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Lorenz von Stein

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Lorenz von Stein
Bronzerelief am ehemaligen Christianspflegehaus in Eckernförde
Lorenz-von-Stein-Büste in Eckernförde; 2015 geschaffen von Manfred Sihle-Wissel

Lorenz von Stein (* 15. November 1815 in Borby bei Eckernförde als Wasmer Jakob Lorentz; † 23. September 1890 in Hadersdorf-Weidlingau) war ein deutscher Staatsrechtslehrer, Soziologe und Nationalökonom.

Leben

Bis 1832 war er Schüler des Christians-Pflegeheims in Eckernförde. Von 1835 bis 1839 studierte Lorenz von Stein an den Universitäten in Kiel und Jena Philosophie und Rechtswissenschaft. Während seines Studiums wurde er 1836 Mitglied der Burschenschaft Albertina Kiel und 1837 Mitglied der Vereinigten Burschenschaft auf dem Burgkeller Jena.[1] In den Jahren 1841/42 folgten Studien- und Forschungsaufenthalte in Berlin und Paris. Nach seiner Habilitation in Kiel wurde er ebendort erst Privatdozent und 1846 außerordentlicher Professor der Staatswissenschaften. 1848 hielt Stein sich als Beobachter für die Frankfurter Nationalversammlung noch einmal in Paris auf.

Bei den Wahlen zur konstituierenden schleswig-holsteinischen Landesversammlung 1848 scheiterte er im 4. holsteinischen Wahlbezirk (Kiel, Plön). In einer Nachwahl am 28. März 1850 wurde er dann im 23. Holsteinischen Wahlbezirk (Preetz) in die Landesversammlung gewählt.

Wegen seiner aktiven Beteiligung an der schleswig-holsteinischen Bewegung gegen Dänemark wurde er 1852 seines Kieler Professorenamtes entbunden.[2] Ab 1855 war er ordentlicher Professor für Politische Ökonomie an der Universität Wien, wo er 30 Jahre wirkte. Im Dezember 1874 wurde er als korrespondierendes Mitglied in die Russische Akademie der Wissenschaften in Sankt Petersburg aufgenommen.[3]

Er verstarb 1890 auf seinem Landsitz in Weidlingau bei Wien. Stein wurde auf dem Evangelischen Friedhof Matzleinsdorf (Gruppe 17, Nr. 227) beigesetzt. In Wien-Penzing (14. Bezirk) ist die Lorenz-Stein-Straße nach ihm benannt und in Eckernförde der Lorenz-von-Stein-Ring.

Sein Sohn Alwin Stein (* 1848 in Kiel, † 1919 in Wien) war Maler.[4]

Werk und Wirkung

Als einer der ersten deutschen Interpreten des französischen Sozialismus und Kommunismus setzte Stein bedeutende Impulse für die politische Ideengeschichte in Deutschland. In seinen frühen theoretischen Arbeiten versuchte Stein eine Vermittlung zwischen der systemkritischen Perspektive von Sozialismus und Kommunismus mit dem bürgerlich-liberalen Fortschrittsgedanken.

In seinen späteren Theorie-Schriften hob Stein den starren Gegensatz zwischen der allgemeinen Staatsidee und den jeweils besonderen gesellschaftlichen Interessen auf. Er postulierte eine Aufgabenverschiebung öffentlichen Handelns vom Rechtsstaat zum Sozialstaat. Von ihm stammt der Begriff der „socialen Demokratie“.[5]

Von Stein teilte im Jahre 1860 das gesamte Staatsvermögen in Staatsbesitz und Staatsdomänen ein. Während er unter Staatsbesitz alle ertraglosen Güter verstand, bezeichnete er als Staatsdomänen die „Gesammtheit der für Urproduction und Landwirthschaft bestimmten Staatsgüter“ (also Land- und Forstwirtschaft, Bergbau und Fischerei).[6] „Gesälle“ nannte er alle Einnahmen aus Staatsdomänen, also Lehen und Pacht.[7]

Ein Einfluss der stein’schen Ideen auf Karl Marx gilt als wahrscheinlich, ist aber nicht nachgewiesen. Eine besondere Rezeption im Japan der Meiji-Restauration ist belegt.

