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Kamerun (deutsche Kolonie)

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Schutzgebiet Kamerun
(heute unabhängig als Republik Kamerun)
Lage Schutzgebiet Kamerun
Flaggen in den Kolonien des Deutschen Kaiserreichs#Flaggen ab 1891
Bundeswappen Deutschlands#Deutsches Kaiserreich
(Details) (Details)
Hauptstadt: Berlin, Deutsches Reich
Verwaltungssitz: 1884–1901: Duala
1901–1915: Buea
1915–1916 Jaunde[1]
Verwaltungsorganisation: 16 Bezirke, 1–2 Residenturen, 2 Residenturbezirke
Oberhaupt der Kolonie: 1884/88: Kaiser Wilhelm I.
1888: Kaiser Friedrich III.
1888/99: Kaiser Wilhelm II.
Gouverneur der Kolonie: Liste der Gouverneure
Einwohner: Altkamerun: 2.600.000, Neukamerun: etwa 2 Millionen
davon Europäer:
1897: 253 (181 Deutsche), 1912: 1900 (1000 Deutsche)[2]
Währung: Goldmark
Besitzergreifung: 1884–1916
Heutige Gebiete: Kamerun; östlicher Rand Nigerias
Neukamerun: Teile von Gabun, der Republik Kongo, der Zentralafrikanischen Republik und der Republik Tschad

Kamerun war von 1884 bis 1919 eine deutsche Kolonie (auch Schutzgebiet). Die Kolonie hatte anfangs eine Fläche von 495.000 km², nach der Angliederung Neukameruns im Jahre 1911 hatte sie eine Fläche von 790.000 km² und war damit etwa 1,3 mal so groß wie das Mutterland.[2]

Durch den Versailler Vertrag von 1919 ging Kamerun offiziell in den Besitz des Völkerbundes über, der wiederum ein Mandat zur Verwaltung an die Briten und Franzosen gab. Daraufhin wurde Kamerun in ein Britisch-Kamerun und ein Französisch-Kamerun aufgeteilt.

Inbesitznahme

Gustav Nachtigal
Lage Kameruns mit den übrigen deutschen Kolonien in Afrika (1913)

Seit 1862 waren deutsche Handelshäuser in Gabun tätig, darunter das Hamburger Haus Woermann, dessen Agent Emil Schulz zugleich als kaiserlicher Konsul mit Amtsbefugnissen bis zum Kamerunästuar fungierte. 1868 errichtete Woermann die erste deutsche Faktorei in Douala. Am 19. März 1884 ernannte Reichskanzler Bismarck den Afrikaforscher und bisherigen deutschen Generalkonsul in Tunis, Gustav Nachtigal, zum kaiserlichen Kommissar für die Westküste Afrikas, mit dem Auftrag, die für den deutschen Handel interessanten Gebiete unter deutsches Protektorat zu stellen. Hierzu gehörte auch der Küstenstrich zwischen dem Nigerdelta und Gabun, insbesondere der gegenüber der Insel Fernando Poo in der Bucht von Biafra gelegene Teil. Am 10. Juli 1884 traf der von Togo kommende Reichskommissar Nachtigal auf der „Möwe“ in Duala ein. Nach der Unterzeichnung von Schutzverträgen zwischen der deutschen Delegation und den wichtigsten Führern der Duálá, Ndumb´a Lobe (Bell) und Ngand´a Kwa (Akwa), am 11. und 12. Juli 1884 kam es am 14. Juli in Duala zur Hissung der deutschen Flagge und Erklärung der „Schutzherrschaft“. Der fünf Tage später eintreffende britische Konsul Hewett, der Kamerun für England in Besitz nehmen wollte, musste sich mit einem förmlichen Protest begnügen. Er erhielt den Spitznamen „The too late consul“.[3]

Die deutsche Korvette SMS OLGA bei der Beschießung von Hickorytown (heute Duala), Kamerun, am 21. Dezember 1884

Auseinandersetzungen zwischen rivalisierenden Duálá-Clans wurden im Dezember 1884 durch Mannschaften der Korvetten Bismarck und Olga unter dem Befehl von Konteradmiral Eduard Knorr unterdrückt. Die Kämpfe richteten sich zwar nicht primär gegen die deutsche Herrschaft, markieren aber mit der Unterdrückung durch die Reichsmarine den Beginn der militärischen Unterwerfung der Kolonie.

