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Kundschafter des Friedens

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Der Titel dieses Artikels ist mehrdeutig. Für den Film siehe Kundschafter des Friedens (Film).

Als Kundschafter des Friedens (auch Kundschafter für den Frieden), in der Kurzform Kundschafter, wurden in der Terminologie der DDR die im Ausland bzw. im Inland gegen Ausländer und ausländische Einrichtungen eingesetzten Agenten der Hauptverwaltung Aufklärung (HVA) des Ministeriums für Staatssicherheit oder die der Militärischen Aufklärung der Nationalen Volksarmee bezeichnet.[1] Auch Spione, die während des Zweiten Weltkriegs für die GRU tätig waren wie z. B. Richard Sorge, wurden als Kundschafter des Friedens bezeichnet.[2]

Hintergrund der Begriffswahl in der DDR

Der euphemistischen Begriff „Kundschafter des Friedens“ wurde seit einem Prawda-Artikel am 9. September 1964 ausschließlich als Begriff für eigene (östliche) Agenten verwendet. Dies wurde damit begründet, es sei zu unterscheiden, „ob jemand im imperialistischen Sold spioniert oder ob er dem Frieden und dem Fortschritt als Kundschafter dient“.[3] Der Nimbus von der friedensfördernden und angeblich sauberen Arbeit der „Kundschafter des Friedens“ sollte von den tatsächlichen Aufträgen und Aufgaben ablenken. In der Darstellung der DDR waren sie ausschließlich auf die Sicherung der DDR und für die Verhinderung eines Krieges in Deutschland gerichtet. MfS und NVA beteiligten sich in der offiziellen Darstellung der DDR nicht an Vorbereitungen von Angriffskriegen, Verschwörungen, Putschen, Attentaten oder an der Ermordung und Folterung von Menschen.

Der Historiker Hubertus Knabe verweist darauf, dass er in keinem Dokument des DDR-Geheimdienstes jemals irgendwelche Hinweise auf friedensstiftende Maßnahmen gefunden habe. Stattdessen herrsche in den Berichten über den Westen ein "hasserfüllter Jargon" vor, so Knabe. Die Spionage sei vor allem darauf gerichtet gewesen, für den Fall einer kriegerischen Auseinandersetzung militärische Vorteile zu erlangen.

Der Politologe Helmut Müller-Enbergs war dagegen im Jahr 2002 der Meinung, dass es noch zu früh sei, eine Antwort auf die Frage zu geben, ob die Stasi-Spione nun den Frieden retteten oder nicht. „Die wissenschaftliche und historische Analyse der Westspionage des DDR-Geheimdienstes, die Voraussetzung für ein fachliches Urteil sein muss, steht erst am Anfang.“[4] Auch Jahrzehnte nach der Wiedervereinigung stilisieren sich Mitarbeiter der HVA weiterhin zu „Kundschaftern des Friedens“.[5]

Auswertung der Stasi-Auslandsspionage nach 1989

Nach Auswertungen von Mitarbeitern der BStU[6] wurden Agenten zumeist von aktiven inoffiziellen Mitarbeitern der HVA angeworben, wobei vier von fünf Anwerbungen in der DDR erfolgten. Angaben ihrer Führungsoffiziere zufolge waren 60 % politisch motiviert, 27 % materiell, 7 % waren in „Honigfallen“ getappt, 4 % waren unter falscher Flagge angeworben und lediglich jeweils 1 % zur Mitarbeit erpresst worden bzw. boten von sich aus eine Mitarbeit an.[6]

Im Gegensatz zum Selbstbild als „Kundschafter des Friedens“ seien die politischen Führungen der DDR und des Warschauer Paktes durch die Lageberichte der ostdeutschen Militäraufklärung „über das Potenzial und die Absichten der NATO gezielt getäuscht worden“.[6]

Entgegen dem nachrichtendienstlich erworbenen Wissen hatte der Spionagedienst der NVA „Militärpotential und Absichten stark übertrieben“.[6] Zudem leitete das MfS umfangreiche Sabotage- und Terrorvorbereitungen durch speziell ausgebildete Einsatzgruppen in und gegen die Bundesrepublik im Spannungs- oder Kriegsfalle an[6] und war zudem massiv an der Repression wie auch innerparteilichen Auseinandersetzungen innerhalb der DDR beteiligt.

Die Wirtschaftsspionage habe zwar einen gewichtigen Teil der MfS-Auslandsaktivitäten eingenommen,[6] man wäre aber kaum in der Lage gewesen, die gewonnenen Erkenntnisse etwa im sogenannten Mikroelektronikprogramm der DDR auch umzusetzen, die Mikroelektronik blieb hier im internationalen Vergleich zurück.

Bekannte DDR-Agenten

Ehemalige „Kundschafter“ auf dem UZ-Pressefest

Die „Initiativgruppe Kundschafter des Friedens fordern Recht“ ist ein Verein vieler in der Bundesrepublik zu Haftstrafen verurteilter Stasi-Spione.[7]

Literatur

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Angela Schmole: Hauptabteilung VIII. Beobachtung, Ermittlung, Durchsuchung, Festnahme. (pdf) MfS-Handbuch. BStU, 2011, S. 54, abgerufen am 13. September 2015.
  2. Franz Krahl: Aus dem Schatten getreten. Über das ungewöhnliche Leben und den Heldentod unseres Genossen Richard Sorge, Neues Deutschland vom 18. Oktober 1964, S. 6
  3. http://archiv.preussische-allgemeine.de/1999/1999_01_09_01.pdf
  4. Andreas Förster: Kundschafter des Friedens oder Kriegsspione? In: Berliner Zeitung. 26. Oktober 2002, abgerufen am 13. September 2015.
  5. Matthias Hannemann: Stasi-Tagung: Mitschriften aus Odense. Vor einem halben Jahr hatten sich auf einer Konferenz in Dänemark frühere Mitarbeiter der „Hauptverwaltung A“ zu „Kundschaftern des Friedens“ stilisiert. Nun ist der Tagungsband erschienen - und erregt abermals die Gemüter. In: FAZ. 30. Mai 2008, abgerufen am 18. September 2015.
  6. 6,0 6,1 6,2 6,3 6,4 6,5 Georg Herbstritt, Helmut Müller-Enbergs (Hrsg.): Das Gesicht dem Westen zu … DDR-Spionage gegen die Bundesrepublik Deutschland (= Analysen und Dokumente; Bd. 23), Bremen: Edition Temmen 2003, 458 S., ISBN 3-86108-388-4.
  7. Sven F. Kellerhoff: Stasi: Der unheilige Zorn der roten Spione. In: Die Welt. 13. Juni 2007, abgerufen am 13. September 2015.
Dieser Artikel basiert ursprünglich auf dem Artikel Kundschafter des Friedens aus der freien Enzyklopädie Wikipedia und steht unter der Doppellizenz GNU-Lizenz für freie Dokumentation und Creative Commons CC-BY-SA 3.0 Unported. In der Wikipedia ist eine Liste der ursprünglichen Wikipedia-Autoren verfügbar.