Lorenz von Stein-Gesellschaften

In Kiel wirkt die Lorenz von Stein-Gesellschaft zu Kiel e. V. mit vorwiegend rechtspolitischem Tätigkeitsfeld. Die Gesellschaft versteht sich zugleich als Förderverein des Lorenz-von-Stein-Instituts für Verwaltungswissenschaften, eines Instituts der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel.

In Mannheim fungiert eine Lorenz-von-Stein-Gesellschaft als eingeschriebener Verein zur Förderung des Mannheimer Zentrums für Europäische Sozialforschung (MZES) an der Universität.

Werke

  • Der Sozialismus und Kommunismus des heutigen Frankreich, Leipzig 1842, 2. Aufl. 1847.
  • Die sozialistischen und kommunistischen Bewegungen seit der dritten französischen Revolution, Stuttgart 1848.
  • Geschichte der sozialen Bewegung in Frankreich von 1789 bis auf unsre Tage, 3 Bde. Leipzig 1850.
  • Geschichte des französischen Strafrechts, Basel 1847.
  • Französische Staats- und Rechtsgeschichte, 3 Bde. Basel 1846–48.
  • System der Staatswissenschaft, Bd. 1: Statistik etc., Basel 1852; Bd. 2: Gesellschaftslehre, Basel 1857.
  • Die neue Gestaltung der Geld- und Kreditverhältnisse in Österreich, Wien 1855.
  • Lehrbuch der Volkswirtschaft, Wien 1858; 3. Aufl. als „Lehrbuch der Nationalökonomie“, 3. Aufl. 1887.
  • Lehrbuch der Finanzwissenschaft, 4 Bde. Leipzig 1860; 5. Aufl. 1885–86.
  • Die Lehre vom Heerwesen, Stuttgart 1872.
  • Verwaltungslehre, 8 Bde. Stuttgart 1865–84 (Gilt als bedeutendstes Werk, eine umfassende, nicht zum Abschluss gelangte Behandlung desjenigen Gegenstandes, den man sonst als Polizeiwissenschaft zu behandeln pflegt.)
(Bd. 1. 1865 Digitalisat und Volltext im Deutschen Textarchiv, Bd. 2 (2,1) 1866 Digitalisat und Volltext im Deutschen Textarchiv, Bd. 3 (2,2) 1867 Digitalisat und Volltext im Deutschen Textarchiv, Bd. 4. 1867 Digitalisat und Volltext im Deutschen Textarchiv, Bd. 5. 1868 Digitalisat und Volltext im Deutschen Textarchiv, Bd. 6. 1868 Digitalisat und Volltext im Deutschen Textarchiv, Bd. 7. 1868 Digitalisat und Volltext im Deutschen Textarchiv; Bd. 8 erst 1884, im Anschluss an die 2. Aufl. erschienen)

Weitere Werke:

  • Zur Eisenbahnrechtsbildung, Wien 1872.
  • Die Frau auf dem Gebiet der Nationalökonomie, Stuttgart 1875, 6. Aufl. 1886.
  • Gegenwart und Zukunft der Rechts- und Staatswissenschaft Deutschlands, Stuttgart 1876.
  • Der Wucher und sein Recht, Wien 1880.
  • Die drei Fragen des Grundbesitzes und seiner Zukunft, Stuttgart 1881.
  • Das gesellschaftliche Labyrinth. Texte zur Gesellschafts- und Staatstheorie. Eingel. und hrsg. von Klaus H. Fischer, Schutterwald/Baden 1992.
  • Alpenrosen. Gedichte. Eingel. und hrsg. von Klaus H. Fischer, Schutterwald/Baden 1994.

