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Klitikon

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Ein Klitikon (Plural: Klitika) ist ein schwach- oder unbetontes, zumeist einsilbiges Wort. Man bezeichnet es auch als Stützwort, da es sich an ein benachbartes (betontes) Wort ‚anlehnt‘ (daher die Bezeichnung aus griechisch ἐγκλίνειν (enklínein) „(sich) neigen“), es sich also um Worte und Wortverbindungen handelt die reduziert werden und / oder an andere Wörter angelehnt wurden. Klitika können nicht isoliert und unabhängig auftreten. Sie sind keine freien, unabhängigen Wörter und nehmen eine Sonderstellung zwischen freien Wörtern und Affixen ein. Im Allgemeinen können alle Wortklassen diese Klitika hervorbringen, ausgenommen aber sind Nomina und Verben.

Hierzu ein Beispielsatz für die deutsche Sprache:

  • Hastese gesehen?[1]
  • vorm Haus ≈ vor dem Haus

Man unterscheidet zwischen Proklitika und Enklitika. Erstere lehnen sich an das folgende Wort an, letztere an das vorangehende. Klitika können aber auch inmitten eines Verbs (zwischen Präfix und Wortstamm) vorkommen: z. B. im Litauischen („užsisakyti“ „bestellen“ refl.).

Das Wort, an das sich ein Klitikon anlehnt, heißt Gastgeber (englisch host) und bildet zusammen mit dem Klitikon eine prosodische Einheit, zumeist ein phonologisches Wort. Je nach Sprache wird der Akzent innerhalb des phonologischen Wortes erst nach der Klitisierung vergeben. Dann sorgt die Klitisierung für eine Akzentverschiebung.

Klitika werden weiterhin unterschieden nach der Art des Gastgebers: Er kann entweder syntaktisch bestimmt oder auf eine morphologische Kategorie beschränkt sein. Klitika, die Wackernagels Gesetz unterliegen, müssen an der zweiten Position im Satz stehen, deren Position und Gastgeber ist demnach syntaktisch determiniert. Pronominale Klitika in den Romanischen Sprachen dagegen müssen immer am Verb stehen, deren Position und Gastgeber ist demnach morphologisch determiniert.

Linguistische Definition

Das Klitikon (griech: κλιτικόν (klitikón) das sich Anlehnende, Stützwort) ist ein nur schwach betontes Morphem, welches sich an das benachbarte Wort anfügt, ohne dessen Affix zu sein. Das Anfügen verändert oft die silbische Struktur. Es wurden eine Reihe von Kriterien vorgeschlagen, durch die sich Klitika von Affixen unterscheiden lassen. So verursacht Affigierung oft idiosynkratische morphologische Formen, während sich Gastgeber beim Hinzufügen von Klitika selten verändern.[2]

Besonderheiten

  • Klitika sind unbetont und benötigen ein Wort das als Gastgeber (englisch host) auftritt,
  • Klitika lassen sich nicht modifizieren,
  • Klitika lassen sich durch Konjunktionen nicht verbinden,
  • Affixe verbinden sich mit Wortwurzeln oder Wortstämmen; hieraus gehen vollständige (neue) Wörter hervor,
  • Klitika binden sich an bereits bestehende, vollständige Wörter,
  • Affixe beziehen sich zumeist nur auf ein Verb, Klitika können uneingeschränkt auftreten,
  • Klitika sind deshalb keine Affixe, nehmen aber eine Sonderstellung zwischen diesen und freien Wörtern ein,

Klitika in verschiedenen Sprachen/Dialekten

Bairisch

Im Bairischen haben viele Pronomina ein unbetontes Pendant, das meist auf Verben oder Konjunktionen folgt.[3] Es können auch zwei unbetonte Formen nebeneinander stehen. Die folgenden Beispiele beziehen sich auf das Südbairische:

  • i gib’n’s (ich gebe es ihm; der Dativ steht vorm Akkusativ, evtl. auch i gib eam’s)
  • hiatzan hauma’n nieder (jetzt hauen wir ihn nieder)
  • wånn imi umschau (wenn ich mich umschaue)
  • i såg da’s (ich sage dir (e)s)
  • „gibt’s“ statt „gibt es“
  • „’s gibt“ statt „es gibt“

Manche pronominalen Formen sind grammatikalisiert worden und werden in gewissen Kontexten als Endungen aufgefasst, in folgendem Satz zum Beispiel erscheint das Pronomen mir (wir) gleich dreimal (zweimal unbetont):

  • „…, weil mir ka Haus håm“ (weil wir kein Haus haben)

Romanische Sprachen

In den Romanischen Sprachen gibt es zwei Reihen von Pronomina: die betonten Pronomen und die klitischen Pronomen.[4] Die Verwendung ist grammatikalisiert. So ist es zum Beispiel notwendig, ein vorerwähntes Verbargument klitisch zu markieren, wenn es wieder aufgenommen wird. Würde stattdessen ein betontes Pronomen stehen, wäre der Satz nicht grammatisch. Gleichzeitiges Auftreten von Argument-Nominalphrase und Klitikon unterliegt strengen Beschränkungen. Die Position der Klitika ist morphologisch bestimmt: Sie stehen hinter infiniten Verbformen und Imperativen, an die sie in der Schreibung direkt angeschlossen werden, aber vor finiten Verbformen, von denen sie in der Schreibung getrennt werden.[5]

Italienisch
enklitisch mit dem Infinitiv:
„arrivederci.“ 'Auf Wiedersehen.' (Wörtlich: wiedersehenuns)
enklitisch mit dem Imperativ:
„Leggilo.“ 'Lies es!'
proklitisch mit finiten Verben (hier 3. Person Singular):
Ci da questo libro.“ 'Er/sie gibt uns dieses Buch.'

