Jewiki unterstützen. Jewiki, die größte Online-Enzy­klo­pädie zum Judentum.

Helfen Sie Jewiki mit einer kleinen oder auch größeren Spende. Einmalig oder regelmäßig, damit die Zukunft von Jewiki gesichert bleibt ...

Vielen Dank für Ihr Engagement! (→ Spendenkonten)

How to read Jewiki in your desired language · Comment lire Jewiki dans votre langue préférée · Cómo leer Jewiki en su idioma preferido · בשפה הרצויה Jewiki כיצד לקרוא · Как читать Jewiki на предпочитаемом вами языке · كيف تقرأ Jewiki باللغة التي تريدها · Como ler o Jewiki na sua língua preferida

Karin Wolff (Übersetzerin)

Aus Jewiki
Zur Navigation springen Zur Suche springen

Karin Wolff (geb. 1940er Jahre in Frankfurt (Oder); gest. 29. Juli 2018 ebenda) war eine deutsche Lektorin und literarische Übersetzerin aus dem Polnischen.

Ausbildung und Werdegang

Haus der polnischen Kultur am Berliner Bahnhof Friedrichstraße im Jahr 1963. Hier legte Karin Wolff ihr Sprachexamen ab.

Karin Wolff legte mit 17 Jahren das Abitur als Beste ihres Jahrgangs ab. Wegen ihrer sogenannten „bürgerlichen Herkunft“ (ihr Vater war Unternehmer) und ihrer christlichen Weltanschauung wurde sie aus politischen Gründen von den DDR-Behörden nicht zu einem Studium zugelassen.[1] Um vielleicht später einen Studienplatz zu erhalten, unterzog sich Karin Wolff einer sogenannten „Erziehung im sozialistischen Arbeitsprozess“. Dafür arbeitete sie ungelernt in den Frankfurter Möbelwerken. Dort zog sie sich beim Holzverladen eine Rückenverletzung zu. Die Leitung der Möbelwerke empfahl sie nach einer Weile für ein Studium. Trotz dieser sogenannten „Delegierung durch die Arbeiterklasse“ wurde sie nicht zu einem Studium der Indologie an der Universität Leipzig zugelassen. Sie nahm daraufhin ein Studium der Evangelischen Theologie am Berliner Sprachenkonvikt auf. Nachdem sie an der Oberschule bereits Russisch und Englisch gelernt hatte, lernte sie hier Latein, Griechisch und Hebräisch.[1]

Ihr spezielles Interesse an der polnischen Sprache wurde unter anderem durch die Figur des Grafen Stanislaus in der Operette Der Vogelhändler von Carl Zeller geweckt, die sie am Kleist-Theater Frankfurt (Oder) gesehen hatte.[2] Die polnische Kultur war ihr vor allem durch die Darstellung der Polen als freiheitsliebende Nation in Carl Millöckers Operette Der Bettelstudent und durch Aleksander Fords Film Chopins Jugend ans Herz gewachsen. Nach dem ersten theologischen Examen verbrachte sie wegen ihres Rückenleidens 14 Wochen in einer orthopädischen Klinik. Dort brachte sie sich mithilfe des Selbstlernbuches Schnellkurs Polnisch für Deutschsprechende von Dr. Johann Alfred Heil (1903–1978) die Grundlagen der polnischen Sprache bei. Später legte sie im Haus der polnischen Kultur in Berlin ein Examen für die polnische Sprache ab.[1] Ihr verletzter Rücken führte dazu, dass sie vom Kirchlichen Konsistorium als nicht tauglich für ein Pfarramt befunden wurde.

Arbeitsleben

Nach Abschluss ihres Studiums arbeitete Wolff halbtags als Korrektorin bei der Evangelischen Verlagsanstalt Berlin. Später war sie hier zudem Lektorin für osteuropäische Literatur. Gleichzeitig arbeitete sie von 1974 bis zur Ausrufung des Kriegszustandes in Polen 1981 für die monatlich erscheinende polnische Kulturzeitschrift Polen. Die Zeitschrift erschien in fünf Sprachen für die westliche Welt, auch auf Deutsch. Ihre Tätigkeit dort war illegal, da ihr die DDR-Behörden keine Arbeitserlaubnis erteilen wollten.[3]

Als freie Übersetzerin übersetzte sie Prosa und Lyrik und brachte Anthologien polnischer Literatur heraus. Sie veröffentlichte bis auf zwei Werke nur in christlichen Verlagen der DDR, da ihr der Zugang zu staatlichen Verlagen wegen ihrer christlichen Weltanschauung verwehrt wurde. Nach der politischen Wende in der DDR organisierte sie zahlreiche Veranstaltungen, um den Kulturaustausch zwischen Deutschland und Polen zu fördern, darunter die Herbstsalons der polnischen Literatur in Frankfurt an der Oder.