Literatur

  • Constantin von Wurzbach: Stein, Lorenz Ritter von. In: Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich. Band 38. Verlag L. C. Zamarski, Wien 1879, S. 35–40.
  • Karl Theodor von Inama-Sternegg: Stein, Lorenz von. In: Allgemeine Deutsche Biographie (ADB). Band 35, Duncker & Humblot, Leipzig 1893, S. 661–666.
  • Ernst Grünfeld: Lorenz von Stein und die Gesellschaftslehre. G. Fischer, Jena 1910.
  • Ansgar Fürst: Die soziologische Dimension in der Gesellschaftslehre Lorenz von Steins: Lorenz von Steins Beitrag zur Soziologie, dargestellt an einer Interpretation der Begriffe „Gesellschaft“ und „Gesellschaftswissenschaft“. Dissertation, Ruprecht-Karls-Universität, Heidelberg 1957.
  • Klaus H. Fischer: Die Wissenschaft der Gesellschaft. Gesellschaftsanalyse und Geschichtsphilosophie des Lorenz von Stein unter besonderer Berücksichtigung seines gesellschaftlichen Entwurfs. Haag & Herrchen, Frankfurt/M. 1990, ISBN 3-89228-476-8 (zugl. Dissertation, Universität Freiburg/B. 1989).
  • Stefan Koslowski: Die Geburt des Sozialstaats aus dem Geist des Deutschen Idealismus. Person und Gemeinschaft bei Lorenz von Stein. VCH, Acta Humaniora, Weinheim 1989, ISBN 3-527-17666-7.
  • Albert von Mutius (Hrsg.): Lorenz von Stein. 1890–1990. Akademischer Festakt zum 100. Todestag. Verlag von Decker, Heidelberg 1992, ISBN 3-7685-2091-9.
  • Katharina Ibrahim: Gesellschafts- und Geschichtstheorie Lorenz von Steins. Herausbildung, Formierung und Wandel seiner Ansichten zwischen 1839 und 1856. Lorenz-von-Stein-Institut für Verwaltungswissenschaften, Kiel 1993 (zugl. Dissertation, Universität Halle).
  • Michael Löbig: Persönlichkeit, Gesellschaft und Staat. Idealistische Voraussetzungen der Theorie Lorenz von Steins. Königshausen & Neumann, Würzburg 2004, ISBN 3-8260-2738-8.
  • Martin Rackwitz: Märzrevolution in Kiel, 2011, ISBN 978-3-8042-1342-5, Kurzbiographie auf S. 215.
  • Utz Schliesky, Jan Schlürmann: Lorenz von Stein. Leben und Werk zwischen Borby und Wien (= Wissen im Norden). Wachholtz Verlag, Kiel 2015, ISBN 978-3-529-07605-3.
  • Christoph Brüning, Utz Schliesky (Hrsg.): Lorenz von Stein und die rechtliche Regelung der Wirklichkeit. Mohr Siebeck, Tübingen 2015, ISBN 978-3-16-154366-1.

