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Leo Spitzer

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Der Titel dieses Artikels ist mehrdeutig. Weitere Bedeutungen sind unter Leo Spitzer (Begriffsklärung) aufgeführt.

Leo Spitzer (geb. 7. Februar 1887 in Wien; gest. 16. September 1960 in Forte dei Marmi bei Viareggio) war ein Romanist und Literaturtheoretiker. Er stammte aus einer österreichisch-jüdischen Familie und gilt als Vertreter der Stilistik.

Leben und Werk

Als Schüler von Wilhelm Meyer-Lübke promovierte Leo Spitzer 1910 mit seiner Arbeit „Die Wortbildung als stilistisches Mittel exemplifiziert an Rabelais. Spitzer lehrte zunächst als Privatdozent an der Wiener Universität (1913) und war während des Ersten Weltkriegs bei der österreichischen Zensurbehörde tätig, wo er seine Zuständigkeit für die Briefe italienischer Kriegsgefangener für ausgiebige Analysen der Redensarten und Stilverfahren nutzte und somit die Diskursanalyse begründete. 1920 ging er nach Bonn und wurde 1925 ordentlicher Professor für romanische Sprachwissenschaft, zunächst an der Marburger, dann (als Nachfolger von Etienne Lorck) an der Kölner Universität (1930). Dort war er auch an der Gründung des Portugiesisch-Brasilianischen Instituts (1932) beteiligt, dass heute zu einem der wichtigen Zentren der deutschsprachigen Lusitanistik zählt.[1]

Nach der Machtübergabe an die Nationalsozialisten wurde er wegen seiner jüdischen Herkunft auf Grund des sog. Arierparagraphen entlassen und emigrierte 1933 nach Istanbul. Sein Schüler Hans Marchand folgte ihm ein Jahr später.[2] Hier baute er einen Lehrstuhl für europäische Philologie auf und wurde Leiter der Fremdsprachenschule an der Universität. Spitzer beherrschte bis zu zehn Sprachen. 1936 ging er in die USA und übernahm an der Johns Hopkins University in Baltimore einen Romanistik-Lehrstuhl. 1955 erhielt Spitzer einen Antonio-Feltrinelli-Preis. 1956 wurde er emeritiert. Seit 1946 war er Mitglied der Accademia della Crusca in Florenz.[3]

Entgegen seiner positivistisch geprägten Ausbildung schloss er sich in der Literaturforschung dem idealistischen Ansatz von Benedetto Croce und Karl Vossler an. Seine Methode geht von einer aufmerksamen, am Detail orientierten Lektüre aus, bei der das literaturwissenschaftliche und das sprachanalytische (linguistische) Textverständnis ineinander greifen bzw. sich zu einer stilistischen Auslegung der Literatur vereinen. Auf der Grundlage eines Vergleichs der formalen und sprachlichen Charakteristiken von Schriftstellern unterschiedlicher Epochen gelangt er so zu einer einheitlichen, allgemeingültigen Darstellung einzelner Autorenstile. Seine mehr intuitiv als empirisch vorgehende Textanalyse, die den kreativen Aspekt der Sprache hervorhebt, bezeichnet er selber als „Zirkel im Verstehen“.

Als sein Hauptwerk sind die beiden Bände der Stilstudien (1928) anzusehen.

Werke

Literatur

  • Bernhard Hurch: Spitzer, Leo. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 24, Duncker & Humblot, Berlin 2010, S. 722–724 (Onlinefassung).
  • E. Kristina Baer & Daisy E. Shenholm (Hrsg.): Leo Spitzer on Language and Literature. A Descriptive Bibliography. Modern Language Association, New York 1991
  • Wolfgang Bandhauer: Ideologiekritische Anmerkungen zu Elise Richter (in Konfrontation mit Leo Spitzer). In: Deutsche und österreichische Romanisten als Verfolgte des Nationalsozialismus. Hrsg. von Hans Helmut Christmann & Frank-Rutger Hausmann. Stauffenburg, Tübingen 1989 ISBN 3923721609 S. 231ff. (und passim, siehe Register, mit 37 Fundorten) Reihe: Romanica et comparatistica Bd. 10
  • James V. Catano: Language, history, style. Leo Spitzer and the critical tradition. Routledge, London 1988
  • Hans Ulrich Gumbrecht: „Methode ist Erlebnis“. Leo Spitzers Stil. In: ders.: Vom Leben und Sterben der großen Romanisten. München/Wien: Carl Hanser Verlag, 2002; S. 72–151 ISBN 3-446-20140-8
  • Helmut Hatzfeld: Leo Spitzer (1887-1960). In: Hispanic Review. Bd. 29, Nr. 1 (Januar 1961), ISSN 0018-2176, S. 54–57.
  • Frank-Rutger Hausmann: „Vom Strudel der Ereignisse verschlungen“. Deutsche Romanistik im „Dritten Reich“. 2. Auflage. Klostermann, Frankfurt am Main 2008, S. 309-336 ISBN 978-3-465-03584-8
  • René Wellek: Leo Spitzer (1887-1960). In: Comparative Literature. Bd. 12, Nr. 4, (Herbst 1960), S. 310-334. (Nachruf)

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Portugiesisch-Brasilianisches Institut: Über das Institut, abgerufen am 7. Dezember 2009
  2. Hans Marchand † In: Anglia. Zeitschrift für englische Philologie. Volume 1979 (97) Mouton de Gruyter – Jan 1, 1979, S. 19ff.
  3. Mitgliederliste der Crusca
Dieser Artikel basiert ursprünglich auf dem Artikel Leo Spitzer aus der freien Enzyklopädie Wikipedia und steht unter der Doppellizenz GNU-Lizenz für freie Dokumentation und Creative Commons CC-BY-SA 3.0 Unported. In der Wikipedia ist eine Liste der ursprünglichen Wikipedia-Autoren verfügbar.