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Schutzhaftlager Welzheim

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Das Schutzhaftlager Welzheim (Polizeigefängnis, Gestapogefängnis, umgangssprachlich auch KZ Welzheim) war ein Lager der Gestapo in der württembergischen Stadt Welzheim östlich von Stuttgart.

Lager

Die Gestapo Stuttgart übernahm 1935 das ehemalige Amtsgerichtsgefängnis Welzheim. Das drei Stockwerke hohe, viereckige Gebäude, das um 1820 erbaut worden war, lag direkt hinter dem ehemaligen alten Amtsgericht, das als Kommandantur und Wohnung des Lagerleiters verwendet wurde, am oberen Marktplatz. Das dazugehörige 1500 m² große Gelände lag zwischen der heutigen Schillerstraße und der Murrhardter Straße mitten in der Stadt und war mit einer fünf Meter hohen Mauer umzäunt.

Entlassungs-Ausweis eines Häftlings des Schutzhaftlagers Welzheim. 27. Januar 1937

Karl Bergmann war der erste Häftling und bekam die Nummer 1.

Das Lager hatte verschiedene Funktionen (zumal ausländische Häftlinge erst mit Kriegsbeginn hinzukamen). Viele warteten, bis geklärt war, was weiter mit ihnen geschehen sollte. Für viele war es ein Durchgangslager zum KZ Dachau oder zu anderen KZ (Buchenwald, Häftling Willi Bleicher), oder in die Arbeitserziehungslager. Andere blieben nur kurze Zeit zur „Disziplinierung“ in Welzheim und wurden wieder entlassen, wieder andere kamen dorthin, um sie „fertigzumachen“. Ebenso waren polnische Häftlinge dort, denen „verbotene“ Kontakte zu deutschen Frauen vorgehalten wurden und die in ihren Herkunftsorten im Württemberger Raum oder aber im Welzheimer Steinbruch erhängt wurden; andere, namentlich auch sechs russische Häftlinge, kamen eigens zur Erschießung dorthin. Die Häftlinge arbeiteten in Kolonnen in Fabriken, im Gelände, bei Forstarbeiten oder bei Bauern. Die zwei Häftlingsschneider arbeiteten auch für die private Garderobe des Stuttgarter Leitungspersonals, der Wachleute oder deren Ehefrauen/Haushaltungen. Eine kleine Anzahl von Häftlingen, nämlich wenige Schreiner, wurden die ganze Zeit in Welzheim gehalten, wo sie in der Lagerschreinerei unter anderem Möbel (Schreibtische) herstellten, oder sie die Bauschreinerarbeiten für das 1942 im benachbarten Rudersberg errichtete Frauen-Arbeitserziehungslager ausführten. In der Lagerschreinerei wurde nach einer aus Stuttgart gelieferten Zeichnung eine besondere Falltreppe für Erhängungen gefertigt, während im Gefängnishof ein transportabler Galgen gezimmert wurde, mit dem auch zu Erhängungen über Land gefahren wurde.

Auflösung

Das Lager Welzheim wurde am 25. April 1945 evakuiert. In Eilmärschen wurden die Gefangenen unter starker Bewachung in Richtung Bodensee mit dem Ziel Ötztaler Alpen getrieben. Kein Gefangener sollte lebend den nachrückenden alliierten Truppen in die Hände fallen. Anfang Mai 1945 flüchteten die letzten Lagerwachen, nachdem sie zuvor alle Akten verbrannten. Da dies auch in der Gestapo Stuttgart geschah, sind heute kaum noch Unterlagen vorhanden.

Als man einen Häftling nach 1945 fragte, ob es in Welzheim eine Folterkammer gab, sagte er, dass das ganze Lager eine einzige Folterkammer gewesen sei.

Kommandanten

Gründer und Kommandant von 1935 bis 1940 war Karl Buck, SS-Nummer 490187, Oberleutnant a. D. Er hat selbst nie eine Hand an einen Häftling gelegt, galt deswegen als sogenannter Schreibtischtäter. Seine äußere Erscheinung ähnelte der Hitlers. Indem er Häftlinge lautstark beschimpfte, gab er das Signal für die Wachleute zum Prügeln der Häftlinge[1]. 1945 wurde er inhaftiert, zu Zuchthaus und mehrfach zum Tode verurteilt, 1955 aber freigelassen; er war Hühnerzüchter bis an sein Lebensende (vgl. u.a. Schätzle).

Kommandant von 1940 bis 1945 war Hermann Eberle, seit 1934 SS-Mitglied. Er kam 1935 nach Welzheim und übernahm die Leitung, als Buck versetzt wurde. 1945 inhaftiert, 1947 zu 13-jähriger Freiheitsstrafe verurteilt, beging 1949 während der mehrtägigen Spruchkammerverhandlung Suizid (vgl. Proske u.a.).

Bekannte Häftlinge

Literatur

  • Friedrich Schlotterbeck: Je dunkler die Nacht. Erinnerungen eines deutschen Arbeiters 1933–1945. Europa Verlag, Zürich 1948 (Neuauflage: Stuttgart 1986, mit einem Nachwort von Christa Wolf).
  • Fritz Kaspar (i. e. Hans Gasparitsch u. a.): Die Schicksale der Gruppe G. Nach Aufzeichnungen und Briefen. Verlag Neues Leben, Berlin 1960, 1985.
  • Julius Schätzle: Stationen zur Hölle. Röderbergverlag. Frankfurt am Main 1974.
  • Gerd Keller, Graham Wilson: Konzentrationslager Welzheim. 2 Dokumentationen. Herausgeber Stadt Welzheim o. J. (nach 1980).
  • Hermann Wenz: "Dich verschieß’ ich wie einen Hund!": Hermann Eberle, in: Wolfgang Proske (Hrsg.): Täter, Helfer, Trittbrettfahrer. NS-Belastete von der Ostalb, Münster und Ulm, 2010.
  • Ingrid Bauz, Sigrid Brüggemann, Roland Maier (Hrsg.): Die Geheime Staatspolizei in Württemberg und Hohenzollern, Stuttgart 2013, S. 134 ff. ISBN 3-89657-138-9.

Einzelnachweise

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