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Libretto

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Titel des Libretto der Aufführung der Oper Die verkaufte Braut von Bedřich Smetana in der Metropolitan Opera 1908.

Das Libretto (ital. „Büchlein“, Diminutiv zu libro „Buch“; Plural: Libretti) ist der Text einer Oper, eines Oratoriums, einer Operette, eines Musicals oder einer Kantate; im weiteren Sinne werden auch Szenarien für Ballette und Pantomimen gelegentlich als Libretti bezeichnet. Der Begriff taucht Anfang des 18. Jahrhunderts auf, wird aber erst im Laufe des 19. Jahrhunderts wirklich üblich.

Die literaturwissenschaftliche Forschungsdisziplin, die sich mit dem Libretto als literarischer Gattung beschäftigt, heißt Librettologie.

Geschichte

Die Geschichte des Librettos beginnt mit der Geschichte der Oper. Da diese aus dem Versuch heraus entstand, die (als Einheit von Wort und Gesang gedachte) antike Tragödie wiederzubeleben, ist sie ebenso sehr literarischen wie musikalischen Ursprungs. Entsprechend kam dem Opernlibretto bereits in der Frühzeit der Gattung eine Schlüsselrolle zu.

Das Verhältnis von Musik und Text bzw. von Komponist und Librettist hat sich im Lauf der Zeit immer wieder verändert. In Frankreich und Italien waren bis ins 18. Jahrhundert hinein die Librettisten hoch geachtete Künstler, die ganz selbstverständlich als Dichter anerkannt wurden. Der bekannteste Repräsentant dieser Epoche ist Pietro Metastasio, dessen Libretti nicht nur von zahlreichen Komponisten – teilweise mehrfach – vertont wurden, sondern bisweilen auch als Sprechstücke auf die Theaterbühne kamen. Später treten die Librettisten in der Wahrnehmung des Publikums und der Forschung meist hinter die Komponisten zurück. Insbesondere seit der Zeit der Romantik gab es auch Komponisten, die ihre Libretti selbst verfassten, wie z. B. Richard Wagner (bei allen Werken), Arrigo Boito (Mefistofele, Nerone) oder Hans Pfitzner (Palestrina). Solche Doppelbegabungen, die ein sprachlich und dramaturgisch schlüssiges Libretto schaffen und selbst musikalisch umsetzen, sind jedoch die Ausnahme.

Eine länger andauernde Zusammenarbeit von Librettist und Komponist gab es z. B. zwischen Lorenzo da Ponte und Wolfgang Amadeus Mozart, Eugène Scribe und Giacomo Meyerbeer, Arrigo Boito und Giuseppe Verdi. Im ersten Drittel des 20. Jahrhunderts hat Hugo von Hofmannsthal durch seine gemeinsam mit Richard Strauss geschaffenen Werke beispielhaft gezeigt, wie sich librettistische Tätigkeit mit literarischem Anspruch verbinden lässt. Wichtige Librettisten in der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg waren etwa Wystan Hugh Auden (The Rake’s Progress, UA 1951; Musik: Igor Strawinski), Chester Kallman (The Visitors, UA 1957; Musik: Carlos Chávez) und Ingeborg Bachmann (Der junge Lord, UA 1965, Musik: Hans Werner Henze). Zeitgleich wurde die Literaturoper, die Adaption von Werken des Sprechtheaters für die Opernbühne, zu einem wichtigen Modell; in diesem Bereich arbeiteten Librettisten wie z. B. Claus H. Henneberg (Lear, UA 1978; nach Shakespeare/Eschenburg; Musik: Aribert Reimann) oder Thomas Körner (Die Wände, UA 1995; nach Les paravents von Jean Genet; Musik: Adriana Hölszky).

