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Madrasa

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Die Sherdor-Medrese in Samarkand
Muhammed-Amin-Khan-Madrasa in Chiwa

Madrasa (arabisch مدرسة ‚Ort des Studiums‘ Plural Madāris; türkisch medrese) ist seit dem 10. Jahrhundert die Bezeichnung für eine Schule, in der islamische Wissenschaften unterrichtet werden. Zu den Kerndisziplinen der Madrasa gehören Fiqh, Hadith-Wissenschaft, arabische Sprachlehre und Koranwissenschaften, in einigen Madāris werden auch andere Wissenschaften wie Philosophie und Medizin unterrichtet. Die Madrasa wird üblicherweise durch eine fromme Stiftung finanziert. Dem Stifter steht es dabei zu, das Lehrprogramm sowie die Anzahl der Studenten, Lehrer und anderen Bediensteten festzulegen. Die Größe derartiger Madāris variiert erheblich: während einige nur aus einem einzigen Unterrichtsraum bestehen, umfassen andere einen ganzen Komplex von Gebäuden mit speziellen Räumlichkeiten für die Lehre, die Bibliothek, die Unterbringung von Schülern und Lehrer sowie für den Gottesdienst.

Neben dieser spezifisch-terminologischen Bedeutung wird der Begriff Madrasa im heutigen Arabisch auch allgemeinsprachlich als Bezeichnung für jede Art von Schule verwendet.

Geschichte

Die ersten Madāris wurden im 10. Jahrhundert in Chorasan gegründet.[1] Vorher waren Moscheen, insbesondere Freitagsmoscheen, die wichtigsten Lernorte.[2] In der zweiten Hälfte des 11. Jahrhunderts wurde die Madrasa als Institution im Irak eingeführt. Zwei Amtsträger des Seldschuken-Reiches, der Wezir Nizam al-Mulk (1018–1092) und der Finanzminister (mustawfī) Scharaf al-Mulk gründeten 1066 zwei Madrasas in Bagdad. Nizam al-Mulk begnügte sich nicht mit dieser einen Madrasa, sondern errichtete solche Schulen noch in mehreren anderen Städten wie Nischapur, Mossul und Balch. Mit diesen als Nizamiyya bezeichneten Schulen erreichte das staatlich geförderte Madrasa-Wesen seinen ersten Höhepunkt. Im frühen 12. Jahrhundert gründeten Sunniten, die zu einflussreichen Positionen im Fatimidenreich gelangt waren, die ersten Madrasas in Ägypten.[3] Zum wichtigsten Förderer der Madrasa in der zweiten Hälfte des Jahrhunderts wurde Saladin. Er gründete Madrasas nicht nur in Kairo, sondern auch in den neu von ihm eroberten Gebieten Syrien, Palästina und im Hidschaz.

Während alle bisherigen Madāris auf einen bestimmten Madhhab ausgerichtet waren, gründete der abbasidische Kalif al-Mustansir 1234 mit seiner al-Madrasa al-Mustansiriyya zum ersten Mal eine Vier-Madhhab-Madrasa. Später wurden solche Vier-Madhhab-Madrasas auch anderen Orten, zum Beispiel in Kairo und Mekka, errichtet.

Im 13. Jahrhundert wurde die Madrasa durch die Hafsiden (1229–1574) und Meriniden auch im Maghreb eingeführt. Die erste Madrasa auf dem Gebiet des heutigen Tunesien war die 1258 gegründete Madrasat al-Maʿrad in Tunis. Auf dem Gebiet Marokkos war die 1285 Abu Yusuf Yaqub errichtete Madrasat as-Saffārīn die erste Bildungsinstitution dieser Art.[4]

Die 1939 in der Nähe von Rangpur in Bangladesch errichtete Mohimaganj-Madrasa

In Indien wurden die ersten Madāris ebenfalls schon im 13. Jahrhundert gegründet. Mitte des 18. Jahrhundert wurde hier mit dem Dars-i Nizāmī, einem Lehrcurriculum, das die Gelehrten von Farangi Mahall entwickelt hatten, die Madrasa-Ausbildung standardisiert. Sie umfasste neben Traditionswissenschaften (manqūlāt) auch rationale Wissenschaften (maʿqūlāt). Zu ersteren gehörten arabische Grammatik und Syntax (sarf wa-nahw), Rhetorik (balāgha), Rechtstheorie (usūl al-fiqh), Hadith-Wissenschaft und Koranexegese, zu letzteren Logik (Mantiq), Weisheitslehre (Hikma), Theologie (Kalām) und Mathematik (Riyādīyāt).[5] Während der britischen Kolonialzeit kam es unter den muslimischen Gelehrten zu Diskussionen darüber, wie weit auch die modernen westlichen Wissenschaften in die Madrasa-Ausbildung integriert werden sollten.[6] Während es in Farangi Mahall selbst diesbezüglich eine große Offenheit gab, waren die Gelehrten des 1866 neu gegründeten Dar ul-Ulum Deoband erheblich zurückhaltender. Insbesondere Rashid Ahmad Gangohi, einer der Mitbegründer der Schule, lehnte die modernen westlichen Wissenschaften ab.[7] Keine Vorbehalte gab es dagegen hinsichtlich der Verwendung der modernen Drucktechnik zur Verbreitung der eigenen Bücher.[8]

Heutige Situation

Im Sinne der klassischen Erziehungsrichtlinien fungieren, mit gewissen Einschränkungen, noch vier Einrichtungen, in deren Lehrsälen Studenten aus der gesamten islamischen Welt in den klassischen Religionswissenschaften unterrichtet werden: Al-Azhar-Universität in Kairo, das Dar ul-Ulum Deoband im nordindischen Deoband, al-Zaytuna in Tunis und al-Qarawiyyin in Fès.