DDR-Opposition

Wegen ihrer bürgerlichen Herkunft, ihres christlichen Glaubens und ihrer Kontakte zu polnischen Intellektuellen wurde Wolff bis zum Ende der DDR vom Ministerium für Staatssicherheit überwacht. Mehrfach wurde versucht, sie als Inoffizielle Mitarbeiterin anzuwerben. Während des Kriegsrechts in Polen nach 1981 konnte sie nur noch eingeschränkt nach Polen reisen; trotzdem setzte sie ihre Arbeit dort fort. Dabei transportierte sie Materialien und Informationen zwischen polnischen und deutschen Oppositionsgruppen.[1]

Auszeichnungen

Sie wurde vielfach durch polnische und deutsche Institutionen ausgezeichnet. Unter anderem erhielt sie 1979 den Jahrespreis des polnischen P.E.N.-Clubs, 1984 und 2004 den Preis des polnischen Autoren- und Komponistenverbandes ZAiKS, 1994 den Literaturförderpreis des Landes Brandenburg, 1997 die Verdienstmedaille des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland, 1998 das Offizierskreuz der Republik Polen, 2004 und 2007 den Sonderpreis des polnischen Kulturministers und 2010 die Dankbarkeitsmedaille des Europäischen Zentrums der Solidarność.[4]

Übersetzungen (Auswahl)

Karin Wolff übersetzte mehr als 200 Titel aus dem Polnischen ins Deutsche.[5]

