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Lee Harvey Oswald

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Lee Harvey Oswald nach der Verhaftung

Lee Harvey Oswald (* 18. Oktober 1939 in New Orleans, Louisiana; † 24. November 1963 in Dallas, Texas) war der mutmaßliche Mörder des amerikanischen Präsidenten John F. Kennedy. Zwei Tage nach dem Attentat wurde Oswald in Polizeigewahrsam von dem Nachtclubbesitzer Jack Ruby erschossen.

Leben

Jugend

Oswald war einer von zwei Söhnen von Robert Edward Lee Oswald (1896–1939) und dessen Frau Marguerite Frances Claverie (1907–1981). Sein Vater verstarb drei Monate vor seiner Geburt. Als Ersatzvater für Lee fungierte sein Onkel Charles Murret, ein Buchmacher der Glücksspielmafia. Oswalds Mutter war mit dem Mafioso Sam Termine sowie dem Mafia-Anwalt Clem Sehrt befreundet.[1] Oswalds leiblicher Bruder war Robert E. L. Oswald jr. Zudem hatte er noch einen Halbbruder namens John Pic aus einer früheren Ehe seiner Mutter. Die Familie zog in Oswalds Jugend sehr häufig um – rund zwanzig Adressen von ihm sind bekannt, unter anderem in Fort Worth, New Orleans und der Bronx in New York City. Von einem seiner Brüder erhielt Lee später auch sein erstes Militärhandbuch, das er auswendig lernte.

Lee Harvey Oswald war ein eher introvertiertes Kind mit nachweislich hoher Intelligenz. Mit 16 Jahren trat Lee Oswald einer Miliz mit dem Namen Civil Air Patrol (CAP) in New Orleans bei. Der Einheit gehörte zeitweise auch der Pilot und spätere Privatdetektiv David Ferrie an,[2] der in diesen Jahren an von der CIA gedeckten Geheimoperationen gegen Kuba beteiligt gewesen war.

Militärische Laufbahn

Bereits als 16-Jähriger versuchte Oswald, sich zum Dienst beim US Marine Corps zu melden. Auf Bitten seiner Mutter soll Anwalt Sehrt die Geburtsurkunde Oswalds geändert haben, um dessen Eintritt in das Corps zu ermöglichen.[3] Acht Tage nach seinem 17. Geburtstag am 26. Oktober 1956 begann er seine Ausbildung bei der Marineinfanterie. Bei einer Überprüfung mit dem Gewehr M1 erreichte er knapp die erforderliche Schießleistung, die einer Einstufung als „Sharpshooter“ (nicht zu verwechseln mit der eng umgrenzten Interpretation des deutschen Ausdrucks „Scharfschütze“) entsprach. Drei Jahre später kam er bei einer weiteren Überprüfung auf ein schlechteres Ergebnis, das einer Einstufung als „Marksman“ (eine Stufe unter „Sharpshooter“) im dreistufigen amerikanischen System für qualifizierte Schützen (Marksman, Sharpshooter, Expert) entsprach.[4] Diese Ergebnisse weisen ihn als überdurchschnittlichen Schützen aus, trotzdem bezeichnete ihn einer seiner Kameraden als nur mittelmäßigen Schützen.[5] Eine spezielle Ausbildung zum qualifizierten Scharfschützen („Sniper“ bzw. „Designated marksman“) erhielt Oswald jedoch nicht. Er wurde später in der Luftüberwachung tätig und wurde im Naval Air Technical Training Center in Jacksonville (Florida) am Radar ausgebildet. Oswald fiel dadurch auf, dass er sich als Marxist-Leninist bekannte. Trotzdem wurde er von seinen Vorgesetzten niemals darauf angesprochen. Außerdem lernte Oswald während dieser Zeit Russisch. Am 22. August 1957 wurde er nach Abschluss seiner Ausbildung auf dem geheimen Luftwaffenstützpunkt Atsugi in Japan stationiert, von wo aus die Lockheed U-2 – damals eines der geheimsten Projekte der United States Air Force – zu Spionageflügen in Richtung Sowjetunion und Volksrepublik China startete. Dort kam Oswald das erste Mal mit streng geheimen Informationen in Berührung. Im November 1958 wurde Oswald auf der Marinebasis El Toro in Kalifornien stationiert, bat aber schon im August 1959 wegen des schlechten Gesundheitszustandes seiner Mutter um vorzeitige Entlassung, die ihm, vier Wochen vor dem regulären Ablauf seiner Dienstzeit, am 11. September 1959 gewährt wurde.

