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Ma Nischtana

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Ma nischtana... Auszug aus der Pessach-Haggada, 1935, Illustrationen von Arthur Szyk

Während des festlichen Abendessens (Seder, hebräisch סדר) am Vorabend des jüdischen Pessach­fests wird eines der berühmtesten Lieder aus der Haggada (hebräisch הגדה) gesungen. Das jüngste Mitglied am Tisch stellt „die vier Fragen“, die mit den Worten „Ma nischtana...“ beginnen (hebräisch מַה נִּשְׁתַּנָּה, deutsch „Was unterscheidet...“). Der Text ist Teil der Erzählung vom Exodus, dem Auszug aus Ägypten.[1]

Text der vier Fragen
Deutsch Transliteration Hebräisch
Was unterscheidet diese Nacht
von allen anderen Nächten?
Ma nischtana haLajla hase
mikol haLejlot?
מַה נִּשְׁתַּנָּה, הַלַּיְלָה הַזֶּה
מִכָּל הַלֵּילוֹת
In allen andern Nächten essen
wir Gesäuertes und Ungesäuertes —
in dieser Nacht nur Ungesäuertes?
Schebekhol haLejlot anu ochlin
Chamez uMazah,
haLajlah haseh kulo Mazah.
שֶׁבְּכָל הַלֵּילוֹת אָנוּ אוֹכְלִין
חָמֵץ וּמַצָּה
הַלַּיְלָה הַזֶּה, כֻּלּוֹ מַצָּה
In allen andern Nächten essen
wir alle Arten von Kräutern —
in dieser Nacht nur Bitterkraut?
Schebekhol haLejlot anu ochlin
Sch'ar Jerakoth,
haLajlah haseh Maror.
שֶׁבְּכָל הַלֵּילוֹת אָנוּ אוֹכְלִין
שְׁאָר יְרָקוֹת
הַלַּיְלָה הַזֶּה, מָרוֹר
In allen andern Nächten müssen wir nicht
eintunken, auch nicht ein einziges Mal —
in dieser Nacht zwei Mal?
Schebekhol haLejlot ejn anu
matbilin afilu p'am achat,
haLajlah haseh schtej F'amim.
שֶׁבְּכָל הַלֵּילוֹת אֵין אָנוּ
מַטְבִּילִין אֲפִילוּ פַּעַם אֶחָת
הַלַּיְלָה הַזֶּה, שְׁתֵּי פְעָמִים
In allen andern Nächten essen
wir sitzend oder angelehnt —
in dieser Nacht alle angelehnt?"
Schebekhol haLejlot anu ochlin
bein joschwin uwein mesubin,
haLajlah haseh kulanu mesubin.
שֶׁבְּכָל הַלֵּילוֹת אָנוּ אוֹכְלִין
בֵּין יוֹשְׁבִין וּבֵין מְסֻבִּין
הַלַּיְלָה הַזֶּה, כֻּלָּנוּ מְסֻבִּין

Melodie

Der russische Komponist Ephraim Avilea, der in das Mandatsgebiet Palästina ausgewandert ist, schrieb 1936 ein Oratorium mit dem Titel Hag HaHerut (hebräisch חַג הַחרות „Festtag der Freiheit“), eine der drei weiteren Bezeichnungen für Pessach, neben Hag HaMatzot (hebräisch חַג הַמצות), dem Fest des ungesäuerten Brotes, und Hag HaAviv (hebräisch חַג הַאביב), dem Frühlingsfest. Seine Komposition wurde schnell angenommen und wird seitdem als die traditionelle Melodie des Ma nishtana angesehen.[2]

Hintergrund

Am Pessachfest gedenken Juden des Exodus, des Auszugs aus Ägypten. Die Weitergabe der Geschichte des Exodus von den Eltern an das Kind ist dabei essentiell. Der beste Weg, die Aufmerksamkeit von Kindern zu erregen, bestehe darin, ihre natürliche Neugier zu wecken. Der Seder soll daher mit den Fragen provozieren und dabei helfen, den Übergang von der Sklaverei zur Freiheit zu feiern und gleichzeitig zu erklären. Kleine Kinder können die historischen Fakten und intellektuellen Probleme, die am Passahfest erforscht werden, nicht vollständig verstehen. Indem ihnen aber das Stellen der Fragen übertragen wird, sollen sie einbezogen werden, um die Verantwortlichkeiten der Freiheit persönlich zu erleben, denn Sklaven durften keine Fragen stellen.