Die vorläufigen Grenzen der Kolonie wurden ein Jahr später auf der Kongo-Konferenz (Kongo-Akte) in Berlin festgelegt. Der endgültige Grenzverlauf beruhte auf den Verträgen vom 3. Mai 1885 (mit Großbritannien), 24. Dezember 1885 (mit Frankreich), 27. Juli 1886 (mit Großbritannien), 2. August 1886 (mit Großbritannien), 14. April 1893 (mit Großbritannien), 15. November 1893 (mit Großbritannien), 15. März 1894 (mit Frankreich), 1901 und 1902 (mit Frankreich) und 1908 (mit Frankreich).

Bedeutend vergrößert wurde die Kolonie noch einmal im Jahr 1911 im Marokko-Kongo-Abkommen auf Kosten der französischen Kolonien in Zentralafrika (Neukamerun). Ein kleineres Gebiet im Nordosten Kameruns, der sogenannte Entenschnabel, wurde stattdessen Französisch-Äquatorialafrika einverleibt.[4] Die vorherige Fläche der deutschen Kolonie wurde nachfolgend Altkamerun genannt.[5] Durch ein deutsch-britisches Grenzabkommen kam 1913 noch die Bakassi-Halbinsel zu Kamerun, deren Zugehörigkeit aber umstritten blieb.[6]

Geplante Symbole für die deutsche Kolonie Kamerun

Im Jahr 1914 wurde ein Wappen sowie eine Flagge für Kamerun geplant, jedoch aufgrund des Kriegsbeginns nicht mehr eingeführt.

Unterwerfung und „Pazifizierung“ des Binnenlandes

Eugen Zintgraff

Die ersten größeren Expeditionen in das Binnenland unternahmen in den Jahren 1888 bis 1891 die Offiziere Richard Kund, Hans Tappenbeck und Curt Morgen im Hinterland der Batangaküste und der Forscher Eugen Zintgraff im Grasland Westkameruns, wo er die Station Baliburg gründete. Kund und Tappenbeck gründeten 1889 die Forschungsstation Jeundo, als deren Bezeichnung sich bereits kurze Zeit später „Jaunde“ einprägte und aus der die heutige Landeshauptstadt hervorgegangen ist. Sie bildete bis zum Ersten Weltkrieg das Rückgrat der deutschen Herrschaft in Zentral- und Südostkamerun. Am 31. Januar 1891 wurden Zintgraff und seine Verbündeten in der Schlacht von Mankon (Bafut, Nordwestkamerun) verlustreich geschlagen.

Im Sommer 1891 beauftragte das Gouvernement den Hauptmann Karl von Gravenreuth mit der Unterwerfung der Kpe (Bakwiri) von Buëa. Gravenreuths Tod bei der Erstürmung des Ortes verhinderte eine nachhaltige „Pazifizierung“ des Gebietes um den Kamerunberg. Erst Curt Morgen und Hans Dominik brachen den Widerstand gegen die deutsche Herrschaft dort 1894 endgültig. Max von Stetten, der im gleichen Jahr das Kommando der neugegründeten Kaiserlichen Schutztruppe übernahm, führte 1895 mehrere militärische Expeditionen gegen die Bakoko am unteren Sanaga durch. Oltwig von Kamptz erzwang im Februar 1896 nach einer Revolte mehrerer Ewondo- und Bane-Gruppen gegen die Station Jaunde den ungehinderten Verkehr zwischen der Küste der Station.