In der Sowjetunion

Ehemaliges Institut Alpina (heute Sporthotel Krone) in Churwalden, Graubünden/Schweiz. Dort soll sich Lee Harvey Oswald Ende der 1950er-Jahre vor seiner Einreise in die Sowjetunion kurzzeitig aufgehalten haben. Das Alpina war damals eine Art Jugendherberge, in der oft amerikanische Jugendliche auf Europareisen abstiegen

Ursprünglich hatte Oswald vorgehabt, sich nach Kuba abzusetzen, wo Fidel Castros Bewegung des 26. Juli gerade die Macht übernommen hatte. Stattdessen fuhr er per Schiff von New Orleans aus nach Europa und reiste über Helsinki in die Sowjetunion ein.[6] Am 16. Oktober erreichte er Moskau. In einem Schreiben vom 17. Oktober teilte Oswald den sowjetischen Behörden mit, dass er sowjetischer Staatsbürger werden wolle. Daraufhin teilten ihm die zuständigen Behörden mit, dass sein Touristenvisum abgelaufen sei. Durch einen – wahrscheinlich fingierten – Selbstmordversuch (Oswald schnitt sich die Pulsadern auf) gewann er Zeit. Am 31. Oktober wurde er in der amerikanischen Botschaft in Moskau vorstellig, um seine US-Staatsbürgerschaft aufzugeben. Oswald wurde jedoch abgewiesen, da die zuständige Abteilung an diesem Tag – es war ein Samstag – nicht besetzt war.

Die sowjetischen Behörden wussten zu diesem Zeitpunkt nicht, ob sie Oswald vertrauen konnten oder ob er ein amerikanischer Agent war. Mit dem Auftritt in der US-Botschaft wollte Oswald offensichtlich seine Vertrauenswürdigkeit unterstreichen. So empfahl das KGB, ihm eine auf ein Jahr befristete Aufenthaltsgenehmigung zu erteilen und Oswald auf Herz und Nieren zu prüfen. Sein erstes Jahr wurde Oswald also rund um die Uhr von Agenten des sowjetischen Geheimdienstes abgehört, und jedes seiner Worte wurde nachweislich akribisch protokolliert.

Am 8. Januar 1960 traf Oswald in Minsk ein. Am 13. Januar trat er dort in einer Fabrik, die unter anderem Radio- und Fernsehgeräte herstellte, eine ihm von den sowjetischen Behörden zugeteilte Stelle als Metallarbeiter an.[7] Er bekam 700 Rubel die Woche, hatte Affären und genoss die Aufmerksamkeiten, die einem Überläufer zuteilwerden. Später lernte er die Pharmakologiestudentin Marina Nikolajewna Prussakowa (* 17. Juli 1941 in Molotowsk, heute Sewerodwinsk, Russland) kennen, die Nichte eines Obersten des sowjetischen Geheimdienstes, die ihn auf Grund seines Akzents zunächst für einen Balten hielt.[8] Sie heirateten am 30. April 1961. Ihr erstes Kind, June Lee Oswald, wurde am 15. Februar 1962 geboren.

