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Kapo (Film)

Aus Jewiki
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Filmdaten
Deutscher TitelKapo
OriginaltitelKapò
ProduktionslandItalien, Frankreich
OriginalspracheItalienisch
Englisch
Deutsch
Erscheinungsjahr1960
Länge118 (Originalfassung), 99 (deutsche Version) Minuten
AltersfreigabeFSK 16
Stab
RegieGillo Pontecorvo
DrehbuchFranco Solinas
Gillo Pontecorvo
ProduktionFranco Cristaldi
Moris Ergas
MusikCarlo Rustichelli
KameraAleksandar Sekulovic
SchnittRoberto Cinquini
Besetzung

und Paola Pitagora, Dragomir Felba, Bruno Scipioni, Annabella Besi, Graziella Galvani, Eleonora Bellinzaghi

Kapo ist ein italienisch-französisches Holocaust-Filmdrama aus dem Jahre 1960 von Gillo Pontecorvo mit Susan Strasberg in der Hauptrolle.

Handlung

Paris, zur Zeit der deutschen Besetzung Frankreichs im Zweiten Weltkrieg.

Die 14jährige Jüdin Edith wird gemeinsam mit ihren Eltern verhaftet und in ein nazistisches Konzentrationslager deportiert. Gleich zu Beginn wird das hübsche Mädchen von Vater und Mutter getrennt. Ein älterer, gleichfalls inhaftierter Arzt, der – er zeigt auf sein an der Häftlingskleidung befestigtes, rotes Dreieck – als „Politischer“ einsitzt, führt sie in sein karges Behandlungszimmer. Der Mann weist Edith auf die Besonderheiten des Lagers hin und auch auf die mannigfaltigen Gefahren, die hier lauern. Dabei schneidet er Edith wie nebenbei die schönen, langen, schwarzen Haare ab, überreicht ihr die Häftlingskleidung und tätowiert die Häftlingsnummer auf ihren linken Unterarm. Nun ist Edith kein Mensch mehr, nur noch eine Nummer: 10099. Wie im Schock lässt Edith alles über sich ergehen. Als sie Lärm hört, der von draußen in das Arztzimmer dringt, geht sie ans Fenster und muss sehen, wie nackte Menschen, kleine Kinder wie Greise, von deutschen KZ-Wärtern unter den Rufen „weiter, weiter!“ und „Judenpack verfluchtes, du Drecksau!“ über den Hof getrieben werden. Unter diesen Menschen erkennt Edith auch ihre gleichfalls unbekleideten, frierenden Eltern, die ihrem Tod entgegenlaufen. Verzweifelt schreit sie durch die geschlossene Fensterscheibe immer wieder nach ihnen.

Der Arzt erweist sich für Edith als großes Glück in ihrem Unglück. Soeben ist ein nichtjüdischer Häftling, eine gewisse Nicole Niepas, verstorben. Der Mediziner trichtert Edith ein, dass sie sich diesen Namen merken müsse. Denn ab sofort sei sie Nicole. Dies, so macht er der verstörten Edith klar, sei ihre einzige Überlebenschance an diesem Ort des Schreckens und Mordens. So müsse sie nicht das Zeichen eines jüdischen KZ-Häftlings tragen, sondern lediglich das schwarze Dreieck, dass die Kriminellen „auszeichne“. „Als Krimineller“, so erklärt ihr der Arzt, ergehe es einem hier im Lager noch immer sehr viel besser als einem Juden. Edith alias Nicole begreift rasch, welche Konsequenzen dies für sie bedeutet. Auch sie wird zukünftig zwar geschlagen und misshandelt werden, und der Hunger wird ihr ständiger Begleiter sein. Auch sie wird sich deshalb heimlich Nahrung besorgen müssen und deswegen von Mithäftlingen argwöhnisch betrachtet werden. Aber eine Vergasung hat sie nicht zu befürchten. In der ebenfalls mit dem schwarzen Dreieck stigmatisierten Lagerinsassin Terese findet Edith sogar eine Vertraute.