Die Unterwerfung des Nordostens der Kolonie leitete ebenfalls Hauptmann von Kamptz ein, indem er am 14. Januar 1899 die Vute-Residenz Ndumba und am 11. März Tibati erstürmte. Als Etappenstation und Basis für das weitere Vordringen nach Norden gründete er die Station Joko. Im Oktober 1901 wurde unter Hans Dominik eine weitere Expedition entsandt, um in Kontakt mit den islamischen Fürstentümern Adamauas zu treten. Ehe Dominik die Fulbestaaten Nordkameruns erreichte, hatte der Stationsleiter von Joko, Rudolf Cramer von Clausbruch, gegen die ausdrücklichen Befehle des Gouverneurs von Puttkamer bereits vollendete Tatsachen geschaffen und die wichtigen Zentren Ngaundere und Garua besetzt. Dominik besiegte bei Miskin-Marua die Truppen des Emirs Djubayru von Yola, womit der Weg bis zum Tschadsee offenstand. Die Eingliederung der Tschadseeländer (Mandara, Deutsch-Bornu und die Kotoko-Sultanate) vollzog 1902 Oberst Curt Pavel als Kommandeur der Schutztruppe. Die Grenze zum britischen Protektorat Nord-Nigeria wurde in den Jahren 1903/1904 mit der Beteiligung des deutschen Leutnants Arnold Schultze von Yola bis zum Tschadsee markiert.

In den Jahren 1904 bis 1906 kam es im Nordwesten Kameruns am Oberlauf des Cross River und seiner Nebenflüsse zu einem Kleinkrieg, der unter den Namen Anyangkrieg und Mpawmankukrieg in die Geschichte der Kolonie einging.

1906 und 1910 kam es im Gebiet des oberen Nyong zu den beiden sogenannten Maka-Aufständen. Der letztere konnte nur mit bereits zur damaligen Zeit umstrittenen Methoden niedergeschlagen werden.

„Dominik drahtet aus Akonolinga am 17/6/10 … Nur Weiberabnahme erzwingt bei besitzlosen Makkas schnelle Unterwerfung und Fechtende wissen, dass sie eventuell die Weiber erhalten, schonen sie. Schiessen sonst alles ab… Gouverneursbefehl beruht auf Unkenntnis der Praxis“.[7]

Wiederholt kam es während der deutschen Kolonialherrschaft zu regelrechten „Kolonialskandalen“. Zum Sinnbild der brutalen Unterdrückung der indigenen Gesellschaften Anfang der 1890er Jahre wurde in der öffentlichen Wahrnehmung der auch im Reichstag wiederholt thematisierte Fall „Leist“: Der Forschungsreisende Karl von Gravenreuth hatte in Überschreitung seiner Kompetenzen von dem Dahomey-König Behanzin mehrere Frauen und Männer als „Sklaven“ angekauft, aus denen er eine Expeditionstruppe für die Erschließung des Nordens bilden wollte. Die Verwaltung, durch Gravenreuth vor vollendete Tatsachen gestellt, reihte die Männer in die 1891 gegründete Polizeitruppe ein und verwendete die Frauen im Dienst des Gouvernements. Hervorgerufen durch die gegenüber den frei angeworbenen Soldaten geringere Löhnung und brutale Übergriffe auch gegenüber den Frauen kam es im Dezember 1893 zur Dahomey-Meuterei. Mit dem Einsatz eines Kanonenbootes wurden die Unruhen unterdrückt. Der damalige stellvertretende Gouverneur Heinrich Leist, der durch die entwürdigende körperliche Züchtigung der Dahome-Frauen als Hauptverantwortlicher für die Unruhen galt, wurde aus dem Dienst entlassen, letztlich aber zu einer in der liberalen und linken Öffentlichkeit als zu gering empfundenen Strafe verurteilt.

Infrastruktur

Verkehrswesen

Deutsche Post in Kamerun (Briefmarke von 1900)

Von See aus wurde die deutsche Kolonie Kamerun vor allem durch den Hafen von Duala erschlossen. Daneben entwickelten sich Landungsstellen bei Kampo, Kribi, Rio del Rey und Victoria sowie in der Muni-Bucht. Unter deutscher Flagge liefen Schiffe der Bremen-Afrika-, Hamburg-Amerika- und Woermann-Linie Kamerun regelmäßig an.

