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Kulturgutschutz

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Kulturgutschutz oder Kulturgüterschutz bezeichnet alle Maßnahmen zum Schutz von Kulturgut vor Beschädigung, Zerstörung, Diebstahl, Unterschlagung oder sonstigem Verlust. Bei unbeweglichem Kulturgut wird auch der Begriff „Denkmalschutz“ verwendet. Das bezieht sich insbesondere auf die Verhinderung von Raubgrabungen an archäologischen Stätten, Plünderung beziehungsweise Zerstörung von Kulturstätten sowie Diebstahl von Kunstgegenständen aus Kirchen und Museen in aller Welt und grundsätzlich zu Maßnahmen betreffend der Erhaltung und zum allgemeinen Zugang zu unserem gemeinsamen kulturellen Erbe.[1] Der rechtliche Kulturgutschutz umfasst eine Reihe von internationalen Abkommen und nationalen Gesetzen, wobei diese auch umzusetzen sind.[2] Blue Shield International ist eine internationale Organisation, die als Partnerorganisation der UNESCO nationalen und internationalen Kulturgüterschutz koordiniert.[3][4][5]

International

Grundsätzlich sind Kulturgüter wie archäologische Funde, Ausgrabungsstätten, Archive, Bibliotheken, Museen und Denkmale das besonders sensible kulturelle Gedächtnis und meist auch die wirtschaftliche Grundlage eines Staates, einer Kommune oder einer Region. In der Geschichte der Menschheit waren dann kriegerische Auseinandersetzungen fast ausnahmslos auch stets von Plünderung, Beschlagnahme und Zerstörung von Kulturgut begleitet. Neben dem menschlichen Leid durch kriegerische und bewaffnete Konflikte sind auf diese Art und Weise rund drei Viertel aller jemals von Menschenhand geschaffenen Kulturgüter und somit die Zeugnisse und Nachweise menschlicher schöpferischer Schaffenskraft zerstört worden. Dagegen ist nur etwa ein Viertel aller Kulturgüter durch Naturkatastrophen zerstört worden oder durch normalen Verfall endgültig verschwunden. In allen Epochen war neben der Bekämpfung des Gegners immer auch das Kulturgut potentielles Ziel der feindlichen Kriegsführung. Dieses Bestreben sollte dem Zweck dienen, dass durch erfolgreiche Beutezüge eine Refinanzierung der Kriegskosten erfolgte und gleichzeitig dem unterworfenen Gegner seine geistige und kulturelle Identität genommen wurde.[6] Heute ist der Missbrauch von Kulturgütern international gesehen geächtet und strafbar. Dazu hält Karl Habsburg, der Präsidenten von Blue Shield, fest: "Auch beim Militär selbst hat die juristische Situation ein viel größeres Bewusstsein hervorgerufen. Missbrauch von Kulturgütern ist strafbar. Früher dachte man im Militär, wir können eigentlich machen, was wir wollen, denn wir sind nur unserem eigenen Engagement und dem Militärrecht verantwortlich. Dass sie hier Sanktionen treffen können, ist den meisten Militärs nun bewusst - oder wird ihnen langsam bewusst."[7]

Historisch betrachtet wurde am 29. Juli 1899 in Den Haag das für den Schutz von Kulturgut grundlegende „Abkommen, betreffend die Gesetze und Gebräuche des Landkriegs“ von den beteiligten Konferenzmächten ratifiziert. Die darin völkerrechtlich verbindlich festgeschriebenen Richtlinien zum Schutz von Kulturgut wurden fast wörtlich in das „Haager Abkommen betreffend die Gesetze und Gebräuche des Landkrieges“ vom 18. Oktober 1907 und der dazugehörigen Anlage, der „Ordnung der Gesetze und Gebräuche des Landkriegs“ (Haager Landkriegsordnung) übernommen.

Das erste völkerrechtliche Abkommen, das ausschließlich Richtlinien zum Schutz der künstlerischen und wissenschaftlichen Institutionen sowie der geschichtlichen Denkmäler enthielt, war der am 15. April 1935 von den 21 Mitgliedern der Panamerikanischen Union in Washington geschlossene „Roerich-Pakt“.