Edith alias Nicole beginnt nun mit den Wölfen zu heulen, um ihr Überleben zu sichern. Sie beginnt sich zu prostituieren, lässt sich auf eine Liaison mit einem deutschen Offizier namens Karl ein. Und sie steigt zu einer untergeordneten Lageraufseherin auf, einem so genannten Kapo. Eines Tages beginnen sich die Dinge für sie entscheidend zu verändern. In einem langen Marsch wurden zahlreiche sowjetische Kriegsgefangene in das Männerlager getrieben. Unter ihnen befindet sich der gutaussehende Sascha. Als sich beide per Zufall kennen lernen, ist es um sie geschehen. Gefangen in der zutiefst inhumanen Lagerhölle, beginnen beide tiefe Gefühle füreinander zu entwickeln. Unter schwierigsten Umständen gelingt es ihnen, sich aus dem Blickfeld ihrer Bewacher zu entfernen und kurze, zärtliche Momente des privaten Glücks in größter Heimlichkeit zu schaffen.

Sascha macht Nicole klar, dass er und einige seiner Mitgefangenen einen groß angelegten Ausbruchsversuch wagen wollen. Bald sieht Nicole ein, dass sie wie bisher nicht weiter machen kann, dass auch sie Position beziehen muss. In einem Anfall größter Verzweiflung stürzt sich währenddessen ihre zur Freundin gewordene Mitgefangene Terese in den das Lager einfriedenden, unter Starkstrom stehenden Stacheldrahtzaun und tötet sich dadurch selbst. Als es zum Ausbruchsversuch kommt, fallen Schüsse und zahlreiche Gefangene sterben im Kugelhagel der SS-Bewacher. Einigen Wenigen gelingt tatsächlich die Flucht. Nicole, die den elektrischen Zaun von der Stromzufuhr abschalten will, wird in dem Moment, in dem sie sich für die richtige Seite entschieden hat, gleichfalls von einer Gewehrkugel getroffen. Karl eilt zu ihr und hört die Sterbende als letzte Worte das jüdische Gebet Schma Jisrael sprechen, mit der aus Nicole wieder Edith wird und diese sich endlich wieder zu ihrer jüdischen Identität bekennt.

Produktionsnotizen, Hintergründe, Wissenswertes

1959 zum großen Teil in Jugoslawien gedreht, wurde Kapo im Rahmen der Filmfestspiele in Venedig am 7. September 1960 uraufgeführt. Der Massenstart war am 29. September desselben Jahres. In Deutschland lief der Film am 14. April 1961 an.

Die Filmbauten stammen von Piero Gherardi.

Ein Kapo war ein der SS bzw. Lagerleitung eines nationalsozialistischen Konzentrationslagers unterstellter (oftmals jüdischer) Handlanger, dem u.a. die Beaufsichtigung anderer KZ-Häftlinge oblag.

Nach ihrer Darstellung der Anne Frank, die sie in der Theaterfassung von Das Tagebuch der Anne Frank vom Oktober 1955 bis zum Juni 1957 am Broadway gespielt hatte, war die Edith in Kapo bereits der zweite jüdische Charakter aus der Zeit des Holocaust, den Susan Strasberg innerhalb kurzer Zeit verkörperte.

Kapo erhielt 1961 eine Nominierung für den Oscar als bester nicht-englischsprachiger Film. Der Film gewann 1961 den Laceno d'Oro auf dem Avellino Neorealismus-Filmfestival. Im selben Jahr wurde Susan Strasberg als beste Schauspielerin auf dem Mar del Plata Film Festival ausgezeichnet.

