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Kulturraum

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Kulturraum bezeichnet allgemein das derzeitige Verbreitungsgebiet (Region oder Land) einer eingrenzbaren Kultur – im Unterschied zum ethnologischenKulturareal“ (Kulturprovinz), das oft ein geschichtliches, ursprünglicheres Verbreitungsgebiet erfasst. Die Volkskunde beschäftigt sich mit dem europäischen Kulturraum und unterscheidet dabei den überstaatlichen deutschen Kultur- und Sprachraum beispielsweise in einen bairischen Kulturraum in Österreich und Bayern und einen niederdeutschen Kulturraum im Osten der Niederlande und Norden Deutschlands. Teils verallgemeinernd wird vom französischen oder britischen Kulturraum gesprochen, der auch Überseegebiete und ehemalige Kolonien einschließen kann. In Bezug auf Religionen wird beispielsweise zwischen einem christlich-katholischen und einem islamischen Kulturraum unterschieden.

„Kulturraumverdichtung“[1] bezeichnet einander ergänzende oder miteinander konkurrierende Kulturräume, die sich am selben Ort oder in derselben Region überschneiden, beispielsweise in Grenzgebieten (siehe auch Kulturgrenze, Sprachgrenze).

„Kulturraumformung“[2] bezeichnet die bewusste und unbewusste manipulative Gestaltung des mentalen Wahrnehmungsbildes eines Kulturraumes durch Politik und Gesellschaft. Damit wird die Identifikation des Raumes und der Kultur mit seiner Bevölkerung erreicht, um beispielsweise gebietsmäßige Ansprüche zu begründen.

Bedeutung für die Volkskunde

Im Rahmen der volkskundlichen Erforschung regionaler Unterschiede wird nach der Charakteristik und Entstehung einzelner Kulturräume gefragt. Unterschieden wird dabei in Reliktgebiete und Novationsräume: In einem Reliktgebiet wurden altartige Kulturphänomene über größere Zeiträume hinweg tradiert; in einem Novationsraum hingegen konnten sich technische Errungenschaften sehr rasch durchsetzen und ausbreiten.

Die Kulturraumforschung entwickelte sich in den 1920er-Jahren im Rheinland, breitete sich dann aber in großen Teilen Europas aus. Das Hauptaugenmerk der beteiligten Wissenschaftler lag bis in die 1980er-Jahre auf der Erstellung so genannter Volkskunde-Atlanten, um die gewonnenen Erkenntnisse optimal veranschaulichen zu können (siehe Hauptartikel: Atlas der deutschen Volkskunde).

Durch die nationalsozialistische Instrumentalisierung des Begriffs während der Zeit der Hitler-Diktatur (1933-1945) im sogenannten Dritten Reich war die Kulturraumforschung derart in Misskredit geraten, dass sie nach dem Zweiten Weltkrieg in bescheidenerem Rahmen betrieben wurde. Heinrich L. Cox, Gerda Grober-Glück und insbesondere Günter Wiegelmann schenkten ihr größere Aufmerksamkeit.

In der frühen Volkskunde und deutschen Völkerkunde wurde neben Kulturraum auch die Bezeichnung „Kulturprovinz“ benutzt.

Siehe auch

Literatur

  • Hermann Aubin, Theodor Frings, Josef Müller: Kulturströmungen und Kulturprovinzen in den Rheinlanden. 1926
  • Matthias Zender: Atlas der deutschen Volkskunde – Neue Folge. Marburg 1958–1985:
    • 1.–3. Kartenlieferung. 1958–1962.
    • 4.–5. Lieferung. In Zusammenarbeit mit Gerda Grober-Glück und Günter Wiegelmann, 1965–1973.
    • 6.–7. Lieferung. In Zusammenarbeit mit Heinrich L. Cox, Gerda Grober-Glück und Günter Wiegelmann, 1977–1979.
    • 3 Erläuterungsbände. 1959–1985.
  • Atlas der schweizerischen Volkskunde. Begründet von Paul Geiger und Richard Weiss, weitergeführt von Walter Escher, Elisabeth Liebl und Arnold Niederer. Basel 1950–1988.
  • Heinrich L. Cox, Günter Wiegelmann (Hrsg.): Volkskundliche Kulturraumforschung heute. Münster 1984.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Jürgen Joachimsthaler: Regionalität als Kategorie der Sprach- und Literaturwissenschaft. Lang, Frankfurt u. a. 2002, ISBN 3-631-39167-6, S. 18.
  2. Jürgen Joachimsthaler: Kulturraumformung durch Sprach- und Literaturpolitik. In: Orbis Linguarum. Band 21, Wrocław – Legnica 2002, S. 109–115 (PDF-Datei; 90 kB; 9 Seiten (Memento vom 6. September 2011 im Internet Archive) bei archive.org).
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