Ein Sklave darf keinen unabhängigen Willen, keine eigene Meinung haben und darf Autoritäten nicht in Frage stellen oder gar seine eigenen Gedanken äußern. Erst in Freiheit wurde der jüdischen Nation die Möglichkeit gegeben, sowohl zu fragen, als auch Dinge in Frage zu stellen. Ein Sinn des Passahfestes besteht deshalb darin, von seinen inneren Zwängen befreit zu werden. Nur durch die Erforschung des Judentums, durch Nachfragen und dem Suchen nach mehr, könne man ein höheres spirituelles Niveau erreichen. Das Stellen der vier Fragen symbolisiert diese Suche nach dem Sinn.[3]

Der Brauch, die vier Fragen zu stellen, stammt aus der Zeit der Mischna (hebräisch מִשְׁנָה, „Wiederholung“), der ersten größeren Niederschrift der mündlichen Tora, hat jedoch einen Bezug zu früheren Zeiten. In der Zeit des Zweiten Tempels (ab dem 6. Jahrhundert v. Chr.) war es üblich, zu einem relativ späten Zeitpunkt des Seders die vier Fragen zu stellen. Nachdem die Kinder zu später Stunde schon schliefen, wurde beschlossen, die Fragen früher am Abend stellen zu lassen.[4]

Die Fragen spiegeln die Hauptthemen von Pesach wider, nämlich die übereilte Flucht aus Ägypten, die Bitterkeit des hebräischen Lebens in Ägypten vor dem Exodus und das Pessachopfer, das nur geröstet verzehrt werden darf.

Die dritte Frage, die seit der Zerstörung des Zweiten Tempels obsolet geworden ist, wurde durch eine andere ersetzt: Ursprünglich hieß die Frage: „Warum essen wir im Liegen?“. Dies bezog sich auf den römischen Brauch, bei Banketten im Liegen zu essen, was ein Zeichen des freien Menschen war.

Diese Formulierung erscheint nicht im Talmud, sondern im Siddur von Saadia Gaon und der Mischne Tora von Moses Maimonides.

Während der Periode der Geonim hat sich die Reihenfolge der Fragen gegenüber der Version im babylonischen Talmud geändert. Die erste Frage bezieht sich auf das zweifache Eintunken, die zweite auf die Matza und die dritte Frage auf die angelehnte Position. Diese Sequenz wurde von den östlichen und sephardischen Juden übernommen; die Aschkenasim haben die talmudische Version bewahrt. In den sephardischen und orientalischen Gemeinschaften stellt das Kind die Fragen in der jeweiligen Volkssprache (Arabisch, Persisch). In jemenitischen Gemeinden wird das Kind, das die Fragen stellt, mit einer Süßigkeit belohnt.[5]

Weblinks

 Commons: Ma Nishtana – Album mit Bildern und/oder Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Dritter Teil einer Videoreihe zum Seder Pesach, HaGalil. Abgerufen am 10. April 2019.
  2. En quoi cette nuit est-elle différente des autres nuits?, Boker Tov Yerushalayim, 30. März 2018. Abgerufen am 11. April 2019.
  3. Dovid Zaklikowski, Why Ask the Four Questions on Passover?, Chabad.org (englisch). Abgerufen am 10. April 2019.
  4. Cyrus Adler, Lewis Naphtali Dembitz, Jewish Encyclopedia – Seder, Funk & Wagnalls, New York, 1906. Abgerufen am 11. April 2019.
  5. S. Weiss, Chazzanut - Mah Nishtanah (hebräisch). Abgerufen am 11. April 2019.
Dieser Artikel basiert ursprünglich auf dem Artikel Ma Nischtana aus der freien Enzyklopädie Wikipedia und steht unter der Doppellizenz GNU-Lizenz für freie Dokumentation und Creative Commons CC-BY-SA 3.0 Unported. In der Wikipedia ist eine Liste der ursprünglichen Wikipedia-Autoren verfügbar.