Seine befristete Aufenthaltsgenehmigung wurde ohne Schwierigkeiten verlängert, wobei Oswald die Umwandlung seiner ehrenhaften Entlassung bei den Marines in eine unehrenhafte im September zupass gekommen zu sein scheint. Allerdings wurde er bereits am 13. Februar 1961 in der US-Botschaft vorstellig, wo er seine Ausreise zu arrangieren versuchte. Am 10. Mai 1962 teilte man ihm mit, dass seine Rückreise in die Vereinigten Staaten arrangiert sei.

Rückkehr in die Vereinigten Staaten

Am 13. Juni 1962 kehrte Oswald zusammen mit seiner Frau Marina und seiner Tochter June in die Vereinigten Staaten zurück. Das Auswärtige Amt schoss Oswald die Reisekosten vor und stellte ihm einen Pass aus. Anderen Quellen zufolge hat Oswald schon im Dezember 1961 Senator John Tower angeschrieben und um Unterstützung bei der Beschaffung eines Visums und der Reisekosten für seine Familie gebeten. Oswalds Aufenthalt wurde vermutlich nur durch die Schwangerschaft seiner Frau Marina verlängert. Weder die sowjetischen noch die amerikanischen Behörden bereiteten den Oswalds zu diesem Zeitpunkt Schwierigkeiten.

Unmittelbar nach der Ankunft der Oswalds in New York City zog die Familie nach Fort Worth in Texas und blieb dort bis zum 7. Oktober 1962. Am 8. Oktober 1962 siedelte sie nach Dallas um. Dort arbeitete Oswald zunächst in einer Schweißerei, kündigte aber nach drei Wochen und nahm eine Arbeit bei der Firma Jaggars-Stovall-Chiles an, die unter anderem militärische Landkarten für die United States Army, das Verteidigungsministerium der Vereinigten Staaten und andere Behörden herstellte. Zu den Bereichen mit den als geheim eingestuften Dokumenten hatte Oswald indes keinen Zugang. Allerdings benutzte er die zur Verfügung stehende Ausrüstung der Firma, um sich falsche Ausweispapiere auf den Namen Alek James Hidell zu fertigen.[9] Nachdem seine Vorgesetzten schon vorher Grund zur Klage wegen Oswalds schlechter Arbeitsleistung und seines ungehobelten Verhaltens gehabt hatten – mehrmals war es in der Firma beinahe zu Handgreiflichkeiten gekommen −, kündigten sie ihm am 1. April 1963, weil er in der Kantine die sowjetische Satirezeitschrift Krokodil gelesen hatte.

Eines der „Backyard-Photos“ vom 31. März 1963

Einen Tag vor seiner Kündigung ließ sich Oswald im Hinterhof seines Hauses in Dallas fotografieren. Auf den Bildern posierte er mit einem Gewehr, einer Pistole sowie den kommunistischen Zeitungen The Militant und The Worker. Marina Oswald sagte später wiederholt aus, sie habe die Bilder aufgenommen; die Warren-Kommission akzeptierte sie als Beweisstücke 133-A und CE 133-B. Auch das House Select Committee on Assassinations kam 1979 zum Schluss, dass sie authentisch seien. Oswald selbst hatte die Fotos allerdings nach seiner Verhaftung als Fälschung bezeichnet. Der Bezirksstaatsanwalt von New Orleans Jim Garrison hielt das Bild allerdings für eine Fotomontage, weil der Schatten von Oswalds Körper in eine andere Richtung weise als der seiner Nase. Dieser Argumentation folgten verschiedene Theorien, die die Alleintäterschaftstheorie bezweifeln.[10] Nach Forschungen von Hany Farid, einem Professor für Informatik am Dartmouth College in New Hampshire, ist der Schattenfall aber natürlich, die Bilder seien also nicht manipuliert.[11][12]