Auf dem Landweg dominierte anfangs der Lastentransport zu Fuß. Um dies zu erleichtern und auch Fahrzeugverkehr zu ermöglichen, bauten die Deutschen das Wegenetz aus und schufen Straßen. Zudem wurden nach 1900 zwei Bahnbauprojekte aufgenommen: Zum einen die Mittellandbahn von Duala über Bidjoka zum Njong, von der 1916 ca. 131 km in Betrieb waren, sowie zum anderen die Nordbahn, auch Manenguba-Bahn genannt. Von ihr waren 160 km fertiggestellt. Ein drittes Bahnprojekt im Süden der Kolonie wurde von Händlern gefordert, fand aber keine ausreichende Unterstützung der deutschen Regierung. Daneben bestanden private Kleinbahnen, etwa die Pflanzungsbahn der WAPV. Die von Viktoria nach Goppo führende Schmalspurbahn wies eine Länge von 31 km auf. Sie schloss die am Kamerunberg liegenden Plantagen an die Küste an. Im Vergleich zu den Streckennetzen der großen Kolonien Deutsch-Ostafrika und -Südwestafrika nahm sich das Kameruner Bahnnetz bescheiden aus (etwa 500 Streckenkilometer verglichen mit jeweils über 2.000 Kilometer im Bau oder Betrieb).[8]

Nachrichtenwesen

1911 bestanden in Kamerun 37 Post- und 11 Telegrafenanstalten, die in diesem Jahr etwas über eine Million Briefsendungen und knapp 70.000 Telegramme beförderten. Im Jahre 1912 wurde ein deutsches Seekabel von Monrovia nach Togo und Kamerun fortgesetzt, so dass der deutsche Kabelverkehr von der britischen Leitung unabhängig wurde. In den Jahren 1911 und 1912 wurde bei Duala außerdem eine Küstenfunkstelle zur drahtlosen Telegrafie gebaut.[9] Ursprünglich war Kamerun auch als möglicher Standort für eine transkontinentale Großfunkstelle vorgesehen. Diese Funktion übernahm aber schließlich die Funkstation Kamina in Togo.[10]

Wirtschaft

Palmölwerk in Kamerun um 1900

Von den drei Wirtschaftsformen in den deutschen Kolonien – Handels-, Plantagen- und Farmwirtschaft[11] – war in Kamerun eine Mischform zwischen den beiden erstgenannten vorherrschend: Anfänglich dominierte der Handel mit einheimischen Produkten und Erzeugnissen. Die europäischen Handelshäuser, die bereits vor der Gründung der Kolonien an der Küste Kameruns tätig waren, nutzten die vorgefundenen Marktstrukturen für Geschäfte mit afrikanischen Zwischenhändlern. In den späteren Jahren der deutschen Herrschaft entwickelte sich in Teilen Kameruns, besonders am Kamerunberg, eine ausgeprägte Plantagenwirtschaft und eine hierauf ausgerichtete koloniale Landpolitik. Hatte zunächst die Erschließung und Ausbeute von Naturprodukten die neuen Wirtschaftszweige geprägt, waren es nun die landwirtschaftlichen Anbau- und Verarbeitungsmethoden sowie die Nachfrage nach Arbeitskräften, die zum bestimmenden Faktor wurden. Zudem wurden weltwirtschaftliche Konjunkturlagen spürbarer. Die Hauptausfuhrartikel am Vorabend des Ersten Weltkrieges spiegeln diesen Wandel wider: Der Handel mit Elfenbein hatte aufgrund von Überjagung stark nachgelassen. Palmfrüchte und Palmöl wurden nicht mehr nur über den Ankauf aus der Hand von Einheimischen bezogen, sondern verstärkt auch auf Plantagen nach europäischem Muster angebaut. Ähnliches galt für Kakao, dessen Anbau in großem Stil bereits vor 1900 begann. Kautschuk, der anfangs aus Wildbeständen gesammelt wurde, entwickelte sich durch die Nachfrage nach Gummi zum international gefragten Massenprodukt, was mitunter zum Raubbau führte. Kurz vor dem Ersten Weltkrieg lagen jedoch die Einfuhren Kameruns insgesamt über den Ausfuhren. Dies lag unter anderem an Investitionen in die Infrastruktur, etwa im Eisenbahnbau, die bei Kriegsausbruch 1914 verglichen mit anderen deutschen Kolonien noch relativ am Anfang standen.[12]