Aufsätze

  • Dirk Blasius: Lorenz von Stein. In: Hans-Ulrich Wehler: Deutsche Historiker. Bd. 1. Vandenhoeck und Ruprecht, Göttingen 1971, S. 25–38.
  • Eckart Pankoke: Stein, Lorenz von, In: Wilhelm Bernsdorf/Horst Knospe (Hgg.): Internationales Soziologenlexikon. Bd. 1. Enke, Stuttgart ²1980, S. 412 f.
  • Norbert Waszek: Lorenz von Stein. In: Iring Fetscher, Herfried Münkler (Hrsg.): Pipers Handbuch der politischen Ideen. Bd. 4. Piper, München 1986, ISBN 3-492-02954-X, S. 310–316, 321.
  • Ernst-Wolfgang Böckenförde: Lorenz von Stein als Theoretiker der Bewegung von Staat und Gesellschaft zum Sozialstaat. In: Ders.: Recht, Staat, Freiheit.Studien zur Rechtsphilosophie, Staatstheorie und Verfassungsgeschichte. Suhrkamp, Frankfurt/M. 1991, ISBN 3-518-28514-9, S. 170–208.
  • Norbert Waszek: Lorenz von Stein Revisited. In: Politische Vierteljahresschrift. Bd. 37/2, 1996, S. 378–384.
  • Norbert Waszek: Aux sources de l’État social à l’allemande. Lorenz von Stein et Hegel. In: Ders.: Hegel. Droit, histoire, société. (Revue Germanique Internationale; 15). PUF, Paris 2001, ISBN 2-13-051487-1, S. 211–238.
  • Norbert Waszek: L’Etat de Droit Social chez Lorenz von Stein. In: Olivier Jouanjan (Hrsg.): Figures de l’Etat de droit. Le Rechtsstaat dans l’histoire intellectuelle et constitutionnelle de l’Allemagne. Presses universitaires, Strasbourg 2001, ISBN 2-86820-180-6, S. 193–217.
  • Norbert Waszek: Lorenz von Stein. Propagateur du droit français en Allemagne; „ambassadeur“ officieux de la recherche juridique allemande en France. In: Jean-François Kervégan, Heinz Mohnhaupt (Hrsg.): Wechselseitige Beeinflussungen und Rezeptionen von Recht und Philosophie in Deutschland und Frankreich. (Ius commune/Sonderband; 144). Vittorio Klostermann, Frankfurt/M. 2001, ISBN 3-465-03169-5, S. 379–403.
  • Helge Dvorak: Biographisches Lexikon der Deutschen Burschenschaft. Band I: Politiker. Teilband 5: R–S. Winter, Heidelberg 2002, ISBN 3-8253-1256-9, S. 495–497.
  • Joachim Krause: Lorenz von Stein als politikwissenschaftlicher Theoretiker und politischer Philosoph. In: Wilhelm Knelangen, Tine Stein (Hrsg.): Kontinuität und Kontroverse. Die Geschichte der Politikwissenschaft an der Universität Kiel. Klartext Verlag, Essen 2013, ISBN 978-3-8375-0763-8, S. 181–208.
  • Dirk Blasius: Zur Bedeutung Lorenz von Steins für Ernst Rudolf Huber und Carl Schmitt. In: Ewald Grothe (Hrsg.): Ernst Rudolf Huber. Staat - Verfassung - Geschichte, Nomos-Verlag, Baden-Baden 2015, ISBN 978-3-8487-2618-9, S. 261–278.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Helge Dvorak: Biographisches Lexikon der Deutschen Burschenschaft. Band I: Politiker. Teilband 5: R–S. Winter, Heidelberg 2002, ISBN 3-8253-1256-9, S. 495.
  2. Bis 1864 war Kiel zusammen mit den Herzogtümern Schleswig, Holstein und Lauenburg Teil des dänischen Gesamtstaates.
  3. Ausländische Mitglieder der Russischen Akademie der Wissenschaften seit 1724. Lorenz Stein. Russische Akademie der Wissenschaften, abgerufen am 9. November 2015 (englisch).
  4. W. Aichelburg: Stein, Alwin von. In: Österreichisches Biographisches Lexikon 1815–1950 (ÖBL). Band 13, Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, Wien 1957–2005, S. 145 f. (Direktlinks auf S. 145, S. 146).
  5. Petra Dobner: Neue Soziale Frage und Sozialpolitik. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden 2007, S. 99.
  6. Lorenz von Stein, Lehrbuch der Finanzwissenschaft: Als Grundlage für Vorlesungen und zum Selbststudium, 1860, S. 113
  7. Lorenz von Stein, Lehrbuch der Finanzwissenschaft: Als Grundlage für Vorlesungen und zum Selbststudium. 1860, S. 133.
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