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Karl Morgenstern

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Lithographie von Josef Kriehuber, 1828

Johann Karl Simon Morgenstern auch Karl von Morgenstern (* 28. August 1770 in Magdeburg; † 3. Septemberjul./ 15. September 1852greg. in Dorpat) war ein deutscher Philologe und Bibliothekar. Auf ihn geht der Begriff „Bildungsroman“ zurück.

Leben

Karl Morgenstern war der zweite Sohn des Stadtphysikus Friedrich Simon Morgenstern, der von Halle nach Magdeburg übersiedelt war und seiner Frau Johanna Katharina Morgenstern, geb. Brömme, Autorin einer später als „Magdeburger Kochbuch“ bekannt gewordenen Schrift „Unterricht für ein junges Frauenzimmer, das Küche und Haushaltung selbst besorgen will, aus eigner Erfahrung ertheilt von einer Hausmutter“. August Morgenstern war sein Bruder. Mit zehn Jahren wechselte er von der Küsterschule St. Ulrich zur Domschule Magdeburg, deren Rektor Gottfried Benedict Funk sein Mentor wurde.

Ab 1788 studierte er an der Universität Halle, er hörte Philosophie bei Johann August Eberhard und trat in das Philologische Seminar Friedrich August Wolfs ein. Im Mai 1794 wurde er promoviert und 1797 außerordentlicher Professor der Philosophie. 1798 wurde er nach Danzig als Professor der Beredsamkeit und Poesie am Athenaeum berufen.

Ölporträt Karl Morgensterns von Gerhard von Kügelgen, 1808

1802 ging er an die wiedergegründete Kaiserliche Universität zu Dorpat in Livland, wo er als Professor für Ästhetik, Eloquenz und Altklassische Philologie wirkte. 1833 wurde er emeritiert, hielt aber noch bis 1836 stellvertretend Vorlesungen.[1] Zugleich war er bis 1839 der erste Direktor der Dorpater Universitätsbibliothek,[2] für die er Räume in der Domruine herrichten ließ. Nach seinem Tod vermachte er ihr seine umfangreiche Privatbibliothek (12.000 Bände).

Er wirkte auch als Schulkommissar und Museumskustos. 1803 verschaffte er seinem Mentor Funk ein Ehrendoktorat. Außerdem war Morgenstern seit 1826 Ehrenmitglied der Kaiserlichen Akademie der Wissenschaften zu St. Petersburg. 1811 wurde er zum korrespondierenden Mitglied der Göttinger Akademie der Wissenschaften gewählt.[3]

In Dorpat veränderte sich der Charakter seiner Arbeit. Er setzte seine von den Zeitgenossen vielbeachteten Platon-Studien, in denen er zu einer moralphilosophischen Lektüre der „Politeia“ aufforderte, nicht fort, und setzte seine wissenschaftliche Arbeit zugunsten „Schriftstellerei über alle mögliche Gebiete der belles-lettres, der bildenden Kunst, der Philologie und Philosophie“[4] zurück. Wolf war von dieser Entwicklung enttäuscht und schrieb 1808, sein Schüler habe wenige der Hoffnungen, die er sich von ihm gemacht hatte, erfüllt und sei mit den Jahren „immer eleganter, eitler und fader“ geworden.

Den Begriff „Bildungsroman“ prägte Morgenstern in einigen seiner Festvorträge, er bezeichnete ihn als den „vornehmsten und das Wesen des Romans im Gegensatz des Epos am tiefsten erfassenden besonderen Art desselben“.

1808/09 unternahm Morgenstern eine ausgedehnte Reise durch Deutschland, Frankreich, die Schweiz und Italien, die ihn auch in sein heimatliches Magdeburg führte. Später veröffentlichte er darüber eine Beschreibung, die jedoch Fragment blieb.