Die UNESCO berief zum 21. April 1954 eine internationale Konferenz in Den Haag in den Niederlanden ein, in deren Abschlusssitzung 37 der 56 Teilnehmerstaaten die „Konvention zum Schutz von Kulturgut bei bewaffneten Konflikten“ am 14. Mai 1954 unterzeichneten. Die noch junge Bundesrepublik Deutschland war bei dieser Konferenz einer der ersten Signatarstaaten der Haager Konvention zum Schutz von Kulturgut bei bewaffneten Konflikten vom 14. Mai 1954 (HK). Im März 1999 wurde eine Konferenz der Signatarstaaten der Haager Konvention wiederum in Den Haag in den Niederlanden einberufen und vom niederländischen Außenminister van Artsen und dem UNESCO-Generaldirektor Mayor eröffnet. An der Konferenz nahmen über 80 Vertragsstaaten und viele Nicht-Vertragsstaaten, darunter auch die USA, teil. Zusätzlich anwesend waren auch das Internationale Komitee vom Roten Kreuz und Blue Shield International, ein Zusammenschluss von Nichtregierungsorganisationen auf dem Gebiet des Kulturgutschutzes. Die Entwicklungen in Syrien und im Irak haben zusätzlich gezeigt, wie wichtig der Schutz von Kulturgütern, kultureller Vielfalt und des sozialen Zusammenhalts in bewaffneten Konflikten ist. So ist die UN Resolution 2347 vom 24. März 2017 die erste Resolution die sich nur auf das Kulturerbe konzentriert.[8] Die Zusammenarbeit zwischen der UNESCO und Blue Shield soll laut der UNESCO Generaldirektorin Irina Bokova weiter verstärkt werden. "UNESCO and Blue Shield International share a common goal," und "We seek to protect cultural property, and, by extension, humanity's cultural legacy," meinte Bokova im Oktober 2017 bei einer Blue Shield International Tagung.[9]

Viele nationale Gesellschaften für den Kulturgutschutz arbeiten eng mit den Blue Shield-Organisationen der Vertragsstaaten zusammen und stimmen sich hinsichtlich der kulturpolitischen Zielsetzungen eng untereinander ab. Am 26. März 1999 wurde nach langen Beratungen ein Konsens über den von mehreren Arbeitsgruppen erarbeiteten Entwurf eines Zweiten Protokolls zur Haager Konvention erzielt und von den Konferenzteilnehmern angenommen. Zum Schutz von Kulturgut in der arabischen beziehungsweise islamischen Welt gibt es das Doha-Statement der "Conference of Ulama on Islam and Cultural Heritage" aus dem Jahr 2001.[10] Die Mitarbeiter von Blue Shield beziehungsweise seiner nationalen Organisationen haben dann trotz der teilweisen Auflösung von staatlichen Strukturen und der sehr unklaren Sicherheitslage infolge der Kriege und Unruhen im Irak, in Syrien, in Mali, in Ägypten und in Libyen robuste Unternehmungen zum Schutz der dortigen Kulturgüter durchgeführt.[11] Gerade im Hinblick auf die Zerstörungen von Kulturgüter durch Konflikte aber auch durch Erdbeben wie in Haiti oder Nepal gibt es nun verstärkte Kooperationen zwischen Blue-Shield und nationalen Streitkräften wie der US-Army oder der Britischen Armee. Dabei werden Truppen unter anderem hinsichtlich vorausschauendem Kulturgüterschutz unterstützt.[12]

Die meisten Länder, die heute ihr kulturelles Erbe auszeichnen wollen, tun das auf Listenbasis, in vier Klassifizierungen als Weltkulturerbe und nationales, regionales bzw. lokales Kulturgut. Teilweise gibt es zusätzlich einen Ensembles-Schutz mit der Bezeichnung "Cultural Landscapes". Neben der Bezeichnung der geschützten Kulturgüter mit weiß-blauen Schildern arbeitet die Blue-Shield Organisation besonders hinsichtlich der umfassenden Ausbildung von Militär hinsichtlich völkerrechtlichem Kulturgüterschutz und der Erstellung von "no-strike" Listen. "No-strike lists" sind Listen von Kulturgüter, die von keinen der kriegsführenden Parteien berührt werden sollen.[13] Mit Unterstützung von lokalen Experten wie Archivaren oder Archäologen werden dabei die wesentlichen Objekte erfasst, diese Listen den Militärs vorgelegt und die Umsetzung beobachtet.[14] Es hat sich gezeigt, dass im Gegensatz zu vielen anderen Organisationen, die sich in ihrer Arbeit auf die friedlichen Phase vor und nach Konflikten konzentrieren und das Land bei Gefahr verlassen, die Blue-Shield Mitarbeiter trotzdem versuchen vor Ort sein.[15] Kulturgutzerstörung wird vom Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag strafrechtlich geahndet. Weiters kann vom Gerichtshof wegen der Kulturgutzerstörung die Höhe einer Entschädigungszahlung, die der Verurteilte leisten muss, festgesetzt werden.[16][17]

Die Zukunft des Kulturgutschutzes und robuster kultureller Schutzinterventionen wird im Zusammenspiel der Organisationen der Vereinten Nationen mit erfahrenen Partnern wie Blue Shield International beziehungsweise die UNESCO liegen.[18]

Konventionen

Kulturgutschutz-Organisationen

Europäische Union

  • Europäische Verordnung (EWG) Nr. 3911/92 über die Ausfuhr von Kulturgütern Einfuhr, Ausfuhr und Übereignung von Kulturgut
  • Richtlinie 93/7/EWG über die Rückgabe von unrechtmäßig aus dem Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats gebrachten Kulturgütern