Verwaltung

Gouverneur Jesko von Puttkamer
Weiße Siedler und Einheimische in Kamerun Weihnachten 1901
Deutscher Kolonialoffizier beim Salutieren, Terracotta aus dem Kameruner Grasland

Erster vollwertiger Gouverneur wurde ab 4. Juli 1885 Julius Freiherr von Soden. Er veranlasste den Bau eines Regierungsgebäudes in Kamerun, für den der Berliner Regierungsbaumeister W. Scharenberg die Pläne lieferte. Das Bauwerksensemble wurde auf einem Hügel (der Joss-Platte) am linken Ufer des Kamerun-Flusses im angepassten Kolonialstil errichtet. Dafür wurden Bäume auf der Hügelkuppe gerodet und ein Transportweg mit Hafen angelegt. Als Baumaterial kamen Backsteine, Eisenträger, Holz (aus Deutschland) sowie Bruchsteine und Bausand aus der Region zum Einsatz. Das zweigeschossige Gebäude beinhaltete die Diensträume und die Wohnungen für den Gouverneur und seine Beamten, etwa abseits, durch einen zehn Meter langen Gang erreichbar, befand sich das Küchengebäude. Der Bau kostete mindestens 96.000 Mark.[13]

Zentrale Entwicklungen, wie die Ausübung der kolonialen Gewalt auf dem gesamten Territorium Kameruns und die Ausweitung der kolonialwirtschaftlichen Unternehmungen in das Binnenland, vollzogen sich erst unter Jesko von Puttkamer (1895–1906), der die Kolonie auf zwiespältige Weise prägte. Seine Amtszeit stand einerseits im Zeichen expandierender Landwirtschaft am Kamerunberg. Er ließ auch 1901 den Verwaltungssitz von Duala nach dem gesünder gelegenen Buëa verlegen. Andererseits wurden der Kolonialverwaltung unter Puttkamer rücksichtslose Landpolitik mit Zwangsumsiedlungen und ein erhebliches Maß an Brutalität vorgeworfen, was einen neuerlichen Skandal auslöste.[14]

Die Lokalverwaltung bestand aus Bezirksämtern, Regierungs- und Militärstationen und Residenturen mit indirekter Verwaltung im islamischen Norden der Kolonie. Vor der Eingliederung Neukameruns bestanden die Bezirke Rio del Rey, Victoria, Duala, Jabassi, Johann-Albrechts-Höh, Bare, Ossidinge, Bamenda, Kribi, Edéa, Ebolowa, Lomië, Molundu/Jukaduma, Dume, Jaunde und Banjo, sowie die Residenturen Adamaua und Deutsche Tschadseeländer. Zwei weitere Residenturbezirke wurden 1913 in Ngaundere durch die Teilung Adamauas und 1914 in Bamun durch die Abtrennung der gleichnamigen Chefferie vom Bezirk Bamenda geschaffen.

Kolonialtruppen

Die deutsche Schutztruppe im noch nicht ganz eroberten Kamerun bestand 1900 aus 15 deutschen Offizieren und 23 Unteroffizieren, die zwei Askari-Kompanien von 318 Mann kommandierten. Dazu kamen 150 einheimische Polizisten. Beim Vorstoß in die zentralen Savannen und ins südliche Adamawa 1908 kamen etliche freiwillige Rekruten aus den Stämmen der Bali Nyonga und Bamun hinzu. Die Ewondo stellten Schützen unter ihren eigenen Kommandanten, nkukuma genannt. Bis 1914 stieg die Zahl auf 1.550 Askari mit 185 deutschen Offizieren. Die paramilitärische Polizeitruppe (gegründet 1891) umfasste 1.200 Mann unter 30 Offizieren. Ein Großteil der einheimischen Truppen wurde außerhalb Kameruns (Liberia, Togo, Dahomey) rekrutiert, jedoch unterstützten besonders die Stämme Ngumba, Ndu und einige andere die Rekrutierung durch die Deutschen, da sie diese als weniger belastend als die Dominanz zum Beispiel der Fulbe einschätzten. Im Laufe des Weltkriegs wurde die Kolonialtruppe auf fast 10.000 Mann ausgebaut.[15]

Nach dem Ausbruch des Ersten Weltkrieges konnte sich die zahlenmäßig und materiell (vor allem durch großen Mangel an Munition) unterlegene Schutztruppe noch zwei Jahre in Kamerun halten. Das Gros der Truppe überschritt Anfang Februar 1916 die Grenze zum benachbarten spanischen Rio Muni-Gebiet und wurde auf Fernando Póo bzw. in Spanien interniert. Am 20. Februar 1916 begab sich die letzte Garnison in Mora (Nordkamerun) nach der Zusage eines freien Abzugs in die Hände der britischen Kolonialarmee.

