise kann die Magensonde bei Nichtgebrauch "versenkt" werden. Durch die weitgehende Unsichtbarkeit verbessert sich die Compliance der Patienten und somit auch deren Ernährungssituation.

Kontraindikationen

Eine Magensonde soll nicht eingelegt werden bei großen Verletzungen oder Tumoren im Bereich des Mund- und Rachenraums oder der Speiseröhre. Auch Krampfadern in der Speiseröhre (Ösophagusvarizen) oder Verätzungen der Speiseröhre sind Kontraindikatoren. Weitere Ausschlusskriterien bei nasalen Sonden sind Infekte der Nasennebenhöhlen sowie Verletzungen und Mittelgesichtsfrakturen.[3]

Eine weitere Kontraindikation sind schwere Gerinnungsstörungen.[4]

Legen einer Magensonde

Trotz möglicher Komplikationen ist die Anlage einer Magensonde im Allgemeinen unproblematisch. Sie ist beim wachen Patienten möglich. Ernste Komplikationen durch die Anlage sind selten.

Die Magensonde kann durch die Nase oder durch den Mund gelegt werden, wobei die Platzierung über die Nase bevorzugt wird. Zumeist wird ein Gleitmittel aufgebracht. Der Kopf wird etwas nach vorn geneigt und der wache Patient zum Schlucken aufgefordert. Beim schlafenden Patienten kann die Sonde mit den Fingern geführt werden, in schwierigen Situationen können ein Laryngoskop und eine Magill-Zange notwendig werden.[3][1]

Die exakte Lage kann über die Durchleitung von 50 ml Luft erfolgen, wobei bei Lage im Magen ein typisches Plätschergeräusch zu hören ist und sich anschließend die gleiche Menge Luft und etwas Magensaft anziehen lassen. Im Zweifelsfall muss die Lage röntgenologisch überprüft werden.[3] Anschließend ist die Sonde sicher und spannungsfrei mit einem Pflaster zu sichern.[5]

Verwendete Materialien

Magensonden werden aus unterschiedlichen Materialien hergestellt. Meist handelt es sich um Polyvinylchlorid, Polyurethan oder Silikon. Alle Sonden werden im Allgemeinen so hergestellt, dass sie röntgenologisch darstellbar sind. Sonden aus PVC haben eine Liegedauer von drei Tagen, da die im PVC enthaltenen Weichmacher sich wenigen Tagen aus dem Material lösen und die Sonden dann starr werden. Polyurethan und Silikon haben eine Liegedauer von bis zu 6 Wochen. Das weiche Material verliert keine Weichmacher und ist speiseröhren- und schleimhautfreundlich. Silikon-Sonden haben eine dicke Wandstärke und enges Lumen, Magensonden aus Polyurethan eine dünne Wandstärke und weites Lumen.[1]

Unterschieden wird auch nach Größe, Länge (100–130 cm) und Anzahl der Lumina (2–3 können verschiedene Orte sondieren). Die gebräuchlichsten Größen sind: CH 6-8 für Neugeborene, CH 8-10 für Kleinkinder, CH 10-12 für Kinder, CH 12-18 für Erwachsene.

Komplikationen bei der Anlage

Bei der Anlage kann es zu Erbrechen durch Auslösen des Würgreflexes oder zu Nasenbluten bei Einführung der Sonde durch die Nase kommen. Verletzungen, d. h. Perforation der Nasenschleimhaut, des Rachens, der Bronchien oder der Speiseröhre, sind selten. In Einzelfällen ist es zu einem Durchbruch durch den Schädelknochen und somit zur intrakraniellen Lage der Magensonde gekommen.[6] Durch die Auslösung von vagalen Reflexen kann es zu einer Bradykardie oder in extrem seltenen Fällen zu einem Herzstillstand kommen. Ebenso kann die Herzfrequenz beim Legen der Magensonde ansteigen, weil das unangenehme Gefühl Stress hervorruft.[7]

Komplikationen bei länger liegender Magensonde

Bei längerer Liegedauer kann es zu Druckstellen (Ulzera) oder Dekubitus an Naseneingang, Nasenschleimhaut, Rachen, Speiseröhre und Magen kommen.

Die Sonde kann herausrutschen (Dislokation), wenn (beispielsweise beim Umlagern des Patienten) versehentlich daran gezogen wird. Sie kann vom Patienten auch durch Erbrechen hervorgewürgt werden. Bleibt dabei die Fixierung der Sonde an Nase oder Mund unbeschädigt, kann die Magensonde sich im Rachen aufwickeln. Wenn dies vom Pflegepersonal nicht bemerkt wird, erreicht verabreichte Sondenkost nicht den Magen, sondern den Rachenraum. Verfügt der Patient nicht über ausreichende Schutzreflexe (Schluckreflex, Würgereflex, Hustenreflex), kann die Sondenkost in die Luftröhre gelangen (Aspiration).

Eine Aspiration kann darüber hinaus auftreten, wenn der Patient neben der Magensonde erbricht oder regurgitiert und nicht über ausreichende Schutzreflexe (Schluckreflex, Würgereflex, Hustenreflex) verfügt. Eine solche Aspiration kann eine Pneumonie hervorrufen. Durch die liegende Magensonde werden Infekte der Nasennebenhöhlen (Sinusitis) begünstigt.