Wenn mehr als ein Argument durch ein Klitikon ausgedrückt wird, so bilden die Klitika eine Sequenz, die nicht getrennt werden kann. Diese Sequenz wechselt – je nach grammatischer Kategorie des Verbs – genauso wie ein einzelnes Klitikon die Position.

Italienisch
enklitisch mit dem Infinitiv:
Vuole darglielo. 'Sie will es ihm geben.'
proklitisch mit finiten Verben (hier 3. Person Singular):
Glielo da.“ 'Sie gibt ihm es.'

Die Regeln für die Syntax der Klitika im Altromanischen werden durch das sogenannte Tobler-Mussafia-Gesetz geregelt, nachdem in allen romanischen Sprachen des Mittelalters die Klitika auf das Verbum am Satzanfang folgten, egal ob dieses finit oder infinit war: altital. fecelo aber neuital. lo fece (er machte es), altspan. recibiólo aber neuspan. lo recibió (er empfing es/ ihn). Während die meisten romanischen Sprachen heute überwiegend die Proklise bei definiten Verbformen grammatikalisiert haben, ist das europäische Portugiesisch die in dieser Hinsicht die altertümlichste Sprache, weil es auf der mittelalterlichen Sprachstufe stehengeblieben ist: alt- und neuport. chamo-me (ich nenne mich). Das brasilianische Portugiesisch ist in dieser Hinsicht innovativer, weil hier wie in allen anderen romanischen Sprachen vor konjugierten Verbformen Proklise herrscht. Am weitesten vom mittelalterlichen Sprachzustand hat sich das Französische weg entwickelt, das bis auf den Imperativ nur mehr Proklise toleriert (auch bei Infinitiv und Gerundium!). Ähnliche Zustände herrschen im Sardischen.

Andere

  • Allgemeindeutsche Umgangssprache: Hastese gesehen?
  • Mittelbairisch: „Glång ma’s Brot, bittschön.“ (Reich mir das Brot …), „G’heat’s hiatz mia?“ (Gehört das jetzt mir?), „d’Wirtin z’Oftering“ (Die Wirtin aus/von Oftering)
  • Rheinfränkisch: „Haschesem gesaat?“ (Hast du es ihm gesagt? – dreifach klitisch!)
  • Moselfränkisch: „gäffmiat /-mat“ (gib es mir) - doppelt klitisch. „gīmia / gīma“ (gehen wir)
  • Schweizerdeutsch: „gömer“ (gehen wir)
  • Englisch: „I′m here.“ (=„I am here“, dt. Ich bin hier.), „We see 'em.“ (=„We see them“, dt. Wir sehen sie.). Evtl. auch „my friend' s car“ (aus „my friend his car“, dem "His genitive")
  • Plautdietsch: „Waut wella bloos von mie?“ (Was will er nur von mir?)
  • Tschechisch: „Kdy ses ho na to ptal?“ (Wann hast du ihn danach gefragt?)
  • Niedersorbisch: „Ga sy se jogo za to pšašał?“ (Wann hast du ihn danach gefragt?)
  • (Alt-)Litauisch: „Pamiduok.“ (Gib mir.)
  • Polnisch: „Cóżeś zrobił?“ (Was hast du denn getan?)
  • Kölsch: „Ham_mer_et_jëz?“ (Haben wir es jetzt?)
  • Neugriechisch: „αυτά είναι τα πράγματά μου.“ (Das sind meine Dinge; das Wort „πράγματα“ bekommt zusätzlich einen Akzent auf der letzten Silbe)
  • Altgriechisch: „οὗτος ἄνθρωπός ἐστιν.“ (Dieser ist ein Mensch; „ἐστίν“ gibt seinen Akzent an das vorherige Wort ab)
  • Hebräisch: „אהבתיך“ (ahavtich): Ich habe dich (fem.) geliebt.

Literatur

  • Helmut Glück (Hrsg.): Metzler-Lexikon Sprache. 4. Auflage; Verlag J.B. Metzler, Stuttgart / Weimar 2010, ISBN 3-476-02335-4
  • Birgit Gerlach & Janet Grijzenhout (Hrsg.): Clitics in Phonology, Morphology and Syntax. John Benjamins, Amsterdam / Philadelphia 2000, ISBN 90-272-2757-8.
  • Damaris Nübling: Klitika im Deutschen. Schriftsprache, Umgangssprache, alemannische Dialekte. (= ScriptOralia 42) Gunter Narr, Tübingen 1992, ISBN 3-8233-4257-6.
  • Jakob Wackernagel: Über ein Gesetz der indogermanischen Wortstellung. Indogermanische Forschungen 1, (1892), 333-436. Reprint, Kleine Schriften Bd. I, 1-103. Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 1955
  • Arnold M. Zwicky: Clitics and particles. Language 61, (1985), S. 283-305.

Weblinks

Wiktionary: Klitikon – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Siehe auch

Einzelnachweise

Dieser Artikel basiert ursprünglich auf dem Artikel Klitikon aus der freien Enzyklopädie Wikipedia und steht unter der Doppellizenz GNU-Lizenz für freie Dokumentation und Creative Commons CC-BY-SA 3.0 Unported. In der Wikipedia ist eine Liste der ursprünglichen Wikipedia-Autoren verfügbar.