Nationale Gesetze

Deutschland

Andere Staaten

Literatur

  • Michael Kloepfer: Denkmalschutz und Umweltschutz. Rechtliche Verschränkungen und Konflikte zwischen dem raumgebundenen Kulturgüterschutz und dem Umwelt- und Planungsrecht (= Schriften zum Umweltrecht. Band 172). Duncker & Humblot, Berlin 2012, ISBN 978-3-428-83783-0 (unter Mitarbeit von Elke Ditscherlein und Frederic Kahrl).
  • Kerstin Odendahl (Hrsg.): Kulturgüterrecht.Baden-Baden 2006. ISBN 3-8329-1723-3
  • Jörn Radloff: Kulturgüterrecht. Unter besonderer Berücksichtigung der Außenhandelsbeschränkungen und Mitnahmeverbote von Kunst- und Kulturgut in Privateigentum (= Schriften zum Öffentlichen Recht. Band 1258). Duncker & Humblot, Berlin 2013, ISBN 978-3-428-13957-6.
  • Olaf Zimmermann und Theo Geißler (Hrsg.): Altes Zeug: Beiträge zur Diskussion zum nachhaltigen Kulturgutschutz (Aus Politik & Kultur, Band 14), ISBN 978-3-934868-38-0; kostenfreies E-Book: [1]

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Vgl. Karl Habsburg im Interview "Missbrauch von Kulturgütern ist strafbar" in Wiener Zeitung vom 29. Juni 2012.
  2. Friedrich Schipper: "Bildersturm: Die globalen Normen zum Schutz von Kulturgut greifen nicht." In: Der Standard vom 6. März 2015.
  3. Isabelle-Constance v. Opalinski "Schüsse auf die Zivilisation" in FAZ vom 20. August 2014.
  4. UNESCO convenes Libyan and international experts meeting for the safeguard of Libya’s cultural heritage. UNESCO World Heritage Center - News, 21. Oktober 2011.
  5. Roger O’Keefe, Camille Péron, Tofig Musayev, Gianluca Ferrari "Protection of Cultural Property. Military Manual." UNESCO, 2016, S. 73ff.
  6. Vgl. auch Jyot Hosagrahar "Culture: at the heart of SDGs", UNESCO-Kurier, April-Juni 2017.
  7. Vgl. Hans Haider im Interview mit Karl Habsburg "Missbrauch von Kulturgütern ist strafbar" in Wiener Zeitung vom 29. Juni 2012.
  8. Vgl. u. a. Jyot Hosagrahar "Culture: at the heart of SDGs", UNESCO-Kurier, April-Juni 2017.
  9. Vgl. "UNESCO Director-General calls for stronger cooperation for heritage protection at the Blue Shield International General Assembly.", Aussendung der UNESCO vom 13. September 2017.
  10. Vgl. Friedrich Schipper "Bildersturm: Die globalen Normen zum Schutz von Kulturgut greifen nicht." in Der Standard vom 6. März 2015.
  11. Corine Wegener, Marjan Otter "Cultural Property at War: Protecting Heritage during Armed Conflict" in The Getty Conservation Institute, Newsletter 23.1, Spring 2008.
  12. Vgl. Eden Stiffman "Cultural Preservation in Disasters, War Zones. Presents Big Challenges" in The Chronicle Of Philanthropy, 11. Mai 2015.
  13. Vgl. Hans Haider im Interview mit Karl Habsburg "Missbrauch von Kulturgütern ist strafbar" in Wiener Zeitung vom 29. Juni 2012.
  14. Siehe z. B. Aisling Irwin "A no-strike list may shield Yemen`s ancient treasures from war" in Daily News vom 23. Jänner 2017.
  15. Vgl. Sabine von Schorlemer "Kulturgutzerstörung. Die Auslöschung von Kulturerbe in Krisenländern als Herausforderung für die Vereinten Nationen." (2016), S. 784ff; Corine Wegener, Marjan Otter "Cultural Property at War: Protecting Heritage during Armed Conflict" in The Getty Conservation Institute, Newsletter 23.1, Spring 2008.
  16. Vgl. Markus Hilgert im Gespräch mit Dieter Kassel "Ein historisches Ereignis im humanitären Völkerrecht" in Deutschlandfunk Kultur vom 17. August 2017.
  17. Eric Gibson "The Destruction of Cultural Heritage Should be a War Crime." in The Wall Street Journal vom 2. März 2015.
  18. Sabine von Schorlemer "Kulturgutzerstörung. Die Auslöschung von Kulturerbe in Krisenländern als Herausforderung für die Vereinten Nationen." (2016), S. 882ff.
 Wikisource: Kulturgutschutz – Quellen und Volltexte
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