Unterhalt und Wartung

Durch die Sonde kann normale Nahrung verabreicht werden, sofern sie dazu flüssig genug ist. Im heutigen medizinischen Umfeld wird jedoch nahezu ausschließlich industriell gefertigte Flüssignahrung (Sondennahrung) verwendet. Es ist nahezu jede diätetische Zusammensetzung auf der Angebotsliste der entsprechenden Hersteller zu finden.

Vor jeder Verabreichung von Flüssigkeit oder Nahrung muss eine Lagekontrolle durchgeführt werden, um sicherzustellen, dass die Sonde nicht in die Luftröhre gerutscht ist. Die Sondenlage ist zudem einmal pro Schicht zu prüfen. Nach der Verabreichung wird die Magensonde in der Regel mit 50 bis 100 ml klarem Wasser gespült. Bei liegender Magensonde ist mindestens einmal täglich eine ausgiebige Nasenpflege durchzuführen.[8]

Einmal täglich bzw. nach Bedarf ist der Sekretbeutel zu wechseln, der Inhalt zu messen und zu protokollieren. Der Sondenbeutel muss so am Bett fixiert sein, dass kein Zug an der Sonde entsteht und das Sekret gut ablaufen kann.[9]

Längere Magensonden: Duodenal- und Jejunalsonde

Je nach Länge kann die Sonde im Magen (gastral), im Zwölffingerdarm (duodenal), oder im Leerdarm (jejunal) enden. Bei doppelläufigen Sonden enden die Lumina meist an unterschiedlichen Stellen, sodass sie in zwei verschiedenen Abschnitten zu liegen kommen (z. B. eine Öffnung im Magen, die andere im Zwölffingerdarm).[10]

Bei der Anlage der Jejunalsonde (Sonde in den Dünndarm) ist der Patient auf die rechte Seite zu lagern und gegebenenfalls das Becken anzuheben. Häufig wird die Jejnunalsonde mithilfe eines Endoskops gelegt. Die Jejunalsondenlagekontrolle erfolgt durch eine Probe auf Lakmuspapier (pH größer 7), Luftinsufflation und Röntgen. Das Besondere bei der Jejunalsonde ist die kontinuierliche Gabe über die Sonde, da das Jejunum nicht größere Mengen auf einmal aufnehmen kann, wie der Magen.[10]

Besonderheiten bei der Sondenernährung von Säuglingen und Kleinkindern

Unter Sondenabhängigkeit bzw. -dependenz versteht man die unbeabsichtigte physische und emotionale Abhängigkeit eines Säuglings oder Kleinkindes von einer ursprünglich als nur vorübergehend geplanten Sondierung bei gleichzeitigem Fehlen einer medizinischen Indikation. Die permanente Ernährung über eine Sonde hat ein Entwicklungsdefizit in der Entwicklung des Kindes zur Folge, weswegen ihre Entfernung oftmals als unabdingbar erscheint.[11]

Bei Säuglingen und Kleinkindern ist zum Übergang auf eine selbständige Nahrungsaufnahme eine Sondenentwöhnung mit Training der Kau- und Schluckmotorik notwendig.

Einzelnachweise

  1. 1,0 1,1 1,2 1,3 Hans Walter Striebel: Operative Intensivmedizin: Sicherheit in der klinischen Praxis. Schattauer Verlag, 2008, ISBN 9783794524808, S. 236.
  2. Andreas Hirner, Kuno Weise: Chirurgie. Georg Thieme Verlag, 2. Aufl. 2008, ISBN 9783131513229, S. 113.
  3. 3,0 3,1 3,2 Hugo Karel Van Aken, Konrad Reinhart, Tobias Welte, Markus Weigand: Intensivmedizin. Georg Thieme Verlag, 3. Auflage 2014, ISBN 9783131511430, S. 159.
  4. A. Lauber, P. Schmalstieg: Pflegerische Interventionen. Band 3. Georg Thieme Verlag, 3. Aufl. 2012, ISBN 9783131515834, S. 476.
  5. Hans Walter Striebel: Operative Intensivmedizin: Sicherheit in der klinischen Praxis. Schattauer Verlag, 2008, ISBN 9783794524808, S. 238.
  6. Peter Lawin (Hrsg.): Praxis der Intensivbehandlung. 5. Auflage. Thieme Verlag, Stuttgart 1989, ISBN 3-13-441-805-3, S. 10, 19.
  7. A. Lauber, P. Schmalstieg: Pflegerische Interventionen. Band 3. Georg Thieme Verlag, 3. Aufl. 2012, ISBN 9783131515834, S. 479.
  8. A. Lauber, P. Schmalstieg: Pflegerische Interventionen. Band 3. Georg Thieme Verlag, 3. Aufl. 2012, ISBN 9783131515834, S. 476.
  9. Susanne Schewior-Popp, Renate Fischer: Examen Pflege, Band 2, Georg Thieme Verlag, 2007, ISBN 9783131415110, S. 190.
  10. 10,0 10,1 Hans Walter Striebel: Operative Intensivmedizin: Sicherheit in der klinischen Praxis. Schattauer Verlag, 2008, ISBN 9783794524808, S. 239.
  11. Dunitz-Scheer, M., Huber-Zyringer, A., Kaimbacher, P., Beckenbach, H., Kratky, E., Hauer, A. et al.: Sondenentwöhnung. In: Pädiatrie, 4+5, 2010, S. 7–13.
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