Zehn Tage später soll Oswald versucht haben, den außer Dienst stehenden rechtsradikalen Major General Edwin A. Walker zu erschießen. Dieser war 1961 von Präsident Kennedy seines Kommandos enthoben worden, weil er Propagandaschriften der John Birch Society unter seinen Untergebenen verteilt hatte. Daraufhin hatte Walker den Militärdienst verlassen und war nach Texas zurückgekehrt. Oswald soll für diesen Anschlag das Gewehr benutzt haben, das auf dem am 31. März aufgenommenen Foto zu sehen ist und das er sich nach Überzeugung der Warren-Kommission im selben Monat unter seinem falschen Namen A. Hidell an ein Postfach schicken ließ. Auch einen Revolver soll er zu dieser Zeit auf dem Postwege erworben haben. Oswald soll Walkers Haus schon mehrere Tage vorher beobachtet und auch Fotos gemacht haben. Für den Fall, dass er nach dem Anschlag festgenommen werden würde, soll er seiner Frau eine auf Russisch verfasste Notiz hinterlassen haben. Walker saß gerade im Esszimmer seines Hauses an seiner Steuererklärung, als am 10. April 1963 aus etwa dreißig Meter Entfernung auf ihn geschossen wurde. Die Kugel wurde durch den hölzernen Fensterrahmen abgelenkt und verletzte den Ex-General nur am Unterarm. Die Polizei in Dallas hatte Oswald nach dem gescheiterten Mordanschlag nicht in Verdacht. Erst nach dem Attentat auf den Präsidenten sollen die erwähnte Notiz und die Fotos von Walkers Haus in seiner Wohnung gefunden worden sein. Daraufhin gab auch seine Witwe an, dass Oswald vorgehabt habe, den General zu erschießen, er habe ihr aber erst nach dem Anschlag davon erzählt.

Ende April 1963 siedelte Oswald mit seiner Familie nach New Orleans um.

Der Sommer vor dem Attentat

Oswald bot im Juli 1963 seine Dienste Exilkubanern aus Miami an, in einem Guerilla-Trainingslager in Lacombe am Lake Pontchartrain, das sich auf einem Grundstück von Mickey McLaney befand, einem von Fidel Castro um sein Spielkasino in Havanna gebrachten Mafioso. Anfang August erzählte er dem Castro-Gegner Carlos José Bringuier, er werde Exilkubaner ausbilden und beim Sturz von Castro eine Rolle spielen.[1]

Im Sommer 1963 bezeichnete sich Oswald als Sekretär der Organisation Fair Play for Cuba Committee. Auf Flugblättern dieser Organisation war New Orleans, Camp Street 544, die Adresse des FBI-Agenten Guy Banister aufgestempelt. In New Orleans war außer Oswald kein Mitglied der Organisation bekannt. Wie der mittellose Oswald den Druck des Flugblatts finanziert hatte, ist unbekannt. Sein Anwalt Dean Andrews berichtete später der Warren-Kommission, Oswald sei für das Verteilen bezahlt worden. Oswald verteilte Exemplare dieses Flugblattes gegen eine mögliche Invasion der United States Army auf Kuba in der Canal Street, wurde von Bringuier, Celso Macario Hernandez und Miguel Mariano Cruz zur Rede gestellt und verprügelt. Die Polizei nahm die vier fest. Oswald wurde wegen Störung der öffentlichen Ordnung mit einem Bußgeld über 10 US-Dollar belegt. Sein Onkel Murret, für den Oswald damals als Laufbursche arbeitete, kontaktierte den Mafioso Emile Bruneau, der Oswald durch Hinterlegung einer Kaution auslöste.[1]

Diese Vorgänge erregten die Aufmerksamkeit des Lokalreporters William Stuckey, der in seiner Radioshow Latin Listening Post auf dem Sender WDSU darüber berichtete. Die Radiostation räumte Oswald zwei Termine zur Darlegung seiner Position ein, welche er am 17. und 21. August wahrnahm und in denen er sich als Anhänger Fidel Castros und als Marxist-Leninist ausgab.