Geschichte nach der deutschen Herrschaft

Kameruner Eisenbahn mit Parolen zum Anschluss Österreichs an das Deutsche Reich, 1938
Straßenschild der Kameruner Straße in Berlin-Wedding (Afrikanisches Viertel), benannt nach der deutschen Kolonie Kamerun

Durch den Versailler Vertrag von 1919 ging Kamerun offiziell in den Besitz des Völkerbundes über, der wiederum ein Mandat zur Verwaltung an die Briten und Franzosen gab. Daraufhin wurde Kamerun in ein Britisch-Kamerun und ein Französisch-Kamerun aufgeteilt.

Der deutsche Kolonial-Revisionismus propagierte in der Zwischenkriegszeit eine Rückgabe Kameruns an Deutschland. Für den Fall eines Sieges im Zweiten Weltkrieg sollte Kamerun in einem Deutsch-Mittelafrika aufgehen.

Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden beide Völkerbundmandate durch die Nachfolgeorganisation, die Vereinten Nationen, in Treuhandmandate umgewandelt. Am 1. Januar 1960 erhielt das französische Kamerun nach einer Volksabstimmung und nach dem Auslaufen des UN-Mandats die Unabhängigkeit und nannte sich Ost-Kamerun. Der Norden des britischen Mandatsgebietes stimmte bei einer vorangegangenen Volksabstimmung für den Anschluss an Nigeria, der südliche Teil entschied sich für einen Anschluss an den Staat Kamerun. Am 11. November 1960 wurde Kamerun Mitglied der UNESCO.

Siehe auch

Literatur

Wissenschaftliche Literatur

  • Albert Gouaffo: Wissens- und Kulturtransfer im kolonialen Kontext: das Beispiel Kamerun – Deutschland (1884–1919). Saarbrücker Beiträge zur vergleichenden Literatur- und Kulturwissenschaft Band 39, 2007, ISBN 3-8260-3754-5.
  • Alexandre Kum'a Ndumbe III. (Hrsg.): L´Afrique et l´Allemagne de la Colonisation à la Coopération 1884–1986 (Le cas du Cameroun), Yaoundé, 1986.
  • Alexandre Kum'a Ndumbe III. Das Deutsche Kaiserreich in Kamerun. Wie Deutschland in Kamerun seine Kolonialmacht aufbauen konnte, 1840–1910, Berlin 2008 (in seinem Namensartikel zahlreiche weitere Lit. zum Thema).
  • Victor T. LeVine; Roger P. Nye: Historical Dictionary of Cameroon, Metuchen, N.J. 1974.
  • Stefanie Michels (Hrsg.): La Politique de la mémoire en Allemagne et au Cameroun – actes du colloque à Yaoundé, octobre 2003, zweisprachig: französisch und englisch; LIT, Münster 2005 ISBN 3-8258-7836-8.
  • Stefanie Michels (Hrsg.): Imagined Power contested. Germans and Africans in the Upper Cross River Area of Cameroon 1887–1915, LIT Verlag, Münster 2004 ISBN 3-8258-6850-8.
  • Thomas Morlang: Askari und Fitafita: „farbige“ Söldner in den deutschen Kolonien. Chr. Links Verlag, Berlin 2008, ISBN 978-3-86153-476-1.
  • John Mukum Mbaku: Culture and customs of Cameroon. Greenwood Press, Westport (Conn.) 2005, ISBN 0-313-33231-2.
  • Engelbert Mveng: Histoire du Cameroun, Paris, 1963.
  • Victor Julius Ngoh: Cameroun 1884–1985; cent ans d´histoire, Yaoundé 1990.
  • Adalbert Owona: La Naissance du Cameroun 1884–1914, Paris, 1996.
  • Théophile Owona: Die Souveränität und Legitimität des Staates Kamerun, München, tuduv-Verl.Ges, 1991, ISBN 3-88073-385-6.
  • Frederick Quinn: In Search of Salt. Changes in Beti (Cameroon) Society, 1880–1960, Cameroon Studies, Volume 6, Berghahn Books, New York/Oxford 2006 ISBN 1-84545-006-X.
  • Ulrike Schaper: Koloniale Verhandlungen. Gerichtsbarkeit, Verwaltung und Herrschaft in Kamerun 1884-1916, Campus Verlag, Frankfurt am Main 2012, ISBN 3-593-39639-4.
  • André Tiebel: Die Entstehung der Schutztruppengesetze für die deutschen Schutzgebiete Deutsch-Ostafrika, Deutsch-Südwestafrika und Kamerun (1884–1898). Rechtshistorische Reihe, 358. Peter Lang, Frankfurt 2008, ISBN 3-631-57096-1.