Das Grabmonument Morgensterns auf dem Tartuer Raadi Friedhof
Medaille Karl Simon Morgenstern 1856
Karl Morgensterns Denkmal in Dorpat, das von der Universität für ihren langjährigen Professor (1802–1836) errichtet wurde

Morgenstern war ab 1810 kaiserlich russischer Kollegienrat (6. Rangklasse), ab 1822 Staatsrat (5. Rangklasse) und ab 1819 Ritter des Wladimir-Ordens IV. Klasse.[5] Darin begründet sich auch, dass er sich bisweilen des Adelsprädikats bediente. Auch war er Ritter des Annen-Ordens II. Klasse[6] sowie des Stanislaus-Ordens III. Klasse.[7]

Er war ab 1817 mit Wilhelmine (Minna) geb. von Lesedow (1798–1874) vermählt,[8] einer guten Klavierspielerin,[9] hinterließ jedoch keine Kinder.[10] Minna war die zweite Tochter des preußischen Majors Johann Woldemar Christoph von Lesedow (1760–1832)[11] auf Münkenhof in Estland,[12] die er im gesellschaftlichen Umgang mit Karl von Kügelgen auf dessen benachbarten Gut Kurküll kennengelernt hatte.[13] Ihr Vater, dem schottischen Geschlecht Lesedown entstammend, war 1795 durch den Grafen Paul von Tiesenhausen nach Estland gekommen.[14] Sie, die verwitwete „Frau Staatsrath Wilhelmine von Morgenstern“, verkaufte am 29. Mai 1873 ihr Wohnhaus in Dorpat für 8.600 Rubel an Ludwig Mühlenthal[15] und starb am 16. Oktober 1874 zu Wesenberg, wo sie auch bestattet wurde.[16]

Morgensterns Schwager Karl von Lesedow

Dort lebte auch ihr Bruder, der Militärarzt Karl Peter August von Lesedow (1810–1892), der 1878 als kaiserlich russischer Wirklicher Staatsrat in den Ruhestand verabschiedet wurde.[17] Weitere ihrer Brüder waren der Theologe und Titularrat Heinrich Ferdinand von Lesedow (1802–1879)[18] und der Jurist und Landwirt Wilhelm von Lesedow[19] (1814–1857). Jener wanderte 1840 nach Nordamerika aus, war Farmer bei St. Louis in Missouri, nahm in der Armee der Vereinigten Staaten am „Befreiungskrieg von Texas“ teil, siedelte dann nach Illinois über, wo er schließlich im „Snake-Fluss“ ertrank.[20]

Ehrungen

Vier Jahre nach seinem Tod wurde eine Medaille zur Erinnerung Morgensterns geprägt. Beauftragt wurde der Gotharische Stempelschneider Ferdinand Helfricht, der sieben Exemplare in Silber und 200 in Bronze schuf. Der Revers nennt neben seinen Anstellungen auch Datum und Ort der Geburt sowie des Todes. Dabei sind die Daten sowohl gemäß julianischer als auch nach gregorianischer Zeitrechnung angegeben, da letztere erst im 20. Jahrhundert in Estland und somit auch Dorpat Einzug erhielt.[21]

Werke

  • De Platonis Republica commentationes tres (1794)
  • Auszüge aus den Tagebüchern und Papieren eines Reisenden (1811–1813)
  • Über den Geist und Zusammenhang einer Reihe philosophischer Romane (1817)
  • Über das Wesen des Bildungsromans (1820)
  • Zur Geschichte des Bildungsromans (1824)

Die beiden Vorträge zum Bildungsroman von 1820 und 1824 sind zusammen neu herausgegeben in:

  • Der Bildungsroman. Die beiden grundlegenden Vorträge über einen global gebräuchlichen Begriff. Mit Nachwort und Bibliographie. Lumpeter & Lasel, Eutin 2020, ISBN 978-3-946298-20-5.