Am 24. September 1963 verließ Oswald New Orleans. Seine Frau war bereits am 23. September mit Tochter June von ihrer Freundin Ruth Paine mit dem Auto nach Dallas geholt worden. Oswald selbst reiste per Bus nach Mexiko-Stadt, wo er vergebens versuchte, ein Visum für Kuba zu erhalten. Am 4. Oktober 1963 traf er wieder in New Orleans ein. Neun Tage später bekam er durch Vermittlung von Ruth Paine eine Anstellung im Schulbuchlager des Staates Texas, dem Texas School Book Depository. Am 20. Oktober kam seine zweite Tochter Audrey Marina Rachel Oswald zur Welt. Das Paar lebte zu der Zeit bereits getrennt: Marina lebte mit den Kindern in Irving, ihr Mann unter falschem Namen in Dallas.[13] Ein Grund für den insgesamt unglücklichen Verlauf der Ehe waren Oswalds fortgesetzte Gewalttätigkeiten gegen seine Frau.[14]

Das Attentat

Hauptartikel: Attentat auf John F. Kennedy

Am Morgen des 22. November 1963 nahm Lee Harvey Oswald seine Arbeit um 8:00 Uhr im Texas School Book Depository auf. Von dort aus soll er gegen 12:30 Uhr die tödlichen Schüsse auf den US-Präsidenten John F. Kennedy abgegeben haben. Anschließend soll Oswald seine Arbeit verlassen haben und zu seinem unter dem Namen O. H. Lee gemieteten Zimmer gegangen sein.

Das Gewehr vom Modell Mannlicher-Carcano, das im Schulbuchdepot gefunden wurde

Circa 40 bis 45 Minuten nach dem Attentat auf Kennedy erschoss Oswald den Polizisten J. D. Tippit, der sich auf Streife im Wohngebiet Oak Cliff befand.[15] Der Tatort befand sich eine knappe Meile entfernt von Oswalds Wohnung, in der er laut Aussage seiner Vermieterin gegen 13 Uhr eingetroffen war, nur um sie wenige Minuten später wieder zu verlassen. Es wird vermutet, dass Tippit aufgrund der inzwischen verbreiteten Beschreibung des Tatverdächtigen im Kennedy-Mord Oswald anhielt, worauf dieser die Nerven verlor, den Polizisten niederschoss und zu Fuß flüchtete. Als Oswald gegen 13:50 Uhr im nahe gelegenen Texas Theatre von rund 15 Polizeibeamten verhaftet wurde, trug er einen Revolver, der anhand der sichergestellten Kugeln in Tippits Leiche und der Patronenhülsen am Tatort als Tatwaffe in Frage kam.[16]

Nach seiner Verhaftung wurde Oswald zwölf Stunden lang unter irregulären Bedingungen und ohne Rechtsanwalt verhört. Seine Aussagen wurden nicht aufgezeichnet, da dies im damaligen Standardverfahren der Polizei von Dallas bei einer Vernehmung nicht vorgesehen war.[17] Dabei wurden von seinen Händen und seiner Wange Paraffinabgüsse genommen, die chemisch auf Nitratspuren untersucht werden. Damit sollte überprüft werden, ob er in den letzten Stunden Schusswaffen abgefeuert hatte. Die Testergebnisse an seinen Händen waren positiv, der an seiner Wange negativ, was Vincent Bugliosi auf Unterschiede in der Bauweise beider Waffenarten zurückführt: Während es in einer Handfeuerwaffe zwischen Patronenlager und Lauf eine Lücke gebe, aus der Pulverdampf entweichen könne, so sei dies bei einem Gewehr nicht der Fall.[18]

Oswald bestritt die Ermordung des Polizisten. Und auf die Frage, ob er Präsident Kennedy erschossen habe, antwortete er: „Ich habe niemanden erschossen!“ und „Man hat mich verhaftet, weil ich in der Sowjetunion gelebt habe!“ Als Oswald am darauffolgenden Tag bei der ersten öffentlichen Vorstellung erfuhr, dass er des Mordes an Kennedy angeklagt werden sollte, rief er: „Ich bin nur ein Sündenbock! (I’m just a patsy!)“.