Populäre, kolonialbegeisterte Literatur

In diesem Genre existieren zahllose Titel, insbesondere auch als Jugendliteratur, die den Exotismus und Abenteueraspekt betonte. Beispiel:

  • Heinrich Norden, Pseudonym für den Arzt und Schriftsteller Nikolaus Wöll,: Zwischen Schwarz und Weiß. Ein Deutscher im Kampf um Kamerun. Hanns Herziger, Leipzig 1939.

Weblinks

 Commons: Deutsch-Kamerun – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
 Wikisource: Deutsch-Kamerun – Quellen und Volltexte

Einzelnachweise

  1. Deutsche Botschaft Jaunde: 120 Jahre Jaunde
  2. 2,0 2,1 Kamerun – deutsche Kolonie von 1884 bis 1919, deutsche-schutzgebiete.de
  3. Bernd G. Längin: Die deutschen Kolonien – Schauplätze und Schicksale 1884–1918. Hamburg/Berlin/Bonn: Mittler, 2005, ISBN 3-8132-0854-0, S. 70.
  4. Horst Gründer: Geschichte der deutschen Kolonien. 5. Aufl., Paderborn: Schöningh/UTB, 2004, S. 101, ISBN 3-506-99415-8 (Voransicht bei Google-Books)
  5. Altkamerun, Deutsches Kolonial-Lexikon, Leipzig 1920, Band 1, S. 37.
  6. Léon Koungou: Alle wollen Bakassi, in: Le Monde diplomatique, 10. Oktober 2008.
  7. Hr. Puder an Gouvernement in Buea vom 17. Juni 2010; Archives Nationales de Yaoundé, Fonds Allemand FA 1/92, Bl. 35-36
  8. Franz Baltzer: Die Kolonialbahnen mit besonderer Berücksichtigung Afrikas. Berlin 1916. Reprint: Leipzig 2008, S. 98f., ISBN 978-3-8262-0233-9. (Voransicht bei Google-Books)
  9. Kamerun: Verkehr, im deutschen Koloniallexikon von 1920
  10. Reinhard Klein-Arendt: „Kamina ruft Nauen!“ Die Funkstellen in den deutschen Kolonien 1904–1918. 3. Aufl., Köln: Wilhelm Herbst Verlag, 1999, ISBN 3-923925-58-1.
  11. Sebastian Conrad: Deutsche Kolonialgeschichte. C.H. Beck, München 2008, ISBN 978-3-406-56248-8, S. 55ff.
  12. Kamerun, in: Deutsches Kolonial-Lexikon, Band 2, Leipzig 1920, S. 169 ff.
  13. Otto Sarrazin, Paul Schäfer: Der Regierungssitz in Kamerun. In: Centralblatt der Bauverwaltung, 7. November 1885, S. 453ff.
  14. Sebastian Conrad: Deutsche Kolonialgeschichte. C.H. Beck, München 2008, ISBN 978-3-406-56248-8, S. 30.
  15. Abschnitt nach: Herbert, Erwin; Heath, Ian; Small Wars and Skirmishes 1902–1918; Nottingham 2003; ISBN 978-1-901543-05-6; S 139

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