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Lautdauer

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Die Lautdauer oder Lautlänge ist in der Phonetik die Zeit, die ein Sprecher benötigt, um einen bestimmten Sprachlaut auszusprechen; die Sprechzeit wird in Hundertstel- oder Tausendstelsekunden gemessen. Es handelt sich also um eine absolute Zeitbestimmung, im Gegensatz zur Quantität, die sich auf die relative Länge von Sprachlauten und -segmenten und deren sprachliche Funktion bezieht.

Beobachtungen zur Lautdauer

Beobachtungen zur Lautdauer betreffen verschiedene Aspekte:

Die Lautdauer ist teils von sprachexternen, teils von sprachinternen Bedingungen abhängig. Als sprachexterne Bedingungen kommen in Frage:

  • die Person, die spricht, und
  • die Redesituation, die eine bestimmte Sprechweise (gewählter Wortschatz, Komplexität des Satzbaus, Exaktheit der Aussprache, Redetempo …) verlangen mag.

Als sprachinterne Bedingung muss berücksichtigt werden, dass Laute unter dem Wortakzent anders gesprochen werden als in unbetonter Stellung und ebenfalls unterschiedlich in verschiedenen Lautumgebungen; es gibt außerdem Unterschiede zwischen den verschiedenen Silben im Wort.[1] Der Unterschied zwischen Kurz- und Langvokalen ist dagegen – jedenfalls im Deutschen – nicht rein lautlicher, sondern phonologischer Natur (Vokalquantität).

Gesetzmäßigkeiten der Lautdauer

Abhängigkeit der Lautlänge von der Wortlänge

Beobachtungen zu diesem Aspekt reichen bis ins 19. Jahrhundert zurück. So stellte schon Eduard Sievers fest, dass Vokale in kurzen Wörtern länger ausgesprochen werden als die gleichen Vokale in langen Wörtern.[2] Dieser Beobachtung liegt ein Sprachgesetz zugrunde, das in allgemeinerer Form, unterstützt durch Messungen zum Spanischen, von Menzerath & de Oleza formuliert wurde: „Der Laut wird kürzer mit steigender Silbenzahl des Wortes (Grundgesetz der spanischen Lautquantität).“[3] Es handelt sich hierbei um eine spezifische Version eines allgemeinen Sprachgesetzes, das unter dem Begriff Menzerathsches Gesetz in der Quantitativen Linguistik bekannt ist.[4]

Ein Beispiel für die Abhängigkeit der Lautdauer von der Wortlänge (Zahl der Silben pro Wort), beobachtet im Ungarischen:[5]

Wortlänge (Silben pro Wort) Lautdauer (sec/100)
am Beispiel des Vokals ā: beobachtet
Lautdauer (sec/100)
am Beispiel des Vokals ā: berechnet
1 27,2 27,64
2 24,2 23,18
3 20,9 20,91
4 19,0 19,43
5 18,2 18,36

Das Testergebnis ist mit einem Determinationskoeffizienten von D = 0,97 sehr gut; er kann im besten Fall den Wert D = 1,00 erreichen. Der Trend, dass mit zunehmender Wortlänge die Dauer der Laute der Wortes abnimmt, wird mit diesen und etlichen anderen, hier nicht zitierten Daten sehr deutlich.

Variation der Lautdauer der Vokale

Ein zweiter Aspekt: Untersucht man an einem gesprochenen Text die Dauer aller vorkommender Vokale, so kann festgestellt werden, dass sie einem Verteilungsgesetz unterliegen, das speziell für solche Fälle von Geršić & Altmann (1988) entwickelt und am Beispiel des Batschka-deutschen Dialekts erfolgreich überprüft wurde.[6] Untersuchungen zur Vokaldauer im Isländischen und im Ungarischen unterstützen den Vorschlag von Geršić & Altmann.[7]

Ramers[8] untersuchte die Dauer deutscher Vokale in Wortlisten, wobei die Vokale in die Umgebung [b_tən] eingefügt wurden, gesprochen von vier wissenschaftlichen Mitarbeitern. Die Ergebnisse wurden einerseits getrennt nach Kurz- und Langvokalen, dann aber auch in Gesamttabellen vereint präsentiert. An diese Daten wurde das Modell von Geršić & Altmann (1988) in der vereinfachten Form angepasst; es bewährte sich in allen 12 Fällen.

Als Beispiel hier die Verteilung der Dauer deutscher Langvokale bei Sprecher M:

x Vokal (msec): beobachtet (msec): berechnet
1 [aː] 214,5 215,77
2 [ɛː] 194,7 187,78
3 [oː] 165,0 171,51
4 [uː] 153,6 159,79
5 [øː] 153,4 150,49
6 [eː] 152,8 142,71
7 [yː] 132,0 135,97
8 [iː] 128,0 130,00

msec: Millisekunden; x steht für die nach Rang geordneten Langvokale. Das Testergebnis ist mit einem Determinationskoeffizienten von D = 0,96 sehr gut.