Dass die Librettisten früher (z. B. zur Zeit Mozarts) teilweise angesehener waren als ihre musikalischen Partner, ist an Form und Größe der beiden Namen auf den Theaterankündigungen ablesbar. Später schlug das Pendel nach der Seite der Komponisten aus; in verkürzter Formulierung wurden und werden sie bis heute oft allein als Verfasser genannt (z. B. „Die Zauberflöte von Mozart“). Andere Beispiele zeigen dagegen, dass eine gleichberechtigte Erwähnung von Autor und Musiker möglich ist und auch in den allgemeinen Sprachgebrauch übergehen kann – z. B. im englischsprachigen Raum „The Mikado von Gilbert und Sullivan“, „Oklahoma! von Rodgers und Hammerstein“ oder im deutschsprachigen Raum „Der Rosenkavalier von Strauss und Hofmannsthal“.

Struktur und Poetik

Der Streit, ob in der Oper der Text oder die Musik der wichtigere Bestandteil ist, ist so alt wie die Oper selbst. Mozarts berühmtem Ausspruch „bey einer opera muß schlechterdings die Poesie der Musick gehorsame Tochter sein“ stehen viele gegenteilige Äußerungen entgegen. Sicher ist jedoch, dass ein genuines Librettos erst in Verbindung mit der Vertonung seine volle – auch literarische – Qualität entfaltet. Es muss daher einerseits der Musik Anregung, andererseits auch Raum bieten – weder darf sich das Wort zu sehr zurücknehmen noch in den Vordergrund drängen.

Da gesungener Text zum einen schwerer verständlich ist als gesprochener, zum anderen mehr Zeit benötigt, weist das Libretto einen charakteristischen Wechsel aus Raffungen und Wiederholungen auf. Aus literarischer Sicht wirkt es oft weitschweifig-pleonastisch und karg-plakativ zugleich. Vergleiche zwischen Opernlibretti und rein literarischen Bearbeitungen der zugrunde liegenden Stoffe zeigen, dass das Libretto zugunsten der musikalischen Realisierbarkeit Komplexität reduziert. Vielschichtige Charaktere werden zu Typen, komplizierte Entscheidungsfindungsprozesse zu Stimmungen, „Tiraden“ zu „Schlagworten“ (Ferruccio Busoni). Die dadurch bewirkte Verkürzung der Handlung kommt der Musik zugute, die dadurch die benötigte Zeit zur Entfaltung erhält. Gleichzeitig bietet die im Drama undenkbare Zeitdehnung durch die Musik - bis hin zum Zeitstillstand in Arien oder Ensemble-Tableaus - die Möglichkeit, Stimmungen und Gefühlszustände ausführlich auszuloten.

Die Handlung im Libretto verläuft dementsprechend nicht linear, sondern „springt“ von einer Affektsituation zur nächsten. Rückwärts- und Vorwärtsbezüge, Referenzierungen nicht sichtbarer Handlung, wie sie im Drama üblich sind, entfallen in der Oper gänzlich.

Diese idealtypische Struktur gilt weitgehend für das Opernlibretto des 17. bis 19. Jahrhunderts. Von Richard Wagner, der den Text mit Hilfe seiner Leitmotivtechnik mit einem dichten Netz nicht-sprachlicher semantischer Zusammenhänge überzieht, wird sie zu weiten Teilen aufgehoben. Auch für die Literaturoper des 20. Jahrhunderts gilt sie nur noch bedingt.

Literatur

  • Albert Gier: Das Libretto. Theorie und Geschichte einer musikoliterarischen Gattung. Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 1998, ISBN 3-534-12368-9. (Taschenbuch: Insel, Frankfurt am Main 2000, ISBN 3-458-34366-0)
  • Cäcilie Kowald: Das deutschsprachige Oratorienlibretto 1945–2000. Dissertation, TU Berlin 2007 (Volltext)
  • Cécile Prinzbach (Hrsg.): „Gehorsame Tochter der Musik“. Das Libretto. Dichter und Dichtung der Oper. Prinzbach, München 2003, ISBN 3-9809024-0-4.
  • Bernd Zegowitz: Der Dichter und der Komponist. Studien zu Voraussetzungen und Realisationsformen der Librettoproduktion im deutschen Opernbetrieb der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Königshausen & Neumann, Würzburg 2012, ISBN 978-3-8260-4689-6.

Weblinks

 Wikisource: Musikbelletristik – Quellen und Volltexte
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