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Kleinschreibung

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konsequente Kleinschreibung
Großschreibung
in-konsequente Kleinschreibung im öffentlichen Raum

Unter Kleinschreibung (Verb: kleinschreiben, vor der Rechtschreibreform von 1996 auch: klein schreiben) versteht man die Verwendung von Kleinbuchstaben am Wortanfang.

Während die konsequente Kleinschreibung die Vermeidung aller Großbuchstaben bedeutet, lässt eine gemäßigte Kleinschreibung (welche auch als gemäßigte Großschreibung bezeichnet wird) bestimmte Fälle großgeschriebener Wörter zu, etwa am Satzanfang oder bei Eigennamen.

Geschichte

Die heutigen Kleinbuchstaben entwickelten sich aus der karolingischen Minuskel als Verwaltungsschrift unter Karl dem Großen. Die überkommene lateinische Großschreibung (Majuskel) wurde aus Gründen der Alltagstauglichkeit durch eine schneller ausführbare und besser lesbare Kleinschreibung ersetzt. Dabei wurden zunächst alle Majuskeln ohne Ausnahme in Minuskeln umgeschrieben; der Gebrauch von Großbuchstaben zur Hervorhebung bestimmter Wörter inmitten eines Minuskeltextes entwickelte sich erst sekundär.

Die Großschreibung im Deutschen entstand im Barock. Durch deutsche Setzer und Drucker breitete sich die Großschreibung und das grammatische Komma auch ins Dänische aus, das auch in Norwegen durch die Union (1521–1814) Schriftsprache war. Auch im Schwedischen und im Englischen war eine Hervorhebung aller oder der wichtigsten Substantive (oder anderer Wörter) im Satz durch Großschreibung bis ins 18. Jahrhundert hinein üblich. Sie findet sich beispielsweise im Urtext der Verfassung der Vereinigten Staaten.

Jacob Grimm äußerte sich bereits 1854 als Gegner der Großschreibung: „den gleichverwerflichen misbrauch groszer buchstaben für das substantivum, der unserer pedantischen unart gipfel heiszen kann, habe ich […] abgeschüttelt.“ Schon vorher hatte er in seiner Grammatik geschrieben:

„Es ist nicht zu spät, und leicht genug, einer so peinlichen und unnützen schreibweise zu entsagen, welche sich von uns lediglich Dänen und Litthauer haben aufbürden lassen, Schweden und Engländer bald nach den ersten versuchen, in richtigerem tact und gesunderem sprachgefühl, wieder ablegten. selbst in unsrer mitte ist sie nie völlig durchgedrungen: es gab noch im 17 und 18 jh. schriftsteller, die mit verschmähung der neuerung die althergebrachte einfachheit nicht verjähren ließen. […] wer große buchstaben für den anlaut der substantive [schreibt], schreibt pedantisch.“[1]

Der Gebrauch der Kleinschreibung durch einige Autoren des 19. Jahrhunderts ging stets mit der Verwendung der Antiqua-Schrift als Zeichen der Modernität einher.

Im Jahr 1925 machte sich das Bauhaus die Kleinschreibung zum Programm: „wir schreiben alles klein, denn wir sparen damit zeit. außerdem: warum 2 alfabete, wenn eins dasselbe erreicht? warum großschreiben, wenn man nicht groß sprechen kann?“ Dadurch angeregt verfolgt die dj.1.11 das Prinzip der Kleinschreibung, was auch andere Gruppen in der Jugendbewegung beeinflusst.

Im Jahr 1934 verwendete die Stadtverwaltung von Biel, Kanton Bern, für ein halbes Jahr die Kleinschreibung.

Im Norwegischen wurde die gemäßigte Kleinschreibung 1869 wieder eingeführt. Dänemark folgte 1948. Seither schreibt man innerhalb des lateinischen Schriftsystems nur noch im Deutschen (einschließlich der deutschen Varietäten des Niederdeutschen), Luxemburgischen und einigen (nicht allen) nordfriesischen Schriftdialekten Substantive groß. Ausnahmen für die Kleinschreibung im deutschen Sprachraum finden sich in der Literatur der deutsch-dänischen Mischsprache Petuh.

Auch die Wiener Gruppe um H. C. Artmann, aber auch Elfriede Jelinek, setzten sich in ihrer dadaistischen Tradition für die Gleichwertigkeit aller Wortarten ein und sahen in der Großschreibung der Substantive deren unnötige Bevorteilung. Jelinek verwarf die konsequente Kleinschreibung später aber wieder.

Der deutsche Grafiker und Typograf Otl Aicher setzte aus praktischen Gründen in seinen Entwürfen und Publikationen bevorzugt Kleinbuchstaben ein. Heinrich Böll bemerkte 1973, dass eine Sprache weder an Informationswert noch an Poesie verliere, wenn sie von der Groß- zur Kleinschreibung übergeht. Diverse linke Gruppen verwendeten in ihren Dokumenten die Kleinschreibung.

die tageszeitung, die bereits seit 1982 ihren Titel kleinschreibt, veröffentlichte am 12. August 2004 eine Ausgabe in einer gemäßigten Kleinschreibung als Reaktion auf die Ankündigung einiger deutscher Verlage, zur alten Rechtschreibung zurückkehren zu wollen.

