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Lokativ

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Der Lokativ ist ein Begriff aus der Grammatik und bezeichnet einen in verschiedenen Sprachen vorkommenden Fall (Kasus). Substantive, die im Lokativ stehen, haben zumeist die Funktion von Ortsangaben. Teilweise können neben dem eigentlichen Lokativ noch weitere Lokalkasus vorkommen, die sehr differenziert angeben, in welcher räumlichen Beziehung ein Objekt zu einem Ort steht (in, auf, unter, bei, hinein, heraus, nah, entfernt, etc.). In Sprachen, die keinen gesonderten Fall für Ortsangaben haben, wird diese Aufgabe in der Regel von Präpositionen übernommen.

Vorkommen

In manchen indogermanischen Sprachen haben sich Reste eines im Urindogermanischen vorhandenen Lokativs erhalten. So gibt es in der lateinischen Sprache den Lokativ noch bei den Namen von Städten und kleineren Inseln, sofern diese der o- oder a-Deklination angehören und im Singular stehen – der Lokativ stimmt dann mit dem Genitiv Singular überein, z.  B. Romae = „in Rom“ – sowie in den Formen domi (zu Hause), ruri (auf dem Land), humi (auf dem Boden) und vesperi (am Abend). In allen anderen Fällen wird statt des Lokativs entweder der reine Ablativ oder eine Präpositionalphrase verwendet.

Im Russischen sind Reste des Lokativs bei einigen Substantiven nach den Präpositionen в (in), на (auf) und ganz selten bei при (bei, neben) erhalten geblieben, z. B. в снегу (im Schnee), на носу (auf der Nase), при полку (beim Regiment), на берегу (am Ufer), в степи (in der Steppe). Sonst wurde der Lokativ zumeist zum Präpositiv (im Tschechischen und Slowakischen analog zum Lokal).

Auch das Türkische (das nicht zu den indogermanischen Sprachen zählt) kennt den Lokativ. Er wird durch die Endungen -de und -da (nach stimmlosem Konsonanten erhärtet zu -te und -ta) ausgedrückt. Bei Eigennamen wird diese Endung durch einen Apostroph abgetrennt. Die Endung unterliegt der kleinen Vokalharmonie. Beispiele: Ankara’da = in Ankara, Ürgüp’te = in Ürgüp, Bodrum’da = in Bodrum, plajda = am Strand, okulda = in der Schule, Bülent’te = bei Bülent, doktorda = beim Arzt, usw.

Neben dem Türkischen sind auch in einigen anderen Turksprachen wie dem Kirgisischen, sowie in der lesgischen Sprache (die keine Turksprache, sondern eine ostkaukasische Sprache ist), neben dem Lokativ (wo?) auch Ablativ (woher?) und Allativ (wohin?) als eigenständige Kasus anzutreffen. Als Beispiel kann wieder die türkische Sprache dienen, wo die Endungen sich wie beim Lokativ oben verändern. Beispiele für den Ablativ: von Istanbul = İstanbul'dan, vom Gipfel = doruktan; Beispiele für den Allativ: Şırnak’a = nach Şırnak (wird aber ausnahmsweise schırnağa gelesen), kayağa = zum Ski (türk. kayak), Erek Bey’e = zum Herrn Erek, usw.

In den finno-ugrischen Sprachen ist der Lokativ ebenfalls vorhanden. So werden die Lokativkasus unter anderem im Ungarischen durch Wortsuffixe realisiert, wie hier am Beispiel ház (Haus): Im Inessiv (z. B. házban, im Haus drin), im Elativ (házból, aus dem Haus heraus), im Illativ (házba, in das Haus hinein), im Adessiv (házon, auf dem Haus), dem Ablativ (háztól, vom Haus weg) und schließlich im Allativ (házhoz, zum Haus hin). Wie im Ungarischen, gibt es auch im Finnischen ein sehr differenziertes System von Lokalkasus, das insgesamt aus sechs Fällen besteht: Am Beispiel talo (Haus) sind dies der Inessiv (z. B. talossa, im Haus drin), der Elativ (talosta, aus dem Haus heraus), der Illativ (taloon, in das Haus hinein), der Adessiv (talolla, auf dem Haus), der Ablativ (talolta, vom Haus weg) und schließlich der Allativ (talolle, zum Haus hin).

Ein weiteres Beispiel für eine Sprache mit einem differenzierteren System von Lokalkasus ist das Litauische. Hier werden als Lokativ vier Kasus bezeichnet: Inessiv (miške im Wald), Illativ (miškan in den Wald), Adessiv (miškiep am Wald), Allativ (miškop auf den Wald zu). Diese Fälle werden als sekundär bezeichnet, weil sie sich in den ostbaltischen Sprachen (in den westbaltischen sind sie nicht belegt) vermutlich unter dem Einfluss der finno-ugrischen Sprachen erst verhältnismäßig spät herausgebildet haben. Der alte indogermanische Lokativ (miškie) ist verschwunden, an seine Stelle trat der Inessiv. In der Standardsprache werden nur noch Inessiv und Illativ verwendet, alle vier Fälle stehen noch in einigen Dialekten, insbesondere in Sprachinseln in Weißrussland in Verwendung. Die Fälle haben manchmal eine sekundäre Bedeutung, z. B. jis prisipažino meilėje (In., er hat Liebe einbekannt, wortl.: in der Liebe), išeiti viešumon (Ill., an die Öffentlichkeit kommen, wortl.: in die Öffentlichkeit), manip jau visa padaryta (Ad., ich habe schon alles gemacht, wortl.: bei mir ist schon alles gemacht), allerdings meist nur in Dialekten oder älteren Sprachzeugnissen.

In einigen oberdeutschen Mundarten werden Orts- und Richtungsangaben präpositionslos kodiert. Da aber die Kasusmarkierung stark reduziert ist, wird hier nicht vom Lokativ gesprochen (z. B. i wohn Villach; mir wårma Tarvis). In der deutschen Hochsprache werden die Lokativfunktionen vom Dativ übernommen; in stehengebliebenen Wortformen hat der Genitiv lokativische Funktion (hierorts, veraltet auch dortorts).

Weblinks

Wiktionary: Lokativ – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen


Dieser Artikel basiert ursprünglich auf dem Artikel Lokativ aus der freien Enzyklopädie Wikipedia und steht unter der Doppellizenz GNU-Lizenz für freie Dokumentation und Creative Commons CC-BY-SA 3.0 Unported. In der Wikipedia ist eine Liste der ursprünglichen Wikipedia-Autoren verfügbar.