Bis zu einem Drittel aller Ohrenzeugen des Kennedymords gab an, die Schüsse seien nicht aus dem Schulbuchlager gekommen, sondern von einem Grashügel am Dealey Plaza. Knapp 9 % hatten vier oder mehr Schüsse gehört.[19] In der akademischen historischen Forschung zum Leben und zur Politik Kennedys herrscht die Ansicht vor, dass Oswald als Einzeltäter den Präsidenten erschoss.[20]

Ermordung

Attentat auf Lee Oswald während seiner Überführung ins Staatsgefängnis von Dallas

Am 24. November 1963, zwei Tage nach seiner Verhaftung, wurde Oswald gegen 11:30 Uhr von dem Nachtclub-Besitzer Jack Ruby bei der Überführung in das Staatsgefängnis von Dallas erschossen. Ruby hatte das Polizeigebäude ungehindert betreten können, der Mord ereignete sich vor laufenden Kameras. Die Tatsache, dass wichtige Zeugen beim Ermittlungsverfahren durch die Warren-Kommission nicht zugelassen und Beweise unterschlagen wurden, trug ebenso wie die Rolle des Opfers – einer Symbolfigur für ein sich erneuerndes Amerika – erheblich zu den bis heute andauernden Kontroversen und Verschwörungstheorien im Mordfall bei. 1981 wurde Oswalds Leiche exhumiert, um den im Zuge dieser Theorien entstandenen Verdacht zu überprüfen, ein Anderer sei an seiner Stelle beerdigt worden und Oswalds Leiche befinde sich an einem geheimen Ort. Der Verdacht konnte nicht bestätigt werden.[21]

Oswald wurde am 25. November 1963 (am selben Tag wie John F. Kennedy) auf dem Shannon Rose Hill Memorial Park in Fort Worth, Texas beigesetzt.

Oswalds Grab im Shannon Rose Hill Memorial Park, Fort Worth

Rezeption im Roman

Die amerikanischen Schriftsteller Don DeLillo und Norman Mailer verarbeiteten die Lebensgeschichte Oswalds in ihren Büchern Sieben Sekunden (1988) bzw. Oswald’s Tale: An American Mystery (1995). Das Werk Der Anschlag des Schriftstellers Stephen King ist ein umfassend recherchierter Zeitreise-Roman anhand der Ereignisse des Kennedy-Attentats.[22]

Literatur

  • Dorian Hayes: Oswald, Lee Harvey. In: Peter Knight (Hrsg.): Conspiracy Theories in American History. An Encyclopedia. ABC Clio, Santa Barbara, Denver und London 2003, Bd. 2, S. 564–569.
  • Gerald Posner, Case closed: Lee Harvey Oswald and the assassination of JFK. Random House, New York 1993
  • Edward Jay Epstein: Legend : the secret world of Lee Harvey Oswald. Reader's Digest Press, New York 1978, ISBN 9780070195394.

Film

Popkultur

Im Lied „I’m just a patsy“ („Ich bin nur ein Sündenbock!“) der Manic Street Preachers wird Oswald namentlich erwähnt. Ein Sample des „Patsy“-Ausspruches wird ebenfalls verwendet.