Einzelnachweise

  1. Eduard ThraemerMorgenstern, Karl Simon. In: Allgemeine Deutsche Biographie (ADB). Band 22, Duncker & Humblot, Leipzig 1885, S. 231–233.
  2. James Trainer : The Knorrings In Estonia: With Six Unpublished Letters To Karl Morgenstern in German Life and Letters Vol. 51,4. 1998. S-443-454.
  3. Holger Krahnke: Die Mitglieder der Akademie der Wissenschaften zu Göttingen 1751–2001 (= Abhandlungen der Akademie der Wissenschaften zu Göttingen, Philologisch-Historische Klasse. Folge 3, Bd. 246 = Abhandlungen der Akademie der Wissenschaften in Göttingen, Mathematisch-Physikalische Klasse. Folge 3, Bd. 50). Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 2001, ISBN 3-525-82516-1, S. 172.
  4. Wilhelm Süss, Karl Morgenstern (1770–1852). Ein kulturhistorischer Versuch, 1928/29
  5. Johann Friedrich von Recke: Allgemeines Schriftsteller- und Gelehrten-Lexicon, Band 3, S. 247 ff.
  6. Das Inland, Nr. 23 vom 6. Juni 1844, Sp. 371.
  7. Allgemeine Literatur-Zeitung, Jena 1833, S. 171 f.
  8. Geisteswissenschaften und Publizistik in Baltikum des 19. und frühen 20. Jahrhunderts, S. 96.
  9. Im Spiegel der Theatergeschichte, S. 92.
  10. Geisteswissenschaften und Publizistik in Baltikum des 19. und frühen 20. Jahrhunderts, 2011, S. 98.
  11. Erik Amburger-Datenbank: Dorothea Margarethe Luise Kilchen und Intelligenzblatt Nr. 13 der St. Petersburgischen Zeitung am 16. Januar 1835, S. 1.
  12. Hans Rothe: Gottfried Ernst Groddeck und seine Korrespondenten (Abhandlungen der Akademie der Wissenschaften zu Göttingen, Neue Folge, Band 39), 2015, S. 295 (Brief Karl von Morgenstern an Gottfried Ernst Groddeck am 7. März 1818).
  13. Ludwig Mercklin: Karl Morgenstern Gedächtnisrede, Dorpat 1853, S. 24.
  14. Zur Genealogie Lesedow siehe im Artikel Wahl in: Genealogisches Handbuch der baltischen Ritterschaften, Görlitz 1930, S. 258–261.
  15. Livländische Gouvernemets-Zeitung Nr. 81, am 18. Juli 1873 (Digitalisat)
  16. Revalsche Zeitung am 12. Dezember 1874 (Digitalisat)
  17. Baltische Historische Kommission (Hrsg.): Eintrag zu Peter August von Lesedow. In: BBLD – Baltisches biografisches Lexikon digital und Album academicum der Kaiserlichen Universität Dorpat, S. 197.
  18. Erik-Amburger-Datenbank: Heinrich Ferdinand von Lesedow
  19. Geisteswissenschaften und Publizistik in Baltikum des 19. und frühen 20. Jahrhunderts, 2011, S. 97.
  20. Album academicum der Kaiserlichen Universität Dorpat, S. 238.
  21. Stefan Krmnicek, Marius Gaidys: Gelehrtenbilder. Altertumswissenschaftler auf Medaillen des 19. Jahrhunderts. Begleitband zur online-Ausstellung im Digitalen Münzkabinett des Instituts für Klassische Archäologie der Universität Tübingen (= Von Krösus bis zu König Wilhelm. Neue Serie, Band 3). Universitätsbibliothek Tübingen, Tübingen 2020, S. 78 f. (online).

Literatur

  • Eduard ThraemerMorgenstern, Karl Simon. In: Allgemeine Deutsche Biographie (ADB). Band 22, Duncker & Humblot, Leipzig 1885, S. 231–233.
  • Wilhelm Stieda: Johann Simon Karl Morgenstern. In: Mitteldeutsche Lebensbilder, 2. Band Lebensbilder des 19. Jahrhunderts, Magdeburg 1927, S. 82–91.
  • Kiira Schmidt: Karl Morgenstern und seine Privatbibliothek in: Bibliothek. Forschung und Praxis Bd. 18, 2 (1994), S. 384–387.
  • Dorothee von Hellermann: Weimar und Erfurt im Oktober 1808 – beschrieben von Karl Morgenstern aus Dorpat. In: Goethe-Jahrbuch 121 (2004), S. 283–303, und 122 (2005), S. 302–315.
  • Dirk Sangmeister: „Froh machte mich seine Erscheinung, aber unruhig auch.“ Seume in den Briefen und Tagebüchern von Karl Morgenstern (1805–1810). In: Ders.: Seume und einige seiner Zeitgenossen. Erfurt u. Waltershausen: Ulenspiegel, 2010. S. 270–323.
  • Carola L. Gottzmann / Petra Hörner: Lexikon der deutschsprachigen Literatur des Baltikums und St. Petersburgs. 3 Bände; 1Verlag Walter de Gruyter, Berlin 2007. ISBN 978-3-11-019338-1. Band 2, S. 926–929.
  • Jaanika Anderson (Hg.): Qui vult, potest. Karl Morgenstern 250. Tartu: Tartu University Press 2020. ISBN 978-9949-03-503.8

Weblinks

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