Rezeption und Kontroversen

Der Film wurde seit seiner Präsentation äußerst kontrovers diskutiert. Berühmt wurde vor allem die scharf formulierte Kritik von Pontecorvos französischem Kollegen Jacques Rivette, die dieser in der Juni-Ausgabe 1961 von Cahiers du cinéma, Heft 120, formulierte. In seinem Essay „De l‘abjection“ (auf Deutsch: „Über die Niedertracht“ oder auch „Von der Infamie“), sprach Rivette, sich explizit auf eine einzige Szene beziehend, in der sich der von Emmanuelle Riva gespielte KZ-Häftling in selbstmörderischer Absicht in den elektrisch geladenen Stacheldrahtzaun des Lagers wirft, von „Voyeurismus“ und „Pornographie“. Rivette schrieb:

„Voyez cependant, dans ‘Kapo‘, le plan où Riva se sucide, en se jetant sur les barbelés; l‘homme qui décide, à ce moment, de faire un travelling-avant pour recadrer le cadavre en contre-plongée, en prenant soin d‘inscrire exactement la main levée dans un angle de son cadrage final, cet homme n‘a droit q‘au plus profond mépris.“

Für Rivette erschien im Jahre 1961 ein Grauen wie das des Holocausts quintessenziell nicht spielfilmtauglich und die Regisseur Pontecorvo unterstellte, optische Ästhetisierung des entsetzlichen Todes mittels spezieller Kameraeinstellungen – die aus der Froschperspektive aufgenommene Emmanuelle Riva mit ihrer im Moment des Sterbens nach oben ausgestreckten Hand; eine durch die sich vorwärts bewegende Kamera eingefangene Großaufnahme, während der Hintergrund fast verschwimmt – zur Erlangung eines dramatischen Effektes schlicht eine filmische Obszönität. Rivette befand, dass Pontecorvos szenische Umsetzung Verachtung verdiene und stellte im übrigen die moralische Werteskala und generell ein ethisches Bewusstsein des italienischen Kollegen in Frage.[1][2]

Der renommierte Filmkritiker Serge Daney reagierte drei Jahrzehnte auf Rivettes harte Polemik mit eigenen Betrachtungen. In dem von ihm gegründeten Fachblatt „Trafic“ griff er die Kontroverse zu der heftig diskutierten Kamerafahrt-Szene am Elektrozaun in dem Aufsatz „Le travelling de Kapo“ in der Ausgabe Nr. 4 vom Herbst 1992 erneut auf.[3]

Das Lexikon des Internationalen Films schreibt: „Die eingeflochtene Liebesgeschichte mit einem sowjetischen Gefangenen trübt das glaubwürdige Gesamtbild des eindringlich gestalteten Films.“[4]

Halliwell‘s Film Guide charakterisierte den Film wie folgt: „Curious exploitation piece which turns tragedy into melodrama, and doesn‘t even do that with much flair“.[5]

Georges Sadoul schrieb über Pontecorvos Absicht: „He believes spending considerable time on research and preparation in order to be able to build up a persuasive „reportage“ atmosphere, seen at its best in Kapò“.[6]

Einzelnachweise

  1. Cahiers du cinéma, Heft 120 vom Juni 1961 (auf franz.)
  2. Ángel Quintana: The film-maker’s ethic in the face of the inevidence of the times
  3. Serge Daney: Le travelling de Kapo
  4. Kapo (Film) im Lexikon des Internationalen Films, abgerufen am 5. Januar 2014.
  5. Leslie Halliwell: Halliwell‘s Film Guide, Seventh Edition, New York 1989, S. 552. Übersetzung: „Merkwürdiges Ausbeuterstück, dass sich von einer Tragödie in ein Melodram verwandelt, und dies nicht mal mit sonderlich viel Flair tut.“
  6. Georges Sadoul: Dictionary of Film Makers, University of California Press, Berkeley and Los Angeles 1972, S. 201. Übersetzung: „Er hält es für richtig, viel Zeit für Recherche und Vorbereitung zu verwenden, um so eine überzeugende „Reportage“-Atmosphäre zu gestalten, am besten zu begutachten in Kapò.“

Weblinks

Dieser Artikel basiert ursprünglich auf dem Artikel Kapo (Film) aus der freien Enzyklopädie Wikipedia und steht unter der Doppellizenz GNU-Lizenz für freie Dokumentation und Creative Commons CC-BY-SA 3.0 Unported. In der Wikipedia ist eine Liste der ursprünglichen Wikipedia-Autoren verfügbar.