  • Ludwik Jerzy Kern, Mein Elefant heiβt Dominik (polnisch Proszę słonia, 1972)
  • Maria Kownacka, Die Abenteuer eines Knetemännleins (polnisch Plastusiowy pamiętnik, 1972)
  • Krystyna Wituska, Zeit, die mir noch bleibt. Briefe aus dem Gefängnis (polnisch Na granicy życia i śmierci. Grypsy i listy więzienne, 1973)
  • Jerzy Piechowski, Die Anfechtungen des Domherrn Nicolaus (polnisch Gwiazdy z Kraju Północy, 1974)
  • Jan Twardowski, Kazimierz Przerwy-Tetmajer, Wojciech Żukrowski, Jarosław Iwaszkiewicz und andere, Du kommst mit meinem Nächsten... Erzählungen aus Polen (1975)
  • Eliza Orzeszkowa, Władysław Stanisław Reymont, Maria Dąbrowska, Gustaw Morcink, Jan Twardowski, Beim ersten Stern der Nacht. Weihnachtliche Erzählungen aus Polen (1976)
  • Piotr Choynowski, Władysław Stanisław Reymont, Jan Dobraszynski, Władysław Orkan, Maria Dabrowska, Gustaw Morcinek, Adolf Fierla, Jerzy Pierchowski, Wojciech Bak, Jan Twardowski, Polnische Weihnacht, Die schönsten Weihnachtserzählungen aus Polen (1977)
  • Jerzy Jan Piechowski, Die dritte Versuchung (polnisch Trzecia pokusa, 1977)
  • Maria Kuncewiczowa, Der Olivenhain (polnisch Gaj oliwny, 1978)
  • Maria Kuncewiczowa, Ksawereg Pruszyński, Jan Dobraczyński, Anna Kowalski und andere, Mit geschlossenen Augen. Polnische Alltagserzählungen vom gelebten Glauben (1978)
  • Andrzej Szczypiorski, Eine Messe für die Stadt Arras (polnisch Msza za miasto Arras, 1988)
  • Jan Twardowski, Kazimierz Przerwy-Tetmajer, Stanisław Grochowiak, Tadeusz Borowski, Maria Dąbrowska, Jerzy Krzysztoń und andere, Du kommst mit meinem Nächsten. Erzählungen aus Polen (1975)
  • Roman Brandstaetter, Die Bibel auf dem Tisch (polnisch Krąg biblijny)
  • Roman Brandstaetter, Eliza Orzeszkowa, Jan Dobraczyński, Jan Twardowski, Władysław Orkan, Kornel Filipowicz, Zofia Kossak und andere, Beim ersten Stern der Nacht. Weihnachtliche. Erzählungen aus Polen
  • Roman Brandstaetter, Blumen aus dem Garten des heiligen Franz (polnisch Inne kwiatki świętego Franciszka z Asyżu)
  • Julian Stryjkowski, Asrils Traum (polnisch Sen Azrila)
  • Jan Twardowski, Geheimnis des Lächelns
  • Roman Brandstaetter, Assisi war ein neuer Anfang. Von der Freude und dem Leben des heiligen Franz (polnisch Inne kwiatki świętego Franciszka z Asyżu)
  • Roman Brandstaetter, Sehr kurze Geschichten (polnisch Bardzo krótkie opowieści)
  • Monika Krajewska, Zeit der Steine (polnisch Czas kamieni)
  • Roman Brandstaetter, Die Bibel im Gepäck (polnisch Krąg biblijny)
  • Władysław Broniewski, Czesław Miłosz, Władysław Szpilman, Janusz Korczak, Zofia Nałkowska, Antoni Słonimski, Marek Edelman, Anna Kamieńska, Ludwik Hirszfeld, Julian Tuwim und andere, Hiob 1943. Ein Requiem für das Warschauer Getto (polnisch Requiem dla getta warszawskiego)
  • Andrzej Stojowski, Judiths Triumph. Erzählungen nach biblischen Motiven (polnisch Tryumf Judyty)
  • Roman Brandstaetter, Der Prophet, der Fisch und die Stadt (polnisch Prorok Jonasz)
  • Anna Kamieńska, Eine Handschrift gefunden im Schlaf (polnisch Rękopis znaleziony we śnie. Wiersze)
  • Der Tanz der Fledermäuse: Tiergeschichten (polnisch Szczęśliwa istota; Biłek; Pies wilkiem patrzący)
  • Jan Dobraczyński, Vor den Toren Leipzigs. Leben und Tod des Józef Poniatowski (polnisch Bramy Lipska)
  • Jerzy Jan Piechowski, Schwarze Kerzen auf dem Wawel (polnisch Dym czarnych świec)
  • Jerzy Ficowski, Ein Zweig vom Sonnenbaum (polnisch Gałązka z Drzewa Słońca)
  • Jerzy Ficowski, Aus der Asche gelesen (polnisch Odczytanie popiołów. Wiersze)
  • Stanisław Benski, Natan Glycynders Lachen (polnisch Ta najważniejsza cząsteczka)
  • Stanisław Benski, Spinoza und die Tulpen
  • Roman Brandstaetter, Marienhymnen (polnisch Hymny Maryjne)
  • Julian Stryjkowski, Tommaso del Cavaliere
  • Roman Brandstaetter, Die Eichen des Patriarchen Isaak (polnisch Dęby patriarchy Izaaka; Walka Jakuba z Bogiem)
  • Stanisław Benski, Die Geretteten (polnisch Ocaleni)
  • Władysław Kluz, Gut wie das Brot: [heiliger] Bruder Albert – Adam Chmielowski
  • Janina Hertz, Zeugen
  • Leszek Prorok, Aufzeichnungen eines Hundebruders (polnisch Zapiski Psubrata)
  • Papuscha (polnisch Papusza. Wiersze)
  • Jerzy Ficowski, Wieviel Trauer und Wege. Zigeuner in Polen (polnisch Cyganie w Polsce)
  • Arnold Mostowicz, Der blinde Maks oder Passierschein durch den Styx
  • Polnische Weihnachtserzählung
  • Jerzy Ficowski, Kindermärchen der Sinti und Roma (polnisch Gałązka z drzewa słońca)
  • Edward Dębicki, Unter freien Himmel (polnisch Pod gołym niebem. Wiersze)
  • Julian Stryjkowski, Asrils Traum; An den Weiden... unsere Harfen (polnisch Sen Azrilla; Na wierzbach... nasze skrzypce)
  • Polen zwischen Ost und West
  • Jerzy Ficowski, Die Schwester der Vögel (polnisch Siostra ptaków – bajki Cyganów polskich)
  • Polnischer Realismus
  • Schwarze Jahre. Zeugen des Holocaust erinnern sich
  • Janusz Korczak, Ein Turm aus Sehnsucht. Hoheslied für Gott und den Menschen (Anthologie)
  • Albin Tobiasz Kac, Ort meiner jungen Jahre: Ein Israeli erinnert sich (polnisch Nowy Sącz: miasto mojej młodości)
  • Maria Nurowska, Der russische Geliebte (polnisch Rosyjski kochanek)
  • Roman Kaszczyc, Aus Waldesdickicht Geisterbrut. Legenden und Märchen aus Barlinek und Umgeburg (polnisch Duchy z puszczy rodem. Legendy i baśnie z Barlinka i okolic)
  • Władysław Szpilman, Das wunderbare Überleben: Warschauer Erinnerungen 1939 bis 1945 (polnisch Cudowne ocalenie)
  • Janusz Korczak, In der Erinnerung von Zeitzeugen: Mitrabeiter, Kinder und Freunde berichten
  • Kazimierz Furman, Selbstporträt aus zweiter Hand (polnisch Autoportret z drugiej ręki. Wiersze, pol.-niem.)
  • Marek Bieńczyk, Terminal
  • Jerzy Ficowski, Warten auf den Schlaf des Hundes (polnisch Czekanie na sen psa)
  • Hanna Kowalewska, Polnische Sonate (polnisch Tego lata, w Zawrociu)
  • Landschaften und Luftinseln
  • Antoni Libera, Madame (polnisch Madame)
  • Helena Mniszeka, Folge dem Ruf des Herzens (polnisch Trędowata)
  • Tomasz Czapiewski, Die Jakobsleiter (polnisch Drabina Jakubowa. Wiersze)
  • Karol Gierliński, Rauch in der Ferne (polnisch Odległy dym. Wiersze, wyd. bibliofil.)
  • Jerzy Ficowski, Aus der Asche gelesen (polnisch Odczytanie popiołów, pol.-niem.)
  • Władysław Szpilman, Der Pianist: mein wunderbares Überleben (polnisch Pianista)
  • Karolina Lanckorońska, Mut ist angeboren (polnisch Wspomnienia wojenne)
  • Henryk Sienkiewicz, Wirren (polnisch Wiry, 2005)
  • Joanna Olczak-Roniker, Im Garten der Erinnerung (polnisch W ogrodzie pamięci)
  • Gabriela Zapolska, Sommerliebe (polnisch Sezonowa miłość, 2008)