Einzelnachweise

  1. 1,0 1,1 1,2 John Davis: Mafia. Schattengeschichte der USA. 1989, 21. und 22. Kapitel
  2. Gerald Posner: Case Closed. Lee Harvey Oswald and the Assassination of JFK. New York 1993, S. 142.
  3. John Davis: Mafia. Schattengeschichte der USA. 1989, 22. Kapitel
  4. Warren Commission Report, Chapter 4: The Assassin, Oswald’s Marine Training
  5. Aussage von Nelson Delgado, einem ehemaligen Kameraden Oswalds beim Marine Corps, 16. April 1964
  6. David Kaiser: The Road to Dallas. The Assassination of John. F. Kennedy. Harvard University Press, Cambridge, MA 2008, S. 33 f.
  7. Posner: Case Closed. a. a. O., S. 56.
  8. Posner: Case Closed. a. a. O., S. 64.
  9. Warren Commission Hearings, Volume XIX (page 288) at The Assassination Archives and Research Center
  10. „FAKE: the Forged Photograph that Framed Lee Harvey Oswald“ Dokumentation über die Geschichte des „Backyard“-Fotos von Craig Maurer und Jim Marrs unter Verwendung des Materials von Jack White, 1990
  11. Dartmouth Professor finds that iconic Oswald photo was not faked, Presseerklärung des Dartmouth College vom 5. November 2009
  12. Christopher Schrader: Der menschliche Makel. In: Süddeutsche Zeitung vom 13. November 2009
  13. Vincent Bugliosi: Four Days in November. The Assassination of President John F. Kennedy. W.W.Norton, New York 2007, S. 1 ff.
  14. Posner: Case Closed. a. a. O., u. a. S. 82, 92, 98.
  15. Vincent Bugliosi: Four Days in November. The Assassination of President John F. Kennedy, W.W.Norton, New York 2007, S. 116 f.; Larry J. Sabato: The Kennedy Half-Century. The Presidency, Assassination, and Lasting Legacy of John F. Kennedy. Bloomsbury, New York 2013, S. 249.
  16. Warren Commission Hearings, Bd. III, S. 512 (Aussage von Joseph Nicol)
  17. Posner, Case Closed, a. a. O., S. 343 (Anm.)
  18. Gerald Posner: Case Closed. Lee Harvey Oswald and the Assassination of JFK, Random House, New York 1993, S. 348 f; Vincent Bugliosi: Four Days in November. The Assassination of President John F. Kennedy. W. W. Norton, New York 2007, S. 260 ff.
  19. John McAdams, Dealey Plaza Earwitnesses (online Zugriff am 18. Juli 2011)
  20. So die Einschätzung des Berliner Geschichtsprofessors Knud Krakau: „Die Historiographie und seriöse Publizistik neigen im Ergebnis dazu, die Alleintäterschaft Oswalds anzunehmen – und sei es auch nur, weil alle Alternativen noch weniger überzeugen (Norman Mailer; G. Posner)“, Knud Krakau: John F. Kennedy. 22. November 1963. In: Alexander Demandt (Hrsg.): Das Attentat in der Geschichte, area, Erfstadt 2003, S. 421; Alan Posener, John F. Kennedy in Selbstzeugnissen und Bilddokumenten, Rowohlt Taschenbuch Verlag, Reinbek 1991, S. 126–138; Seymour Hersh, Kennedy. Das Ende einer Legende. Hoffmann und Campe, Hamburg 1998; Robert Dallek: John F. Kennedy. Ein unvollendetes Leben. DVA, München 2003, S. 645; Jürgen Heideking: John F. Kennedy 1961–1963. Der imperiale Präsident. In: Die amerikanischen Präsidenten. 42 historische Porträts von George Washington bis George W. Bush. hrsg. von Jürgen Heideking und Christof Mauch, 4. Auflage. C.H. Beck 2005, S. 359; Michael O’Brien: John F. Kennedy. A Biography. Thomas Dunne Books, New York 2005, S. 903f; Jürgen Heideking, Christof Mauch: Geschichte der USA. 5. Auflage. A. Francke, Tübingen 2007, S. 326; Willi Paul Adams: Die USA im 20. Jahrhundert. 2. Auflage. Oldenbourg, München 2007, S. 99.
  21. Peter D. Knight: Conspiracy Culture. From the Kennedy Assassination to the X-Files. Routledge, London and New York 2000, S. 97.
  22. http://www.stephenking.com/index.html

Weblinks

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