In den Ländern des Maghreb ist die Madrasa eine der drei Ausbildungsstufen der traditionellen islamischen Bildung, die zusammenfassend als Mahadra (arabisch: maḥḍara, Pl.: maḥāḍir = ‚Sitzung‘, ‚Anwesenheit‘ (beim Lehrer, Gastgeber u.a.)[9] bezeichnet werden. Hierzu gehört die einführende Koranschule, die als Maktab oder Kuttāb bezeichnet wird. Sie beschränkt sich zunächst ausschließlich auf das Auswendiglernen (ḥifẓ) des Korantextes und die Schreibung desselben. Zur Mahadra gehören ferner die vertiefende Ausbildung an der Madrasa (auch Mahadra im engeren Sinn) und die religiöse Spezialisierung, die in der Zāwiya erfolgt.[10][11]

Die größte Madrasa, die die ibaditischen Richtung des Islam unterrichtet, ist das Institute of Islamic Sciences, das an die Große Sultan-Qabus-Moschee in Maskat (Oman) angegliedert ist. In Oman ist diese Richtung des Islam die dominierende.

Personen, die eine Madrasa-Ausbildung durchlaufen haben, erhalten häufig bestimmte Ehrentitel wie Mullah (in Iran) oder Mawlawī (in Südasien). Absolventen einer schiitischen Madrasa werden als Huddschat al-Islām tituliert.

Literatur

  • Jonathan Berkey: The Transmission of Knowledge in Medieval Cairo. A Social History of Islamic Education. New Jersey 1989.
  • Jan-Peter Hartung, Helmut Reifeld (eds.): Islamic Education, Diversity, and National Identity. Dīnī Madāris in India Post 9/11. New Delhi-London 2006.
  • Robert W. Hefner und Muhammad Qasim Zaman (Hrsg.): Schooling Islam: The Culture and Politics of Modern Muslim Education. Princeton University Press, Princeton (New Jersey) 2006. Kapitel 2: Jonathan P. Berkey: Madrasas Medieval and Modern: Politics, Education and the Problem of Muslim Identity. S. 40–60 (PDF; 127 kB)
  • George Makdisi: The Rise of Colleges. Institutions of Learning in Islam and the West. Edinburgh 1981.
  • J. Pedersen, G. Makdisi: Art. "Madrasa. 1. The Institution in the Arabic, Persian and Turkish Lands" in The Encyclopaedia of Islam. New Edition Bd. V, S. 1123a-1134b.
  • Munibur Rahman: Art. "Madrasa. 2. In Muslim India" in The Encyclopaedia of Islam. New Edition Bd. V, S. 1134b-1136a.
  • Mareike J. Winkelmann: From Behind the Curtain: A Study of a Girls’ Madrasa in India. Amsterdam University Press, Amsterdam 2005, Online bei ISIM Review, Leiden University Libraries (PDF; 1,3 MB)

Einzelnachweise

  1. Vgl. Pedersen-Makdisi 1126b.
  2. Vgl. Makdisi 12.
  3. Vgl. Berkey 131.
  4. Vgl. Pedersen-Makdisi 1127b-1128a.
  5. Vgl. Francis Robinson: The Ulama of Farangi Mahall and Islamic Culture in South Asia. Delhi 2001. S. 48-50.
  6. Vgl. dazu Farhat Hasan: "Madāris and the challenges of modernity in Colonial India" in Hartung/Reifeld 56-72.
  7. Vgl. Barbara Daly Metcalf: Islamic Revival in British India. Deoband, 1860-1900. Princeton 1982. S. 101.
  8. Vgl. Hasan 67-69.
  9. Das Wort „maḥaḍra“ ist die nordafrikanische Variante des arabischen Wortes maḥḍara durch die dort gepflegte Öffnung der geschlossenen und mit der anschließenden Schließung der offenen Silbe im Auslaut. Zu maḥḍara siehe: R. Dozy: Supplément aux dictionnaires arabes; Paris, Leiden 19673; Bd. 1, S. 299a: assemblée, réunion de personnes en société. Ecole (mit Belegen). Eine weitere Bedeutung des Wortes ist: ‚Protokoll der Beweisaufnahme‘ in der islamischen Gerichtsbarkeit. Siehe: Christian Müller: Gerichtspraxis im Stadtstaat Córdoba. Zum Recht der Gesellschaft in einer mālikitisch-islamischen Rechtstradition des 5./11. Jahrhunderts; Brill: Leiden 1999; S. 149 und Anm. 269
  10. Michael Hirth: Traditionelle Bildung und Erziehung in Mauretanien. Zum entwicklungspolitischen Potential der maurischen mahadra. (Europäische Hochschulschriften, Bd. 175, Reihe XXXI Politikwissenschaft) Peter Lang, Frankfurt u.a. 1991, S. 34
  11. Chouki El Hamel: The Transmission of Islamic Knowledge in Moorish Society from the Rise of the Almoravids to the 19th Century. (PDF; 1,4 MB) Journal of Religion in Africa XXIX, 3, 1999, S. 62–87
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