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Kantaten (Bach)

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Johann Sebastian Bach

Die Kantaten von Johann Sebastian Bach haben in dieser Gattung eine derartige Bekanntheit erlangt, dass sich für sie der eigene Begriff Bachkantate eingebürgert hat.

Wie bei allen barocken Kantaten handelt es sich um mehrsätzige musikalische Werke für (in der Regel) Chor, Orchester und Vokalsolisten, die für die Aufführung im Gottesdienst (Kirchenkantate) oder bei einem festlichen gesellschaftlichen Anlass (weltliche Kantate) bestimmt waren.

Funktion und Aufbau der Kirchenkantaten

Bachs erste Kantate ist aus dem Jahre 1707 überliefert. Als er 1714 in Weimar zum Konzertmeister ernannt wurde, wurde er verpflichtet, alle vier Wochen eine Kirchenkantate auf den jeweiligen Sonntag zu komponieren. In seiner Zeit als Thomaskantor in Leipzig gehörte es zu Bachs Aufgaben, für jeden Sonn- und Feiertag im Gottesdienst eine Kantate zu musizieren, die häufig von ihm selbst für den Anlass neu komponiert wurde. Als Textgrundlage dienten im Zusammenhang mit dem Thema des Sonntags Bibeltexte bzw. Paraphrasen darüber, freie zeitgenössische Dichtung und sinnvoll ausgewählte Choräle. Ein Sonderfall ist die Choralkantate, die auf den Versen eines Chorals beruht.

In der Regel hat eine Kantate von Bach den Aufbau

  • Eingangschor (seltener davor oder stattdessen eine instrumentale Einleitung)
  • solistische Rezitative, Ariosi und Arien, manchmal auch Choräle
  • Schlusschor oder -choral

Aufführungspraxis

Siehe auch: Historische Aufführungspraxis

Bachkantaten zählen auch heute zum Repertoire der Kirchenmusik. An die Stelle des liturgischen Zusammenhangs ist überwiegend das Konzert im Kirchenraum getreten, doch werden die Kantaten auch in Kantatengottesdiensten aufgeführt.

Wie Bach 1730 in einer Eingabe an den Stadtrat von Leipzig ausführt, stellt er sich als Idealbesetzung für die in den Leipziger Gottesdiensten aufzuführende Musik drei bis vier Sänger pro Stimmlage vor. Sein „Kurtzer, iedoch höchstnöthiger Entwurff einer wohlbestallten Kirchen music“ wurde von den Musikwissenschaftlern Joshua Rifkin und Andrew Parrott ganz neu gedeutet. Demzufolge habe Bach zwar für einfache Motetten und Choräle einen solchen Chor verlangt, seine anspruchsvollen Kantaten jedoch in der Regel mit einem Soloquartett aufgeführt,[1] das alle Sätze (also neben Rezitativen und Arien auch die Chöre und Choräle) sang und nur zu seltenen Anlässen (z. B. in der Johannespassion) durch ein zweites, räumlich getrenntes Quartett ergänzt wurde; dazu zwei bis drei erste Violinen, zwei zweite, eine bis zwei Violen und eine für heutige Verhältnisse überaus stark besetzte Continuogruppe. Die heute übliche Trennung zwischen solistischen und chorischen Aufgaben habe also nicht bestanden. Andere Vertreter der historischen Aufführungspraxis wie Ton Koopman haben dieser Theorie jedoch widersprochen und setzen nach wie vor einen kleinen Chor ein.[2] Eine rein solistische Aufführung sei bei Bach weder Regel noch Ideal gewesen.

Alle bachschen Kantaten enthalten eine Generalbassstimme, die in der Regel mit einer Orgel oder einem Orgelpositiv sowie den Bassinstrumenten Violoncello, Violone und/oder Fagott besetzt wird. Der Einsatz des Cembalos ist für einige Kantaten belegt. Es herrscht jedoch Uneinigkeit in der Frage, ob Bach das Cembalo regelmäßig zusätzlich zur Orgel in der Kirchenmusik eingesetzt hat. Ebenso ist nicht geklärt, welches tiefe Streichinstrument Bach als Violone bezeichnet hat und ob der Violone, wie der moderne Kontrabass, die Basslinie eine Oktave nach unten transponiert spielen soll (in 16-Fuß-Lage) oder wie das Violoncello in normaler Basslage ohne Transposition.

Systematik

Bach-Werke-Verzeichnis

Das Bach-Werke-Verzeichnis (BWV) von Wolfgang Schmieder verzeichnet etwa 200 Kantaten Bachs, dazu einige Werke, die die Forschung inzwischen anderen Komponisten zuschreibt. Die Nummerierung der Bachkantaten im BWV ist weder chronologisch noch systematisch, weil Schmieder der zufälligen Nummerierung folgte, die sich durch die Bach-Gesamtausgabe etabliert hatte, und teilt lediglich ein in geistliche (BWV 1–200) und weltliche Kantaten (BWV 201–216) sowie solche, bei denen die Urheberschaft Bachs zweifelhaft ist (BWV 217–224).