Diskussion

Gegen die Kleinschreibung wird eingewendet, dass sie den Lesefluss störe. Die markanten Großbuchstaben seien dem Auge bei der Orientierung im Text behilflich. Auch erleichtere die Großschreibung der Substantive das Querlesen, da diese für das Verständnis des Textes besonders bedeutsam seien und durch die Hervorhebung schneller erfasst würden.

In einer Studie aus dem Jahr 1989 (Bock, Hagenschneider & Schweer sowie Gfroerer, Günther & Bock)[2] wurde die Lesegeschwindigkeit von Niederländern, die von ihrer Muttersprache eine gemäßigte Kleinschreibung gewohnt sind, getestet. Im Versuch wurden den Testpersonen Texte in ihrer Muttersprache sowohl in der üblichen Kleinschreibung als auch mit Großschreibung nach deutschem Muster vorgesetzt.

„Die Untersuchungen brachten überraschende Ergebnisse: Auch für die niederländischen Versuchspersonen stellten die Regeln der deutschen Großschreibung eine Hilfestellung dar, die den Leseprozess beschleunigten. Sie konnten Texte in ihrer eigenen Muttersprache mit den fremden satzinternen Großbuchstaben ohne Verständnisprobleme schneller lesen als solche mit der ihnen vertrauten gemäßigten Kleinschreibung. Detailanalysen der Augenbewegungsmuster ließen den Schluss zu, dass in der Tat der Orientierungscharakter der Großbuchstaben dafür verantwortlich war.“

Köbes: Kölner Beiträge zur Sprachdidaktik (1/2005).[3]

Ein Argument für eine gemäßigte Kleinschreibung sei hingegen der Wegfall der meisten Regeln für Klein- und Großschreibung. Fehler, wie sie zum Beispiel bei substantivierten Verben und Adjektiven häufig aufträten, ließen sich dadurch vermeiden. Sie bedürfe aber weiter zweier Alphabete. Da der Anfang von Sätzen ohnehin durch die Interpunktion gekennzeichnet wird, könnte man auch den Satzanfang kleinschreiben. Allerdings wären dann die Satzgrenzen weniger deutlich und schnell ersichtlich.

Die gemäßigte Kleinschreibung hebt Eigennamen im Schriftbild deutlicher hervor.

Internationaler Vergleich

Die „gemäßigte Kleinschreibung“ wird nicht in allen Ländern gleich gehandhabt. So werden Völkernamen, Sprachen, Wochentage, Feiertage u. a. im Englischen und teilweise im Niederländischen groß-, in den meisten anderen Sprachen jedoch kleingeschrieben. Ähnliche Regeln hat die russische Rechtschreibung. Auch die Schreibung von Institutionen und Titeln ist unterschiedlich; so heißt es im Englischen Queen Elizabeth, im Französischen aber la reine Elisabeth, und im Dänischen hat man nach Jahrzehnten ausschließlicher Kleinschreibung vor wenigen Jahren in solchen Fällen die Großschreibung wieder zugelassen (heute dronningen und Dronningen = die Königin). Auch für die Schreibung der aus mehreren Wörtern bestehenden Propria („(ein bestimmter) Staat“ und „(eine bestimmte) Kirche“) gelten keine einheitlichen Regeln.

Siehe auch

Weblinks

Wiktionary: Kleinschreibung – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Einzelnachweise

  1. Jacob Grimm: Deutsche Grammatik. 3 Auflage. 1, Dietersche Buchhandlung, Göttingen 1840, S. 28 f. (online).
  2. Michael Bock, Klaus Hagenschneider, Alfred Schweer: Zur Funktion der Groß- und Kleinschreibung beim Lesen deutscher, englischer und niederländischer Texte. In: Peter Eisenberg, Hartmut Günther (Hrsg.): Schriftsystem und Orthographie (= Reihe germanistische Linguistik. Bd. 97). Niemeyer, Tübingen 1989, ISBN 3-484-31097-9, S. 23–55; Stefan Gfroerer, Hartmut Günther, Michael Bock: Augenbewegungen und Substantivgroßschreibung. Eine Pilotstudie. In: Peter Eisenberg, Hartmut Günther (Hrsg.): Schriftsystem und Orthographie (= Reihe germanistische Linguistik. Bd. 97). Niemeyer, Tübingen 1989, ISBN 3-484-31097-9, S. 111–135.
  3. Hartmut Günther, Ellen Nünke: Warum das Kleine groß geschrieben wird, wie man das lernt und wie man das lehrt (= Kölner Beiträge zur Sprachdidaktik 1, 2005). (PDF; 239 KB). Abgerufen 27. Juni 2013.
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