Mit dem gleichen Ergebnis konnte auch die Untersuchung nur eines Vokals, des Lautes [iː] im Artikel „die“ [diː], der immer nur in seiner Stellung am Satzanfang berücksichtigt wurde, bearbeitet werden. Die Daten betreffen die Aussprache von Sprecher B in 6 Beispielsätzen. An diese Daten wurde das Modell von Geršić & Altmann (1988) in seiner einfachsten Form angepasst.

x (msec): beobachtet (msec): berechnet
1 88,5 85,70
2 56,3 63,71
3 53,3 53,56
4 50,7 47,36
5 47,4 43,04
6 37,3 39,81

x steht für die Beispielsätze 1 – 6. Das Testergebnis ist mit einem Determinationskoeffizienten von D = 0,93 sehr gut.[9]

Die Verteilung der Lautdauer einer Klasse von Lauten folgt anscheinend demselben Verteilungsmodell wie die verschiedenen Dauern eines einzelnen Lautes. Auffällig ist auch die sehr unterschiedliche Dauer des Langvokals [iː] als betonter und als unbetonter Laut.

Die Lautdauer wird von vielen Faktoren beeinflusst: dem Sprecher, der Position im Wort, der Stellung unter dem Wortakzent oder eben in unbetonter Stellung, der Länge des Wortes, in dem der Laut enthalten ist, und womöglich noch von weiteren Einflussgrößen.

Siehe auch

Literatur

  • Karl-Heinz Best: Gesetzmäßigkeiten der Lautdauer. In: Glottotheory 1 (2008), doi:10.1515/glot-2008-0001, S. 1–9.
  • Karl-Heinz Best: Zur Gesetzmäßigkeit der Vokalquantität im Deutschen. In: Naukovyj Visnyk Černivec’koho Universytetu: Hermans’ka filolohija. Vypusk 532, 2011, S. 3–13 (PDF).
  • Slavko Geršić, Gabriel Altmann: Ein Modell für die Variabilität der Vokaldauer. In: Klaus-Peter Schulz (Hrsg.): Glottometrika 9. Brockmeyer, Bochum 1988, ISBN 3-88339-648-6, S. 49–58.
  • Paul Menzerath, Joseph M. de Oleza: Spanische Lautdauer. Eine experimentelle Untersuchung. Walter de Gruyter, Berlin/Leipzig 1928.

Weblinks

Wiktionary: Lautdauer – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Einzelnachweise

  1. Menzerath, de Oleza: Spanische Lautdauer. Berlin/Leipzig 1928, S. 70.
  2. Eduard Sievers: Grundzüge der Lautphysiologie zur Einführung in das Studium der Lautlehre der indogermanischen Sprachen. Breitkopf & Härtel, Leipzig 1876. Das entscheidende Zitat findet sich S. 122.
  3. Menzerath, de Oleza: Spanische Lautdauer. Berlin/Leipzig 1928, S. 70. Das Zitat gibt nicht die unterschiedlichen Hervorhebungen des Originals wieder.
  4. Gabriel Altmann, Michael Schwibbe: Das Menzerathsche Gesetz in informationsverarbeitenden Systemen. Olms, Hildesheim, Zürich, New York 1989. ISBN 3-487-09144-5; Irene M. Cramer: Das Menzerathsche Gesetz. In: Reinhard Köhler, Gabriel Altmann, Rajmund G. Piotrowski (Hrsg.): Quantitative Linguistik - Quantitative Linguistics. Ein internationales Handbuch. Walter de Gruyter, Berlin/ New York 2005, ISBN 3-11-015578-8, S. 659–688.
  5. Ernst A. Meyer, Zoltán Gombocz: Zur Phonetik der ungarischen Sprache. Berlings Buchdruckerei, Uppsala 1909, Seite 20; Karl-Heinz Best: Gesetzmäßigkeiten der Lautdauer. In: Glottotheory 1, 2008, Seite 6. In diesem Fall wurde das Menzerathsche Gesetz in seiner einfachsten Form: getestet.
  6. Reinhard Köhler, Gabriel Altmann, Rajmund G. Piotrowski (Hrsg.): Quantitative Linguistik – Quantitative Linguistics. Ein internationales Handbuch. Walter de Gruyter, Berlin/ New York 2005, ISBN 3-11-015578-8, unter anderem Seite 667–669, 793–794.
  7. Karl-Heinz Best: Gesetzmäßigkeiten der Lautdauer. In: Glottotheory 1 (2008), Seite 3–5.
  8. Karl-Heinz Ramers: Vokalquantität und -qualität im Deutschen. Niemeyer, Tübingen 1988, ISBN 3-484-30213-5.
  9. Beide Aspekte in: Karl-Heinz Best: Zur Gesetzmäßigkeit der Vokalquantität im Deutschen. In: Naukovyj Visnyk Černivec’koho Universytetu: Hermans’ka filolohija. Vypusk 532, 2011, Seite 3–13.
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