Bach-Compendium

Das Bach-Compendium (BC) unternimmt folgende Gruppierung der Bachkantaten anhand der Anlässe, zu denen sie geschrieben wurden:

  • Kantaten für die Sonn- und Festtage des Kirchenjahres (BC-Werkgruppe A)
  • Kirchenstücke für besondere Anlässe (BC-Werkgruppe B)
  • Weltliche Kantaten für Hof, Adel und Bürgertum (BC-Werkgruppe G)

Chronologische Übersicht

Nach Entstehungszeit gliedern sich Bachs Kantaten wie folgt:

  • frühe Kantaten aus der Arnstädter und Mühlhauser Zeit (bis 1709), z. B. BWV 150 (die soweit bekannt älteste Bachkantate), 4, 131, 106, 196
  • Kantaten der Weimarer Zeit (bis 1717), z. B. BWV 61, 162, 182
  • Kantaten aus der Leipziger Zeit (ab 1723):
    • erster Jahrgang 1723/24, z. B. BWV 105
    • der „Choralkantaten-Jahrgang“ 1724/25, z. B. BWV 1
    • dritter Jahrgang 1725/26, z. B. BWV 19
    • späte Kantaten (1730er-Jahre), z. B. BWV 140

zu den BWV-Nummern siehe Bach-Werke-Verzeichnis

Siehe auch

Quellen

  • Johann Sebastian Bach: Sämtliche Kantaten, Motetten, Choräle und geistliche Lieder [Noten]. Hrsg. vom Johann-Sebastian-Bach-Institut Göttingen, Bach-Archiv Leipzig (19 Bde). Bärenreiter, Kassel 2007 (Sonderausgabe: Studienpartituren)

Literatur

  • Albert Jan Becking, Jörg-Andreas Bötticher, Anselm Hartinger (Hrsg.): Wie schön leuchtet der Morgenstern. Johann Sebastian Bachs geistliche Kantaten: Werkeinführungen und Dokumente der Basler Gesamtaufführung. Schwabe, Basel 2012. Autoren: Jörg-Andreas Bötticher, Anselm Hartinger, Dagmar Hoffmann-Axthelm, Martin Kirnbauer, Markus Märkl, Karl Pestalozzi, Meinrad Walter, Helene Werthemann, Jean-Claude Zehnder, Philipp Zimmermann, ISBN 978-3-7965-2860-6.
  • Alfred Dürr: Johann Sebastian Bach: Die Kantaten. 7. Auflage. Bärenreiter, Kassel 1999, ISBN 3-7618-1476-3.
  • Werner Neumann: Handbuch der Kantaten Johann Sebastian Bachs. 1947, 5. Auflage. Breitkopf & Härtel, Wiesbaden 1984, ISBN 3-7651-0054-4.
  • Hans-Joachim Schulze: Die Bach-Kantaten. Einführungen zu sämtlichen Kantaten Johann Sebastian Bachs (Edition Bach-Archiv Leipzig). Evangelische Verlags-Anstalt, Leipzig; Carus-Verlag, Stuttgart 2006, ISBN 3-374-02390-8 (Evang. Verl.-Anst.), ISBN 3-89948-073-2 (Carus-Verl.)
  • Renate Steiger (Hrsg.): Die Quellen Johann Sebastian Bachs: Bachs Musik im Gottesdienst. Bericht über das Symposium 4.–8. Oktober 1995 in der Internationalen Bachakademie Stuttgart / Internationale Arbeitsgemeinschaft für Theologische Bachforschung. Manutius, Heidelberg 1998.
  • Christoph Wolff, Ton Koopman: Die Welt der Bach-Kantaten. Verlag J.B. Metzler, Stuttgart, Weimar 2006, ISBN 978-3-476-02127-4.
  • Günther Zedler: Die erhaltenen Choralkantaten Johann Sebastian Bachs. Books on Demand, Norderstedt 2007, ISBN 978-3-8334-8405-6.
  • Günther Zedler: Die erhaltenen Kirchenkantaten Johann Sebastian Bachs (Mühlhausen, Weimar, Leipzig I). Books on Demand, Norderstedt 2008, ISBN 978-3-8370-4401-0.
  • Günther Zedler: Die erhaltenen Kantaten Johann Sebastian Bachs (Spätere Sakrale und Weltliche Werke). Books on Demand, Norderstedt 2009, ISBN 978-3-8391-3773-4.
  • Arne Ziekow: Kantaten! Be.bra Verlag, Berlin 2012, ISBN 978-3-937233-98-7.

Weblinks

 Commons: Bach-Kantaten – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Andrew Parrott: Bachs Chor: zum neuen Verständnis. Metzler/Bärenreiter, Stuttgart/Kassel 2003, ISBN 3-7618-2023-2.
  2. Ton Koopman: Aspekte der Aufführungspraxis. In: Christoph Wolff (Hrsg.): Die Welt der Bach-Kantaten. Band II. Johann Sebastian Bachs weltliche Kantaten. Metzler/Bärenreiter, Stuttgart u. a., Kassel 1997, ISBN 3-7618-1276-0, S. 220–222.
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