Nicht erschienen

  • Jerzy Ficowski, Dämonen einer fremden Furcht (polnisch Demony cudzego strachu)
  • Stanisław Benski, Chana und der Engel (polnisch Chana i Anioł)
  • Anna Kamieńska, Kinderbibel (polnisch Biblia dla dzieci)
  • Roman Brandstaetter, Autobiographie (Zufälle meines Lebens) (polnisch Autobiografia (Przypadki mego życia))

Einzelnachweise

  1. 1,0 1,1 1,2 1,3 Polen – Mein Weg zur Freiheit. Wie Polen die DDR-Bürgerrechtler inspirierte – 13 Gespräche. fibre Verlag, Osnabrück 2015, ISBN 9788376299112, S. 254–269.
  2. Dietrich Schröder: Übersetzerin Karin Wolff gestorben. In: moz.de. 6. August 2018, abgerufen am 9. August 2018.
  3. Leszek Bończuk: Karin Wolff –Botschafterin der polnischen Literatur in Deutschland. In: zarys Kulturmagazin. 7, Darmstadt 2008, ISSN 1613-0375, S. 107–115 (https://www.zarys.de/app/download/5995622/ZARYS_NR+7_DE.pdf).
  4. Uroczyste wręczenie Medali Wdzięczności. In: ecs.gda.pl. 31. August 2010, archiviert vom Original am 15. Dezember 2010; abgerufen am 9. August 2018 (polski).
  5. Übersetzerin aus dem Polnischen. Karin Wolff gestorben. In: boersenblatt.net. 8. August 2018, abgerufen am 9. August 2018.
Dieser Artikel basiert ursprünglich auf dem Artikel Karin Wolff (Übersetzerin) aus der freien Enzyklopädie Wikipedia und steht unter der Doppellizenz GNU-Lizenz für freie Dokumentation und Creative Commons CC-BY-SA 3.0 Unported. In der Wikipedia ist eine Liste der ursprünglichen Wikipedia-Autoren verfügbar.